Platzhalter für Profilbild

SofieWalden

Lesejury Star
online

SofieWalden ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit SofieWalden über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.11.2022

Angst überwinden und was ein Vögelchen kann, können Menschenkinder auch

Flieg, kleiner Vogel. Selbstbewusstsein bei Kindern stärken
0

Ein junges Vögelchen ist in großer Not. Es hat Höhenangst und kann deshalb nicht mit den anderen Vögeln hoch in den Himmel fliegen. Seine Artgenossen haben dafür überhaupt kein Verständnis und lachen den ...

Ein junges Vögelchen ist in großer Not. Es hat Höhenangst und kann deshalb nicht mit den anderen Vögeln hoch in den Himmel fliegen. Seine Artgenossen haben dafür überhaupt kein Verständnis und lachen den kleinen Kerl aus. Das macht ihn sehr traurig. Aber er lässt sich nicht unterkriegen und weil er nicht einsam sein will, sucht er nach Freunden, unten am Boden. Doch keiner will sein Freund sein, der Löwe nicht, weil er ihn sonst vielleicht einmal fressen könnte, der Fisch nicht, weil ein Vogel nicht im Wasser atmen kann. Und so geht es immer weiter. Ziemlich niedergeschlagen kommt das Vögelchen schließlich an einem Schlammloch vorbei und darin steckt ein Kiwi. Sofort rennt der kleine 'Piepsi' los, um Hilfe zu holen und ganz ungewollt, plötzlich fliegt er, denn er muss ja schnell sein, damit der Kiwi gerettet werden kann. Und natürlich sind Löwe und Co dann auch sofort zur Stelle und irgendwie wird alles gut.
Das erste, was einem bei dieser schönen Geschichte ins Auge sticht, sind die wunderbar gezeichneten Tiere, allen voran das ängstliche Vögelchen auf seinen zwei dünnen Beinchen. Und dann die Erzählung selbst, einfach gehalten, sehr gut auf die Handlung fokussiert, ohne viel drumherum. Das erlaubt auch den Kleinsten, dem Geschehen problemlos zu folgen, Anteil zu nehmen und zu verstehen.
Ein Buch zum Mutmachen, wenn man einmal vor etwas Angst hat und das Thema Freundschaft ist auch mit dabei.

Veröffentlicht am 20.09.2022

Das moderne Indien und manifestierte Traditionen, da ist ein Miteinander noch weit

Teen Couple Have Fun Outdoors
0

Eine indische Familie, Appa und Amma, die Eltern, sie stehen für dir Mittelklasse und zeigen dies gerade mit ihrem neu erworbenen Honda Civic vor der Tür, ihre Söhne, beide haben es auf die Universität ...

Eine indische Familie, Appa und Amma, die Eltern, sie stehen für dir Mittelklasse und zeigen dies gerade mit ihrem neu erworbenen Honda Civic vor der Tür, ihre Söhne, beide haben es auf die Universität geschafft und leben, wie üblich, bis zu einer Heirat noch Zuhause. Alles entspricht den vorgegebenen Traditionen. Ganz vorne weg gilt es, Ehre und Ansehen zu wahren, vor den Nachbarn, der Straße, der Gesellschaft dieser kleinen Stadt. Doch dann bricht etwas ein in ihre perfekte Welt, dass sie regelrecht aus den Angeln hebt. Ein Video taucht auf, indem ihr Ältester zusammen mit seiner Freundin sexuell aktiv in Erscheinung tritt und dieses macht im Internet die Runde. Welche Schande, jammern die Eltern, welche Entehrung, welche Schmach vor der Welt, doch ihr Sohn Sreenath hat vor, das einfach auszusitzen, zumal der Clip schon älteren Datums ist. Da prallen zwei Generationen und irgendwie auch zwei Welten aufeinander und trotz der verzweifelten Versuche des jüngeren Bruders, der die Geschichte hier auch erzählt, zu vermitteln, Annäherung zu schaffen, wird Sreenath von seinen Eltern rausgeschmissen, vor allem um ein Zeichen zu setzen und zu versuchen, so ihr Ansehen nicht zu verlieren.
Ich fand die Geschichte ernst und auch ein wenig traurig, ob der Resignation, dich sich beim Leser breitmacht, wenn 'alles so gar nichts' nützt. Familie besteht aus Menschen und die jüngere indische Generation ist auf dem Weg, sich einer europäischen Lebensvorstellung anzupassen, ganz bewusst und willendlich. Die alten indischen Traditionen, die von den Eltern so unbeugsam, ohne jede Bewegung hin zu dieser neuen anderen Zeit, aufrechterhalten werden, die Jungen fühlen sich dadurch ausgebremst, angekettet an Vorgaben, die ihnen nichts mehr bedeuten und ihnen bleibt nur, auszubrechen. Das ist nun mal so und diese Geschichte steht für diesen Gesellschafts- und Generationenkonflikt. Aber es ist doch nun mal auch Familie und ich hätte mir gewünscht, dass die positiven Gefühle, die man sich eigentlich entgegenbringt, einen Gegenpol schaffen und eine Chance des Aufbruchs aus dem Alten hin zu Neuem. Das dies nicht geschieht und das Fazit am Ende so ist, wie es nun mal ist, dass muss man akzeptieren, aber es lässt einen dann doch etwas 'mürbe' zurück.
Dieses Buch, es ist eine gut geschriebene und interessante Geschichte, das reale Indien von heute und es tut sich etwas, aber zum Schluss hat sich doch nichts getan. Das ist einfach so. Und ein Miteinander oder wenigstens ein akzeptables Nebeneinander ist noch weit.

