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Veröffentlicht am 28.10.2022

🍰 ✎ Oriana Fallaci - Brief an ein nie geborenes Kind

Brief an ein nie geborenes Kind
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Als ich dieses Buch damals beim Stöbern entdeckte, habe ich nicht mit dieser krassen Lektüre gerechnet. Mir war Oriana Fallaci vorher unbekannt und wusste daher nicht, auf was ich mich da einlassen würde.

Auch ...

Als ich dieses Buch damals beim Stöbern entdeckte, habe ich nicht mit dieser krassen Lektüre gerechnet. Mir war Oriana Fallaci vorher unbekannt und wusste daher nicht, auf was ich mich da einlassen würde.

Auch nach den ersten Seiten war ich noch eher abgeschreckt, obwohl ich da schon anfing, mir Textstellen zu markieren. Es hat die typische kleine, enggeschriebene Schrift von früher, sodass ich dachte, dass Buch dauert mal wieder ewig, obwohl ich nur was Kleines für Zwischendurch wollte.

Irgendwann jedoch hatte mich der Monolog absolut in seinem Bann.

Die Frau beschreibt wirklich alle Gefühle, die in ihr vorgehen. Sie lässt keins aus, beschönigt nicht ein einziges. Für und Wider. Frei oder gebunden. Ja oder nein.
Ich denke, jede werdende Mama, jeder werdende Papa und auch Frauen und Männern, die darüber nachdenken, ob sie ein Kind in diese Welt setzen möchten, werden mit (fast) all diesen Emotionen überschwemmt.

"Mutterschaft ist keine moralische Pflicht. Sie ist eine bewußte Entscheidung." (S. 101)

Frau Fallaci hat nicht nur ein schwieriges Thema super umgesetzt, sondern traut sich auch das zu sagen, was viele lieber totschweigen. Worte, die sich die meisten nicht trauen, öffentlich zu sagen, werden einem hier vor den Latz geknallt.

"Weil ich dich satt habe!" (S. 69)

Ich behaupte, jeder nimmt aus diesen Zeilen etwas mit - egal ob Frau oder Mann, egal ob jung oder alt, egal ob Eltern oder werdende Eltern oder Kinderlose.
Die Schriftstellerin weiß einfach, wie sie jemanden erreicht, wie sie das auf den Punkt bringt, was sie sagen möchte.

Dies ist zwar mein erstes, aber definitiv nicht mein letztes Buch der Autorin gewesen.

©2016 Mademoiselle Cake


Zitate:

"[...] es ist nicht die Angst vor den andern. Die andern kümmern mich nicht. Es ist nicht die Angst vor Gott. An Gott glaube ich nicht. Nicht die Angst vor dem Schmerz. Den fürchte ich nicht. Es ist die Angst vor dir, vor dem Zufall, der dich aus dem Nichts gerissen hat, um dich an meinen Leib zu hängen." (S. 7)

"Viele Frauen stelle sich die Frage: warum eigentlich ein Kind in die Welt setzen? Damit es Hunger und Kälte leidet, damit es betrogen und beleidigt wird, damit es von Krieg oder Krankheit gemordet wird?" (S. 9)

"Es hieße, dir vormachen, Kind, das Leben sei ein weicher Teppich, auf dem man barfuß laufen kann, und nicht eine Straße voller Steine. Steine, über die man stolpert und fällt, an denen man sich verletzt. Steine, vor denen man sich mit eisernen Schuhen schützen muß. Und nicht einmal das ist ausreichend, denn während du deine Füße schützt, gibt es immer irgendeinen, der einen Stein aufhebt, um ihn dir an den Kopf zu werfen." (S. 17)

"Der du die übelste aller Wahrheiten noch gar nicht kennst: die Welt ändert sich und bleibt wie zuvor." (S. 59)

"Aber genügt es, an die Liebe zu glauben, wenn man nicht an das Leben glaubt?" (S.107)

Veröffentlicht am 28.10.2022

🍰 ✎ Donna W. Cross - Die Päpstin

Die Päpstin
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Ich habe nun schon ein paar Mal den Film gesehen und wollte endlich auch das Buch dazu lesen, denn der Film konnte mich schon begeistern. Daher bin ich mit gewissen Erwartungen an die Lektüre gegangen. ...

Ich habe nun schon ein paar Mal den Film gesehen und wollte endlich auch das Buch dazu lesen, denn der Film konnte mich schon begeistern. Daher bin ich mit gewissen Erwartungen an die Lektüre gegangen. Und ich hatte auch ein wenig Angst, dass mich das Buch eventuell langweilen könnte, da ich ja den Verlauf der Geschichte bereits kannte.

