Profilbild von walli007

walli007

Lesejury Star
offline

walli007 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit walli007 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.09.2017

Der Informant

Königsallee
0

Kommissar Reuter von der Düsseldorfer Mordkommission bekommt es mit einem schwierigen Fall zu tun. Ein Informant wird brutal ermordet und eine Zeugin verschwindet. So schnell lässt sich kein Motiv für ...

Kommissar Reuter von der Düsseldorfer Mordkommission bekommt es mit einem schwierigen Fall zu tun. Ein Informant wird brutal ermordet und eine Zeugin verschwindet. So schnell lässt sich kein Motiv für die Tat finden. Nach einer Weile gerät auch der Bruder des Kommissars in Bedrängnis. Er hat wohl den Rückkauf eines gestohlenen Gemäldes vermittelt und wird nun selbst bedroht. Die Tagespresse kümmert sich allerdings weniger um die Fälle der Polizei, sondern mehr um ein Investitionsprojekt, das eigentlich das Image der Stadt verbessern soll, nun aber zu platzen droht.

Viele Spuren führen zum Ziel und vieles ist verbunden, was zunächst keine Verbindung zu haben scheint, ergibt schließlich doch einen Zusammenhang. In der Festung laufen die Fäden zusammen, die aber sorgfältig sortiert werden müssen. Doch nicht jeder scheint ein Interesse daran zu haben, die Fälle aufzuklären. Wer hat da etwas zu verbergen? Gibt es Beziehungen zwischen Verbrechen und staatlichen Stellen? Das kann doch nicht sein, oder? Sind auch einige Kollegen involviert? Jan Reuter gräbt immer tiefer und nicht jede Entdeckung erfreut ihn.

Auch dieser etwas ältere Roman aus dem Jahr 2007 ist im Bereich der Düsseldorfer Kriminalpolizei angesiedelt. Einige Personen, die man aus späteren Werken bereits kennt, tauchen in einzelnen Szenen auf. Doch wie bei jedem Dezernat wechselt hin und wieder das Personal und so fällt hier die Hauptrolle dem Kommissar Jan Reuter zu. Akribisch ermittelt dieser die Hintergründe zu diesem Fall und fördert immer brisantere Details zutage. Mit Spannung verfolgt man den Gang der Ermittlungen und muss manchmal doch innehalten ob der schier unglaublichen Vorgänge.

Mit angenehmer und den jeweiligen Situationen im Buch angepasster Betonung liest der Autor selbst und erzeugt sowohl Momente der Anspannung als auch solche ruhigerer Gangart. Er ist immer nah bei seinem Werk und schafft es auch die Zuhörer für dieses Buch einzunehmen. Man mag vielleicht für die späteren Kriminalromane mehr Begeisterung aufbringen, doch auch in diesem etwas älteren Roman blitzt schon einiges von dem auf, was später zur Perfektion gebracht wird.

Veröffentlicht am 23.08.2017

Kämpfer

Purpurland
0

Tim Sander war zu einem Auslandseinsatz in Afghanistan abkommandiert. Dort ist er nur knapp dem Tod entronnen und hat Dinge gesehen, deren Anblick einem eigentlich erspart bleiben sollte. Wieder daheim ...

Tim Sander war zu einem Auslandseinsatz in Afghanistan abkommandiert. Dort ist er nur knapp dem Tod entronnen und hat Dinge gesehen, deren Anblick einem eigentlich erspart bleiben sollte. Wieder daheim kommt er zunächst in eine Reha-Einrichtung in Süddeutschland. Dort trifft er den Polizisten Felix Mey aus Düsseldorf kennen, der dort ebenfalls wegen schwer zu verwindender Ereignisse zur Kur ist. Mit ihm tauscht sich Sander aus, besonders über seine Frau Julie, die sein Halt und sein ein und alles ist. Zurück in Düsseldorf wechselt Mey in die Mordkommission und während seines ersten Einsatzes stößt er auf eine Tote, bei der es sich zu seinem großen Erschrecken um Julia handelt.

Was während der Auslandeinsätze der Soldaten geschieht, dürfte weitgehend unbekannt sein und bleiben. Wüsste man alles, könnte man derartige Einsätze, auch wenn sie wohl tatsächlich der Schaffung oder Erhaltung eines brüchigen Friedens dienen, vermutlich nie gutheißen. Tim Sander möchte, dass einige Sachen ans Licht kommen, doch er wird herbe ausgebremst. Unklar ist, weshalb seine Frau Julia sterben musste. Zwar stellt sich heraus, dass sie so manches Geheimnis hatte, aber nichts wirkt so, dass es eine so grausame Tat rechtfertigen würde.

Ein Themenmix, der insbesondere was die Afghanistanschiene anbelangt sehr brisant und interessant wirkt, der aber gerade in anderen Bereichen auch Mitempfinden hervorruft. Mit seiner herausragenden Recherche und seiner ansprechenden Komposition fesselt Horst Eckert auch mit diesem einem seiner früheren Werke. Schier unglaublich erscheinen einige der Ereignisse und man gerät ins Nachdenken und die geschilderten Vorgänge entwickeln einen besonderen Nachhall.

