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Veröffentlicht am 01.03.2023

Reise in die Vergangenheit – ein Journalist kehrt zurück zu seinen Wurzeln

Tod in Siebenbürgen
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Journalist Paul Schwartzmüller aus Köln erhält ein famoses Jobangebot: Chef vom Dienst bei der Zeitung, für die er bislang freischaffend gearbeitet hat. Da holt ihn seine Vergangenheit ein: Seine Tante ...

Journalist Paul Schwartzmüller aus Köln erhält ein famoses Jobangebot: Chef vom Dienst bei der Zeitung, für die er bislang freischaffend gearbeitet hat. Da holt ihn seine Vergangenheit ein: Seine Tante aus Rumänien hat ihm ihr Haus vermacht, in dem er glückliche Kindheitssommer verbracht hat. Für Paul ein Schock, für ihn war sie schon lange verstorben, seit er mit zehn Jahren mit seinem Vater aus Rumänien wegging. Seine Vergangenheit als Siebenbürger Sachse hat er verdrängt. Mit dem festen Vorsatz, das Haus schnell zu verkaufen und dann den neuen Job anzutreten, reist Paul in die alte Heimat. Schnell hat er wieder Kontakt zu seinem alten Freund Sorin. Da geschieht ein Unglück: Bei einer von Sorins Führungen durch das Dracula-Schloss stirbt ein Mann, der als Widersacher Sorins galt und im Dorf allgemein unbeliebt war. Als Sorin verhaftet wird, bittet er Paul ihm zu helfen. Paul fängt an das zu tun, was er am besten kann: recherchieren. Dabei taucht er ein in die Geschichte des Dorfes und der Menschen und muss sich eingestehen, dass er tief mit ihnen verbunden ist.

Kein klassischer Krimi, eher eine Reise in die Vergangenheit und in die Geschichte der Region Siebenbürgen, uns besser bekannt als Transsylvanien. Die sehr schön geschriebene Geschichte beschreibt liebevoll die Umgebung und ihre Menschen und vermittelt dem Leser, dass dieser vielseitige, traditionell geprägte Landstrich so viel mehr ist als der Wohnort des weltbekannten Grafen mit den langen Eckzähnen. Tief verwurzelt sind die Menschen mit ihrer Heimat, und auch Paul lässt sich schnell vereinnahmen vom Flair und vom guten Essen. Seine Streifzüge durch die Region, sein Aufeinandertreffen mit den Menschen und die Aufarbeitung seiner Vergangenheit nehmen denn auch den größeren Raum ein. Mit vielen rumänischen Spracheinschüben, traditionellen Speisen und Getränken und Beschreibungen vom Leben und Feiern kommt sehr viel Lokalkolorit herüber, als Leser taucht man direkt mit ein und fährt mit Paul in seinem klapprigen Mietwagen durch die Pampa. Dabei tritt mitunter die Aufklärung des Todesfalls und die Ermittlungsarbeit doch sehr in den Hintergrund.

Sehr überzeugend gelingen der Autorin die Beschreibungen von Land und Leuten, ihr Leben zwischen Tradition und Moderne, zwischen Aberglaube und Christentum, und man merkt deutlich, wie sehr sie ihr am Herzen liegen. Ihre Charaktere sind gut ausgearbeitete Persönlichkeiten, die authentisch wirken und tiefschichtig sind. Paul ist sympathisch, wenn auch etwas träge, und man lebt mit ihm mit. Ebenso interessant sind Maja und noch mehr das Sinti-Mädchen Pusomori, ohne die Paul rein gar nichts herausgefunden hätte. Pusomori ist es auch, die die Geschichte ordentlich vorantreibt und durch deren eingeschobene Perspektive wir als Leser mitunter mehr erfahren als durch die Hauptgeschichte.

