Eine grandiose SciFi-Dystopie
Das Babel Projekt – LostlifeInhalt:
Nachdem Eve eine Lebenskrise verbunden mit einem Identitätsverlust erfahren hatte und realisieren musste, dass sie kein Mensch, sondern immer schon eine Maschine gewesen ist, entschied sie sich ...
Inhalt:
Nachdem Eve eine Lebenskrise verbunden mit einem Identitätsverlust erfahren hatte und realisieren musste, dass sie kein Mensch, sondern immer schon eine Maschine gewesen ist, entschied sie sich bei ihren „wahren Geschwistern“, den verbliebenen LifeLikes in Babel zurückzubleiben, während ihre Freunde die gefährliche Strahlung mithin Babel schnellstmöglich hinter sich lassen mussten.
Während Eve sich also immer noch schwer mit dem Gedanken tut, Avatar der toten Ana zu sein, waren Ezekiel, Lemon und Cricket irgendwo draußen in der Glaswüste unterwegs. Und hier gab es derweil ebenfalls Probleme. Denn Cricket waren irgendwo im Nirgendwo die Batterien ausgegangen. Eine Tatsache, die die Freunde zwang, sich etwas einfallen zu lassen. Die einzige Lösung bestand darin, dass Ezekiel, der als LifeLike im Gegensatz zu Lemon ebenfalls immun gegen die Strahlung in Babel war, würde zurückkehren müssen, um Materialien zu besorgen, mit denen man den Logika wieder reparieren könnte.
Lemon, deren Schutzanzug im Kampf bereits Schäden erlitten hatte, musste also alleine mit dem defekten Cricket in der Wüste zurückbleiben. Ezekiels letzter Rat war, dass das Mädchen auf keinen Fall die schützende Hülle ihres Roboters verlassen solle, während er, so schnell es ginge eine Lösung herbeiführen wolle.
Durch das Leck im Anzug war Lemon ionisierender Strahlung ausgesetzt. Ihr geht es also nicht gerade gut, um es mal milde auszudrücken. Nachdem Ezekiel sie verlassen und sie sich mehrfach übergeben hatte, will sie – verständlicherweise - nicht länger in der Enge einer Maschine verbleiben.
Sie tut also genau das, was ihr von Ezekiel verboten wurde. Sie verlässt die schützende Hülle des Roboters und tritt hinaus in die erfrischende Luft der Glaswüste. Und hier nimmt das folgende Desaster seinen Lauf. Es beginnt mit einer Hummel, die wie aus dem Nichts erscheint. Es folgt eine mit Waben tätowierte Frau, die Lemon entführt und ihr auf der folgenden Reise davon berichtet, wie wichtig sie für die Zukunft der Welt sei.
Denn Lemons geheime Fähigkeit, durch Elektromagnetische Impulse elektrische und vor allem elektronische Bauteile in ihrem Wirkungsbereich zu zerstören, sei in einer Welt wie ihrer Gold wert. Insbesondere für BioMaas, einen der wichtigsten Konzerne von Yousay.
Während Lemon dann vom Weg abkommt, als sie mitten in das Zentrum der Bruderschaft stolpert, wird auch Cricket Opfer einer Entführung.
Cricket landet in den Händen der Bruderschaft und soll dort fortan als Kampfmaschine dienen. Er muss sich also erstmals daran gewöhnen, dass die Menschen um ihn herum ihm nichts Gutes wollen. Er muss lernen, die drei heiligen Roboterregeln zu umgehen, und um sein Überleben kämpfen.
Ezekiel hingegen hat zwar über Funk mitbekommen, dass Lemon etwas passiert ist, doch die Übertragung wurde abgebrochen und nun steht er an der Stelle, an dem er das Mädchen und den Logika zurückgelassen hatte. Hinweise auf ihren Verbleib sind schwer zu finden.
Die einzige Lösung, die sich ihm bietet, ist sich mit seinem absoluten Erzfeind, dem stark demolierten Prediger, zusammenzutun. Dessen Blitzhund zu reparieren und dann – mit viel Glück – erst einmal Lemon aufzuspüren.
