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Venatrix

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Veröffentlicht am 29.10.2022

Fuchs, du hast die Gans gemeuchelt...

Gansltod
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Die reiche Witwe Helga Thaimer liegt nach dem sonntäglichen Familienessen tot in ihrem Bett. Der Hausarzt bescheinigt einen Herzinfarkt, ist doch Helga nicht mehr die jüngste und obendrein leicht reizbar. ...

Die reiche Witwe Helga Thaimer liegt nach dem sonntäglichen Familienessen tot in ihrem Bett. Der Hausarzt bescheinigt einen Herzinfarkt, ist doch Helga nicht mehr die jüngste und obendrein leicht reizbar. Der in der Familie unbeliebt Stiefsohn fordert von Kajetan Vogel und Alfons Walz vehement eine Obduktion und liefert dazu gleich allerlei Begründungen.

So ein Wochenbeginn stößt den beiden ein wenig sauer auf, dennoch beginnen sie mit Nachforschungen. Verdächtige gibt es einige, denn die Verstorbene ist ein schwieriger Charakter. Die Familienmitglieder werden einzeln vorgeladen und niemand scheint ein wirkliches Motiv zu haben. Erst als die beiden zu einer List greifen, wendet sich das Blatt.

Daneben haben sie es noch mit einer Reihe von Wohnungseinbrüchen zu tun, obwohl dies gar nicht zu ihren eigentlichen Aufgaben zählt.

Meine Meinung:

Als Fan von Vogel & Walz der ersten Stunde habe ich mich auf diesen Krimi sehr gefreut.

Sowohl Vogel als auch Walz sind den kulinarischen Köstlichkeiten der Wiener Küche, von der einiges wie Alfons böhmischen Ursprungs ist, sehr zugetan. Daher dürfen wir sie beim Verzehr von Schweinsbraten und Knödel begleiten.

Die beiden sind auch privat befreundet, doch im Gegensatz zum Single Walz hat Vogel Frau, Tochter und Hund. Doch diesmal hängt der Haussegen beinahe schief, denn er hat, wenn auch aus Recherchezwecken im letzten Fall, ein Gspusi mit Monika begonnen. Blöd nur, dass Monika die beste Freundin seiner Frau ist, und ihn damit zu erpressen versucht. Diese Eigenschaft, jedem Rock (auch wenn es enge Jeans sind) nachzuhecheln, macht mir Vogel diesmal unsympathisch.

Ich wünsche ihm für den nächsten Fall eine weibliche Vorgesetzte, die ihm zeigt, wo der Bartl den Most herholt.

Gut gefällt mir wie das Lokalkolorit eingefangen wird. So dürfen wir mit den beiden zahlreiche Gast- und Kaffeehäuser besuchen und mit Kajetan Vogel und seiner Hündin im Wienerwald herumstreifen.

Der Schreibstil ist kurzweilig wie immer.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem unterhaltsamen Krimi 5 Sterne, obwohl ich mich über Kajetan Vogels Verhalten seiner Familie gegenüber geärgert habe. Der Krimi selbst ist sehr gut strukturiert.

Veröffentlicht am 29.10.2022

Die Flamme der Freiheit ist entzündet

Die Flamme der Freiheit
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In diesem ersten Teil einer Trilogie über die Revolutionsgeschichte zeichnet Autor Jörg Bong in einer plastischen, ja fast schon romanhaften Darstellung, die Revolution(en) in Deutschland 1848/49 nach.

Das ...

In diesem ersten Teil einer Trilogie über die Revolutionsgeschichte zeichnet Autor Jörg Bong in einer plastischen, ja fast schon romanhaften Darstellung, die Revolution(en) in Deutschland 1848/49 nach.

Das unterscheidet das Buch von Alexandra Bleyers „1848 - Erfolgsgeschichte einer gescheiterten Revolution“. Während sich die promovierte Historikerin Alexandra Bleyer dem Thema sachlich (auch, wenn sie sich - wie sie erklärt „mit dem Mut zur Lücke“) annähert, liest sich Jörg Bongs Werk fast wie ein historischer Roman.

In insgesamt zehn Kapiteln (wenn man den Prolog rund um Frankreich mitzählt) beschreibt er, ausgehend von der Revolte im Februar 1848, die Ereignisse.