Einiges kommt mir aber leider zu kurz. Ich hätte mir gewünscht, dass es weniger um gutes Essen und viel Schnaps trinken geht und mehr um die Ermittlung und Aufklärung des Falls, der Motive und Persönlichkeit des Toten und seiner Machenschaften. Nicht zuletzt hätte man auch die Hintergründe des politischen Systems und was es mit den Menschen gemacht hat detaillierter beleuchten können. Einiges blieb doch recht oberflächlich. Schön fand ich Pauls Läuterung und Rückbesinnung auf seine alte Heimat und ihrer Werte und sein Auseinandersetzen mit seiner eigenen Geschichte.

Fazit: Wer einen spannenden Krimi erwartet mit knallharter Recherche, Gefahr für Leib und Leben oder spannungssteigernde Cliffhanger, wird eher enttäuscht sein. Die Geschichte lebt vom Lokalkolorit und seinen wunderbaren Figuren. Dennoch lässt sie einen gut eintauchen in eine Welt fernab der Touristenattraktionen und bringt uns eine faszinierende Region und ihre Kultur näher.

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Veröffentlicht am 26.10.2022

Eisige Schönheit – Erster Fall für Hanna Ahlander und Daniel Lindskog

Kalt und still
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Die Stockholmer Ermittlerin Hanna Ahlander ist am Boden zerstört: Ihr Chef macht ihr klar, dass sie im Revier unerwünscht ist, weil sie einen gewalttätigen Kollegen überführen wollte, und als sie nach ...

Die Stockholmer Ermittlerin Hanna Ahlander ist am Boden zerstört: Ihr Chef macht ihr klar, dass sie im Revier unerwünscht ist, weil sie einen gewalttätigen Kollegen überführen wollte, und als sie nach Hause kommt, verkündet ihr ihr Freund, dass er sie wegen einer anderen verlässt. Tief verletzt zieht sie sich in das Ferienhaus ihrer Schwester Lydia im idyllischen und tief verschneiten Örtchen Åre zurück, dem Ort ihrer Kindheit. Dort wird gerade ein Mädchen vermisst, und um sich abzulenken, beteiligt sich Hanna an der Suche. Als sie einige Informationen an den leitenden Ermittler Daniel Lindskog und sein Team heranträgt, erkennen die Polizisten, sowieso chronisch unterbesetzt, ihr Potential. Ehe sie sich‘s versieht, steckt sie mitten in den Ermittlungen und in einem Fall, der komplexer ist als zunächst angenommen…

Sehr spannender und solide aufgebauter Krimi in den Bergen Nordschwedens. In der eisigen Schönheit der Welt in der Nähe des Polarkreises ist ein Mädchen verschwunden und bei Minus zwanzig Grad empfiehlt sich kein längerer Aufenthalt in der Natur. In bewährter Manier entwirft die Erfolgsautorin ihre Figuren und schafft ein interessantes neues Ermittlerduo, das sich aufs Trefflichste ergänzt und doch sehr individuelle Züge besitzt. Sowohl Hanna als auch Daniel sind zwei hochintelligente Ermittler, die so sehr für ihren Job brennen, dass das Privatleben zur Nebensache wird, die sich aber dennoch innerlich zerreißen, um allem und jedem gerecht zu werden. Und Gerechtigkeit ist immens wichtig für sie. Auf dieser Zerrissenheit zwischen Job und Privatem liegt ein besonderer Fokus in der Geschichte und zeigt sehr gut die hervorstechendsten Charaktereigenschaften, die diese beiden Persönlichkeiten ausmachen. Beide sind mit einem schwierigen Verhältnis zu ihren Eltern belastet und haben Probleme in der Partnerschaft. Zudem wurden und werden beide mit Gewalt konfrontiert, Hanna als – noch immer schwer traumatisiertes – Opfer und Daniel, der gegen sein hitziges Temperament ankämpft und ganz schön austicken kann. Pikanterweise verkörpert Daniel damit genau den Typ Mann, den Hanna aufs Tiefste verabscheut. Dieses Aufreiben zwischen zwei Welten, das Hadern mit sich und der Umgang mit anderen und sich selbst nimmt einen Großteil des Plots ein.