Als Hörbuch vorgetragen wirkt das Buch allerdings sehr getragen. Sicher ist es Geschmacksache, ob einen eher mit neutraler Stimme gelesenen Vortrag bevorzugt oder ob einem eine actiongeladenere Darbietung lieber ist. Wenn einem allerdings letzteres näher ist, könnte man hier eine kleine Enttäuschung erleben.

Veröffentlicht am 15.08.2017

Gottes Licht

Der Hirte
0

Hauptkommissar Fredrik Beier will nur herausfinden, wieso Annette Wetre verschwunden ist. Diese hatte sich einer eigentümlichen Sekte zugewandt und schien abgetaucht zu sein. Bald darauf jedoch werden ...

Hauptkommissar Fredrik Beier will nur herausfinden, wieso Annette Wetre verschwunden ist. Diese hatte sich einer eigentümlichen Sekte zugewandt und schien abgetaucht zu sein. Bald darauf jedoch werden einige Mitglieder eben jener Sekte grausam ermordet und die übrigen bleiben wie vom Erdboden verschluckt. Die Durchsuchung des Tatorts erbringt einige Spuren, die auf doch sehr unheimliche Praktiken hindeuten. Fredrik Beier, der den Tod seines kleinen Sohnes längst nicht verwunden hat, wird in eine Ermittlung gestoßen, die sich als wesentlich komplexer erweist als zunächst angenommen. Dennoch ist Fredrik nicht glücklich als er eine weitere Beamtin an die Seite gestellt bekommt.

Ein grausames Tötungsdelikt, das kaum Rückschlüsse auf irgendwelche Motive zulässt, eine Spurenlage, die Anlass zu äußersten Bedenken über die Vorhaben und Ziele einer Sekte gibt, ein Kommissar, der in seiner Trauer gefangen zu Beginn eher überfordert scheint und eine ehrgeizige junge Ermittlerin, die etwas schwierig einzuschätzen ist, Bezüge zur Vergangenheit, die schwer zu deuten sind. Dieser vertrackte Fall macht es den Polizisten nicht leicht, einen Überblick zu erlangen. Auch als Leser tappt man eine ganze Weile im Dunkeln und sucht nach dem Aha-Moment, in dem alle Mosaiksteinchen an ihren Platz fallen.

Mitreißend und lebendig trägt Dietmar Wunder die Geschichte des Hirten vor. Dabei verleiht er den Hauptakteuren ganz eigene und prägnante Stimmen. Was im normalen Verlauf der Lesung äußerst angenehm wirkt, macht die teilweise etwas brutal plastischen Schilderungen einiger Aktion-Szenen mitunter schwer erträglich. Wenn man einen unheimlichen Angreifer geradezu auch sich zukommen hört, mitbekommt wie er sein Messer zückt und das Blut zu spritzen beginnt, überläuft es einen schon eiskalt. Davor treten dann manchmal die eigentlichen Nachforschungen und Erklärungen zum Geschehen in den Hintergrund. Und so entsteht manchmal der Eindruck, dass einige Fakten, die zur Erhellung der Lage beitragen könnten nur angerissen werden und man wünscht sich, dass eine größere Konzentration auf bestimmte Themen vorgenommen worden wäre, die dann eingehendere Behandlung erfahren hätten. Vielleicht liegt der Fehler bei der Hörerin, doch diese hatte den Eindruck, sie hätte sich der Handlung besser zuwenden können, wäre diese etwas weniger aufgefächert gewesen.

Dennoch ein spannendes Debüt, das Aufmerksamkeit erfordert und das durch den Vorleser häufig ausgesprochen gut interpretiert wurde.

Veröffentlicht am 05.08.2017

Onestep in Chile

Die Liebestäuschung
0

Ihr Vater ist etwas besorgt, mit fast dreißig Jahren hat seine Tochter Golondrina del Rosario noch jeden Verehrer abgewiesen. Im Chile des Jahres 1929 ist das schon ungewöhnlich. In der Salpeterstadt Pampa ...

Ihr Vater ist etwas besorgt, mit fast dreißig Jahren hat seine Tochter Golondrina del Rosario noch jeden Verehrer abgewiesen. Im Chile des Jahres 1929 ist das schon ungewöhnlich. In der Salpeterstadt Pampa Unión noch mehr. Es bleibt zu hoffen, dass die jüngferliche Kinopianistin ihr Glück findet. Golondrina hegt indes eine heimliche Leidenschaft, nachdem sie vor einem halben Jahr einem Hallodri zur Flucht verhalf. Und nun im August soll in der Stadt ein Orchester gegründet werden, um zu Ehren des Besuchs des Präsidenten aufspielen zu können. Golondrinas Überraschung ist schier unermesslich als sie den Trompeter Bello Sandalio als ihr kleines Abenteuer wieder erkennt.