Pariser Prolog
Revolutionen vor der Revolution
„März-Forderungen“ - die deutsche Revolution beginnt in Baden
Beinahe-Revolutionen oder „echt deutsche Tage“
Ganz Deutschland im Sturm
Berlin - der preußische Gott des Gemetzels
Kurzes Zwischenspiel: die Invasion
Das Frankfurter Vorparlament: Monarchie oder Republik
Dämonenaustreibung: Der Einmarsch
Armeen der Freiheit

Wir dürfen hier zahlreichen Kämpferinnen und Kämpfern wie Georg und Emma Herwegh sowie Literaten wie Heinrich Heine oder Ludwig Tieck über die Schulter schauen. Wir lernen das private sowie das politische Umfeld kennen.

Zahlreiche zeitgenössische Quellen beschreiben die Lage vor, während und nach der Revolution. Dieses Detailreichtum ist zugleich auch ein wenig die Schwäche des Werkes. Die zahlreichen Zitate aus Schriften und/oder Briefen unterbrechen ob ihre Fülle doch immer wieder den Lesestoff.

Dass der Revolution in Österreich und der Vertreibung des ehemaligen Staatskanzlers Metternich nur ein mageres Unterkapitel gewidmet ist, muss ich als Österreicherin leider hinnehmen.

Aufgefallen ist mir, dass bei der behutsamen Transkription der Zitate in eine heute angenehm lesbare Form, einige Schnitzer in der Grammatik passiert sind. Z.B.:

"Die Volksvertreter werden besoldet, damit auch der Arbeiter im Parlament des deutschen Volkes sitzen können." (S. 415)

Entweder „... damit auch der Arbeiter in Parlament sitzen kann.“ oder „... damit auch die Arbeiter in Parlament sitzen können.“

Fazit:

Autor Jörg Bong, den meisten Lesern unter seinem Pseudonym Jean-Luc Bannalec bekannt, ist ein sehr guter Erzähler. Hier ist er mitreißend, pointiert und (es sei ihm gestattet) auch Partei nehmend. Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 27.10.2022

"Noch ist die Ukraine nicht untergegangen"

Das Tor Europas
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„Noch ist die Ukraine nicht untergegangen“ Text der ukrainischen Nationalhymne von Pawlo Tschubynskyj

Seit dem 24. Februar 2022 ist die Ukraine durch den Angriffskrieg Russlands in den Fokus der Weltöffentlichkeit ...

„Noch ist die Ukraine nicht untergegangen“ Text der ukrainischen Nationalhymne von Pawlo Tschubynskyj

Seit dem 24. Februar 2022 ist die Ukraine durch den Angriffskrieg Russlands in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt. Viele Menschen glaub(t)en, die Ukraine sei ein Land ohne eigene Geschichte. Doch weit gefehlt. Die Ukraine hat eine abwechslungsreiche Geschichte hinter und hoffentlich auch vor sich.

Autor Serhii Plokhy, Historiker und Professor für ukrainische Geschichte, legt nun mit diesem Buch ein Werk über die mehr als zweitausend Jahre alte, äußerst wechselvolle Geschichte der Ukraine vor.

Die Reise in die Geschichte der Ukraine beginnt mit dem griechischen Geschichtsschreiber Herodot und endet mit den aktuellen Ereignissen. Dazwischen liegen Jahrhunderte der kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Skythen, den Rus-Wikingern, den Mongolen und Kosaken, das Intermezzo als Teil Österreich-Ungarns, das Zarenreich, die UdSSR bis zur Eigenstaatlichkeit.

Autor Serhii Plokhy teilt sein Werk in fünf große Kapitel:

An der Pontischen Grenze
Begegnung zwischen Ost und West
Zwischen den Imperien
Die Kriege der Welten
Der Weg in die Eigenstaatlichkeit

Zusätzlich werden in einem, im Juni 2022 erweiterten, Vorwort und einem Epilog aktuelle Ergänzungen angebracht. Um den Lesern eine Vorstellung der geografischen Lage im historischen Kontext zu ermöglichen, sind zehn Landkarten abgedruckt. Die erste bildet die Region um 770 v. Chr. ab. Die umfangreichen Zeittafeln ordnen die Ereignisse rund um die Ukraine in das Weltgeschehen ein. Das Buch wird durch ein langes Register von für die Ukraine bedeutenden Personen (im Gute wie im Schlechten) ergänzt.

