Auch in Österreich trieben Nazis ihr Unwesen
Er war der Sohn orthodoxer Eltern und wurde mit dem Namen Israel getauft. Der Ort seiner Geburt lag im habsburgischen Galizien. Sein einziger Wunsch war, dass er dem armen Elternhaus entkommt und irgendwann ...
Er war der Sohn orthodoxer Eltern und wurde mit dem Namen Israel getauft. Der Ort seiner Geburt lag im habsburgischen Galizien. Sein einziger Wunsch war, dass er dem armen Elternhaus entkommt und irgendwann einmal reich wird. Dass ihm das tatsächlich gelang, lag unter anderem daran, dass er sein Elternhaus hinter sich ließ und nach Wien zog. Das war im Jahr 1908 und zu dem Zeitpunkt war die Welt in Österreich noch in Ordnung.
Isidor war der Onkel der Autorin Shelly Kupferberg. Er lebte in der Canovagasse in Wien. Durch schlaue Investitionen brachte er es zu einem beachtlichen Reichtum und konnte von den Zinserträgen seines riesigen Kapitals sehr gut leben. Zwei Ehefrauen trennten sich von ihm,
(oder er sich von ihnen). Danach heiratete er nicht mehr. Er genoss sein Leben mit hübschen Geliebten.
„Isidor“ ist ein unglaublich ergreifendes Buch. Die Autorin schaffte es, dass sie mich hautnah in das Geschehen rund um die Verfolgung von Juden involvierte. Sie zeichnet akribisch und nachvollziehbar auf, was damals mit ihrem Onkel geschah. Ein anerkannter und gerne besuchter Gastgeber, der niemals Kosten und Mühen scheute, seine Eingeladenen mit ausgesuchten Delikatessen zu bewirten. Er, der niemals gegen das Gesetz verstoß war plötzlich ein Verfolgter. Weder Isidor noch seine Geschwister wollten es wahr haben und trotzdem war es die Realität. Für mich unvorstellbar, das sich „Freunde“ von ihm abwandten, obwohl er ihnen nie negativ begegnete.
In eindrücklicher Art und mitreißender Sprache schildert Frau Kupferberg das Schicksal ihres Onkels. Und das nur aus Aufzeichnungen, die sie in mühevoller Kleinarbeit zusammensuchte und zu einem exzellenten Roman verarbeitete. Für dieses Buch gebe ich eine uneingeschränkte Leseempfehlung.