Profilbild von Chrummy

Chrummy

Lesejury Profi
offline

Chrummy ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Chrummy über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.07.2017

starke Frauen im 20. Jahrhundert

Claire
0

Nathalie C. Kutscher ist unter verschiedenen Pseudonymen und in diversen literarischen Genres, unter anderem Dark Fantasy, Thriller, Erotik, vertreten. „Claire“ ist ein historischer Roman, welcher das ...

Nathalie C. Kutscher ist unter verschiedenen Pseudonymen und in diversen literarischen Genres, unter anderem Dark Fantasy, Thriller, Erotik, vertreten. „Claire“ ist ein historischer Roman, welcher das Leben und Wirken starker junger Frauen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufzeigt. Claire, die einzige Tochter der Familie wird in ihrer Kindheit und Jugend stark von ihrer konservativ eingestellten Mutter geprägt. Als Michelle, die junge, selbstsichere und moderne Angetraute ihres Bruders, in ihr Leben tritt, stehen für Claire grosse Veränderungen bevor. Michelle zeigt ihr den Weg in eine neue Welt. Eine Welt, in welcher Frauen ihr Leben selbstbestimmt gestalten können. Claires Wunsch Kunst zu studieren, wird von ihren Eltern erfüllt und so zieht sie vom beschaulichen Boston ins grosse, weltoffene, aufregende New York. Bereits vor ihrem Umzug, hat Claire festgestellt, dass sie sich von Frauen angezogen fühlt und in ihrer Zimmergenossin Josephine findet sie die grosse Liebe. Eine Liebe, für die es sich zu kämpfen lohnt, obwohl in den 1920er Jahren eine lesbische Beziehungen alles andere als einfach war.

Die Idee, die Geschichte eines lesbischen Paares zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit all ihren Hürden und Schwierigkeiten zu erzählen, ist anregend. Kutscher zeigt dabei nicht nur die Probleme auf, welche sich einem homosexuelles Paar stellen, sondern allgemein die Stellung der Frau zur damaligen Zeit und die langsame Loslösung von festgefahrenen Rollenbildern. Der Weg der schüchternen und zu Beginn etwas naiven Claire zu einer selbstbewussten und starken Frau wird liebevoll und anschaulich dargestellt.
Die Tatsache, dass Claire als Ich-Erzählerin fungiert, erlaubt uns einen Einblick in ihre Gedanken und Emotionen. Der Leser teilt ihre Ängste, Wünsche, Freuden und Geheimnisse und kann sich so gut in sie hereinversetzen und sich mit ihr identifizieren. Die Sprache ist einfach gehalten und spiegelt so gut Claires Hintergrund. Die Sätze wirken zum Teil etwas holprig, was vor allem an der manchmal ungewöhnlichen und schwerfälligen Syntax liegt. Zahlreiche Tipp- und Grammatikfehler erschweren das Lesen stellenweise zusätzlich. Claires Leben wird bis in die 1960er Jahre verfolgt, was nicht ohne Auslassungen geschehen kann. Dennoch wäre an einigen Stellen eine ausführlichere Darstellung wünschenswert gewesen. Der Klappentext erwähnt, dass sich Josephine in Mafia Kreisen aufhält. Auch da wäre eine eingehendere Beschreibung, welche über die oberflächlich gehaltene Erwähnungen der Mafia hinausgeht, schön gewesen.

Das Buch zeigt die Geschichte von Claire und Josephine auf eine liebevolle Art und Weise auf. Der Schluss ist mir persönlich zu pathetisch. Die gesamte Frauenbewegung(en) auf diese eine Generation zu projizieren und die Zurschaustellung der weltoffenen, amerikanischen Gesellschaft der 1960er Jahre sind hier etwas übertrieben. Dennoch bleibt es eine schöne Geschichte, aus der man jedoch mehr hätte machen können.

Veröffentlicht am 06.07.2017

zu wenig Tiefgang

Überleben ist ein guter Anfang
0

n „Überleben ist ein guter Anfang“ erzählt Andrea Ulmer die Geschichte von sechs unterschiedlichen Frauen die ein gemeinsames Schicksal teilen. Sie alle erhielten die Diagnose Brustkrebs und kämpfen bereits ...

n „Überleben ist ein guter Anfang“ erzählt Andrea Ulmer die Geschichte von sechs unterschiedlichen Frauen die ein gemeinsames Schicksal teilen. Sie alle erhielten die Diagnose Brustkrebs und kämpfen bereits mehr oder weniger lang dagegen an. In einer Selbsthilfegruppe finden sie zueinander. Als Sieglinde, die älteste der Frauen, im Alter von 83 Jahren überraschend stirbt, beschliessen die anderen Sieglindes Traum von einer Weltreise in die Tat umzusetzen und bereisen gemeinsam sechs der sieben Kontinente.