Die Geschichte ist gut aufgebaut und zeigt von Anfang an einen sich stetig aufbauenden Spannungsbogen. Die Spannung wird hierbei sowohl ermittlungstechnisch als auch psychologisch erzeugt und lebt ein großes Stück weit von den verschiedenen Perspektiven, aus denen erzählt wird und die dem Leser Einblicke in zerrüttete Familien und zweifelhafte Gesellschaftsstrukturen gibt und die scheinheilige Doppelmoral in Privat- und Berufsleben aufzeigt. Bis etwa zur Mitte des Buches laufen denn auch zwei Handlungsstränge parallel nebeneinander, einmal Hannas private Situation und ihr eigener Fall um die Reinigungsfrau Zuhra und zum anderen Daniels Ermittlungen im Fall Amanda. Nach und nach verknüpfen sich beider Leben und in dem Maße wird auch immer deutlicher, dass und wie alles zusammenhängt. Ich fand sehr wohltuend, dass die Autorin weitgehend auf blutig-reißerische Action verzichtet und den Leser durch ihre vielschichtigen Charaktere mit sensiblem Innenleben und tiefen Einblicken in menschliche Abgründe fesselt. Ihre sehr bildhaften Beschreibungen der lokalen Verhältnisse lassen alles vor dem geistigen Auge auferstehen und man spürt förmlich die Eiseskälte draußen und in den Herzen. Die Lösung des Kriminalfalls selbst kann man bei aufmerksamem Lesen durchaus erahnen, was aber dem Lesevergnügen keineswegs Abbruch tut.

Fazit: Gut gelungener Auftakt in die neue Reihe vor atemberaubender Kulisse. Die Erfolgsautorin beweist einmal mehr ihr Erzähltalent und legt einen atmosphärisch dichten Krimi mit einen interessanten neuen Ermittlerteam vor, das hohes Entwicklungspotential hat. Meiner Meinung nach dürften die nächsten Fälle gerne verschachtelter und komplexer werden, aber alles in allem ein empfehlenswertes Buch, das Lust auf weitere Fälle macht.

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Veröffentlicht am 21.06.2022

Gesine Felber, die Friesenbrauerin, ermittelt - Gelungener Auftakt zu neuer Reihe

Die Leiche am Deich
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An sich können die Sünnumer nicht meckern: Sie leben an einem idyllischen kleinen Örtchen, der zwar nicht auf google Maps auftaucht, trotzdem aber von Touristen besucht wird, so dass sie sich mit Wattführungen ...

An sich können die Sünnumer nicht meckern: Sie leben an einem idyllischen kleinen Örtchen, der zwar nicht auf google Maps auftaucht, trotzdem aber von Touristen besucht wird, so dass sie sich mit Wattführungen und anderen Aktivitäten etwas zu ihrer Landwirtschaft hinzu verdienen können. Herz und Mittelpunkt des Örtchens ist die Friesenbrauerin Gesine Felber, wegen ihres gern gesponnenen Seemannsgarns Tüdelbüdel genannt, die sowohl die einzige Gastwirtschaft, den Kroog, als auch das einzige Lädchen in Sünnum betreibt. Die Idylle wird empfindlich getrübt, als der Milchbauer Burmeister große Ländereien der Bauern aufkauft, um eine Milchfabrik zu errichten. Ein Grundstück fehlt ihm noch, doch der Besitzer stellt sich stur. Da wird eine Leiche angespült, und schnell stellt sich heraus: Es ist Burmeisters Ehefrau Kerstin...