Anarchie, Musik und Liebe könnte man als die Grundthemen dieses Romans bezeichnen. Im Chile Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts ist die Blütezeit der Salpeterminen schon vorbei. Doch noch gibt es sie die Städte in der Wüste, schnell aufstrebend. Kultur soll für die Reichen bereitgestellt werden. Ausbeutung, Armut, Kindersterblichkeit ist das, was für die Arbeiter übrig bleibt. Diese Ungerechtigkeit treibt auch Golondrinas Vater um, der heimlich nie davon abgelassen hat, nach einer Gelegenheit zu suchen. Er liebt seine sittsame Tochter, in der ungeahnte Leidenschaft brodelt. Insgeheim ist er sogar froh, dass sie sich dem leichtfüßigen Trompeter zuwendet und ihre anderen eher langweiligen Verehrer verschmäht.

Leichtigkeit und Schwere geben sich in "Die Liebestäuschung“ die Hand. Mit teilweise ausschweifenden Worten malt der Autor das Bild einer dem Niedergang geweihten Nische der Kultur eines Landes. Chile einst reich, nun eher auf dem absteigenden Ast. Die politische Klasse lässt die Arbeiter in ihrem Elend, keiner scheint etwas unternehmen zu wollen. Die fahrenden Musiker scheinen die Aufgabe zu haben, die Not mit ihrer Kunst zu übertönen. Welche Kraft dagegen hat Golondrinas Liebe, die sich damit gegen das vorgegebene Leben auflehnt und sich in das für sie wahre Leben stürzt. Bei aller Urgewalt der Gefühle, die über Golondrina hereinbrechen, fragt man sich bald, ob ihr bei diesem Liebestosen eine glückliche Zukunft beschieden sein kann.

Auch wenn die Musiker ihr Publikum mit Onestep-Musikstücken unterhalten, gestaltet sich Golondrinas Liebe eher dramatisch wie ein Tango.

Veröffentlicht am 06.07.2017

Showdown

Dem Kroisleitner sein Vater
0

Anstatt zur Beerdigung seines Vaters zu gehen, flüchtet der Berliner Polizist Frassek nach Österreich. Dort stolpert er in einen Todesfall, der den österreichischen Kollegen sehr verdächtig vorkommt. Frassek ...

Anstatt zur Beerdigung seines Vaters zu gehen, flüchtet der Berliner Polizist Frassek nach Österreich. Dort stolpert er in einen Todesfall, der den österreichischen Kollegen sehr verdächtig vorkommt. Frassek ist dann erstmal der große Unbekannte, der ins Dorf kam und es wieder verließ. Als Frassek in Berlin seine Kompetenzen überschreitet und damit einen Fall kaputt macht, macht er sich erneut auf den Weg ins Alpenland. Das Suchbild im Fernsehen sieht ihm doch recht ähnlich. Ehe er es sich versieht, gehört Frassek zu den Verdächtigen. Er soll den 104jährigen Alois Kroisleitner umgebracht haben. Zwar muss ihn die Polizei schnell wieder gehen lassen, aber Frassek sieht sich in der Pflicht hier die Wahrheit herauszubringen.

Ein Berliner Polizist, der den Tod seines Vaters nicht verarbeiten kann, trifft auf einen Schuhmacher, dessen Vater plötzlich verstorben ist. Natürlich hat der Berliner in Österreich nichts zu ermitteln, aber ein wenig herumfragen kann man ja mal, nicht? Nichts anderes tun auch die Dorfbewohner. Die Wirtin Lissi macht sich so ihre Gedanken, die Dagmar und die Maria auch. Und dann kommt auch noch die Tochter von der Maria wieder, die das Dorf vor zehn Jahren verlassen hat. Sie findet geheimnisvolle Briefe und sie will endlich wissen, wer ihr Vater ist, und warum der schöne Josef damals nichts mit ihr zu tun haben wollte.

Ein richtiger Kriminalroman ist es eigentlich nicht. Zwar gibt es einen Toten und viele Geheimnisse. Doch die Arbeit der Polizei bildet eher eine Nebenhandlung. Und so könnte man, wenn man die Bezeichnung dieses Romans als Kriminalroman allzu ernst nimmt, eine kleine Enttäuschung erleben. Ein Todesfall gibt Anlass zu allerhand Nachforschungen, an denen sich das ganze Dorf beteiligt und jeder etwas anderes beizutragen hat. Hinzu kommen noch jene, die tatsächlich mit den geheimen Ränken aus der Vergangenheit in Verbindung stehen, wissentlich oder unwissentlich. Und so lässt man sich von der urigen Bergwelt und ihren Bewohnern bezaubern und in Urlaubsstimmung versetzen. Im Gegensatz zu der verzweigten und nachhaltig vorangebrachten Handlung wirkt der Schluss etwas abgehackt, beinahe als hätte sich der Autor an eine Seitenvorgabe halten wollen. Dennoch schafft er mit den chaotisch sympathischen Berlinern Frassek und Sprotz ein Team, von dem man sich gerne fragt, wohin sie die nächste Reise führen wird.