Atmosphärisch und eindringlich erzählt
Vor dem Frost
Inhalt:
Menschen verschwinden und tauchen wieder auf, Tiere brennen und eine seltsame Gemeinschaft formiert sich zu einem Kult. Ausserdem wohnt Linda Wallander mittlerweile bei ihrem Vater Kurt Wallander ...
Inhalt:
Menschen verschwinden und tauchen wieder auf, Tiere brennen und eine seltsame Gemeinschaft formiert sich zu einem Kult. Ausserdem wohnt Linda Wallander mittlerweile bei ihrem Vater Kurt Wallander und wartet darauf, dass sie endlich als Polizeianwärterin in Ystad beginnen darf. Sie wird persönlich in den Fall involviert und darf - bereits vor ihrem eigentlichen Arbetisantritt - mit den Ermittlungen beginnen.
Meine Meinung:
Die Wallander-Reihe und ich, eine Liebesgeschichte. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: mein Vater und ich lesen und lieben die Bücher und Filme, das war und ist immer unser gemeinsames Ding und einen Wallander zu lesen ist immer mit eine wenig Nostalgie verbunden. Alle Bücher der Wallander-Reihe - mit Ausnahme von dem gerade beendeten "Vor dem Frost", "Mord im Herbst" und "Der Feind im Schatten", wobei ich mir bei letzterem nicht mehr ganz sicher bin - habe ich mindestens einmal gelesen und ausnahmslos alle habe ich mehrmals als Film gesehen, weshalb das Lesen dieser letzten Bände noch einmal ganz besonders ist. Vielleicht lese ich die Reihe sogar einmal chronologisch und freue mich schon sehr, weitere Zusammenhänge und Hinweise zu entdecken.
Ich liebe übrigens auch die anderen Bücher von Henning Mankell und freue mich immer, wenn ich wieder einmal einen seiner Romane entdecken darf.
Was mir in "Vor dem Frost" aufgefallen ist: dieses Buch ist zwar bereits über zehn Jahre alt, aber in meinen Augen sehr fortschrittlich, vor allem was Lindas Figur anbelangt. Ihre Ängste, als Frau im Polizeicorps nicht ernstgenommen zu werden sowie die spezielle Beziehung zu ihrem Vater werden sehr realistisch thematisiert. Sie und ihr Vater werden verletzlich, aufbrausend und immer mal wieder versöhnlich und sehr humorvoll gezeigt und einmal mehr habe ich über Mankells Fähigkeit, zerbrechliche Familienbande äusserst realistisch darzustellen, gestaunt.
Der Fall an sich thematisiert menschliche Abgründe, Abhängigkeit, Glauben und Verlust. Die ruhige Entwicklung der Geschichte lässt tief in die Gedanken und Gefühle der ermittelnden Figuren und der Täter blicken. So entsteht ein einmal mehr hervorragend aufgebauter, spannende und sehr poetisch erzählter Krimi.
Schreibstil:
Henning Mankells Erzählsprache ist gewohnt ruhig, wer durchgehend Action und schnelle Szenenwechsel erwartet, ist mit einem Mankell schlecht beraten. Dafür ist Mankell nahe an seinen Figuren dran, wir erfassen die Emotionen und Gedanken von Linda und Kurt Wallander, werden in Überlegungen miteinbezogen und jede Szene ist äusserst atmosphärisch gestaltet. So kommt Spannung auf und die detaillierten aber für meinen Geschmack nie überladenen Beschreibungen lassen die Geschichte wie ein poetisch inszenierter Film vor dem inneren Auge vorbeiziehen.
Meine Empfehlung:
Einmal mehr hat mich Henning Mankell begeistert und vor allem hat mir gefallen, wie roh und authentisch die schwierige Tochter-Vater-Beziehung zwischen Linda und Kurt Wallander sowie Lindas Entwicklung zur Polizeianwärterin beschrieben werden. Die politische Aktualität der Handlung und die fesselnde Atmosphäre dieses Krimis haben mich definitiv überzeugt, weshalb ich ihn euch auch sehr herzlich empfehle.