Weihnachtlicher Abschied von den Wunderfrauen
Weihnachten 1991: Das erste Fest nach der Wiedervereinigung, wollen auch die Wunderfrauen gemeinsam feiern, obwohl es Annabel von Thaler seit einigen Jahren nach Münster verschlagen hat. Doch nach einem ...
Weihnachten 1991: Das erste Fest nach der Wiedervereinigung, wollen auch die Wunderfrauen gemeinsam feiern, obwohl es Annabel von Thaler seit einigen Jahren nach Münster verschlagen hat. Doch nach einem unerwarteten Schicksalsschlag vor Kurzem, wollen die Freundinnen sie aufbauen und das Fest gemeinsam verbringen. Viel ist seit ihrem letzten Treffen passiert. Helga und Luise sind bereits Großmütter. Luises Söhne sind zu einem abenteuerlichen Roadtrip aufgebrochen, Josi und David mit ihren Kindern auf dem Weg nach Berlin zu Jack und seiner neuen Familie. Gerade weil sie sich zuvor so heftig mit Josi gestritten hat, tut es Luise besonders leid, dass sie Weihnachten ohne die Kinder feiern. Dass Annabel endlich wieder zu ihnen an den Starnberger See kommt ist allerdings ein Grund zu feiern! Zu dumm nur, dass ausgerechnet der anstrengende Professor seinen Aufenthalt in der Reiterpension verlängern will und dann auch noch Annabel vollkommen in Beschlag nimmt. Doch Annabel wird misstrauisch und so keimt in ihr ein Verdacht auf, der ihrer Spürnase eine so gar nicht weihnachtliche Aufgabe zukommen lässt. Während die Freundinnen auf die Rückkehr von Annabel warten, die eigentlich nur einen Weihnachtsbaum besorgen wollte, schwelgen die Freundinnen in Erinnerungen und Helga hat ihnen gleich einige Ankündigungen zu machen.
Wieder ein unerwarteter Einstieg, aus einer fremden, männlichen Perspektive, die mich sehr lange grübeln ließ, um wen es denn da eigentlich geht, der solch seltsame Einstellungen offenbart. Zum Glück ist es keines der Kinder, die Freundinnen haben also nicht völlig in der Erziehung versagt!
Vier Freundinnen, die unterschiedlicher eigentlich nicht sein können, aber die einander bei allem was das Leben ihnen in den letzten vierzig Jahren so beschert hat, zusammengehalten haben, was sie nur mehr zusammen schweißte. Na ja, Annabell konnte, die unkonventionelle, lebenslustige Helga ja anfangs gar nicht leiden und auch die anderen hat sie eher misstrauisch beäugt.... Doch die erzkatholische, brave Annabell ist eigentlich eine ganz patente und immer wieder bereit, die Herausforderungen des Lebens anzunehmen. So passt sie dann doch zu ihren emanzipierten Freundinnen. Diese haben stets beschlossen, sich um Leben nicht unterbuttern zu lassen. Das ist ihnen bisher absolut gelungen. So ist nun zum Jahresende die beste Gelegenheit zurück zu blicken, als auch die Zukunft in Angriff zu nehmen und vielleicht noch mal ganz neue Wege zu gehen, oder Abschied zu nehmen, wenn dann aber bitte mit einem Fest! Oder zwei... Als Mutter konnte ich diese Gedanken zu Weihnachten ohne Kinder, oder die Sorgen nach einem Streit, oder die Zukunft der Sprößlinge sehr gut verstehen. Ebenso wie Annabell liebe ich Krimis, aber bislang habe ich Fälle nur nach Aktenlage gelöst und bin noch nie durch den Schnee geschlichen, um.... Eine sehr abwechslungsreiche Mischung mit Rückblicken und auch Erinnerungen, denn auch 1991 liegt ja schon etwas zurück. So musste ich beim Spulen von Benjamin Blümchenkassetten mit Stiften grinsen, bin mir allerdings relativ sicher, dass 1991 niemand CDs selbst gebrannt hat, sondern damals noch liebevoll Kassetten zusammengestellt wurden. Ansonsten fand ich aber alles sehr zeitgetreu und auch die Lieder, die mit ihren Erinnerungen in all den Jahrzehnten verknüpft werden, schwirrten mit immer wieder ihm Ohr herum. Gibt es eine bessere Zeit um nostalgisch zu werden, als die Weihnachtszeit? Stephanie Schuster wählt hierfür immer wieder Perspektivwechsel in der Erzählung, wobei einige Geschehnisse sogar von mehrern Freundinnen, aber aus ganz eigenen Blickwinkeln geschildert werden. Hierbei passt sie sich auch sprachlich an ihre Protagonistinnen an, so erzählt Helga salopper als Annabell, die dafür aber stets hinterfragt und doch auf Gott vertraut. Sprachlich ist die Kreation der „Schrobbe“ für „Sch... Robbe“ mein Highlight... das verschollene Lieblingskuscheltier, ohne dass die Fahrt erst gar nicht angetreten werden kann. Ich musste immer grinsen, wenn das Wort wieder fiel. Welches Elternteil kennt solche Tiere nicht?
Abwechslungsreich und lebendig nimmt Elisabeth Günther die Zuhörerinnen mit ins weihnachtliche Oberbayern und immer wieder reist sie mit uns in die Vergangenheit. Sie lässt uns an bisher unbekannten Anekdoten, wie z.B. Helgas 1. Weihnachtsfest in der Seeklinik teilhaben, aber auch geheimnisvoll Annabel auf Verbrecherjagd begleiten. Während sie uns mit David und Josi auf die Reise nimmt, spürt man das Gequengel der Kinder im Auto und leidet mit der hochschwangeren Josi unter dem Gurt und dem unpassenden Sitz und überhaupt! - mit. Sie wechselt ihre Stimmfarbe und ihren Ausdruck stets an die jeweilige Person und Situation an.
Das Pappklappcover ist unheimlich liebevoll gestaltet und enthält nicht nur kurze Steckbriefe der wichtigsten Personen, sondern auch 2 von Luises beliebten Rezepten zum Nachkochen, so wie Zitate aus dem Text.
Nun ist die wunderbare Geschichte dieser Wunderfrauen tatsächlich auserzählt, auch wenn wir erst in den 90er Jahren angekommen sind. Beglückt und ein wenig traurig nehme ich von ihnen Abschied... aber ich kann sie ja noch mal von vorne hören.