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Veröffentlicht am 14.11.2022

Es dauerte nur drei Jahre ....

Triumph der Gewalt
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Was geschah wirklich, als die Nationalsozialisten das Zepter in die Hand nahmen und Deutschland zum diktatorischen Staat wurde? Der Autor Zerback schildert die frühen 30er Jahre anhand von Fakten und neuen ...

Was geschah wirklich, als die Nationalsozialisten das Zepter in die Hand nahmen und Deutschland zum diktatorischen Staat wurde? Der Autor Zerback schildert die frühen 30er Jahre anhand von Fakten und neuen Erkenntnissen. Er beschreibt die Zerrissenheit der Menschen und die Spaltung innerhalb der Gesellschaft. Intrigen, Machtspiele und Straßenschlachten gab es zuhauf. Auch das Terrorisieren von Menschen, die nicht ins Schema F der Nazis passten, erläutert er. Männer, wie Goebbels, Hitler, Papen und ihre Machenschaften finden Erwähnung. Diese drei sind nur einige von den zahlreichen, die damals Hand und Mund im Spiel hatten.

Warum lese ich immer wieder Sachbücher über die Zeit vor und während des Zweiten Weltkrieges? Weil es stets neue Erkenntnisse gibt. Die Parallelen zu heute sind nicht zu leugnen und niemand soll denken, dass es diese Führerfiguren heute nicht mehr geben wird. Niemals werde ich darüber schweigen und vor allen Dingen innerhalb der Familie von den Geschehnissen damals berichten.

Die mangelnde Führungsstärke der damaligen Reichskanzler ebnete einem Despoten den Weg nach oben. Die berechtigte Unzufriedenheit der Menschen unterstützte sie maßgeblich. Dabei waren die Weichen für den Aufschwung schon Monate vor der „Machtergreifung“ gelegt. Das übersahen aber die meisten Menschen. Und noch etwas übersahen sie. Denunziantentum brachte vielleicht kurzfristig Genugtuung und Anerkennung in gewissen Kreisen. Dauerhaft aber schadeten so Handelnde nur sich selber.

„Triumph der Gewalt“ ist keineswegs ein Buch zum nebenher Lesen. Dafür ist es zu wertvoll. Wer sich Zeit nimmt und gewissenhaft den Geschehnissen folgt, der wird einmal mehr verstehen, warum einige der heutigen Geschehnisse so gefährlich sind. Und folgen konnte ich leicht. Der Autor schrieb in gehobener Sprache und so gefällig, dass das Lesen eine Freude war.

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Veröffentlicht am 08.11.2022

Auch in Österreich trieben Nazis ihr Unwesen

Isidor
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Er war der Sohn orthodoxer Eltern und wurde mit dem Namen Israel getauft. Der Ort seiner Geburt lag im habsburgischen Galizien. Sein einziger Wunsch war, dass er dem armen Elternhaus entkommt und irgendwann ...

Er war der Sohn orthodoxer Eltern und wurde mit dem Namen Israel getauft. Der Ort seiner Geburt lag im habsburgischen Galizien. Sein einziger Wunsch war, dass er dem armen Elternhaus entkommt und irgendwann einmal reich wird. Dass ihm das tatsächlich gelang, lag unter anderem daran, dass er sein Elternhaus hinter sich ließ und nach Wien zog. Das war im Jahr 1908 und zu dem Zeitpunkt war die Welt in Österreich noch in Ordnung.

Isidor war der Onkel der Autorin Shelly Kupferberg. Er lebte in der Canovagasse in Wien. Durch schlaue Investitionen brachte er es zu einem beachtlichen Reichtum und konnte von den Zinserträgen seines riesigen Kapitals sehr gut leben. Zwei Ehefrauen trennten sich von ihm,
(oder er sich von ihnen). Danach heiratete er nicht mehr. Er genoss sein Leben mit hübschen Geliebten.

„Isidor“ ist ein unglaublich ergreifendes Buch. Die Autorin schaffte es, dass sie mich hautnah in das Geschehen rund um die Verfolgung von Juden involvierte. Sie zeichnet akribisch und nachvollziehbar auf, was damals mit ihrem Onkel geschah. Ein anerkannter und gerne besuchter Gastgeber, der niemals Kosten und Mühen scheute, seine Eingeladenen mit ausgesuchten Delikatessen zu bewirten. Er, der niemals gegen das Gesetz verstoß war plötzlich ein Verfolgter. Weder Isidor noch seine Geschwister wollten es wahr haben und trotzdem war es die Realität. Für mich unvorstellbar, das sich „Freunde“ von ihm abwandten, obwohl er ihnen nie negativ begegnete.

In eindrücklicher Art und mitreißender Sprache schildert Frau Kupferberg das Schicksal ihres Onkels. Und das nur aus Aufzeichnungen, die sie in mühevoller Kleinarbeit zusammensuchte und zu einem exzellenten Roman verarbeitete. Für dieses Buch gebe ich eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 08.11.2022

Die Inquisitoren hatten die Macht

Das verborgene Paradies
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Zwei Kinder kommen unter sehr widrigen Umständen auf die Welt. Ihre Wege kreuzen sich. Aber dann werden sie getrennt. Weil es Menschen gibt, die ihnen ihr Glück nicht gönnen. Dass die aus dem Umfeld der ...

