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Veröffentlicht am 02.01.2023

Niemand ist ohne Schuld

Der Verrat
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Es war eine warme Sommernacht im Jahre 1998, als ein Auto im Weingut Graven an der Saar den Abhang hinab stürzte. War es ein Unfall oder war es Mord? Zwanzig Jahre später wird Nane vorzeitig auf Bewährung ...

Es war eine warme Sommernacht im Jahre 1998, als ein Auto im Weingut Graven an der Saar den Abhang hinab stürzte. War es ein Unfall oder war es Mord? Zwanzig Jahre später wird Nane vorzeitig auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen. Sie war unschuldig und doch schuldig am Tod von Henning, dem Stiefsohn ihrer Schwester Pia. Bevor Nane sich ein neues Leben aufbauen kann, will sie sich für die damaligen Vorkommnisse bei ihrem Schwager Thomas entschuldigen. Doch Pia lässt ihre Schwester wie eine Verbrecherin vom Anwesen verjagen und erteilt ihr Hausverbot. Hat sie etwas zu verbergen, das nicht ans Licht kommen soll?

Ellen Sandberg ist das Pseudonym der deutschen Kriminalschriftstellerin Inge Löhnig, die 1957 in München geboren wurde. Für ihre spannenden Familienromane, zu denen auch „Der Verrat“ zu zählen ist, wählte sie diesen Zweitnamen. Die Schriftstellerin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München.

Zerrüttete Beziehungen, ein Netz von Lügen und komplizierte Verhältnisse sind die tragenden Pfeiler dieser spannenden Familientragödie. Die Autorin bedient sich hier einer dritten Person als Erzähler und wechselt auch in den Zeitebenen, um dem Leser die zahlreichen Protagonisten näher zu bringen und das komplexe Geschehen zu veranschaulichen. Durch die verschiedenen Sichtweisen werden die Ereignisse lebendig und verständlich und durch überraschende Wendungen wird auch der Spannungsbogen bis zum Ende hoch gehalten. Die Geschichte lebt meist von Andeutungen und Vermutungen, spektakuläre Aktionen sucht man vergebens.

Fazit: Ein packendes Familiendrama, solide geschrieben und psychologisch einleuchtend.

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Veröffentlicht am 19.12.2022

Zerbrechliche Freundschaften

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum
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Wie seit der Schulzeit üblich, so feiern auch 2018 drei befreundete Paare Silvester zusammen. Sie haben nicht mehr viele Gemeinsamkeiten, doch diese Feier ist Tradition. Lollo und Max sind dieses Jahr ...

Wie seit der Schulzeit üblich, so feiern auch 2018 drei befreundete Paare Silvester zusammen. Sie haben nicht mehr viele Gemeinsamkeiten, doch diese Feier ist Tradition. Lollo und Max sind dieses Jahr als Gastgeber an der Reihe, während im Haus von Nina und Fredrik die17jährigen Töchter der beiden Paare ihre erste Party schmeißen dürfen. Es wird viel getrunken, erste kleine Streitereien unter den Paaren entstehen – und als dann am nächsten Tag festgestellt wird, dass Jennifer, die Tochter von Lollo und Max, spurlos verschwunden ist, bricht Panik aus - die Freundschaften nehmen eine gefährliche Wendung …

Malin Stehn wurde 1969 in Boden (Nordschweden) geboren. In ihrem Heimatland ist sie eine bekannte Autorin, die bisher nur Kinder- und Jugendbücher geschrieben hat. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Malmö. Ihr erstes Buch für Erwachsene ist „Happy New Year“, das im Dezember 2022 im S. Fischer Verlag erschienen ist.

