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Veröffentlicht am 10.11.2022

Außenseiterin oder Retterin in einer dunklen Zeit

Das Gesetz der Natur
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Mit dieser faszinierenden Geschichte begeben wir uns in eine nicht allzu ferne Zukunft, bewegen uns im Amerika nach einer enormen Katastrophe. Bildung, speziell das Lesen, ist für die Allermeisten verloren ...

Mit dieser faszinierenden Geschichte begeben wir uns in eine nicht allzu ferne Zukunft, bewegen uns im Amerika nach einer enormen Katastrophe. Bildung, speziell das Lesen, ist für die Allermeisten verloren gegangen. Der tägliche Kampf ums Überleben ist in den Vordergrund gerückt.

Mittendrin befindet sich Gaia. Sie lebt fernab der Städte mit zwei Männern und ein paar Tieren versteckt im Wald. Ihr Erscheinungsbild entspricht nicht annähernd der Norm. Es kommt, wie es kommen musste. Sie wird entdeckt und abgeführt. Nur ihre Fähigkeit zu lesen bewahrt Gaia vor dem sicheren Tod. So beginnt für Gaia eine lange Reise, eine Gratwanderung zwischen Leben und Tod bzw. zwischen Gut und Böse auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt.

Die Atmosphäre ist düster. Das Leben ist wenig attraktiv. Einige wenige Männer beherrschen die Massen. Wer nicht in die Norm passt, gehört zu den Geächteten. Bis auf die Obrigkeit ist die Bevölkerung in Anonymität versunken. Selbst einige Hauptfiguren des Romans sind namenlos. Gaias Reise erinnert an die Heimkehr des Odysseus aus dem Trojanischen Krieg, manche Gegenden, die sie durchquert, haben etwas von Mordor.

Trotz der durchgehend negativen Schwingungen, der Gewalt sowie der vielen Toten, die den Weg der Reisenden pflastern, ist der Roman attraktiv. Vielleicht ist es Gaias Streben nach Gerechtigkeit oder es sind ihre Unterstützer, die sich über Gepflogenheiten der Ächtung hinwegsetzen und Gaia einfach helfen. Auch Gaias Entwicklung ist für mich attraktiv zu verfolgen, nicht weil es eine durchweg positive ist, sondern weil sie glaubwürdig erscheint.

Insgesamt habe ich das Gesetz der Natur gern gelesen. Der Schreibstil beflügelt das Lesen, die Hässlichkeit der Gesellschaft ist in schöne Worte gefasst, die hundertfünfundsiebzig Kapitel jagen nur so dahin. Abschließend schenkt uns die Autorin einen genialen Cliffhanger, sorgt somit dafür, dass ich mit Sicherheit auch den zweiten Teil lesen werde.

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Veröffentlicht am 04.11.2022

So bleibt der Grill auch im Winter heiß

Weber's Wintergrillbibel
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Die Wintergrillbibel ist ein großformatiges, sehr schön bebildertes „Kochbuch“ für alle Grillfans, die auch im Winter nicht auf ihr Hobby verzichten wollen. Nachdem einige Basics betrachtet sind, werden ...

Die Wintergrillbibel ist ein großformatiges, sehr schön bebildertes „Kochbuch“ für alle Grillfans, die auch im Winter nicht auf ihr Hobby verzichten wollen. Nachdem einige Basics betrachtet sind, werden Würzmischungen, Soßen, Chutneys und Dips thematisiert. Danach kommen die eigentlichen Rezepte, die in passende Kapitel einsortiert sind.

Die Vielfalt, die hier vom Grill geboten wird, ist einfach erstaunlich. Natürlich gibt es zu jeder Fleischsorte Gerichte, auch Fisch und Meeresfrüchte sind mit von der Partie. Besonders sind für mich die Kapitel zu Salaten, Suppen und Backwaren vom Grill. Toll, was alles möglich ist.

Die Rezepte selbst folgen jeweils einer einheitlichen Struktur. Der Rezepttitel wird jeweils von ein paar einleitenden Sätzen, die schon gleich Appetit machen, begleitet. Auch das zugehörige Ergebnisbild sieht lecker aus. Bevor man dann einsteigt in die verständliche Schritt-für-Schritt-Anleitung, kann man sich hinsichtlich Zutaten, Vorbereitungs-, Grill- und Ruhezeit sowie Grillmethoden orientieren. Ergänzt werden die zahlreichen Rezepte mit Geschmacks-Upgrades und weiteren Rezepten für übrig gebliebene Mengen. So gibt es zum Beispiel im Anschluss an die gut zum Weihnachtsfest passende Lammkeule, ein Lamm-Tortilla oder sogenannte Winter Rolls, die das restliche Lammfleisch aufbrauchen. Diesen leckeren Ansatz zur Vermeidung von Verschwendung begrüße ich sehr.

