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Veröffentlicht am 09.07.2017

Gestörte Seelen

Teufelskälte (Ein Fall für Tommy Bergmann 2)
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Zum Inhalt:
Tommy Bergmann wird mit einem Verbrechen konfrontiert, welches ihn fatal an seinen ersten Mordfall erinnert. Der Mörder von damals sitzt zwar noch ein, hat jedoch jüngst sein Geständnis zu ...

Zum Inhalt:
Tommy Bergmann wird mit einem Verbrechen konfrontiert, welches ihn fatal an seinen ersten Mordfall erinnert. Der Mörder von damals sitzt zwar noch ein, hat jedoch jüngst sein Geständnis zu diesem Mord widerrufen. Hat sich die Justiz geirrt oder handelt es sich um einen Nachahmungstäter mit Insiderwissen?

Mein Eindruck:
Der zweite Band um Tommy Bergmann greift erneut das Thema „Gewalt in Beziehungen“ auf, variiert es jedoch auf interessante Art und Weise. Gewohnt blutrünstig und spannend werden die Taten beschrieben, - ein Hauch „Hannibal Lecter“ liegt immer in der Luft. Einen angenehmen Kontrapunkt zu dem ganzen Gemetzel bietet dabei die Stimme Bierstedts, der seinen Text auf wunderbar klinische und zurückhaltende Weise intoniert. So schluckt und schaudert die Hörerschaft, bleibt aber trotzdem auf Abstand zum Geschehen.
Obwohl der Klappentext und der Beginn des Buchs den Eindruck von zwei Zeitebenen vermittelt, geht das Geschehen chronologisch vonstatten. Dieser Fakt ist insbesondere beim Medium „Hörbuch“ hilfreich beim Folgen der Geschichte. Denn diese ist wegen des großen Personenkreises, Tommy Bergmanns eigenen Dämonen und der Rasanz der Story kompliziert genug. Sveen baut um diese Vielzahl von Personen so viele möglichen Motive und Verbindungen auf, dass sich der Hörer irgendwann komplett in den Fäden des Netzes zu verlieren droht. Leider fehlt dadurch beim eigentlichen Fall (den man schon fast aus den Augen verliert, da sich so viele Verbrechen kreuzen) die Tiefe und die Auflösung wirkt ein bisschen wie dahingestolpert und fast zufällig. Letztendlich führt es dazu, dass viel zu viele Fragen offen bleiben (insbesondere die des Motivs), und man trotz des guten Stils und der interessanten Grundidee des Buchs nicht wirklich zufrieden mit dem Ende sein kann.

Mein Fazit:
Rasantes Spektakel mit sehr gutem Sprecher und ambivalenter Hauptfigur, leider eine Aufklärung, die – zumindest beim gekürzten Hörbuch - verwirrt

Veröffentlicht am 09.07.2017

Das ganze Leben ist ein Spiel...

Ich bin die Nacht
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... und manchmal ist das Leben der Preis

Zum Inhalt:
Marcus war Polizist, durchlebt gerade eine Sinnkrise und erbt in dieser Situation ein Haus. Kurz nach seinem Einzug treibt der Serienmörder Francis ...

... und manchmal ist das Leben der Preis

Zum Inhalt:
Marcus war Polizist, durchlebt gerade eine Sinnkrise und erbt in dieser Situation ein Haus. Kurz nach seinem Einzug treibt der Serienmörder Francis Ackerman junior sein Unwesen in Marcus’ neuer Umgebung. Leider erweisen sich die dortigen Gesetzeshüter als wenig hilfreich bei der Durchsetzung von Recht und Ordnung, so dass Marcus dazu genötigt wird, sich auf seine kämpferischen Fähigkeiten zu besinnen, - gegen Francis und gegen die Polizei.