Wie die Autorin selbst ausführt, handelt es sich bei dem Buch um einen psychologischen Thriller. Dadurch, dass den beteiligten Personen wechselseitig je ein Kapitel gewidmet ist, erhält man als Leser einen intensiven Einblick in deren Gefühlsleben und Gedankenwelt. Ihre Reaktionen und Handlungen sind verständlich und durchaus nachvollziehbar, zumal kurze Rückblicke und Erinnerungen an vergangene Erlebnisse diese verdeutlichen. Schon früh wird klar, dass die Familienverhältnisse nicht so ideal sind, wie es anfangs den Anschein hat und sich über die Jahre viel Frust angesammelt hat.

Es sind nur wenige Tage im Leben der Beteiligten, dennoch treten die Charakterzüge der einzelnen deutlich hervor. Schon früh glaubt man zu wissen, was sich in der Silvesternacht abgespielt hat. Es herrscht durchgehend eine beklemmende Stimmung, da man als Leser unbedingt wissen will, wo Jennifer abgeblieben ist, was mit ihr geschehen ist und wann sie wieder auftaucht. Der Schluss bringt eine Wendung, die sehr überraschend kommt und die ich so nicht erwartet hätte.

Fazit: Ein gut geschriebener psychologischer Thriller, den ich gerne weiter empfehle.

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Veröffentlicht am 28.11.2022

Freud und Leid liegen nah beieinander

Die Töchter des Geistbeckbauern
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Als jüngstes Kind der Hopfenbauern- und Gastwirtsfamilie Geistbeck aus der Hallertau kommt Wally in einer eiskalten, stürmischen Januarnacht 1911 zur Welt. Wie auch ihr Bruder und ihre beiden Schwestern ...

Als jüngstes Kind der Hopfenbauern- und Gastwirtsfamilie Geistbeck aus der Hallertau kommt Wally in einer eiskalten, stürmischen Januarnacht 1911 zur Welt. Wie auch ihr Bruder und ihre beiden Schwestern muss sie schon früh mithelfen, die im Hof und in der Wirtschaft anfallenden Arbeiten zu verrichten. Dennoch haben die Geschwister eine sehr schöne, behütete Kindheit, bis mit dem 1. Weltkrieg und der danach folgenden Inflation auch die Not bei den Geistbecks einzieht. Wally muss im Kloster die Hauswirtschaft erlernen, um sich danach eine Stelle als Dienstmagd in München zu suchen. So ist sie gezwungen, bereits als Vierzehnjährige ihre geliebte Heimat und ihren Freund Ludwig, dem sie seit Kindertagen zugetan ist, zu verlassen und sich alleine in der Fremde durchzuschlagen.

Antonia Brauer ist das Pseudonym einer Münchner Autorin und Journalistin, deren Familie aus der Hallertau stammt. Ihre Großmutter war die Wally, über deren Leben sie in diesem Roman schreibt – eine Reise in die Vergangenheit ihrer Familie, nach ihrer eigenen Aussage.

„Die Töchter des Geistbeckbauern“„Jahre des Säens“ist der erste Band, der in den Jahren 1911 bis 1928 spielt und hauptsächlich die Jugendjahre von Wally und ihrer beiden Schwestern Zenzi und Resi beinhaltet – ein zweiter Band mit dem Untertitel „Jahre des Erntens“ folgt. Orte der Handlung sind überwiegend das kleine Dorf Deimhausen im Landkreis Pfaffenhofen und die bayerische Landeshauptstadt München.

In einem angenehmen und mitreißenden Schreibstil schildert die Autorin das damalige Leben, nicht nur auf dem Lande, sondern auch in der Stadt. Sehr lebendig und real erlebt man die extremen Gegensätze, sowohl die harte Arbeit und das Brauchtum auf dem Land, als auch das lockere, unbeschwerte Leben in der Stadt, wobei dort die arme Bevölkerung nicht minder schwer arbeiten musste. Bemerkenswert ist auch die individuelle Charakterisierung der einzelnen Personen, was auf eine gute Recherche in der Familiengeschichte der Autorin schließen lässt. Alle Protagonisten handeln authentisch und ihr Gefühlsleben ist durchaus nachvollziehbar – Leid und Schicksalsschläge berühren sehr und lassen oftmals mitleiden.

