Phantastische Reise ins All
Eine kurze Geschichte der böhmischen RaumfahrtAls eine seltsame Wolke im All sichtbar wird, besinnt sich die tschechische Nation auf ihre Größe. Ein Tscheche soll mit dem schnell gebauten Raumschiff „Jan Hus“ dieses Phänomen erforschen und zum Ruhm ...
Als eine seltsame Wolke im All sichtbar wird, besinnt sich die tschechische Nation auf ihre Größe. Ein Tscheche soll mit dem schnell gebauten Raumschiff „Jan Hus“ dieses Phänomen erforschen und zum Ruhm der Nation beitragen. Jakub Procházka, ein junger Astrophysiker ist für diese Mission ausgewählt. Anfangs erfüllt er noch brav seine Pflichten, testet allerlei technisches Gerät, das Sponsoren zur Verfügung gestellt haben und wartet auf den wöchentlichen Videochat mit seiner Frau. Doch immer mehr Technik fällt aus, seine Frau hat ihn verlassen und er selbst überlässt sich seiner Verzweiflung, seiner Einsamkeit und seinen Phantasien. Oder sollte das Wesen, das nun seine Einsamkeit teilt und mit ihm über Gott und die Welt diskutiert etwa real sein?
Der junge amerikanische Autor Jaroslav Kalfar, der aus Tschechien stammt, nimmt den Leser mit auf eine schwindelerregende Reise ins All. Er sprüht vor Einfällen, lässt seinen Protagnisten wie im Fieberwahn über Philosophie, Gott und die Politik sinnieren. Erinnert sich an seine Kindheit, an den Vater, der ein willfähriger Parteigenosse war, an die liebevollen Großeltern und an seine Jugend, während die „Jan Hus“ durchs All saust. Die Absurdität seiner Mission und seiner Situation ist mit hintergründigem Witz geschildert, die Geschichte hat genau so viel Tempo wie die Raumfähre und immer wenn ich dachte, mehr geht nicht, verblüfft und fesselt eine neue Wendung. Selbstreflexion, politische und geschichtliche Rückblenden, Liebesleben, Kindheitserinnerungen, Raumfahrt – kaum ein Thema lässt der Autor aus und das ergibt eine wirbelnde Geschichte, in der ich mich manchmal fast verloren hätte.
Ein tolles Debüt, das wohltuend vom Mainstream abweicht und mich sehr neugierig auf die Entwicklung des Autors macht.
Übrigens finde ich das Cover außerordentlich gut gelungen.