Regt sehr zum Nachdenken an
How do I tell them I love them?Lark möchte unbedingt Autor:in werden, aber dey erhält von allen angeschriebenen Agenturen nur Absagen. Deswegen muss Lark unbedingt viele Follower:innen auf Twitter erhalten, damit dey und deren Buch ...
Lark möchte unbedingt Autor:in werden, aber dey erhält von allen angeschriebenen Agenturen nur Absagen. Deswegen muss Lark unbedingt viele Follower:innen auf Twitter erhalten, damit dey und deren Buch genug Aufmerksamkeit bekommen. Plötzlich taucht auf deren Account ein Tweet über unerwiderte Liebe auf und Lark hat dann auf einmal Aufmerksamkeit. Doch das Problem ist, dass der Tweet eigentlich von Larks ehemaligen besten Freund Kasim stammt. Soll Lark diese Aufmerksamkeit, die auf einer Lüge beruht, annehmen oder soll dey die Wahrheit sagen?
Ich bin eigentlich eine Person, die kein Interesse an Liebesromanen hat. Aber dieses Buch hat mich aufgrund des nicht-binären Hauptcharakters fasziniert, da ich noch nie ein Buch mit einem nicht-binären Hauptcharakter gelesen habe. Für mich ist der Roman trotz der Aufmachung als Liebesroman eher keiner, sondern eher ein Coming-of-Age Roman.
Was mich an den Charakteren in Callenders Roman fasziniert, ist, dass sie alle einfach menschlich und echt wirken. Sie machen alle Fehler, wie Menschen es nun einmal tun. Auch Lark, die Hauptfigur. Außerdem sind sie sehr divers gestaltet: Eigentlich alle Personen sind schwarz, viele gehören zur LGBTQ+ Community. Durch Callender bekommen hier Menschen eine Stimme, die sonst in vielen Romanen nie auftauchen. Wie am Anfang schon erwähnt, ich habe noch nie ein Buch mit einem nicht-binären Charakter - noch nicht einmal in einer Nebenrolle! - gelesen.
Es ist einfach so, dass der Roman sehr, sehr realistisch ist. Es werden auch aktuelle Themen wie die Pandemie angesprochen. Aber nicht nur das ist ein wichtiges Thema des Romans: Es geht auch um Rassismus, mentale Gesundheit, Neurodiversität und geschlechtliche Vielfalt. Und diese Themen haben mich so sehr zum Nachdenken angeregt. Denn unter anderem wird aufgezeigt, wie rassistisch und queerfeindlich unsere Gesellschaft ist. Auch wenn das Buch in den USA spielt, wie viel lässt sich dann auf Deutschland übertragen? Und wie rassistisch verhalte ich mich selber eigentlich? Wahrscheinlich werde ich noch lange darüber nachdenken, genauso wie über die Thesen, die Lark zu zwischenmenschlichen Gefühlen aufstellt.
Leider ist es so, dass mich Larks Monologe, in denen es um diese Themen geht, am Ende etwas gelangweilt, weil vieles einfach wiederholt wird. Ich will jetzt keine neurodiversen Menschen beleidigen, aber das hat mich etwas gestört. Manche Ansichten von Lark, zum Beispiel, dass dey Gefängnisse abschaffen will, finde ich etwas problematisch, auch wenn das eben deren Gedanken sind.
Wer gegen Gendern und geschlechtsneutrale Sprache ist, sollte dieses Buch nicht lesen. Es wird hier sehr viel gegendert (mit Gendersternchen) und es gibt mehrere Figuren die die Neopronomen dey/demm verwenden. Mich hat das kein bisschen gestört und habe schnell in die Geschichte hineingefunden. Die Neopronomen waren für mich aber auch nicht wirklich neu. Es ist schade, dass es in der deutschen Sprache so schwierig ist, etwas geschlechtsneutral zu formulieren. Ich glaube, die müssen wir uns alle umstellen.
Von der Liebesgeschichte in diesem Buch bleibt dann auch nicht mehr so viel übrig. Leider ging mir alles am Ende viel zu schnell. Ich hätte mir da noch deutlich mehr Gespräche gewünscht, nicht, dass nur in einem (!) Satz ihre Beziehung erwähnt wird. Das hat mich aber auch nicht wirklich gestört, da ich ja kein Lovestory-Fan bin.
Insgesamt ist How do I tell them I love them ein guter Roman, der in Büchern deutlich unterrepräsentierten Menschen eine Stimme gibt und sehr zu Nachdenken über das eigene Verhalten anregt.