Fazit: Die Lebensgeschichte dreier Schwestern die gleichsam begeistert und bestürzt – man darf auf die Fortsetzung gespannt sein.

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Veröffentlicht am 15.11.2022

Kann der Fluch durch Liebe besiegt werden?

Die Meerjungfrau von Black Conch
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Es ist im April 1976, als der junge Fischer David sie zum ersten Mal sieht. Er ist allein in seinem Boot vor der karibischen Insel Black Conch als die Meerjungfrau, Aycayia, plötzlich neben ihm auftaucht. ...

Es ist im April 1976, als der junge Fischer David sie zum ersten Mal sieht. Er ist allein in seinem Boot vor der karibischen Insel Black Conch als die Meerjungfrau, Aycayia, plötzlich neben ihm auftaucht. Tage später wird sie bei einem Angelwettbewerb von zwei Amerikanern aus dem Wasser gezogen. Sie versprechen sich vom Verkauf der Fisch-Frau in den USA zu Reichtum zu kommen und hängen sie zunächst bis zu ihrer Abreise kopfüber im Hafen auf. Dort entdeckt sie David, rettet sie und nimmt sie mit nach Hause. Dann geschieht das Wunder. Durch Davids Liebe und Fürsorge verwandelt sich die mit einem Fluch beladene Meerjungfrau langsam wieder zurück in die bildschöne junge Frau, die Aycayia einstmals vor hunderten von Jahren war. Doch als Priscilla, eine bösartige neidische Nachbarin, Davids Geheimnis entdeckt und ein schwerer Hurrikan die Insel heimsucht, beginnt der Fluch der neidischen Frauen wieder zu wirken …

Die britische Schriftstellerin Monique Roffey wurde 1965 in Trinidad geboren, wo sie auch ihre frühe Schulzeit verbrachte. Später besuchte sie in Großbritannien das College und studierte anschließend an der University of East Anglia Englisch und Filmwissenschaft und an der Lancaster University Creative Writing. Vor „Die Meerjungfrau von Black Conch“ schrieb sie bereits einige Romane, die in Europa und den USA viel Beachtung fanden und für die sie auch einige Preise und Auszeichnungen erhielt. Die Autorin lebt abwechselnd in London und Trinidad.

Wir erfahren die Geschichte der Meerjungfrau aus drei verschiedenen Perspektiven und in drei Zeitebenen: Die Ereignisse von April 1976 bis zum verheerenden Hurrikan im August 1976 werden von einer bestens informierten, neutralen Person sehr realistisch geschildert, was mitunter den Eindruck eines Tatsachenberichts erweckt. Der zweite Erzähler ist David, der nun 2015/2016, seine damaligen Erlebnisse in Form eines Tagebuchs festhält. Dabei schweifen seine Gedanken zurück und lassen seine große Liebe zu Aycayia nochmals lebendig werden. Die dritte Erzählebene ist die Meerjungfrau selbst, die von einer längst vergangenen Zeit berichtet, als ihr Volk der Taino, die Ureinwohner der Karibik, noch existierte. Wir erfahren, wie sie wegen ihrer Schönheit von den anderen Frauen ihres Dorfes verflucht wurde und seither als Frau/Fisch-Wesen ihr Leben im Meer verbringen musste.

Gleich mehrere aktuelle Themen behandelt die Autorin in diesem Buch: Die Kolonialisierung durch Weiße, unter der die indigene Bevölkerung leiden musste, der daraus entstandene Rassismus, dass sich die weiße Minderheit privilegiert fühlt und nicht zuletzt das Schicksal der Frauen, die über Jahrhunderte hinweg als männliche Sexualobjekte betrachtet wurden. Auch Missgunst und Neid der Frauen untereinander sind bis heute noch ein Thema, was sich mit der Figur der bösen Nachbarin Priscilla zeigt. Leider wird der gute Eindruck der Geschichte durch die gewählte Sprache, die wohl den einfachen Menschen ohne Bildung entsprechen soll, stark gemildert. Auch die Ausdrucksweise der Meerjungfrau in Gedichtform konnte mich nicht überzeugen. Die fehlerhafte Sprache und die häufigen Verdoppelungen von Adjektiven führen bei mir zu Punktabzug, trotz einer Erklärung der Übersetzerin am Ende des Buches, dass sie damit den Dialekt der Inselbewohner hervorheben wollte.

