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Veröffentlicht am 15.09.2016

Absolut zu empfehlen

Die letzte Jüdin von Würzburg
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An ihrem siebzehnten Geburtstag ändert sich das Leben der jungen Jüdin Jaelle völlig: sie lebte bisher recht behütet in Straßburg, doch an diesem Tag fallen alle Barrieren und die jüdische Gemeinde wird ...

An ihrem siebzehnten Geburtstag ändert sich das Leben der jungen Jüdin Jaelle völlig: sie lebte bisher recht behütet in Straßburg, doch an diesem Tag fallen alle Barrieren und die jüdische Gemeinde wird von einem hasserfüllten Mob regelrecht abgeschlachtet. Jaelle entkommt knapp und wird von ihrem sterbenden Vater nach Würzburg geschickt; denn dort leben die Juden in Sicherheit unter dem persönlichen Schutz des Bischofs. Als Mann getarnt macht sich Jaelle auf den Weg…

Wer hier eine seichte Frau-verkleidet-als-Mann-Story mit viel Herzschmerz und wenig historischem Input erwartet, der irrt. Roman Rausch schildert hier die Ereignisse um den Pogrom der jüdischen Gemeinde Würzburgs Mitte des 14. Jahrhunderts und würzt das Ganze mit einer fiktiven Handlung, die erfreulicherweise nie ins Kitschige oder Klischeehafte abzurutschen droht. Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, egal ob es sich dabei um Jaelle handelt, mit der man mitfiebert und –bangt oder um Michael de Leone, die rechte Hand des Würzburger Bischofs, der in Jaelles Leben eine immer wichtigere Rolle spielt.

Der Erzählstil hat mir sehr gut gefallen, die oft sehr dramatischen und grausamen Ereignisse wurden sehr authentisch dargestellt ohne übertrieben zu wirken. Die Willkür, mit der die jüdischen Mitbürger zum Sündenbock sämtlichen Übels gemacht werden, von der Pest bis hin zum Wetter (!), ist manchmal schwer zu ertragen; zu glauben fast noch weniger, aber die jüngere deutsche Geschichte zeigt ja leider, dass sich Geschichte gerne mal wiederholt.

Neigen andere Autoren historischer Romane ja gerne mal dazu ein ellenlanges Nachwort zu erstellen, gibt es hier zusätzlich alle paar Kapitel einen kurzen historischen Einschub, der das nötige Hintergrundwissen für das Fortkommen der Geschichte liefert. Ich fand diese Minikapitel sehr hilfreich und sie haben in keiner Weise den Lesefluss gestört.

Fazit:

Für mich hat dieses Buch die perfekte Mischung von fiktiver Handlung und historischen Fakten geboten, ich wurde durchweg gut unterhalten und weiß jetzt Einiges mehr über die Stadtgeschichte meiner Würzburger Nachbarn.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Irre, böse und wahnsinnig lustig

Schneller als der Tod
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Dr. Peter Brown lebt den ganz normalen Wahnsinn, den man als Assistenzarzt in einem großen Krankenhaus so mitmacht. Jetzt ist sein Job also Leben zu retten; früher hat er Menschen entgeltlich ins Jenseits ...

Dr. Peter Brown lebt den ganz normalen Wahnsinn, den man als Assistenzarzt in einem großen Krankenhaus so mitmacht. Jetzt ist sein Job also Leben zu retten; früher hat er Menschen entgeltlich ins Jenseits befördert, als Auftragskiller „Pietro“ nämlich. Doch das Versteckspiel hat bald ein Ende…

Zugegeben, das Buch ist vielleicht nichts für die ganz zart Besaiteten, die sich gerne der Illusion hingeben, dass die Halbgötter in Weiß immer ohne Fehl und Tadel sind. Teilweise recht derb und immer sehr ausführlich schildert der Autor, der übrigens Medizin studiert hat und somit weiß wovon er spricht, den Alltag in der stressigen Assistenzzeit und verknüpft diesen mit einer abstrusen Story aus dem Mafiamilieu. Diese Mischung wird in einem herrlich schwarzen Humor gewürzt mit einer Prise Sarkasmus erzählt, unterbrochen und ergänzt von ironischen, neckischen Fußnoten. Obwohl Peter ja nun wirklich kein unbeschriebenes Blatt ist, lernt man ihn lieben und begleitet ihn durch diesen Wahnsinn, immer haarscharf an der Katastrophe vorbei. Dieses Buch ist wirklich ein echter Pageturner, nicht unbedingt was für Leser mit schwachem Magen, aber auf jeden Fall ein Garant für viele Lacher und manch ungläubigen Blick.