Mit diesem umfassende Werk erklärt der Autor und Historiker die seit Jahrhunderten von Eroberung, Gewalt und vom Verschieben der Grenzen geprägte Geschichte der Ukraine. Eine Ukraine, die aus vielen unterschiedlichen Regionen besteht, aber durch eine gemeinsame Sprache, Geschichte und dem Willen zur Unabhängigkeit von Russland geeint wird. Dieses Buch lässt Außenstehende die aktuellen Entwicklungen besser verstehen. Es zeigt, wie die Ukraine zum Spielball zwischen Osten und Westen wurde.

„Die Ukraine, erst vor kurzem ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit gerückt, hat eine lange, dramatische und faszinierende Geschichte, die oft von den großen Narrativen der Imperien, die das Land jahrhundertelang beherrschten, überlagert wird.“

Fazit:

Diesem sachlichen und informativen Buch, das die äußerst komplexe Materie verständlich und nachvollziehbar erklärt, gebe ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 26.10.2022

Frühes Ende, lange Wirkung

1848
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Frühes Ende, lange Wirkung: Alexandra Bleyer beleuchtet die Revolution(en) von 1848/49


Historikerin und Autorin Alexandra Bleyer nimmt sich in ihrem neuesten Buch eines Jahres an, das Geschichte geschrieben ...

Frühes Ende, lange Wirkung: Alexandra Bleyer beleuchtet die Revolution(en) von 1848/49


Historikerin und Autorin Alexandra Bleyer nimmt sich in ihrem neuesten Buch eines Jahres an, das Geschichte geschrieben hat: 1848 - Die Erfolgsgeschichte einer gescheiterten Revolution.

Kann oder darf das Scheitern einer Revolution als Erfolg bezeichnet und verkauft werden? Ist Scheitern nicht immer ein Misserfolg?

Diesem scheinbaren Widerspruch geht Alexandra Bleyer in elf Kapiteln akribisch nach.

Revolution! Revolution?
Vor dem Sturm
Europa in der Krise
Vulkanausbrüche
Pariser Funkenflug
Herrschaftszeiten
Die Stunde der Parlamentarier
Mit vereinten Kräften
Triumph und Niederlage
Revolutionsschauplatz Medien
Was vom Aufstand übrig blieb

Ausgehend von revolutionären Agitationen aus Frankreich greifen die Rufe nach Grundrechten, Demokratie und damit einhergehend, die Abschaffung der absolutistischen Monarchien in ganz Europa um sich. Nun, vielleicht nicht ganz Europa, Großbritannien ist ausgenommen, da es hier schon eine konstitutionelle Monarchie gibt, was bedeutet, dass der Monarch nicht wirklich etwas zu sagen hat. Und Deutschland? Klein- und Kleinststaaten sowie ein Preußen, das sich zu Höherem berufen fühlt.

Neben einer chronologischen Abfolge der Ereignisse, in der - wie die Autorin einräumt, durchaus „auch der Mut zur Lücke“ enthalten ist, legt die Historikerin auch Wert auf die Sicht der direkt (Frauenrechtlerin Louise Otto-Peters) oder indirekt (Lola Montez als Revolutionsflüchting) beteiligten Frauen.

Minutiös listet Alexandra auf, welche der ungelösten wie Antisemitismus bzw. neu aufflammenden Konflikte (Nationalismus) zwar mit einigen Umwegen, aber dann doch in den Ersten Weltkrieg führten. Denn, um der eigenen Freiheit willen, die Freiheit anderer brutal zu unterdrücken, ist Konfliktstoff für die nächsten Generationen.

Gelungen ist den Revolutionären in der sogenannten „Paulskirchenverfassung“, dass den Männern über 25 Jahren das aktive und passive Wahlrecht zugestanden wurde. Und, fragt sich die geneigte Leserin, was ist mit uns Frauen? Sollten wir nicht ebenso ihre Stimme abgeben dürfen? Die Antwort muss, so glaube ich, nicht extra erwähnt werden: Frauen und Wahlrecht? Nein, danke - hier waren sich alle Männer einig.