Veröffentlicht am 18.09.2022

Das Leben des gemeinen Volks, Frankreich, 1764 bis ins 20. Jahrhundert hinein

Eine Hochzeit in der Provinz
0

Die Autorin dieses Buches, eines Sachbuchs übrigens, ist Historikerin und für ihr Anliegen, sich mit der Geschichte Frankreichs zu beschäftigen, aus der Erlebensperspektive des einfaches Volks heraus, ...

Die Autorin dieses Buches, eines Sachbuchs übrigens, ist Historikerin und für ihr Anliegen, sich mit der Geschichte Frankreichs zu beschäftigen, aus der Erlebensperspektive des einfaches Volks heraus, hat sie sich etwas sehr besonderes ausgedacht. Sie begibt sich auf die Spuren der Familie Aymard, deren offiziellle Gründung sich mit der Eheschließung im Jahre 1764 datiert. Der dazu ausgefertigte Heiratsvertrag, wurde in der französischen Stadt Angoulême von 83 Menschen unterschrieben. Nicht alle dieser Zeugen waren anwesend, nicht alle konnten schreiben, so das dieser Akt teilweise in Vertretung erfolgte, was die Zahl der später relevanten 'Forschungsobjekte' noch größer machte. Denn die Professorin Emma Rothschild arbeitete nahezu jeden dieser Menschen, mit seinen nachkommenden Generatioen, akribisch recherchierend, ab, um so ein möglichst vielfältiges Bild vom Leben den damaligen unteren Gesellschaftsschichten zu erhalten. Ob dieser Ansatz zu einer wissenschaftlich fundierten anzuerkennenden Arbeit führen würde, diese Frage hat sich die Autorin sicherlich auch selbst gestellt, aber sie hat sich hineingestürzt in diese monumentale Aufgabe. An die 200 Seiten Anhang mit den entsprechenden Quellen darin vermitteln einen kleinen Eindruck davon. Und es hat funktioniert und zu einem Werk geführt, dass obwohl akademisch angelegt, auch für den normalen Leser, dessen Anspruch neben Wissen auch Unterhaltung ist, interessante Erkundungen und Erkenntnisse bereit hält. Große Umwälzungen in der Geschichte Frankreichs inkl. der französischen Revolution und der Einbruch in die Welt des gemeinen Volks, das findet anders statt wie vielleicht erwartet und hat bisher eindeutig noch nicht die entsprechende Aufmerksamkeit der 'Forscherperspektive' erhalten. Jetzt schon.
Sehr interessant und für Interessierte absolut lesenswert.

Veröffentlicht am 18.09.2022

Das Leben sollte bunt sein und vielfältig, nicht nur als Kind

Ora - Das Mädchen mit dem orangefarbenen Haar
0

Für Kinder ist das Leben in Grauland bunt, lebendig und voller Freude. Doch mit 9 Jahren beginnen ihre Farben zu verblassen und mit 10 sind auch sie äußerlich und auch in ihrem Inneren in der Düsternis ...

