unglaublich gut recherchierter Roman über eine verbotene Liebe zwischen zwei jungen Frauen in den 1950er Jahren
Da das Buch im englischsprachigen Raum sehr gefeiert wird, bin ich darauf aufmerksam geworden. Umso größer war meine Freude, als ich gesehen habe, dass ‘Last Night at the Telegraph Club’ ins Deutsche übersetzt ...
Da das Buch im englischsprachigen Raum sehr gefeiert wird, bin ich darauf aufmerksam geworden. Umso größer war meine Freude, als ich gesehen habe, dass ‘Last Night at the Telegraph Club’ ins Deutsche übersetzt wird.
Wenn du wissen willst, wie mir Lilys Geschichte gefallen hat, lies gerne in meiner Rezension weiter.
》Sie haben sich geküsst.《…Es laut auszusprechen war berauschend und sie wurde wieder rot. Trotzdem bekam sie das Wort nicht über die Lippen, mit dem die Frauen in diesem Buch bezeichnet wurden: lesbisch.
Zitat aus ‘Last Night at the Telegraph Club’, S. 102
Darum geht’s
Es sind die 1950er Jahre. Die 17-jährige Lily wächst als Kind chinesischer Einwanderer in San Franciscos Chinatown auf. Die politische Situation ist angespannt. Die USA sehen in den Einwanderern eine kommunistische Gefahr, was Deportationen zur Folge hat. In dieser angespannten Zeit lernt Lily in einem Mathekurs Kath kennen. Gemeinsam mit Kath besucht Lily heimlich den Telegraph Club, eine geheime Bar für Lesben, in der eine berühmte Herrenimitatorin auftritt. Lily, die vorher schon das Gefühl hatte ‘anders’ zu sein, findet während der nächtlichen Treffen die Bestätigung. Sie hat sich in Kath verliebt. Doch eine Liebe zwischen Frauen ist im Jahr 1954 ein absolutes Tabu. Als die Beziehung der beiden auffliegt, steht für Lily und ihre Familie viel auf dem Spiel.
Meine Meinung
Malinda Lo hat eine wunderbare, gefühlvolle Geschichte zu Papier gebracht. Es ist eine Geschichte über eine verbotene Liebe, einen geheimen Club, über das erste Verliebtsein und über das Erwachsenwerden in einer politisch angespannten Zeit. Malinda Lo greift viele Themen auf – Diskriminierung, Rassismus und die Politik der 1950er Jahre. All das findet neben Lilys und Kaths Liebesgeschichte Platz, die ganz unschuldig beginnt und sehr authentisch und sanft erzählt wird.
Lily ist eine tolle Protagonistin, die man gerne begleitet. Sie liebt Mathe und alles was mit Raumfahrt zu tun hat. Der Telegraph Club gibt Lily die Möglichkeit vieles über sich selbst herauszufinden. Der Club ist ein sicherer Hafen, an dem sich Lily unter Gleichgesinnten ausprobieren kann und sich nicht zu verstellen braucht. Ich habe Lily für ihren Mut bewundert. Sie steht zu sich selbst und zu ihren Gefühlen für Kath. Ihre Selbstbestimmtheit und ihre Entwicklung sind einfach großartig.
Geschrieben ist das Buch zum größten Teil aus Lilys Perspektive, wobei es immer wieder Rückblicke in die Vergangenheit gibt, in denen zum Beispiel Lilys Mutter oder auch ihre Tante zu Wort kommen.
Zwischendurch gibt es auch immer wieder Zeitleisten, die die wichtigsten (politischen) Ereignisse zusammenfassen.
Mir hat der Roman insgesamt sehr gut gefallen. Allerdings hatte er leider einige Längen, an denen man das Gefühl hatte, auf der Stelle zu treten. Vorallem die politischen Debatten nehmen viel Raum ein.
Die zweite Hälfte des Buches ist aber richtig mitreißend und spannend. Ab einem gewissen Ereignis im Telegraph Club nimmt die Handlung Tempo auf und entwickelt sich zu einem richtigen Pageturner. Das Ende wurde mir dann ein bisschen zu schnell abgehandelt. Es hat mich aber schon zufrieden zurück gelassen, auch wenn ich mir hier vielleicht noch ein Kapitel mehr gewünscht hätte.
Was ich unbedingt noch erwähnen muss, ist das Nachwort der Autorin, das man auf jeden Fall lesen sollte. Malinda Lo gibt hier einen Einblick in ihre Quellen und macht nochmal die Situation chinesisch-stämmiger Einwanderer, sowie der queeren Gemeinschaft in den 50er Jahren deutlich. Man bemerkt bereits beim Lesen die intensiven Recherchen der Autorin. Das Nachwort ist eine tolle, sehr informative Ergänzung zur Geschichte. Wie gesagt, unbedingt lesen.
Lily hob die Finger an die Lippen, wie um der letzten Spur von Kaths Kuss nachzuspüren. Ein sonderbarer Leichtsinn erfasste sie und machte sie so beschwingt, dass sie das Gefühl hatte, sie könnte vom Boden abheben und schweben vor lauter Leichtigkeit und Liebe.
Zitat aus ‘Last Night at the Telegraph Club’
Fazit
Ein unglaublich gut recherchierter Roman über eine verbotene Liebe zwischen zwei jungen Frauen in den 1950er Jahren. Malinda Lo hat den Zeitgeist und die politischen Konflikte sehr gut erfasst und eine zarte Liebe innitten der Unruhen erblühen lassen. Nur im Mittelteil kamen leider einige Längen auf, die meinen Lesefluss etwas in Stocken gebracht haben. Das Ende hätte dafür etwas ausführlicher sein können.
Dennoch verdient das Buch eine große Leseempfehlung.