Als ich dann anfing mit dem Lesen, war ich sehr schnell im Geschehen drin und wollte gar nicht mehr aufhören. Auch wenn ich teilweise wusste, was geschieht, so konnte mich der Schreibstil der Autorin doch ans Buch fesseln. Donna W. Cross hat die Situationen wirklich gut eingefangen und beschrieben, sodass ich mich fühle, als würde ich mich im selben Raum mit den Figuren aufhalten und ihnen über die Schulter schauen.

Johannas Leben und Leiden und Kämpfen wurde sehr gut beschrieben. Generell die ganze Situation um die Frauen zu jener Zeit wurde gut eingefangen. Ihre Geschichte berührt und rüttelt auf.

Ein paar Abweichungen zwischen Buch und Film habe ich dann doch noch feststellen können, aber diese sind wirklich sehr gering. Der Film verfälscht das Buch nicht - wie es ja manchmal der Fall ist. Ich muss sogar ehrlich gestehen, dass mir der Schluss vom Film ein wenig besser gefallen hat.

Ganz besonders gefiel mir hier der Epilog und die 'Anmerkungen der Verfasserin' zu der Frage: "Gab es Päpstin Johanna?"

Liebhaber historischer Romane kommen hier sicher auf ihre Kosten. Ich kann es nur empfehlen, denn es gehört zu meinen absoluten Lieblingsbüchern!

©2016 Mademoiselle Cake


Zitate:

"»Meine Hilfe? Hast du den Verstand verloren, Weib?[...]«»Dann wird Eure Frau sterben.« »Das liegt in Gottes Hand, nicht in der meinen.«" (S. 11)

"»Du bist alt genug, um zu wissen, daß es bestimmte Fragen gibt, die man nicht stellen darf.« »Warum nicht?«" (S. 121)

"Sie wollte niemals heiraten, wenngleich sie in sechs Monaten vierzehn Jahre alt wurde - ein mehr als heiratsfähiges Alter. In drei Jahren würde sie bereits als alte Jungfer gelten." (S. 159)

"»Du mußt den Menschen Zeit lassen. Die Welt kann nicht an einem einzigen Tag neu erschaffen werden.« »Die Welt wird nie mehr neu erschaffen. Man kann nur versuchen, sie zum Besseren zu verändern. Und irgendwo muß man schließlich anfangen.«" (S. 446)

Veröffentlicht am 28.10.2022

✎ Sabine Frank - Superleser 2. Lesestufe 20 Mats und Pia retten eine Robbe

SUPERLESER! Mats und Pia retten eine Robbe
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Die Stufe 2 in der Reihe 'Superleser' gibt es seit 2015 - und trotzdem waren sie mir bis vor Kurzem völlig unbekannt. Auch in unserer Schulbücherei, die wirklich sehr viele Exemplare für Erstleserinnen ...

Die Stufe 2 in der Reihe 'Superleser' gibt es seit 2015 - und trotzdem waren sie mir bis vor Kurzem völlig unbekannt. Auch in unserer Schulbücherei, die wirklich sehr viele Exemplare für Erstleserinnen hat, taucht diese Reihe (egal ob Stufe 1, 2 oder Leseprofi) mit keinem einzigen Titel auf. Das möchte ich ändern!

Dies ist bereits das dritte Buch der 2. Lesestufe, welches ich kennenlernen durfte. Es ist informativ, spannend und lehrreich.

Kinder bekommen hier Wissen über Robben und eine Seehundstation vermittelt, sehen, was der Plastikmüll für unsere Meere und deren Bewohner
innen bedeutet, lernen eine besondere Seekuh kennen und erfahren, wie man recycelt und was somit jeder Einzelne gegen die Verschmutzung tun kann. Denn: Umweltschutz geht uns alle an!

Die Sätze sind einfach gehalten und die Wortwahl angemessen. 2x kommen englische Worte vor, deren Aussprache extra niedergeschrieben ist.
Die Geschichte ist in mehrere Kapitel unterteilt, sodass man an geeigneten Stellen unterbrechen und ein Gespräch über das Gelesene führen kann.
Großformatige Fotos unterstreichen die Erzählung.

