Einsamkeit und Schmerz – das sind die zwei Gefühle, denen sich Lilian seit dem Tod ihrer Mutter tagtäglich stellen muss. Nebenbei versucht sie ihren Vater auf Abstand zu halten und sich trotzdem an ihn, an Amerika und das neue College zu gewöhnen. Nach dem anfänglichen Schock ihrer neuen WG Situation betreffend, beginnt sie sich zu Hause zu fühlen, taut auf und findet neue Freunde…
Lilly erlebt in ihrer Geschichte ein wahres Bungeejumping der Gefühle. Es passieren so viele Ereignisse, dass sie, und ich als Leser, nicht mehr hinterher gekommen sind. Von zu Tode betrübt bis himmelhochjauchzend, von feuriger Wut zu verzehrendem Verlangen, es ist alles dabei. Ihre Entwicklung mit zu erleben war atemraubend. Man konnte mit verfolgen, wie sie nach und nach wieder mehr zu dem offenen und fröhlichen Mädchen wurde, sympathisch, sensibel aber mit neuem Spaß am Leben,
Über die anderen Charaktere, vor allem Jamie und Ash könnte ich eine eigene Liebesgeschichte schreiben. Der Nerd Jamie mit seinen schokoladenbraunen Haaren, seinen Spruchshirts und seiner gefühlvollen und ruhigen Art hat es mir von Anfang an angetan. Er ist so warmherzig, liebevoll und trotzdem mit einem inneren Feuer ausgestattet. Ich bin förmlich geschmolzen.
Aber ich konnte mich nicht entscheiden! Ash ist einfach intensiv. Er ist eher der etwas verschlossenere, raue Kerl, aber mit total liebenswürdiger Ausstrahlung, wenn man ihn näher kennt. Seinen Schmerz konnte ich förmlich greifen und als die Geschichte diese dramatischen Wendungen annahm Richtung Ende.. Ich habe geweint und mir schmerzt das Herz immer noch, wenn ich an ihn denke. Welche Rolle jeder der Männer einnimmt, müsst ihr selbst lesen, aber ich kann euch auf jeden Fall sagen: Ich habe selten eine so besondere Konstellation kennen gelernt wie in „Liliennächte“
Was ich besonders toll fand war die Symbiose der Charaktere. Hier geht es nicht nur um eine Liebesgeschichte und ein bisschen Drama. Nein, hier geht es um tiefe Freundschaft, ähnlich stark wie die Liebe, um verletzte Herzen, tiefgehende Ereignisse und das Schlag auf Schlag. Die Verbindungen zwischen den wichtigsten Charakteren waren so stark, so intensiv, das ist schwer zu beschreiben und einfach wahnsinnig herzerwärmend. Es wurde nie langweilig und ständig schaffte es Kim Leopold die Aufregung nochmal zu steigern. Ich habe Tränen vergossen, aber ich habe auch die Schmetterlinge im Bauch von Lilian nachempfinden können, als klar war, für wen ihr Herz schlägt.
Ich kann mich allerdings kaum auf den Ausblick konzentrieren, weil ich ihn überall spüre. Seine harte Hüfte, die sich sanft an mich presst, sein Arm, der um meine Schulter geschlungen ist, seine andere Hand, die lässig mit meinen Fingern spielt. Mein Blick gleitet auf meine Beine. Gegen den blauen Stoff meines Kleides heben sich unsere miteinander verschlungenen Hände unnatürlich hell ab, obwohl wir beide gebräunt sind. Ich betrachte seine gepflegten Finger, die Adern, die knapp unter der Haut verlaufen und seine Hände stark und groß aussehen lassen. Es sind Hände, von denen man sich gerne anfassen lässt. Schluckend hebe ich meinen Blick. Seine Bartstoppeln kratzen über meine Stirn. Ein Hauch von ihm steigt mir in die Nase und sorgt für ein Kribbeln in meiner Magengrube.
Und natürlich gibt es auch noch andere sehr wichtige Nebencharaktere die eine tragende Rolle in der Geschichte spielen. Ihren Vater, Liam und Freunde der Protagonisten.
Die Schreibweise hat mich so stark in den Bann gezogen, dass ich „Liliennächte“ innerhalb weniger Stunden durch gelesen hatte. Ich mag den lockeren Stil der Autorin und könnte die Story förmlich selbst mit erleben. Die unglaublichen Handlungsstränge haben ließen mich das ein oder andere Mal scharf die Luft einziehen und ich bin fasziniert von der Vielfältigkeit des Buches. Zum Schluss fiel jedes Puzzleteil an seinen richtigen Ort und ich war in einem Wirrwarr der Gefühle gefangen.
Mein einzigstes Manko waren einfach manchmal kleine inhaltliche Holperer. Zum Beispiel lernt Lilly Toby kennen und empfindet ihn nach gefühlt zwei Sätzen schon als total offen und mag ihn unheimlich. Oder auch so manch andere kleine Reaktion, die für etwas Verwirrung gesorgt hat. Mir fehlte nach dem großen Oh-du-meine-Güte mit einem Investmentbankersohn auch die Aussprache oder eher die Reaktion, über diese, ich nenne es mal kriminelle Sache. Es ist schwierig das zu erklären ohne zu spoilern, aber ich hoffe mal ihr versteht, worauf ich hinaus will. Mir haben hier und da einfach ein paar abschließende Details gefehlt und deshalb konnte ich einfasch nicht komplett überzeugt werden. Von der Handlung schon, von der Ausarbeitung leider nicht.
Aber: Ich bin mir sicher, dass Autorinnen sich weiter entwickeln und sobald die Geschichte von Ash veröffentlicht wurde, werde ich sofort danach greifen. „Liliennächte“ hat mich abgeholt, vor allem emotional, und mich in eine wunderschöne, ergreifende Geschichte mit genommen.
Das neue Cover ist wunderschön. Ich liebe das farbliche Zusammenspiel.