Eine Geschichte wie ein Leben
Der SalonMünchen 1963: Den Traum vom eigenen Salon hat Leni auf Eis gelegt.
Zuerst 1958 der Tod ihres geliebten Bruders, dann 1960 das schreckliche Unglück mitten in München, haben sie ihr Träume vergessen lassen.
Die ...
München 1963: Den Traum vom eigenen Salon hat Leni auf Eis gelegt.
Zuerst 1958 der Tod ihres geliebten Bruders, dann 1960 das schreckliche Unglück mitten in München, haben sie ihr Träume vergessen lassen.
Die Familie, bestehend aus Mutter Käthe, "Schwägerin" Charlotte und Neffe Peter bestimmen jetzt den Rhythmus ihres Lebens.
Aber nach nunmehr 5 Jahren kündigen sich erste Veränderungen an: Nachdem zuerst Charlotte bei Bogner wieder einen interessanten Job in der Modebranche bekommen hat - und mit Walter einen Mann in ihr Leben lässt, tritt Leni ein Praktikum beim berühmten Vidal Sassoon in London an.
Wie wird ihr beruflicher Werdegang weitergehen? Wirklich den Salon von Käthe im dörflichen Hebertshausen übernehmen, da diese sich zurückziehen will? Oder doch in München durchstarten?
Auch kreisen immer häufiger sowohl Schorsch, als auch ihre erste große Liebe Karl durch ihre Gedanken. Für wen wird sie sich entscheiden?
Akexander Keller, ihr Chef und Gönner kämpft an gleich zwei Fronten - seine Entscheidungen betreffen auch Lenis Zukunft.
Auch wenn Leni im Mittelpunkt der Handlung steht, geht es immer auch um Charlotte, Schorsch, Walter, Alexander und all die anderen, die diese Geschichte zum Leben erwecken.
Denn sie alle stehen immer auch für die Zeit des Aufbruches und der Erneuerung nach dem Krieg.
Es sind gerade die jungen Frauen, die immer selbstbewusster werden und ein selbstbestimmtes Leben führen wollen.
Und sie zeigen dies der Welt u.a. mit Kurzhaarfrisuren von Vidal Sasoon und Miniröcken von Mary Quandt.
Weg mit alten Zöpfen, zeig was du hast, was du kannst!
Mit der Entwicklung von Leni im Dirndl und mit Gretl-Frisur, hin zu Marlene in Stiefeln zum kurzen Rock und mit frechem Bob, kann man dies hier ganz wunderbar miterleben, da die Autorin die Atmosphäre der 1960er Jahre perfekt einfängt.
Charlotte will nach Hans' Tod mehr sein als eine ledige Mutter und nimmt, gegen die gängigen Moralvorstellungen, mutig ihr Leben und ihre Zukunft in die eigenen Hände.
Noch mehr kämpft Alexander mit den Konventionen. Er muss nicht nur seine Homosexualität in der Scheinheiligkeit der damaligen Zeit noch immer verbergen, sondern auch um seinen Salon und seine große Liebe bangen. Irgendwann wird er sich nicht nur einer Lebenslüge stellen und eine Entscheidung treffen müssen.
Sie alle haben ihre persönlichen Geister an ihrer Seite und auch Walter trägt schwer an seiner Vergangenheit, hat er doch ein Geheimnis, welches zurückreicht in die dunkelste Zeit Deutschlands.
Wann ist der richtige Zeitpunkt das Schweigen zu brechen?
Und Schorsch? Er ist der Fels in der Brandung, der Freund, der Helfer zu jeder Zeit. Er war in der Geschichte mein heimlicher Held.
In einer Geschichte, die echt ist und voller Leben.
Eine Geschichte, in der es um Liebe und Verlust, Angst und Mut, Verzweiflung und Hoffnung geht.
Und es ist auch eine Geschichte um Chancen, die man nicht verpassen oder vorbeiziehen lassen sollte.
Ähnlich einem Kaleidoskop der Gefühle malt Julia Fischer eine Welt mit allen Höhen und Tiefen, die ein Leben bieten kann!
Eine bis ins kleinste Detail unfassbar gute und breitgefächerte Recherche erlaubt es der Autorin, interessante und spannende Fakten wie nebenbei in der Handlung zu verweben.
Dazu geben einzelne bekannte Namen und Ereignisse der Geschichte einen nahezu vertrauten Rahmen.
Auch gelingt es Julia Fischer mit ihrem sehr empathischen Schreibstil stets grandios, eine Geschichte so zu erzählen, dass die Leser(innen) das Gefühl haben dabei gewesen zu sein.
Gern würde ich wissen, wie es weitergeht in dieser Welt, die jetzt größer und bunter ist, als die "Schneekugelwelt" aus Lenis Kindheit in Hebertshausen.