Ich bin schwer begeistert. Mit ein bisschen Muße und Disziplin kann mit diesem Buch wirklich jeder wie ein Profi grillen. Die Rezepte sind nicht nur lecker, sondern sehen auch richtig gut aus. Zudem hat man eine dermaßen große Auswahl an Rezepten, so dass man auch in allen Preiskategorien ansprechende Gerichte findet. Dabei können alte Bekannte unter den Zutaten verwendet werden oder aber neue Sachen wie das Trendgemüse Knollenziest. Einziger Wermutstropfen ist die baldige Erweiterung des eigenen Grillequipments für das perfekte Ergebnis.

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Veröffentlicht am 01.11.2022

Herrlich multidimensionale Ode an Bücher

Wolkenkuckucksland
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Es ist nicht einfach Wolkenkuckucksland zu beschreiben, ohne Teile des Inhalts zu verraten. Die Geschichte geht von der gleichnamigen Anekdote des antiken Philosophen Diogenes aus, in der ein einfacher ...

Es ist nicht einfach Wolkenkuckucksland zu beschreiben, ohne Teile des Inhalts zu verraten. Die Geschichte geht von der gleichnamigen Anekdote des antiken Philosophen Diogenes aus, in der ein einfacher Schafhirte, Aethon, die Gestalt eines Esels, eines Zackenbarsch und schließlich einer Krähe annimmt, obwohl er doch eigentlich verwandelt in eine kluge Eule ins Wolkenkuckucksland, das Land ohne Mangel und Konflikt, fliegen wollte.

Um diese Anekdote ranken sich weit voneinander entfernte Handlungs- und Zeitstränge verschiedener junger Leute, die wechselseitig weiterverfolgt werden und letztlich doch alle irgendwie miteinander verbunden sind. Zunächst begleiten wir den naturliebenden Seymour von klein auf, der nach und nach mit ansehen muss, wie menschliche Besiedelung dafür sorgt, dass Flora und Fauna zurück gedrängt werden. Wir lernen den gealterten Zeno, den Kriegsveteran, kennen und blicken mit ihm gemeinsam auf sein Leben und seine Erlebnisse im Koreakrieg. Anna und Omir leben zur Zeit des niedergehenden oströmischen Reiches. Als letzte im Bunde befindet sich Konstance auf einer interstellaren Reise weit in der Zukunft.

Innerhalb dieses multidimensionalen Erzählraums hebt der Autor die Bedeutung der Literatur und damit verbunden, des Lesens an sich hervor. Mit Hilfe von Büchern aus Papier können Geschichten überdauern und immer wieder neue Liebhaber begeistern. Die Lehren der Literatur können den Lesenden zu Hilfe eilen in misslichen Situationen oder ihnen einfach Wege für das Leben aufzeigen.

Wolkenkuckucksland ist eine überzeugende Liebeserklärung an Bücher und Geschichten. Der Leitgedanke des Romans, „Fremder, wer immer du bist, öffne dies und siehe, was dich erstaunen wird.“, weckt Neugier und hält am Ende, was er verspricht.

Zunächst ist es aber nicht ganz einfach, diesem multidimensionalen Text zu folgen. Ungeduldig fragte ich mich, was das alles werden soll, fand den Ansatz ein wenig verrückt. Doch als sich langsam einiges begann zu fügen, entwickelte sich der Roman ganz wunderbar. Bis zum Ende wurde dieser positive Eindruck auch nicht mehr getrübt. Eine tolle Geschichte, die ich sehr gern weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 28.09.2022

Auf angenehme Art etwas lernen

Wie wir Menschen die Welt eroberten
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Der Bestsellerautor Yuval Noah Harari wendet sich mit seinem neuen Werk an ein junges Publikum und setzt sich mit seinen Leser:innen gemeinsam mit der Frage auseinander, wie der Mensch es schaffen konnte, ...

Der Bestsellerautor Yuval Noah Harari wendet sich mit seinem neuen Werk an ein junges Publikum und setzt sich mit seinen Leser:innen gemeinsam mit der Frage auseinander, wie der Mensch es schaffen konnte, Herrscher auf unserer Erde zu werden.