Fazit: Mir hat diese Mischung aus Mafia- und gestresster Arztstory sehr, sehr gut gefallen und ich freue mich schon auf die Fortsetzung „Einmal durch die Hölle und zurück“.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Duffy is back

Die Sirenen von Belfast
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Detective Sergeant Duffy stößt bei einem Routineeinsatz auf einen Koffer mit delikatem Inhalt, einer zerstückelten Leiche nämlich. In Zeiten der Unruhen in Nordirland ist es ja traurige Tatsache, dass ...

Detective Sergeant Duffy stößt bei einem Routineeinsatz auf einen Koffer mit delikatem Inhalt, einer zerstückelten Leiche nämlich. In Zeiten der Unruhen in Nordirland ist es ja traurige Tatsache, dass immer wieder Menschen „verschwinden“, doch dieser Fall scheint anders zu sein. Als wäre die Lage nicht schon prekär genug, bricht der Falklandkrieg aus und es werden dringend benötigte Soldaten abgezogen.

Dieses Buch spielt etwa ein Jahr nach seinem Vorgänger „Der katholische Bulle“; zwar baut es nicht unmittelbar darauf auf, ich würde trotzdem jedem empfehlen zuerst Band 1 zu lesen, da dort viel mehr auf die politischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge in Nordirland eingegangen wird. Duffy hat sich in seiner neuen Truppe gut eingewöhnt, auch in der zunächst feindseligen Nachbarschaft wird er inzwischen halbwegs akzeptiert, doch wirklich ruhig wird der Alltag zu diesen Zeiten einfach nie sein.

McKinty beschreibt auch diesmal den beklemmenden Alltag sehr eindrucksvoll, mal nüchtern, mal mit schwarzem Humor. Diese dichte und düstere Atmosphäre zieht den Leser förmlich in die Geschichte und man verfolgt atemlos Duffys Bemühungen in all dem Chaos den Mordfall zu lösen. Das Buch gipfelt in einem Finale, das ich so nicht habe kommen sehen und das mich schlichtweg umgehauen hat.

Fazit: wieder ein unglaublich gelungenes Buch von McKinty, das ich jedem ans Herz legen möchte, der in Krimis nicht nur einen interessanten Fall, sondern auch eine starke Atmosphäre zu schätzen weiß.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Mitreißender und ausgezeichnet recherchierter historischer Roman

Die Hure und der Spielmann
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Die siebzehnjährige Schwedin Kristina soll gegen ihren Willen mit dem Ekel Sakarias Bonde verheiratet werden. Sie will heimlich zur Tante nach Prag flüchten, doch im Jahre 1618 ist das nicht so einfach. ...

Die siebzehnjährige Schwedin Kristina soll gegen ihren Willen mit dem Ekel Sakarias Bonde verheiratet werden. Sie will heimlich zur Tante nach Prag flüchten, doch im Jahre 1618 ist das nicht so einfach. Der Krieg kommt dazwischen und Kristina landet mittendrin. Auch der Prager Antonin von Waldau entflieht dem ungeliebten Elternhaus und wird von dem Jesuit Franz von Trient unter die Fittiche genommen. Als Spielmann getarnt tingelt Tonda durchs Land und bringt die katholische Botschaft unters Volk.
Dieses Buch hat mich wirklich mitgerissen. Thomas Ziebula erzählt hier eine spannende und packende Story, die sowohl durch ihre lebendigen und authentischen Charaktere, als auch durch gut recherchierte historische Hintergründe punkten kann. „Die Hure und der Spielmann“ ist der zweite Roman des Autors, der sich mit dem dreißigjährigen Krieg beschäftigt. Obwohl die Figur Kristina schon als Nebenfigur in „Der Gaukler“ auftauchte, ist es nicht zwingend nötig diesen zuerst zu lesen, allerdings wird am Ende ein Handlungsstrang aus dem Gaukler aufgegriffen, sodass man sich so ein kleines bisschen selbst die Spannung nimmt.
Die Figuren dieses Romans sind alle unglaublich lebendig und glaubwürdig gezeichnet, egal ob es sich dabei um die taffe Kristina oder den vom Glauben völlig verblendeten Franz handelt. Gerade Letzterer ist sehr vielseitig gestaltet und zeigt, dass eine sehr gut ausgearbeitete Figur nicht immer der Sympathischste im Geschehen sein muss. Da die Geschichte zwischen verschiedenen Perspektiven springt, erlebt man das Geschehen und die Kriegshandlungen von unterschiedlichen Seiten aus, was das Gesamtverständnis und die Identifikation mit den Protagonisten noch vergrößert.
Der dreißigjährige Krieg ist auf den ersten Blick ein großes Chaos; wer auf welcher Seite, wieso und warum wofür kämpft, ist zunächst schwierig zu verstehen. Doch Ziebula gelingt es, dieses Chaos nicht nur zu entwirren, sondern so in die Handlung des Romans einzubauen, dass der Leser dem politischen Geschehen auch ohne großes Vorwissen relativ leicht folgen kann. Sehr angenehm fand ich auch, dass die Gräuel des Krieges realistisch und ungeschönt, aber nicht übertrieben blutrünstig dargestellt wurden. Allgemein ist der Schreibstil sehr angenehm und die Seiten fliegen nur so dahin.
Lobenswert ist auch, dass das Buch Glossar, eine Karte zur besseren Übersicht und ein Personenregister enthält; besonders Letzteres trägt zum besseren Verständnis bei, denn wichtige Feldherren, Grafen und Könige werden nach ihrem religiösen und politischem Standpunkt sortiert aufgeführt.
Kritik möchte ich eigentlich nur am Klappentext üben, der verrät meiner Meinung nach einfach zu viel von der Handlung.