Zwei Kinder kommen unter sehr widrigen Umständen auf die Welt. Ihre Wege kreuzen sich. Aber dann werden sie getrennt. Weil es Menschen gibt, die ihnen ihr Glück nicht gönnen. Dass die aus dem Umfeld der Kirche stammen, das war damals wohl normal. Wenn sogar Galileo Galilei als Scharlatan gebrandmarkt wird, kann man sich vorstellen, wie es 1633 zuging.

Luca Di Vulvio konnte mich auch mit diesem Buch überzeugen. Ja, die Thematik ist oft gleich. Aber die Wendungen und unvorhersehbaren Ereignisse, machen „Das verborgene Paradies“ dennoch einzigartig. Es sind die Fakten, die der Autor sammelte und zu einem Roman zusammenfügte. Wie agierten die Inquisitoren? Wer folgte ihnen und warum? Wie verliefen die sogenannten „Gerichtsverhandlungen“ und in welcher Weise wurden Zeugen eingeschüchtert?

Nicht nur diese Fragen werden in dem Roman umfangreich beantwortet. Für mich unvorstellbar, dass es auch heute noch Menschen gibt, die andere zum Tode verurteilen. Dieses „Recht“ hat niemand, das ist meine Meinung. Wie froh bin ich, dass die Inquisitoren endgültig ausgestorben sind. Bis zum Schluss bleibt die Geschichte spannend und das Ende nicht vorhersehbar.

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Veröffentlicht am 22.10.2022

Ein krönender Abschluss der Reihe

Labyrinth der Freiheit
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Das Buch beginnt im Jahr 1922. Die Inflation ist kaum zu ertragen. Mit der heutigen Situation nicht zu vergleichen. Die drei Freunde Artur, Isi und Carl „Schneiderssohn“ können sich gerade mal vor einem ...

Das Buch beginnt im Jahr 1922. Die Inflation ist kaum zu ertragen. Mit der heutigen Situation nicht zu vergleichen. Die drei Freunde Artur, Isi und Carl „Schneiderssohn“ können sich gerade mal vor einem Mordanschlag retten. Wer ihnen nach dem Leben trachtet ist rasch aufgeklärt. Schon damals gab es rechte Gesinnungen und deren Anhänger. Die scheuten selbst vor Mord nicht zurück. Aber, wir kennen ja die drei aus den zwei vorherigen Bänden. Sie trotzen der Gefahr selbst dann, wenn es sehr brenzlig wird.

Leider, so muss ich feststellen, soll dieser dritte Band der Reihe „Wege der Zeit“ aus dem dumontbuchverlag das letzte Buch sein. Ich muss mich also schweren Herzens von den drei Freunden verabschieden. Wie schon in den beiden Büchern zuvor, war ich beim Lesen gefangen. Von der fesselnden und bildhaften Sprache. Zu keinem Zeitpunkt kam mir der Roman künstlich in die Länge gezogen vor. Immer wieder gab es Wendungen, mit denen ich nicht rechnen konnte.

Sehr wichtig für mich sind auch die historisch belegten Fakten dieser Reihe. Es sind Romane und dennoch zeugen sie von umfangreicher Recherche des Autors und das gefiel mir. Ob Artur, Isi und Carl, würden sie heute leben, ebenfalls für das Recht von „Randgruppen“ kämpfen würden? Ich denke schon. Sie handelten nicht immer gesetzestreu, aber stets für Menschen, die sich nicht alleine helfen konnten. Schade, dass mit diesem dritten Band die Reihe abgeschlossen ist. Aber ich hoffe sehr, dass Herr Izquirdo weitere Bücher veröffentlichen wird.

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Veröffentlicht am 20.10.2022

Spannender Thriller mit Gesellschaftskritik

Die Vergessene
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Mord verjährt nicht. Das weiß auch die junge Andrea Olivier. Sie bestand soeben die Prüfung zum US-Marshall und ihr erster Auftrag erinnert sie an diesen Satz. Was geschah damals mit der Tochter der Richterin, ...

Mord verjährt nicht. Das weiß auch die junge Andrea Olivier. Sie bestand soeben die Prüfung zum US-Marshall und ihr erster Auftrag erinnert sie an diesen Satz. Was geschah damals mit der Tochter der Richterin, die jetzt Morddrohungen erhält? Emily Vaughn hieß sie und ihr Mord war an Brutalität kaum zu überbieten. Niemand wurde dafür zur Rechenschaft gezogen. Die Ermittlungen eingestellt. Jetzt, 40 Jahre später begibt sich Andrea auf Spurensuche.

Karin Slaughter versteht es, ihre Leser in den Bann zu ziehen und diesen bis zum Schluss zu halten. Die Charaktere reifen nach und nach und wer zunächst harmlos scheint, wird rasch zum Verdächtigen. Die häufigen Wendungen sind nachvollziehbar und niemals langweilig.

Was mir beim Thriller „Die Vergessene“ ebenfalls zusagte, ist die Gesellschaftskritik. So zeigt die Autorin zum Beispiel, wie Macht und das Streben danach, das Familienleben belasten. Wie schwer es zuweilen ist, die harmonische Fassade für die Öffentlichkeit aufrecht zu halten. Und das nur, weil jemand auf der Karriereleiter ganz nach oben möchte.

Abhängigkeiten sind für mich Gründe, die an Unbarmherzigkeit kaum zu überbieten sind. Was Männer dann mit jungen, unschuldigen Mädchen machen können, unvorstellbar. Zum Schluss weise ich noch auf die sehr gute Arbeit des Übersetzers hin.

Mein Fazit, ein guter Thriller, der sich zu lesen lohnt.

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