Oha da ist mächtig etwas los im gar nicht so beschaulichen Sünnum! Wer einen Cosy Krimi erwartet hat, wird überrascht sein, denn der Fall gestaltet sich wider Erwarten komplexer als gedacht, und die schnell gefundenen und verhafteten Verdächtigen sind keinesfalls eindeutig überführt. Mit viel Wortwitz, norddeutscher Coolness und friesischer Bauernschläue lässt der Autor seine Protagonisten agieren, die zunächst als sympathisch-trottelige Landeier rüberkommen. Aber Obacht! Auch wenn Friesenbrauerin Gesines Tüdelbräu so manches oberflächliche Problem löst, kocht die Stimmung doch ganz schön hoch, und bald geschehen weitere Verbrechen und ein Mob tobt durch Sünnum und will Lynchjustiz üben. Da ist Schluss mit lustig. Aber auch wenn die Verbrechen nicht ohne sind und die Lösung nicht sofort offen auf der Hand liegt, ist der Grundton der Geschichte eher humorvoll. Der Autor versteht es sehr gut, seinen Figuren Leben einzuhauchen und sie bei aller Originalität nicht flach oder zu klischeehaft werden zu lassen.

Der Charakter, auf den sich alles stützt, Hauptfigur und vorrangige Sympathieträgerin ist natürlich die Friesenbrauerin Gesine, die mit viel Herz und Empathie alles zusammenhält. Eine ehemaliger Alt-68erin, die weiß, wie man demonstriert und sich der Obrigkeit gegenüber verhält. Pikant, dass ausgerechnet ihre Tochter Wiebke Ordnungshüterin ist und sich als solche an die Vorschriften halten muss. Gesine ist die dominante Figur, aus deren Sichtweise meist erzählt wird, und man folgt ihr gerne und lebt mit ihr mit, wie sie sich mehr als einmal in brenzlige Situationen bringt. Ich fand aber auch die Perspektive des Bösewichts Burmeister gut, die sehr gut seine Motive und Denke offenbart, und als Sympathieträger hat natürlich der brummige alte Seebär Joris viel Potential, der immer zur Stelle ist, wenn man ihn braucht. Teilweise bleiben die anderen Figuren neben diesen etwas flach, und mir war Gesine oft etwas zu militant und störrisch in ihren Aktionen, die meist wenig durchdacht und sehr von ihren Emotionen geprägt sind. Die Ausarbeitung der Charaktere hat durchaus noch Luft nach oben, und auch das Stilmittel, Sätze unvollendet und von anderen beenden zu lassen, wird mir zu inflationär eingesetzt. Alles in allem aber ein schöner Ostfrieslandkrimi mit liebenswerten Figuren und viel Lokalkolorit.

Fazit: Gelungener Auftakt in die neue Reihe um die Friesenbrauerin Gesine im idyllischen – fiktiven – Sünnum. Eine gewisse Affinität zu Norddeutschland und Platt sollte man haben, es hilft ungemein, die Ausdrücke zu verstehen. Aber gerade das macht die Menschen und die Geschichte authentisch und interessant. Wer akribische Ermittler und handfeste Polizeiarbeit möchte, ist hier falsch, wer aber empathische Figuren und witzige Dialoge mag, eingebettet in friesisch-herber Landschaft mit viel lokalem Flair, wird diese neue Reihe lieben!

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Veröffentlicht am 11.04.2022

Liebe und Drama im gar nicht so beschaulichen Tessin

Mord in Montagnola
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Die Dolmetscherin Moira Rusconi kehrt in ihr heimatliches Dorf Montagnola im Tessin zurück, um ihren Vater nach dessen Schlaganfall zu unterstützen. Zum Glück ist dieser recht fidel, so dass sie Zeit hat, ...

Die Dolmetscherin Moira Rusconi kehrt in ihr heimatliches Dorf Montagnola im Tessin zurück, um ihren Vater nach dessen Schlaganfall zu unterstützen. Zum Glück ist dieser recht fidel, so dass sie Zeit hat, sich anderen Dingen zu widmen, zum Beispiel ihrer Jugendliebe Luca, der inzwischen Leiter der Rechtsmedizin ist und sie als Dolmetscherin in einem Mordfall einspannt. Moira findet zunehmend Gefallen an ihrer Aufgabe und auch an Luca…