Für Kinder ist das Leben in Grauland bunt, lebendig und voller Freude. Doch mit 9 Jahren beginnen ihre Farben zu verblassen und mit 10 sind auch sie äußerlich und auch in ihrem Inneren in der Düsternis ihres Zuhauses angekommen. Nur Ora mit ihrem leuchtend orangefarbenen Haar, bei ihr lässt das Strahlen nicht nach. Das ist erstmal Anlass zur Sorge, denn dahinter könnte ja eine schlimme Krankheit stecken. Ora ist aber kerngesund und so ist ihr Anderssein bald nur noch unangenehm, unangebracht und peinlich. Sie muss ihr Haar unter einer Mütze verstecken und die anderen Kinder dürfen nicht mehr mit ihr spielen. Als dann doch ein leichtes Verblassen einsetzt, wird sich Ora bewusst, dass sie gar nicht in dieses graue Leben hineinwachsen will. Ein Leben in Farben und Licht ist doch viel schöner und so macht sie sich auf eine Reise, um ihren Weg zu finden. Und tatsächlich bekommt sie Unterstützung und Zuspruch , dass nichts falsch an ihr ist und sie vielleicht sogar etwas Positives für andere bewirkt.
Diese Geschichte, sie hat viel Symbolkraft, für unser eigenens Leben, dafür, wie wir andere sehen, wie wir mit ihnen umgehen, für die Offenheit, den Mut und den Willen, für Neues. Für die Kleineren braucht es hier schon etwas erwachsene Begleitung. Für die eigentlichen Vorleser ist dies nicht einfach nur eine Kindergeschichte, sondern bietet auch jede Menge Interpretationsvielfalt für einen selbst. Die wunderschöne sehr kunstvolle Bilderwelt, die diese Geschichte begleitet, man sieht sofort, dass hier eine richtige Malerin die Seiten erstrahlen lässt. Auch hier gilt, für Erwachsene sehr ansprechend, für Kinder nicht so auf den ersten Blick. Aber das gemeinsame Ansehen ermöglicht auch hier eine passende Nähe.
Ora, das Mädchen, das aus dem Rahmen fällt, Ora, ein Buch, das anders ist als erwartet und vor allem im gemeinsamen Erleben von Vorlesendem und Kind funktioniert. Spannend, was die Kindersicht da so alles zum Vorschein bringt.

Veröffentlicht am 12.09.2022

Familie, weiblich und sich durchschlagen ist das Lebensmotto

Fliegen oder fallen
0

Kanada in den 1970er Jahren, in einer Kleinstadt direkt am Sankt-Lorenz-Strom kämpfen sich Trudy und ihre Mutter Claire zusammen mit der 4-jährigen Mercy, Tochter ihrer Schwester Tammy, gemeinsam durchs ...

Kanada in den 1970er Jahren, in einer Kleinstadt direkt am Sankt-Lorenz-Strom kämpfen sich Trudy und ihre Mutter Claire zusammen mit der 4-jährigen Mercy, Tochter ihrer Schwester Tammy, gemeinsam durchs Leben. Trudy, die genau wie ihre Mutter und ihre Schwester früh schwanger wurde, hat sich im Gegensatz zu diesen für eine Abtreibung entschieden und beschlossen, fortan ohne die Komplikation Mann zu leben. Die Drei sind genug damit beschäftigt, den Kopf oben zu halten, aber für Mercy, ein wahrer Sonnenschein, da zu sein, macht es leichter. Doch dann erscheint Jules auf der Bildfläche und Trudy knickt ein. Und natürlich verursacht dieser Mann, ein Stuntman, 'Komplikationen', denn er plant, mit einem selbstkonstruierten Rakentenauto über den an dieser Stelle zwei Kilometer breiten Fluss zu springen, mit Fernsehteam im Rücken und dem Traum von Berühmtheit und Geld. Wie das ausgeht? Wenn es nach Trudys bisherigem Leben geht, dann tendenziell eher nicht gut. Aber man wird sehen.
Dies ist eine Geschichte, in der man die Menschen, die da so vor sich hinwursteln, recht weit unten im System, durchaus lieb gewinnt. Und obwohl sie eigentlich nichts zu lachen haben, nimmt man als Leser das Ganze als sympathisch und auch humorvoll wahr und fühlt sich einfach gut unterhalten. Hat definitiv Spaß gemacht.