Ein weiteres Ergebnis dieses Grundrechtskataloges ist die Befreiung der Bauern, die Versammlungsfreiheit (sie wird bei Bedarf wieder eingeschränkt oder ganz zurückgenommen) und eine scheinbare Gleichstellung der Juden.

Für echte Demokratie, wie wir sie heute verstehen, war niemand zu haben - weder die Revolutionäre noch (natürlich) die aktuellen Monarchen. Die einzelnen revolutionären Gruppen waren viel zu unterschiedlich und auch in sich zerstritten. So gesehen muss man die Revolution(en) von 1848/19 als gescheitert betrachten. Aber die Saat wurde gelegt, bis der Keim ausgetrieben hat, wird es noch Jahrzehnte dauern.

Fazit:

Eine fesselnd geschriebene Darstellung der Ereignisse von 1848/49, die durch aktuelle Gefährdungen der Demokratien sowohl in Europa als auch in den USA, zunehmend an Aktualität gewinnen. Erfolg und Scheitern liegen manchmal sehr eng beieinander. Gerne gebe ich diesem fundierten Sachbuch 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 26.10.2022

Wasserstoff - Ausweg aus Atom und fossilen Brennstoffen

Das Feuer des Wassers
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Wie schon in seinem Buch „Das Supermolekül“ bricht Autor Timm Koch leidenschaftlich eine Lanze für Wasserstoff als Energieträger der Zukunft.

In diesem, seinem neuen Buch enthüllt er, wie Lobbyisten rund ...

Wie schon in seinem Buch „Das Supermolekül“ bricht Autor Timm Koch leidenschaftlich eine Lanze für Wasserstoff als Energieträger der Zukunft.

In diesem, seinem neuen Buch enthüllt er, wie Lobbyisten rund um e-Autos und fossiler Brennstoffe, die Einführung der Wasserstoffbrennzelle mit allen MItteln verhindern wollen. b

Die meisten von uns haben bislang wenig von Wasserstoff als Brennstoff gehört. Einige erinnern sich vielleicht an den Physik-Uuterricht und der Knallgasprobe. Doch wer denkt noch daran, dass neben dem lauten Knall auch Wasser entsteht?
Andere, denken bei Wasserstoff an die „Hindenburg“ und wieder andere an die H-Bombe.

Erste Firmen im Bereich des Transportgewerbes wie Speditionen oder im Öffentlichen Nahverkehr beginnen langsam, aber sicher umzudenken. Der Treibstoff „Wasserstoff“ ist billiger und umweltfreundlich - ein Umdenken ist das Gebot der Stunde.

Dass die Verhinderung von Wasserstoff als Treibstoff nichts Neues ist, hat Timm Koch in diesem Buch beschrieben: bereits 1863 wurde das als „Hippomobil“ bekannte, erste mit Wasserstoff betriebene Fahrzeug aus ähnlichen fadenscheinige Gründen durch die Erdöl-Lobby verhindert.

Allerdings, merkt Timm Koch an, darf man auch bei aller Euphorie, den Stein des Weisen gefunden zu haben, nicht vergessen, dass sich auch hier Scharlatane herumtreiben, die das Unwissen der Menschen schamlos ausnutzen und das große Geld kassieren wollen.

Der Autor beleuchtet in seinem Buch die scheinheilige Welt der Öko-Parteien, die in der Opposition nach Umweltschutz schreien und wenn sie an der Regierung sind, Kohleabbau wieder aktivieren und den Betrieb von Kernkraftwerken verlängern. Bitte das nicht falsch verstehen, im Augenblick der Abhängigkeit von russischem Gas, ist das vermutlich das Gebot der Stunde, aber auf Dauer wird die Rückkehr zu Kohle und Atom nicht die richtige Wahl sein. Man tauscht hier eine Abhängigkeit gegen eine andere ein.

Wasserstoff als Energieträger könnte hier Abhilfe schaffen. Man muss es nur wollen.

Fazit:

Timm Kochs Werk ist ein leidenschaftliches Plädoyer für eine klimaneutrale Energie, die längst „erfunden“ ist. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.