Als Extra warten dieses Mal "Meeresschützergeschichten", ein Quiz, eine diy-Anleitung für einen Raketenrucksack und ein kleines Glossar. (welches erst nach den Hinweisen für die Eltern kommt und somit leider untergeht, da Kinder da schon nicht mehr weiterlesen)

Uns hat das Abenteuer von Mats und Pia und der Robbe Charlie gefallen. Mein Kind hat sich auf den Wunschzettel direkt eine Greifzange gemalt, denn bisher darf sie Müll nur aufheben, wenn sie Handschuhe an hat.

Wir vergeben daher gerne eine (Vor)Leseempfehlung an alle kleinen Umweltschützer
innen.

©2022 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 24.10.2022

✎ Laurie Ann Thompson - Emmanuels Traum

Emmanuels Traum: Die wahre Geschichte von Emmanuel Ofosu Yeboah
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Man merkt, dass derzeit eine Welle durch die Kinderbücher geht, indem immer mehr BIPoC, Menschen mit Behinderung oder andere marginalisierte Gruppen in den Fokus gerückt werden. Das braucht es! Denn unsere ...

Man merkt, dass derzeit eine Welle durch die Kinderbücher geht, indem immer mehr BIPoC, Menschen mit Behinderung oder andere marginalisierte Gruppen in den Fokus gerückt werden. Das braucht es! Denn unsere Welt besteht nicht nur aus weißen, binären Menschen. Sie ist bunt. Und genau das möchte ich meinem Kind mit auf den Weg geben.

Im März durften wir bereits "Odo und der Beginn einer großen Reise" aus dem Gratitude Verlag kennenlernen - eine Own-Voice-Erzählung, die People of Color empowert.

Nun hat Dayan Kodua die Geschichte von Emmanuel Ofosu Yeboah nach Deutschland gebracht, indem sie das Werk von Laurie Ann Thompson übersetzte - 7 Jahre nach Erscheinen des Originals!

Ich könnte mir vorstellen, dass "Emmanuels Traum" eine besondere Lektüre für die Übersetzerin ist. Sie ist selbst in Ghana geboren und lebte 10 Jahre dort.

Doch nicht nur für sie, sondern auch für uns ist Emmanuel Ofosu Yeboahs Geschichte augenöffnend und vorurteileabbauend. Hier lernen bereits die Kleinsten, dass man (so ziemlich) alles erreichen kann, wenn man möchte. Und dass Menschen mit Behinderungen nicht weniger wert sind.
Emmanuel lernte, kämpfte - und siegte.

Doch auch die Schattenseiten werden immer wieder aufgezeigt: Beleidigungen, Ausgrenzung, Unterdrückung. Von denen lässt sich der Junge jedoch nicht einschüchtern / unterkriegen. Er zeigt allen:

"Behinderung bedeutet nicht Unfähigkeit."

Der Illustrator Sean Qualls fängt auf jeder einzelnen Seite Emotionen und Gefühle wunderbar ein. Selbst ohne den Text zu lesen, laden die Bilder zum Gespräch ein, da sie an sich bereits sehr ausdrucksstark sind.

Ich bin dankbar, dass es Organisationen wie die Challenged Athletes Foundation gibt. Durch sie wurde Emmanuels Traum Wirklichkeit.

"Sie schickten ihm ein Fahrrad ...
Dazu einen Helm, Shorts, Socken und Handschuhe!"

Und ich bin dankbar, dass es Menschen wie Laurie Ann Thompson und Dayan Kodua gibt, durch die Emmanuels Engagement sichtbar gemacht wird.

Im Englischen gibt es bereits einen Film (Emmanuel's Gift, 2005) über diesen unglaublich engagierten Jungen. (mittlerweile Mann) Ich hoffe, dass auch dieser irgendwann übersetzt wird und somit nach Deutschland kommt.

Sein Lebenswerk endet(e) keinesfalls mit der 645km langen Radtour. Im Nachwort sind all seine Verdienste für sein Heimatland nachzulesen. Man sieht dort, dass sein Schaffen noch (lange) nicht zu Ende ist.

Der Verlag vergibt eine Altersempfehlung von 4-8 Jahren. Ich denke, das ist gut gewählt. In diesem Alter sind die Kinder sehr aufnahmefähig und gehen an (solche) Themen meist unbefangen heran.
Doch in meinen Augen eignet sich die Geschichte auch wunderbar für Schulprojekte mit älteren Kindern, denn sie inspiriert und erklärt auf. Doch sie macht vor allem PoC als Vorbilder sichtbar(er).

Von uns gibt es daher eine ganz klare (Vor)Leseempfehlung! Und ich hoffe, dass die Verlegerin der deutschen Ausgabe noch mehr solcher Geschichten auftut und erzählt, erzählen lässt oder übersetzt.