Fazit: Mich hat dieses Buch begeistert. Eine ausgezeichnete Mischung von Historie und fiktiver Handlung.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Kochbuch meets Reiseführer

Miss Violet goes London
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Wer hat eigentlich das Gerücht in die Welt gesetzt man könne in England nicht gut essen? Warum sollte man bei der Reiseplanung für den Londontrip auch schon Restaurants im Voraus buchen? Oder zumindest ...

Wer hat eigentlich das Gerücht in die Welt gesetzt man könne in England nicht gut essen? Warum sollte man bei der Reiseplanung für den Londontrip auch schon Restaurants im Voraus buchen? Oder zumindest flexible Dinnerzeiten in Kauf nehmen? Und was zur Hölle ist ein spotted dick und warum ist der so verdammt lecker?

Diese und weitere Fragen beantwortet Miss Violet auf sehr charmante Art und Weise in diesem Kochführer… ähm Reisebuch… naja, mit dieser sehr gelungenen Mischung, einem kulinarischen Reiseführer eben.

Köche angesagter Restaurants haben Violet Kiani einen Blick in ihre Töpfe werfen lassen, aber auch Zufallsbekanntschaften oder alte Freunde lassen sich nicht lumpen und verraten ihre Lieblingsrezepte. Ob ganz traditionell Cottage Pie, Eton Mess und Scones oder ultramoderne und hippe Pizza mit Rote-Bete-Teig, Austernpilz-Ceviche und Nobus Black Cod, in London kann großartig, vielfältig und sehr lecker gegessen werden. Dank Miss Violet weiß man auch wo, denn sie hat sich durch die verschiedenen Stadtteile gefuttert und kann nicht nur mit allerlei interessanten Adressen aufwarten, sondern auch mit wertvollen Tipps wo man besser reservieren sollte, wo an welchem Wochentag der größte Andrang herrscht u.ä. Gefehlt hat mir in diesem Buch manchmal eine Karte zur besseren Orientierung, wo genau sich die genannten Lokalitäten befinden.

Jede Seite dieses Buches ist unglaublich bunt und liebevoll gestaltet, ergänzt wird das Ganze durch wunderschöne Fotos der englischen Metropole; es ist also schon rein optisch ein Genuss. Insgesamt findet man knapp 30 Rezepte in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Die Rezepte sind natürlich ebenfalls hervorragend präsentiert, zu jedem gibt es ein Foto und eine ausführliche Anleitung, sodass dem Kochvergnügen nichts im Wege steht. Naja, fast nichts, denn leider sind einige der Anleitungen mit allerlei Linien hinterlegt, die die Schrift z.T. etwas unleserlich machen. Befremdlich fand ich auch die Werbung im hinteren Buchteil, zumindest weiß der derart interessierte Leser jetzt wo er verwendete Koffer, Papiere und Scrapbookartikel erstehen kann.

Miss Violet goes London ist mit Sicherheit nicht als Grundlagenkochbuch der englischen Küche zu verstehen, sondern eher ein kulinarischer Reiseführer, mit dessen Hilfe man aber auch das Fernweh bis zur nächsten Londonreise dadurch überbrücken kann, indem man sich einfach mal am heimischen Herd versucht.