Meinung:
„LifeL1k3“ der erste Band des Babel Projekts war für mich ein absolutes Lesehighlight im letzten Jahr. LostL1f3 knüpft genau da an, wo der Auftakt endete. Die Protagonistin Eve musste feststellen, dass sie nie die Enkelin von Silas war. Als wäre das nicht schon schlimm genug, wird ihr offenbart, dass sie das dreizehnte und neueste Modell der LifeLike-Serie und damit ein Androidnachbau der Tochter ihres Erschaffers ist. All das muss das Mädchen erst einmal verkraften. Kein Wunder also, dass sie ihre Prioritäten neu ordnet und sich auf die Seite ihrer „wahren Geschwister“, den anderen LifeLikes, schlägt. Eve beschließt ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen und das Ziel zu verfolgen, den Maschinen zur Herrschaft zu verhelfen.
Im zweiten Band der Babel-Projekt-Reihe wird Eves beste Freundin, Lemon, die sich bislang immer als Sidekick empfunden hat, zu Wort kommen und erzählt aus ihrer Perspektive die Geschichte. Denn Lemon steckt zwar in einem (verletzlichen) menschlichen Körper, doch mit ihrer Fähigkeit, Strom lahmzulegen ist sie ein begehrtes Zielobjekt für die herrschenden Konzerne von Yousay.
Wie man schnell merkt, geht es auch im zweiten Band der Babel-Projekt-Reihe unglaublich rasant, weiter. Jay Kristoff schickt seine Hauptfiguren in eine brenzlige Situation nach der anderen.
Die liebgewonnenen Figuren befinden sind sämtlich in einem archaischen Überlebenskampf. Währenddessen hat sich Eve, die Vierte im Bunde, auf die gegnerische Seite geschlagen und trägt durch diesen Widerstreit die antagonistische Perspektive.
Jay Kristoff, das werde ich niemals müde zu betonen, hat es einfach drauf. LostL1f3 bildet hier keine Ausnahme. Bei diesem Autor weiß man einfach nie, welchen Verlauf der Geschehnisse man als Leser zu erwarten hat. Zudem bekommt man ein filmreifes Fantasy-Setting und ziemlich abgefahrene Charaktere geliefert. Zum Beispiel die Hummelfrau. Auf ihrem Körper befinden sich allerhand tätowierte Waben, aus denen kleine Insekten hervorschlüpfen und fortan als Waffe dienen.
Da gibt es den Schrotthändler mit einem alten Ritterhelm auf dem blutverschmiertem Trikot und mehreren Pistolen am Gürtel, der in eine Rüstung aus Radkappen und rostigen Straßenschildern gekleidet ist.
Oder den Prediger, der durch einen Blitzhundangriff ziemlich beschädigt wurde und dessen Oberkörper fortan festgeschnallt auf dem Rücken eines unserer Protagonisten durch die Wüste getragen wird, während er Kautabak konsumiert und vor Testosteron triefende Sprüche präsentiert.
Jay Kristoff macht den Lesern den Einstieg in den zweiten Band seiner Reihe wie gewohnt einfach, indem er zu Anfang seines Buches die Figuren nebst ihrer bereits erlebten Geschichte kurz noch einmal vorstellt. Es findet sich auf den ersten Seiten ein kurzer Überblick der drei Roboterregeln, eine kurze Erläuterung der Unterschiede zwischen Automata, Machina und Logika sowie eine Landkarte von Yousay.
Fazit:
Für mich ist Jay Kristoff einer der besten Fantasy- und ScienceFiction-Autoren der Gegenwart. Quod erat demonstrandum: die Fortsetzung seiner Babel-Projekt-Reihe.
Eine Dystopie, die ein düsteres Bild der Zukunft entwirft, darin ein junges Mädchen, das all ihre Freunde verloren hat und sich nun als Opfer einer Entführung behaupten muss.
Aufbauend auf dieser Grundlage widmet sich Kristoff seiner Vorliebe für exzentrische Figuren, für Sonderlinge im Leiden und Lieben.
Jay Kristoff schreibt, als hätte er in seinem Leben nie etwas anderes getan. Als befinde er sich selbst in der Ödnis der Glaswüste, mitten in der durch Dreck und Müll verseuchten dystopischen SciFi-Welt von Yousay.
Bleibt zu hoffen, dass Band 3 zeitnah auf dem deutschen Markt erscheinen wird!