Sehr kurzweilige und wunderbar erzählte Geschichte, die eine gelungene Mischung aus Lokal-Krimi, Liebesgeschichte und auch Selbstfindung ist und im – scheinbar – idyllischen Dörfchen Montagnola im schweizerischen Tessin angesiedelt ist. Die Autorin hat einen schönen, sehr eingängigen Schreibstil und ihre Beschreibungen von Land und Leuten sind bildhaft und authentisch, aber nie kitschig, so dass man sofort in der Geschichte drin ist und die Umgebung und Landschaft tatsächlich vor sich sieht, auch wenn man nie dort war. Auch ihre Figuren überzeugen mit ihrer Persönlichkeit, sie sind teilweise liebenswert-skurril und mit ihren Stärken und Schwächen sehr menschlich. Ich fand die Darstellung der Gefühle, Zwiespälte und Zweifel sehr überzeugend und lebte vor allem mit Moira, auf die sich als Hauptfigur alles recht stark fokussiert, sofort intensiv mit.

Von der Kriminalhandlung selbst sollte man nicht allzu viel erwarten. Der Einstieg im Prolog ist zwar thrillermäßig, aber die Geschichte lebt keinesfalls von einem gut konstruierten Kriminalfall oder detailreicher Ermittlungsarbeit. Dazu konzentriert sie sich im weiteren Verlauf doch zu stark auf Moiras Gefühlsleben, ihre Suche nach einem Heimathafen, ihrem Verarbeiten der Trennung, dem Verhältnis zu Vater, Jugendliebe und ihre Interaktion mit den Dorfbewohnern. Die Szenen und Dialoge mit ihnen sind intensiv, teils traurig, teils dramatisch, aber auch oftmals humorvoll. Ihr Leben und ihre Gefühlswelt gehen einem nahe und ich hätte über einige Menschen gern mehr erfahren. Sehr gut haben mir übrigens auch die fünf Katzen ihres Vaters gefallen – diese waren immer für einen Schmunzler gut. Auch wenn die Geschichte an vielen Stellen doch sehr vom Krimi-Genre wegdriftet, fand ich die Zusammenarbeit von Moira mit Chiara, der Ermittlerin, und der Versuch, den Fall aufzuklären, spannend und gut beschrieben. Moira selbst gelangt eher zufällig an ihre Informationen denn aufgrund von logischem Denken, sie verbeißt sich aber in den Fall, kann sich gut in andere hineinversetzen und trägt so viel zum Gelingen bei. Chiara als Polizistin, die sich und ihrer Umwelt beweisen muss, dass sie gut ist, war als Charakter vielschichtig und gut dargestellt. Die Lösung ist denn auch durchaus überzeugend, kam für mich aber recht schnell und das Abschließen damit, beziehungsweise den Übergang zur Normalität, fand ich denn doch etwas zu abrupt.

Fazit: Für Krimifans wahrscheinlich zu wenig Thrill, für Fans von Liebesgeschichten eventuell zu wenig Happy End und Romantik, dennoch ein gut geschriebenes und kurzweiliges Buch mit viel Lokalkolorit, liebenswerten Charakteren und einer starken Protagonistin, das sich gut lesen lässt, viele schöne Momente hat und einen insgesamt fesselt. Eine wunderbare Lektüre für Couch oder Liegestuhl, die den Leser abtauschen lässt und gute Unterhaltung bietet.

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Veröffentlicht am 22.02.2022

Krisen, Klimakterium und ein Kurztrip - Keine Schleuse hält sie auf!

Einatmen, ausrasten
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Eliza Finch, verheiratete Hollander, hat es nicht leicht. Ihre Ehe kriselt, ihre Kinder entfernen sich von ihr, als Schauspielerin ist sie sowieso gescheitert und finanziell steht es auch nicht zum Besten. ...