©2022 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 21.10.2022

✎ Vera Brosgol - Deckel drauf und aufbewahrt

Deckel drauf und aufbewahrt – Wie Frida ihre schönsten Erinnerungen bewahren wollte
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Ich hatte mir unter diesem Titel und bei dem Klappentext etwas anderes vorgestellt ... Ich dachte, man bekommt quasi eine "Anleitung", wie man schöne Momente wirklich konservieren kann - ähnlich wie im ...

Ich hatte mir unter diesem Titel und bei dem Klappentext etwas anderes vorgestellt ... Ich dachte, man bekommt quasi eine "Anleitung", wie man schöne Momente wirklich konservieren kann - ähnlich wie im Buch "Ela, Elmo und die Zaubermomente". (Mabuse Verlag)
Zuerst war ich auch richtig enttäuscht von der Lektüre. Die Illustrationen sind wunderschön anzusehen, keine Frage, doch die Erzählung kam bei mir und meinem Kind gar nicht an.

Also legte ich die Publikation nochmals zur Seite und nahm sie mir zu einem späteren Zeitpunkt alleine vor.
Und siehe da: Der Funke ist übergesprungen.

Wir begleiten Frida eine unbestimmte Zeit, in der sie ihre schönsten Dinge in Einmachgläsern konservieren möchte, um ewig Freude daran haben zu können.
Man sieht so zum Beispiel einfache Sachen wie die buntesten Wachsmalstifte der Welt (das könnte auch von meiner Tochter kommen, denn sie liebt es, mit diesen Dingern zu malen), die roten Lieblingsturnschuhe oder Süßigkeiten. Doch ebenso Außergewöhnliches wie ein Eis, heile Rotkehlcheneier, Musik, den Mond - und natürlich Fridas Herzensmenschen kommen in ein Glas.

Am Ende dieser Aktion werden Lesende durch ausdrucksstarke Bilder damit konfrontiert, wie grau die Welt ohne all diese erinnerungsschaffenden Momente ist, wenn man sie wegschließt und dann in ein Regal stellt, ohne dass sie wieder und wieder neu erlebt werden können.

Das spürt auch die Protagonistin und lässt ihre Oma frei.

An diesem Punkt endet die Geschichte (quasi) leider, doch gibt sie dadurch die Möglichkeit, den eigenen Gedanken Raum zu schaffen.

Meine 4-Jährige und ich haben uns dann nochmal zusammen das Ganze angeschaut. Und weil ich mit einem völlig anderem Gefühl ran gegangen bin und nun wusste, was wir persönlich daraus machen können, konnte ich sie ebenso begeistern.

Meine Tochter und ich haben vor allem über die eingemachten Sachen von Frida geredet. Manches wollte sie natürlich prompt ausprobieren. Lieblingseis für die Ewigkeit aufheben? Nicht so gut. Lieber nochmals kaufen und genießen. Wachsmalstifte in ein Einmachglas geben, damit sie nicht aufgebraucht werden? Blöd, denn dann kann man keine bunten Bilder mehr damit malen.

Sie weiß, dass wir digitale Fotos und Videos haben, um uns zu erinnern. Auch gibt es kreative Arbeiten aus dem Kindergarten und von den Nachmittagen zu Hause, die sie sich gerne anschaut.
Seit März haben wir zudem angefangen, Zaubermomente, wie sie in dem oben erwähnten Buch heißen, zu sammeln. A6 große, stabile Kärtchen geben uns einen Bereich, auf dem wir besondere Augenblicke festhalten und bei Gelegenheit darüber reden.

"Deckel drauf und aufbewahrt" wird uns noch eine ganze Weile begleiten.
Vera Brosgol hat besonders durch ihre Zeichnungen und wenigen Worte einen Schatz geschaffen, der bei uns auf dem ersten Blick nicht punkten konnte. Auf dem zweiten Blick dafür umso mehr.

Am Ende gibt es noch ein Rezept für einfache Blaubeermarmelade.

Ein großes Plus bekommt das Werk von mir, weil ein Child of Color die Hauptperson ist, ohne dass es thematisiert wird. Diese Repräsentation braucht es in unserer Welt.

Ich werde dieses Bilderbuch unserem Kindergarten vorschlagen, denn mir fallen auf Anhieb Projekte ein, die man mit den Kleinen umsetzen könnte. Auch Grundschüler*innen werden an solchen Aktionen noch Gefallen finden.
Von uns bekommt es daher eine absolute Vorleseempfehlung!

©2022 Mademoiselle Cake