Mein Eindruck:
„Ich bin die Nacht“ ist optisch mit schwarzem Schnitt ein Meisterwerk und das erste Buch einer Reihe, die sich mit dem Ex-Polizisten Marcus und dem Killer Francis Ackerman beschäftigt. Fast biblisch werden die beiden als Lichtgestalt und dunkle Seele eingeführt, der Leserschaft alttestamentarische Verhaltensweisen auf das Auge gedrückt und Selbstjustiz als Heilsbringer verkauft. Mir persönlich nimmt das viel vom Lesespaß, da ich diesen Rückwärtsgang im menschlichen Miteinander vor allem unter den im Buch dargestellten Voraussetzungen gar nicht gutheißen will.
Im Gegensatz zu dieser inhaltlichen Schwäche schreibt Ethan Cross brillant eingängig, die furchtbaren Teile spielen sich hauptsächlich nur in der Vorstellung der Leser ab, - dadurch wird das Spiel um Leben und Tod, welches Ackerman seinen Opfern aufzwingt, fast noch grausamer. Zum Schluss überdreht die Geschichte jedoch und wird zu bizarr. Auch wenn man einem Autor eine elegante Einführung seiner Charaktere zubilligt, wird das Ende zu schwer verdaulich und – auch für einen Thriller um Serienkiller – zu unglaubwürdig.

Mein Fazit:
Überaus spannend geschrieben, mit dem richtigen Quantum Grausamkeit bei einem Thriller, ein absolut interessanter Antagonist, jedoch in fragwürdiger Gesamtausrichtung

Deshalb nur 3 Sterne

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Figuren
  • Handlung
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 15.06.2017

Grausam und überfrachtet, aber gut geschrieben

Totenengel
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Zum Inhalt:
Das Team um Eve Clay wird zu einer Inszenierung eines Mordes gerufen, die ihresgleichen sucht: Professor Lawson, ein höchstbetagter Wissenschaftler, wurde bestialisch hingerichtet und nach ...

Zum Inhalt:
Das Team um Eve Clay wird zu einer Inszenierung eines Mordes gerufen, die ihresgleichen sucht: Professor Lawson, ein höchstbetagter Wissenschaftler, wurde bestialisch hingerichtet und nach Art eines Kunstwerks des Malers Brueghel drapiert. Da Lawson Kunstprofessor war, liegt der Verdacht nahe, dass in seinen Forschungen die Schuld für seinen Tod liegen könnte. Oder ist doch eher der Grund in dem abgeschiedenen Leben zu finden, dass er nicht nur sich, sondern auch seiner Tochter Louise zumutete? Diese arbeitet ehrenamtlich in einem Refugium für geistig schwache Menschen. Und dort ist auch nicht alles Gold, was philanthropisch glänzt….

Mein Eindruck:
Das Buch von Robertson ist gut recherchiert und „künstlerisch“ wertvoll. Gut gefallen der rasante Stil (obwohl die Zeitangaben ins Unmögliche abdriften) und der Zusammenhalt im Polizei-Team, welches von gesunden Menschen ohne tiefere Abgründe geprägt ist. Roberts weiß seine Leser zu fesseln, seine Figuren sind ausdrucksvoll dargestellt, die Vergangenheit seiner Protagonistin Eve Clay ist interessant und findet einen gewissen Bogen zu dem jetzt zu bearbeitenden Fall.
Leider ist das Buch für meinen Geschmack zu überfrachtet mit tiefschürfenden Motiven, Soziopathen und sonstigen eher schwierig für Otto-Normalleser zu verstehenden Menschen. Außerdem ärgert mich persönlich das Frauenbild des armen, sich nicht wehren könnenden bzw. wollenden Häschens, welches bei vielen Nebenfiguren seine Anwendung findet. Die Gewalttaten bzw. das, was für die Nachwelt an Arrangement übrig bleibt, sind stellenweise sehr grausam geschildert, - die Anleihen bei Cody McFadyen oder Chris Carter fast überdeutlich. Und last but not least sind mir die Botschaft, dass der Zweck jedes Mittel heiligt und die Auflösung des Falls zu alttestamentarisch – um im Bild des religiösen Rächers zu bleiben.

Mein Fazit:
Ein eindringlicher Schreibstil und gute Hintergrundinformationen, jedoch zu blutrünstig und moralisch fragwürdig

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
Veröffentlicht am 11.06.2017

Idee top, Auflösung durchwachsen

Der Brief
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Zum Inhalt:
Marie lebt glücklich mit ihrer Freundin in Hamburg, als sie durch einen seltsamen Brief ihrer alten Schulfreundin Christine aufgeschreckt wird. Dieser unterstellt Marie völlig andere Lebensumstände ...