Fazit: Schönes Cover, tolle Geschichte, gewöhnungsbedürftige Sprache.

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Veröffentlicht am 05.11.2022

Resignieren oder aufbegehren?

Unsre verschwundenen Herzen
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Wir befinden uns in naher Zukunft in den USA. Das Land befindet sich in einer Wirtschaftskrise, an der die asiatischen Staaten die Schuld tragen sollen. Alle Menschen mit asiatischen Wurzeln werden verfolgt, ...

Wir befinden uns in naher Zukunft in den USA. Das Land befindet sich in einer Wirtschaftskrise, an der die asiatischen Staaten die Schuld tragen sollen. Alle Menschen mit asiatischen Wurzeln werden verfolgt, ihre Kinder werden abgeholt und bei Pflegeeltern untergebracht. Der zwölfjährige Noah, der sich selbst gerne Bird nennen lässt, lebt alleine mit seinem Vater – seine Mutter Margaret Miu, die asiatische Vorfahren hat, hat die Familie zu deren Sicherheit bereits vor Jahren heimlich verlassen. Eines Tages erhält Bird einen Brief ohne Absender, der nur eine seltsame Zeichnung enthält. Bird vermutet darin eine Nachricht seiner Mutter und macht sich auf die Suche nach ihr …

Celeste Ng ist eine us-amerikanische Schriftstellerin. Sie wurde 1980 in Pittsburgh als zweite Tochter ihrer aus Hongkong eingewanderten Eltern geboren. An der Harvard University und an der University of Michigan studierte sie Englisch und Kreatives Schreiben. Vor „Unsre verschwundenen Herzen“ schrieb Celeste Ng bereits zwei Romane, die auch international viel Beachtung fanden.

Der Anfang der Geschichte lässt sich sehr gut an: ein alleinerziehender Vater, die Mutter spurlos verschwunden, der Junge mit nur vager Erinnerung an sie. Als Leser ist man sofort im Sog des Geschehens da man erfahren und verstehen möchte, warum sie ihre Familie verlassen hat. Auf der Suche nach seiner Mutter entdeckt Bird die Bibliothek als Ort des konspirativen Widerstandes und erfährt dort einige Episoden aus seiner Kindheit. Er erkennt auch, dass die verwendete Parole der Widerstandsbewegung aus einem Gedicht seiner Mutter stammt und ihn zu ihr führen könnte. Hoffnung auf eine bessere Zukunft ohne Angst keimt auf.

Die Geschichte ist aus verschiedenen Blickwinkeln geschrieben, ohne die wörtliche Rede besonders hervorzuheben. Leider entsteht dadurch etwas Verwirrung da nicht immer klar zu erkennen ist, welche Person und wessen Gedankengänge gerade zu Wort kommen. Birds Gefühle sind klar zu erfassen und nachvollziehbar, während die Gefühlswelt der Mutter für mich rätselhaft und unverständlich ist. Einige Aspekte der Geschichte, wie z.B. die Ursachen die zu der Krise im Land führten, bleiben undurchsichtig und werden nicht näher erläutert. Durch häufig eingefügte Rückblenden auf frühere Begebenheiten zieht sich die Spurensuche nach Birds Mutter sehr in die Länge. Das Ende der Geschichte von Bird und seiner Mutter ist sehr gut gelöst, unbefriedigend und zum Nachdenken anregend, aber genau passend – und vieles bleibt weiterhin ungeklärt und rätselhaft.

Fazit: Ein dystopischer Roman der eine Gegenwart beschreibt, die unsere Zukunft sein könnte. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

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