Packender Krimis mit einem Hauch True Crime
Felix Blom. Der Häftling aus MoabitOptisch gefällt mir das Buch auf Anhieb. Das Cover mit seinem Retrocharme wirkt ein bisschen wie das Fenster in eine vergangene Zeit. Richtig gut finde ich, dass sich die Buchdeckel aufklappen lassen und ...
Optisch gefällt mir das Buch auf Anhieb. Das Cover mit seinem Retrocharme wirkt ein bisschen wie das Fenster in eine vergangene Zeit. Richtig gut finde ich, dass sich die Buchdeckel aufklappen lassen und neben einer kurzen Autorenvorstellung auch ein Steckbrief zum Protagonisten Felix Blom zu finden ist. Das steigert meine Lust auf den Kriminalroman, der auf wahren Begebenheiten basieren soll.
Sofort auf der ersten Seite werde ich angenehm überrascht, als ich einen gedruckten Zeitungsausschnitt verfasst in altdeutscher Schrift entdecke. Ich kann ihn problemlos lesen und tauche damit direkt ins Zeitgeschehen um 1878 ab. Selbstverständlich wird der Text aus dem Ausschnitt noch einmal passend zum restlichen Schriftbild des Krimis abgedruckt, sodass ihr nicht zwingend altdeutsch beherrschen müsst, um zu wissen, was im Artikel steht.
Alex Beer nimmt mich sofort mit ihrem sehr eindrücklichen Schreibstil gefangen und erzählt atmosphärisch dicht von der damaligen Zeit in Berlin. Dabei schafft sie es mir den Lokalkolorit von Berlin im Jahr 1878 lebendig zu vermitteln und verwebt in ihren Dialogen gelegentlich auch den typischen berlinerischen Dialekt. So fällt es mir überhaupt nicht schwer, völlig abzutauchen und mich durch den interessant konzipierten Kriminalroman führen zu lassen.
Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist Felix Blom, seines Zeichens ein raffinierter und charmanter Krimineller. Bekannt ist er als der Schatten von Berlin, dem die Polizei nie etwas nachweisen konnte. Bis an einem denkwürdigen Tag etwas von ihm an einem Tatort zurückbleibt und er für drei Jahre ins Gefängnis nach Moabit kommt. Was klingt wie der Verlauf der Geschichte, ist nur der Anfang. Denn ich lerne Felix Blom kennen, als er frisch entlassen wird und vor dem Nichts steht. Mir ist der Ganove sofort sympathisch und richtig klasse fand ich, dass im Kontext zu den Handlungen hier und da bestimmte Diebstahltricks erklärt werden. Das gibt dem Buch eine richtig gute Stimmung und versetzt mich in die Lage, ein wenig mehr Einblicke ins stehlende Handwerk zu erhaschen.
Der auktoriale Erzähler lässt mich neben Felix Blom auch den Kommissaren Ernst Cronenberg und Bruno Hartling über die Schulter schauen. Hier und da darf ich auch noch andere Charaktere begleiten, aber hauptsächlich liegt der Fokus auf Felix Blom und Kommissar Cronenberg. Das verdichtet insgesamt die Erzählung spannend und sorgt dafür, dass ich einen umfassenden Blick auf die Ereignisse bekomme. Hinzu kommt ein Handlungsstrang, der drei Jahre vor den aktuellen Geschehnissen spielt und meine Spekulationen befeuert.
„Felix Blom. Der Häftling aus Moabit“ ist ein packender Kriminalroman, der sich trotz fiktiver Kernhandlung dicht an der Realität des Jahres 1878 hält. Die Rahmenbedingungen sind sauber recherchiert und bilden jene Zeit authentisch ab. Besonders die Verflechtungen der politischen Ereignisse sowie die Beschreibung der damaligen tatsächlich existierenden Orte machen dieses Buch zu etwas Besonderem.
Bis zum Schluss konnte ich den wahren Täter nicht ermitteln und Alex Beer überraschte mich gleich doppelt. Denn auf den letzten Seiten kommt noch so eine unerwartete Wendung, dass ich völlig verblüfft von der Auflösung bin.
Fazit:
Dieser Roman vereint alles, was einen fesselnden Krimi ausmacht. Authentische Rahmenbedingungen, einen ausgeklügelten Fall und sympathische sowie verschlagene Charaktere. Für mich ein gelungener Reihenauftakt und eine volle Leseempfehlung.