Andrea Ulmer verarbeitet in diesem Roman auch ihr eigenes sowie das Schicksal ihrer Mutter, welche an Brustkrebs gestorben ist. Sie schafft dies auf eine ganz eigene, leichte und durchaus humorvolle Art. Der Schreibstil ist flüssig, der Leser hat keine Mühe der Geschichte zu folgen und kann sich sehr gut in die verschiedenen Schauplätze hineinversetzen. Dass eine der Protagonistinnen vorzugsweise in ihrer Mundart spricht, lockert das Ganze mit etwas Lokalkolorit auf.

Die Reisenden müssen nicht nur ihre Ehemänner alleine zu Hause lassen, was nicht selten zu lustigen Episoden führt, sie müssen auch über ihren eigenen Schatten springen und sich herausfordernden Situationen stellen. Dabei versteht es Ulmer die unterschiedlichen Figuren zu porträtieren, obwohl eine tiefergehende Analyse der Charaktere durchaus wünschenswert gewesen wäre. Die Figuren bleiben oberflächlich und ihre Beschreibung verläuft zumeist auf physischer Ebene ohne dass eingehender auf die Psyche der fünf Protagonistinnen eingegangen wird.

Obwohl alle der im Buch beschriebenen Figuren – seien es die krebskranken Frauen oder ihre anteilhabenden Familienangehörigen – eine Entwicklung durchmachen, erlebt keine davon eine richtiggehende Katharsis. Alle ertragen ihr Schicksal mit einer gewissen Ergebenheit und ohne damit zu hadern. Dies lässt die Tatsache, dass alle an Krebs leiden in den Hintergrund treten. Selbst der Tod von Sieglinde schafft es nicht den Leser wachzurütteln und sich in ernstzunehmender Weise mit der tragische Thematik auseinanderzusetzen. Stirbt eine bereits 83-jährige Person, ist der Grund für ihren Tod eher zweitrangig. So wie die Geschichte verläuft und die Figuren charakterisiert werden, könnten die fünf Frauen durchaus aus einem anderen Grund miteinander verbunden oder befreundet sein. Der Brustkrebs gilt hier zwar als gemeinsamer Nenner, dennoch setzt sich der Roman zu wenig damit auseinander.
Aus diesem Grund ist „Überleben ist ein guter Anfang“ eine unterhaltsame Lektüre, welche den Leser leider nicht wirklich zu fesseln vermag und weniger Tiefgang hat als die Buchbeschreibung erhoffen lässt.

Veröffentlicht am 06.07.2017

Kurzgeschichten

Spuk!
0

Ein Band voller Kurzgeschichten zu rezensieren ist kaum möglich. Schliesslich kann man nicht auf jede einzeln eingehen und auch nicht alle in denselben Topf werfen.
Die Geschichten sind unterschiedlicher ...

Ein Band voller Kurzgeschichten zu rezensieren ist kaum möglich. Schliesslich kann man nicht auf jede einzeln eingehen und auch nicht alle in denselben Topf werfen.
Die Geschichten sind unterschiedlicher Natur, einige fand ich toll, andere konnten mich nicht überzeugen. Öfters handelt es sich meiner Meinung nach auch nicht um Grusel- oder Spukgeschichten, sondern um unverarbeitete Traumata, welche die Protagonisten quälen. Die Thematik des Kriegstraumas ist in mehreren Geschichten zu finden.

Wie immer bei Kurzgeschichten ist sicher für jeden etwas dabei, wobei nicht alle Geschichten jeden Leser gleichermassen überzeugen und begeistern werden.

Veröffentlicht am 06.07.2017

mehr Lovestory als Psychothriller

Liebe ihn und leide
0

Mit „Liebe ihn und leide“ veröffentlicht Harald Schmidt erneut einen Psychothriller.

Protagonist des Buches ist Jan Hellmann, ein ziemlich erfolgreicher Schriftsteller. Obwohl er sich durch seinen Erfolg ...

Mit „Liebe ihn und leide“ veröffentlicht Harald Schmidt erneut einen Psychothriller.

Protagonist des Buches ist Jan Hellmann, ein ziemlich erfolgreicher Schriftsteller. Obwohl er sich durch seinen Erfolg finanziell vieles leisten kann, ist er noch immer nicht über die Trennung von seiner Ex hinweg. Auch Jahre danach lebt er noch immer allein und kann nach wie vor nicht verstehen, warum sie ihn von heute auf morgen verlassen hat. Seit sie weg ist, konnte er keine neue Beziehung eingehen, sein Herz hängt zu sehr an seiner Ex. Doch dann tritt Sandra in sein Leben und alles verändert sich. Obschon sie eigentlich nur Kontakt mit Hellmann aufnimmt, um ihn für ihren Verlag zu gewinnen, entwickelt sich eine Beziehung zwischen den zweien. Kaum haben die beiden jedoch angefangen ihre neue Liebe richtig zu geniessen, beginnt auch schon der Albtraum. Hellmann erhält Drohbriefe mit der Aufforderung Sandra zu verlassen, da ihr ansonsten etwas Schlimmes zustossen wird.

