Kraftvoll und melancholisch
Für Caitlin beginnt das neue Schuljahr ohne ihre beste Freundin Ingrid, die sich das Leben genommen hat. Caitlin versteht nicht, warum sie das getan hat und ertrinkt in ihren Schuldgefühlen, weil sie nichts ...
Für Caitlin beginnt das neue Schuljahr ohne ihre beste Freundin Ingrid, die sich das Leben genommen hat. Caitlin versteht nicht, warum sie das getan hat und ertrinkt in ihren Schuldgefühlen, weil sie nichts gemerkt und es verhindert hat. Alles was in ihrem bisherigen Leben wichtig war, ist plötzlich bedeutungslos geworden. Den Führerschein machen, tolle Fotos für den Fotokurs schießen und über die Lehrerin lästern. Alle diese Dinge haben sie immer zusammen gemacht und jetzt ist Caitlin allein. In ihrer Trauer blockt sie die gutgemeinten Ratschläge und Gesprächsversuche ihrer Eltern ab und verzieht sich fast jede Nacht in ihr verwaistes Auto.
Man kann die Melancholie und die Verzweiflung Caitlins aus jeder Zeile des Buches spüren. Sie beschreibt ihre alltäglichen Tätigkeiten fast emotionslos und ohne über ihre Gefühle zu sprechen. Das ist auch das ganze Problem in ihrer Familie. Die Eltern versuchen zwar ansatzweise sie zu verstehen, belassen es aber bei halbherzigen Zuwendungen. Eine professionelle Therapie lehnt Caitlin ebenso ab, die aber durchaus eine wertvolle Hilfe dargestellt hätte. Als Elternteil hätte ich darauf bestanden, dass meine Tochter diese in Anspruch nimmt. So schleichen alle nur vorsichtig umeinander herum und nichts ändert sich an der Situation. Der Vater kauft ihr einfach ein paar Holzbretter und meint, dass sie "etwas" damit machen soll - als Alternativtherapie... Im Prinzip keine schlechte Idee, aber es wäre besser gewesen, sie vorher zu fragen und etwas gemeinsam mit ihr zu bauen.
Noch schlimmer ist die Reaktion ihrer Lehrerin, die sie nicht beachtet und mit keinem Wort den Tod ihrer Freundin erwähnt, obwohl diese ihre Lieblingsschülerin war. Es wird zwar später erklärt warum sie so reagiert, aber in meinen Augen hätte eine pädagogisch ausgebildete Lehrerin einen anderen Weg finden müssen. Zum Glück findet sie nach einigen Anfangsschwierigkeiten in Dylan eine neue Freundin, die ebenfalls mit einem schweren Verlust zu kämpfen hat und Caitlin deshalb gut versteht. Auch Taylor, ein Junge in den sie sich verliebt, unterstützt sie dabei, das Geschehene zu akzeptieren und einzusehen, dass sie keine Schuld daran trägt.
Mit Hilfe des von Ingrid unter ihrem Bett zurückgelassenen Tagebuchs, versteht Caitlin nach und nach warum sie so verzweifelt war und nicht mehr leben wollte. Ich fand die Passagen sehr bewegend und konnte mich besser in die beiden hineinversetzen. Allerdings konnte ich überhaupt nicht verstehen, was Caitlin zum Schluss mit dem Tagebuch gemacht hat. Das hat mich sehr schockiert und verstört. Doch trotz des traurigen Themas schließt dieses Buch voller Hoffnung und Kraft und lässt den Leser mit einem positiven Gefühl zurück.