Ich finde es großartig, dass Torsten Sträter (s)einen „Depressionstext“ mit in dieses Buch gepackt hat: auf den ersten Blick wirkt es womöglich seltsam, mitten in einem ansonsten doch sehr humoristischen Buch über einen derart ernsten Erfahrungsbericht zu stoßen, aber zum Einen fügt sich dieser hier irgendwie doch ein und zum Anderen ist Sträter seit ein paar Jahren für sein immenses Engagement und seine Offenheit in punkto Depression bekannt, dass es noch viel seltsamer wäre, würde er das Thema völlig außen vor lassen.
„Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen“ sammelt nun die (besten) Texte der letzten drei Jahre, was bedeutet, dass sie nicht nur sehr coronageprägt sind (wofür sich im Vorfeld direkt entschuldigt wird), sondern dass sich hier vor Allem auch Texte finden lassen, die bei Kurzauftritten im Fernsehen vorgetragen wurden, und weniger längere Geschichten enthalten sind, wie sie für Solo-Veranstaltungen üblich wären. Von daher ist dieses Buch für mich nun auch eher an Sammelsurium an öffentlich-rechtlichen Anekdoten und weniger Geschichtensammlung gewesen; da zeigte sich auch das für mich größte Manko: Ich höre Sträter zwar ohnehin lieber zu, als dass ich ihn lese, wobei ich inzwischen auch schnell seine Stimme und den typischen Ton im Ohr habe, wenn ich seine Geschichten lese, aber den Dingen, die er bereits in Fernsehsendungen vorgetragen hat, merkt man meiner Meinung nach doch sehr deutlich an, dass sie angesichts bestimmter zu jener Zeit diskutierten Themen und eben speziell fürs Fernsehen geschrieben wurden. Die Ansprachen ans Volk, die Pressesprecher-Aussagen… haben sich dabei mitunter selbst längst überlebt; der Johnson-Text ist z.B. noch kein ganzes Jahr her, und wir sind schon zwei britische Premierminister weiter; ich weiß auch gar nicht, wie es mit dem Mangel an LKW-Fahrer*innen auf der Insel weitergegangen ist, und da haftete vielen Dingen etwas von „ach ja, das war ja dann auch noch gewesen“ an. Da hatte ich nun schon häufiger das Gefühl, dass ich dieses Buch in 20 Jahren mehr schätzen würde, um mich an das alles zurückzuerinnern und mich mit späteren Generationen darüber zu amüsieren, wie völlig absurd diese letzten Jahre waren. Aber gegenwärtig hatte es für mich da eher was von Zettelsammlung mit diversen Glossen.
Beim Teil „Pandemie-Papiere“ fand ich es beim durchgehenden Lesen zudem verwirrend, dass diese zeitlich nicht geordnet waren. Warum? Das ergab gar keinen Sinn, dass man thematisch vom Jahresanfang 2022 wieder zum Frühling 2021 zurücksprang. Selbiges galt für den 8. Teil, in dem September, August und April aufeinanderfolgten.
Was ich für mich nun auch gemerkt habe: Nicht nur, dass ich den „Stories“-Teil klar am Unterhaltsamsten fand, sondern auch ansonsten finde ich Torsten Sträters Texte offensichtlich dann am Überzeugendsten, wenn sie für seine eigene Sendung anstatt für „fremde“ Formate geschrieben wurden. Die Rubrik „Kammanommakucken“ finde ich auch in der „Sträter“-TV-Show z.B. auch immer ungemein unterhaltsam (ich verfolge auch sehr gerne den nerdigen „Sträter Bender Streberg“-Podcast; viele Filme kenn ich gar nicht, habe nun aber dank dieser Drei zu all diesen eine Meinung) und ganz ehrlich, ein Buch, das nur daraus besteht, dass Sträter Filme beschreibt, zerreißt und empfiehlt, würde ich sofort kaufen. Da war ich definitiv enttäuscht, dass nach der „Poltergeist“-Bewertung dieses Buch plötzlich gefühlt einfach aufhörte.
Rein wegen des Kapitels „Warum ich kein Buch über meine Depression schreibe“ würde ich dies Buch hier nun zwar doch einfach allen empfehlen, aber wenn ich ganz ehrlich bin, ist es doch eher was für die Fans, die gerne auch seine Fernseh-Fremdformate-Kurztexte gerne verschriftlicht vorliegen haben möchten. Ich wünsche mir ansonsten, dass im nächsten Buch eben wieder mehr, auf Tour gelesene, „Lang-Stories“ erzählt werden. Oder dass es eben rein aus Filmkritiken besteht.