Im ersten Teil des Buches geht es um die Liebesgeschichte von Sandra und Jan. Von einem Thriller merkt man kaum etwas. Der Schreibstil ist flüssig und der Erzählstrang macht Sinn, doch die Handlung scheint nicht wirklich auf Touren zu kommen. Die Sprache ist angemessen, jedoch zum Teil etwas holprig. Ausdrücke wie „Autotechnik-infiziert“ hören sich seltsam an.

Die Charaktere sind ausgereift und gut beschrieben. Die Konstellationen innerhalb der Geschichte sind durchdacht und wirken überzeugend. Weniger überzeugend ist manchmal der Handlungsverlauf. Es überrascht doch sehr, dass eine Frau bei einem Mann bleibt, welchen sie erstens erst seit kurzer Zeit kennt, zweitens beim Konsum harter Drogen erwischt und der ihr drittens gesteht schon mal aggressiv zu werden. Dies scheint etwas realitätsfern und sehr konstruiert.

Für einen Psychothriller gibt es zu wenig Spannung(en) im Buch. Die Drohbriefe sind schrecklich, ohne Zweifel, dennoch fehlt es dem Ganzen irgendwie an Tiefe. Das Versprechen eines „Psychothriller, der wieder einmal tief in das Seelenleben der Figuren eintaucht“ wurde nicht eingelöst. Zumal die Aufklärung des Motivs aussen vor bleibt und der Leser sich selbst seine Gedanken darüber machen muss. Über das Seelenleben des Täters wissen wir kaum etwas, da es weder Einblick in seine Emotionen gibt noch die Geschichte auch einmal aus seiner Perspektive erzählt.

Veröffentlicht am 06.07.2017

unerfüllter Kinderwunsch

Meerzahl
0

In „Meerzahl“ erzählt die Autorin Annette Freudling die Geschichte von Hannah und Viktor. Hannah und Viktor sind ein nicht mehr ganz junges Paar, welches seit einiger Zeit vergeblich auf Nachwuchs hofft. ...

In „Meerzahl“ erzählt die Autorin Annette Freudling die Geschichte von Hannah und Viktor. Hannah und Viktor sind ein nicht mehr ganz junges Paar, welches seit einiger Zeit vergeblich auf Nachwuchs hofft. Nach verschiedenen Untersuchungen und Therapien bleibt nur noch die künstliche Befruchtung. Diese letzte Hoffnung treibt das Paar nicht nur in den finanziellen Ruin, der unerfüllte Kinderwunsch strapaziert auch die Beziehung und wird zur Zerreissprobe für die Liebenden.



Der Roman wird aus der Perspektive der Ich-Erzählerin Hannah erzählt. Daher liegt der Fokus vor allem auf ihrer Gefühlslage, ihren Eindrücken, Wünschen und Sehnsüchten. Über Viktors Innenleben erfährt der Leser nur durch die Konversationen und Interaktionen mit Hannah.

In Hannahs Erzählung kommt es auch immer wieder zu Rückblenden, in welchen sie Ereignisse aus ihrer Kindheit wiedergibt und quasi nochmals erlebt. Da die Rückblenden nicht durch eine andere Schrift oder Übertitel eingeleitet werden, dauert es manchmal eine Weile bis man erkennt, dass es sich um eine Rückblende handelt. Dies hemmt den Lesefluss verschiedentlich, da man sich erst wieder auf den zweiten Erzählstrang einstellen muss. Zudem ist nicht wirklich klar, welchen Sinn die Rückblenden haben respektive warum diese für den momentanen Zeitverlauf von Bedeutung sind. Selbst als Hannah gegenüber ihrer Schwester die Beweggründe für ihr Handeln offenlegt, sind die Episoden aus ihrer Vergangenheit zweitranging.



Die Sprache ist leicht verständlich, die Sätze jedoch öfters sehr lang und verschachtelt. Sätze über mehrere Zeilen – öfters auch acht oder mehr Zeilen lang – fordern den Leser zuweilen heraus. Die Handlung an sich ist nachvollziehbar und folgt, abgesehen von den Rückblenden, einem roten Faden. An manchen Stellen wäre eine übergeordnete, (er)klärende Stimme wünschenswert gewesen. Auch wäre es schön gewesen mehr darüber zu erfahren, was in den anderen Personen vor sich geht.



Alles in allem schafft es Freudling das Porträt einer der Verzweiflung nahen Frau, die ihre innere Uhr immer stärker ticken hört, zu zeichnen. Eine solche Situation ist weder amüsant noch von Leichtigkeit geprägt. Sie ist anstrengend, tragisch und zeitweise kaum ertragbar. Genau dies wird in „Meerzahl“ aufgezeichnet.