Eliza Finch, verheiratete Hollander, hat es nicht leicht. Ihre Ehe kriselt, ihre Kinder entfernen sich von ihr, als Schauspielerin ist sie sowieso gescheitert und finanziell steht es auch nicht zum Besten. Nun wird sie auch noch ein halbes Jahrhundert, steckt mitten in der Menopause und fragt sich, wozu diese Pause eigentlich gut sein soll, wenn man sie fast ausschließlich mit Hitzewallungen verbringt. Als sie auf eine Wette mit ihrem Bruder Miles eingeht, bei der es um den Verkauf des von ihrem Ehemann Paddy so heißgeliebten Kanalbootes geht, beginnt ein wahnwitziger Boattrip über die Kanäle und Flüsse rundum Stratford-upon-Avon, bei der Eliza nicht nur einen neuen Hund, sondern auch sich selbst findet.

Eliza Finch ist herrlich!! Emotional, weinerlich, launenhaft, chaotisch, dabei immer empathisch, hilfsbereit und britisch-höflich. Sie liebt ihre Kinder, ihre Eltern und grundsätzlich auch ihren Mann, wäre da nicht dieser vermaledeite Verlust ihrer Libido und die entsetzlichen Selbstzweifel. Mit Eliza hat die Autorin eine Heldin erschaffen, die stellvertretend für alle Frauen den Kampf gegen Hitzewallungen, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen aufnimmt und sich dem Wandel ihres Körpers und ihrer Bedürfnisse stellt. Das Buch, in der Ich-Form geschrieben, erzählt von einer langjährigen, vielleicht etwas eingefahrenen Ehe, von verlorener Jugend und vergebenen Chancen, gibt aber auch Ausblicke und Hoffnung auf die Zukunft, auf einen Wandel, der oftmals gerade in der Mitte des Lebens einsetzt. In diesem Sinne ist die Geschichte eine einzige Selbstreflektion Elizas, eine stete Aneinanderreihung ihrer Erlebnisse, Erfahrungen, Ängste und Wünsche. Schön fand ich, dass auch die anderen Figuren eine vielschichtige Persönlichkeit haben und sehr liebenswert sind. Besonders gefallen hat mir der Gegensatz der intellektuellen, kulturell und akademisch sehr gebildeten Familie Elizas – und damit Elizas eigener Hintergrund – und der gemütlichen, wortkargen und anpackenden Bodenständigkeit Paddys. Da sich alles doch sehr auf Eliza konzentriert, werden die Persönlichkeiten der anderen Protagonisten recht oberflächlich behandelt – Eliza selbst ist zu sehr auf sich konzentriert, als dass sie wirklich merken würde, was bei ihren Kindern und Geschwistern und nicht zuletzt bei ihrem Ehemann los ist - und demensprechend erfährt auch der Leser nur wenige Details. Dies wird aber durch den Wandel und die Selbstironie Elizas kompensiert. Sie schliddert durch diverse Fettnäpfchen und Katastrophen, wird jedoch zur kreativen Problemlöserin und gewinnt so deutlich an Selbstbewusstsein. Dadurch, dass sie sich wieder selbst lieben lernt, kann sie auch auf Paddy wieder richtig eingehen. Ihr Selbstfindungstrip wird wunderbar durch die äußerst treffsicher gewählten Überschriften wieder gespiegelt, die alle etwas mit Zeit zu tun haben – Zeit, die vergangen ist, die für uns ist, die uns noch bleibt. Alles in allem also eine sehr schöne Geschichte, in der sich sicherlich die eine oder andere Altersgenossin Elizas wiederfinden wird.

Fazit: Elizas vergnügliche Reise zu sich selbst ist in meinen Augen sehr gut gelungen. Sie lässt sich flüssig herunterlesen, hat wunderbare Figuren, ist unterhaltsam und mit einer gehörigen Prise zumeist britischen Humors. Manchmal waren es mir ein paar Hitzewallungen und Anspielungen auf britische Dramen und Serien zu viel, dennoch konnte man Elizas Weg doch gut nachvollziehen. Meines Erachtens gehört aber durchaus ein Schuss Selbstironie dazu, um die Geschichte gut zu finden, dann werden es Frauen in den mittleren Jahren lieben, die jüngeren sollten sich nicht abschrecken lassen – es gibt Hoffnung!

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