Er verwendet dafür eine gut verständliche Sprache, ergänzt um ein paar Fachbegriffe, die er bei Einführung gut erklärt. Sogar einzelne lateinische Begriffe finden Verwendung. Das hat mir sehr gut gefallen, weil dadurch die Geschichte der Menschheit auch für die Kinder einen wissenschaftlichen Anstrich bekommt, der gleichzeitig keine Überforderung darstellt. Lediglich die Darstellung des Begriffs „Unternehmen“ war mir für das kindliche Fassungsvermögen etwas zu abstrakt. Besonders gut fand ich die Herleitung der Sapiens-Superkraft.

Neben der Ausrichtung der Sprache auf das Textverständnis mochte ich die direkte Ansprache der Leserschaft. „Kennst Du das auch …?“ oder „Erinnerst Du Dich noch an …?“ sind nur zwei Beispiele. Im späteren Verlauf des Buches wird auch auf Fakten vom Anfang zurückgegriffen, wodurch die Zusammenhänge noch besser herausgearbeitet werden und der Gesamtkontext dauerhaft in Erinnerung bleibt.

Unterstützt wird Hararis Text von ganz wunderbaren Illustrationen. Eine der schönsten hat es aufs Cover geschafft. Hier springen Bär und Löwe flüchtend vor dem Feuer des Menschen regelrecht aus dem Buch. Das hochglänzende Bild auf mattem Schwarzen Grund macht richtig Lust, sofort mit dem Lesen zu starten. Insgesamt schätze ich den Lesestoff für die empfohlene Altersgruppe von 10 Jahren als angemessen ein.

Gern empfehle ich dieses tolle Kinderbuch weiter.

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Veröffentlicht am 30.08.2022

Mein Lesehighlight 2022

Das Leben vor uns
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Anja Ranewa und Milka Putowa sind schon von klein auf beste Freundinnen. Sie besuchen die gleiche Schule, verbringen fast jeden Nachmittag miteinander, fahren sogar gemeinsam in die Ferien. Anja wohnt ...

Anja Ranewa und Milka Putowa sind schon von klein auf beste Freundinnen. Sie besuchen die gleiche Schule, verbringen fast jeden Nachmittag miteinander, fahren sogar gemeinsam in die Ferien. Anja wohnt mit ihren Eltern und ihrer Großmutter in einer kleinen Wohnung, Milka ebenfalls beengt mit Mutter und Stiefvater, beide am Stadtrand von Moskau.

Beim Einstieg in den Roman sind die Freundinnen 14 Jahre alt, es ist 1982. Kristina Gorcheva-Newberry erzählt mit ganz viel Gefühl und Detailreichtum vom Aufwachsen in Moskau sowie von den Aufenthalten in der Datscha, wo der angenehme Teil des Lebens stattfindet. Man bewirtschaftet den Boden, kümmert sich um die wunderbaren Apfelbäume, die dem harten Winter trotzen und himmlisches Mus ergeben. Die Autorin bringt die Leser:innen ganz nah an ihre Protagonisten heran, so dass ich mich schon fast wie ein Familienmitglied fühlte.

In der gesamten Geschichte, die zunächst nur vom Erwachsenwerden und von erwachender Sexualität zu berichten scheint, schwingt sowohl inhaltlich als auch sprachlich die Liebe zur Literatur mit. Es wird eine herrliche Parallele zwischen der Datscha und Tschechows Theaterstück "Der Kirschgarten" gezeichnet. Darüberhinaus werden ganz nebenbei die Herausforderungen des Lebens in der Sowjetunion skizziert. Dabei werden die politischen Verhältnisse und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Menschen genauso thematisiert wie die Probleme während des Zerfalls und des aufkommenden Kapitalismus. Dieser gesellschaftskritische Blick auf das Vorher wie auch auf das Neue bis ins Heute hinein erschien mir sehr ausgewogen.

Der Roman brachte allerdings auch ein paar Schreckensmomente mit sich, die mir stark ans Herz gegangen sind, die für mich kaum auszuhalten waren. Ich las unter Tränen weiter und wurde mit meinem Lesehighlight 2022 belohnt. Die Autorin formuliert unzählige wunderbare Sätze, wie diesen hier: „Seit meiner Kindheit liebte ich die frühen Morgenstunden, wenn der Tag neu war und hunderte kleiner, zusammengefalteter Träume enthielt, wie Blütenblätter in einer Blume.“. Sie hat mich insgesamt tief berührt. Ihren Schilderungen zum verlorenen „Heimatland“ kann ich ausnahmslos folgen. Alles ist geprägt von einer hohen Authentizität und Glaubwürdigkeit.

„Das Leben vor uns“ hat mich begeistert, ich kann diesen Roman nur empfehlen.

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