Zum Inhalt:
Marie lebt glücklich mit ihrer Freundin in Hamburg, als sie durch einen seltsamen Brief ihrer alten Schulfreundin Christine aufgeschreckt wird. Dieser unterstellt Marie völlig andere Lebensumstände – verheiratet mit einem Galeristen namens Victor in Paris. Als es nicht bei einem Schreiben bleibt, forscht Marie nach – zuerst bei Christine, die dadurch in einer Nervenheilanstalt landet, und später in Paris. Sie findet Victor, fühlt sich ihm auch sehr verbunden und schließlich verschieben sich die Realitäten.

Mein Eindruck:
Klappentext und Cover sind eine echte Wucht: Der Text verspricht eine mysteriöse Geschichte, das Cover zeigt die Zerrissenheit Maries mit einem Bild der Speicherstadt links und einer Paris-Ansicht rechts und zwei Frauen, gleich angezogen, die sich auf der Brücke entgegenkommen.
Der Stil der Story ist flüssig, man kann sich gut in die Personen hineinfühlen, deren Probleme sind zum größten Teil real und nachvollziehbar, - wenn man von den Komplikationen absieht, die durch den Schriftwechsel verursacht sind. Und hier zeigt sich die Krux der Geschichte, die letztendlich weder Fisch (wir finden eine glaubhafte Erklärung für die Vorkommnisse) und nicht Fleisch (wir driften in die Fantasy ab) ist. So mündet die Story in einem Ende, welches mich persönlich verwirrt und schlecht gelaunt das Buch zuklappen lässt, obwohl es einen sehr guten Ansatz, viel Fantasie und schöne Beschreibungen von Ländern und Leuten beinhaltet. Möglicherweise ist das Unbehagen meinerseits auch der Protagonistin geschuldet, die relativ selbstherrlich nur an ihrem eigenen Wohl interessiert ist, Scherben en Masse hinterlässt und nicht weiter als bis zur Nasenspitze denkt.

Mein Fazit:
Guter Beginn, Ende mit vielen Fragezeichen, 3 Sterne insgesamt für Idee, Cover und Stil

Veröffentlicht am 07.05.2017

Die Wölfin reißt das Rudel

Drei Meter unter Null
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Zum Inhalt:
Eine Frau erfährt ein furchtbares Geheimnis und beschließt, die verantwortlichen Personen zur ultimativen Rechenschaft zu ziehen. Sie lässt sich zur Kampfmaschine ausbilden und verfolgt kaltblütig ...

Zum Inhalt:
Eine Frau erfährt ein furchtbares Geheimnis und beschließt, die verantwortlichen Personen zur ultimativen Rechenschaft zu ziehen. Sie lässt sich zur Kampfmaschine ausbilden und verfolgt kaltblütig ihren Plan.

Mein Eindruck:
Eine Ich-Erzählerin, die sehr lange das Motiv für ihr Tun für sich behält und damit das Page-Turning forciert. So sitzt man und liest und wundert sich, wie ein so geliebtes Kind in ein Raubtier mutieren kann. Die Brüche in der Persönlichkeit ihrer Protagonistin weiß Marina Heib sehr intensiv darzustellen. Zuerst als Kind und Jugendliche einerseits Pippi Langstrumpf und Tarzan, andererseits werden andere misshandelt und schwer verletzt – immer ohne Folgen für die Hauptfigur. Dann wird aus dem fantasiebegabten Wesen plötzlich eine analytische, kühle Frau, die erst nach reiflicher Überlegung heiraten möchte, um nach überraschenden Informationen praktisch wieder ihr ganzes Leben auf den Kopf zu stellen und zur Mörderin zu werden, große darstellerische Fähigkeiten inklusive.
Das ist dann der Moment, an dem man der Geschichte und den Beweggründen der Protagonistin nur noch schwer zu folgen vermag, diese durchlebt fast zu viele Metamorphosen.
Allerdings – und das ist das große Plus von Heib – spannend ist ihre Geschichte und es ist ein Genuss, sich in der wohlgeformten Sprache zu verlieren, obwohl einem die Ich-Erzählerin fern bleibt und der Twist zum Schluss nicht unbedingt gefallen muss.

Aber das ist ja möglicherweise genau so gewollt!