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Veröffentlicht am 20.11.2022

Vilma, das Leben und noch viel mehr

Vilma zählt die Liebe rückwärts
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Vilma ist 35 jahre alt, ledig und Klavierlehrerin. Sie lebt in Oslo, in dem Haus ihrer verstorbenen Großtante Ruth. Ihre Mutter starb, als sie 4 Jahre alt war und ihren Vater hat sie nie kennengelernt. ...

Vilma ist 35 jahre alt, ledig und Klavierlehrerin. Sie lebt in Oslo, in dem Haus ihrer verstorbenen Großtante Ruth. Ihre Mutter starb, als sie 4 Jahre alt war und ihren Vater hat sie nie kennengelernt. Als eines Tages der Pfarrer Iva und der Sektionsassistent Robert vor ihrer Haustür stehen, ist Vilma verwirrt. Die beiden überbringen ihr die Nachricht vom Tod ihres Vaters sowie mehrere Briefe, die er nie abgeschickt hat. Zu dem Zeitpunkt ahnt die eher zurückgezogen lebende Frau noch nicht, wie sehr sich ihr Leben verändern wird.
Das Hörbuch wird gelesen von Felicity Grist (Vilma) und Stefan Pluschkat (Vilmas Vater Vilhelm). Die Stimmen passen perfekt zu den beiden Protagonisten, ich habe ihnen gerne gelauscht.
Zu Beginn erschien mir die Handlung ein wenig verwirrend: Ein Toter mit falschem Schnauzer, ein Sektionsassistent mit Tourette, Angst vor radioaktiven Bananen, naja und noch eine Menge mehr. Doch nach und nach entwickelt sich eine ernste Handlung, die trotzdem mit viel Humor und immer einem Augenzwinkern aufwarten kann. Ich schwankte häufig zwischen Lachen und Weinen.
Vilma ist eine Protagonistin, die mir schnell ans Herz gewachsen ist. Sie entspricht nicht einer bestimmten Norm, sie fügt sich nicht ohne Probleme in die Gesellschaft ein, und doch findet sie ihren Weg. Sie bewegt sich hinaus aus ihrer Komfortzone und lernt ein ganz anderes Leben kennen.

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Veröffentlicht am 15.11.2022

Vom Bewahren einer Kultur

Das Leuchten der Rentiere
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Schweden, nördlich des Polarkreises: Hier leben die Samen, ein indigenes Volk, deren wichtigster Bestandteil ihrer Kultur die Zucht und die Haltung von Rentieren ist. Auch Elsa ist eine Sámi. Im Alter ...

Schweden, nördlich des Polarkreises: Hier leben die Samen, ein indigenes Volk, deren wichtigster Bestandteil ihrer Kultur die Zucht und die Haltung von Rentieren ist. Auch Elsa ist eine Sámi. Im Alter von neun Jahren erlebt sie etwas traumatisches, das ihr ganzes Leben prägen wird. Sie muss mit ansehen, wie ein Mann eines ihrer Rentiere ermordet und ihr mit dem Tod droht, sollte sie nicht schweigen. Die Polizei interessiert sich nicht für den Vorfall, ebenso wenig wie für nachfolgende Misshandlungen und Morde an Rentieren. Die Minderheit der Samen haben es nicht leicht, von großen Teilen der Bevölkerung werden sie skeptisch beäugt und die Kinder werden in der Schule gehänselt. Als junge Erwachsene will Elsa sich diesen Schikanen nicht länger aussetzen und beginnt zu handeln.
Bisher war mir über die samische Kultur kaum etwas bekannt, dieser Roman hat das nun geändert. Die Autorin, selbst gebürtige Sámi, beschreibt sehr eindringlich die Schwierigkeiten, die eine uralte Kultur in unserer modernen Welt hat und welchen Ungerechtigkeiten sie auch noch heute ausgesetzt ist. Die Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten und das macht sie noch interessanter als sie ohnehin schon ist.
Während der erste Teil des Romans teils etwas langatmig ist, nimmt die Handlung später umso mehr an Fahrt auf. Angst, Verzweiflung und Wut, und noch viele weitere Emotionen prägen die Handlung. Es wird deutlich, wie eng die Samen mit ihren Rentieren und der Natur verbunden sind. Das Buch liest sich beinahe wie ein Kriminalroman oder Thriller.
Mir hätte der Titel der Originalausgabe besser gefallen: "Stöld" übersetzt "Gestohlen". Aber das alleine ändert ja nichts an diesem packenden und bewegenden Roman.
Eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 01.11.2022

Oh du Fröhliche...

Ein Alman feiert selten allein
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Das erste Weihnachten bei den zukünftigen Schwiegereltern kann ganz schön nervenaufreibend sein. Man möchte um jeden Preis einen guten Eindruck hinterlassen und wenn möglich, in kein Fettnäpfchen treten. ...

Das erste Weihnachten bei den zukünftigen Schwiegereltern kann ganz schön nervenaufreibend sein. Man möchte um jeden Preis einen guten Eindruck hinterlassen und wenn möglich, in kein Fettnäpfchen treten. So denkt auch Elif, als sie bereits im September der Weihnachts-Whatsapp-Gruppe der Familie ihres Freundes Jonas hinzugefügt wird. Elif ist als Kind türkischer Gastarbeiter in Deutschland geboren und aufgewachsen. Wie soll das nur enden, denkt sie sich? Sie hat keinen blassen Schimmer von christlichen Weihnachtstraditionen oder wie das Fest bei einer deutschen Familie überhaupt gefeiert wird. Der Culture-Clash ist quasi vorprogrammiert.
Aylin Atmaca hat einen sehr unterhaltsamen Roman geschrieben, in dem es vor lauter Vorurteilen, Klischees und peinlichen Situationen nur so wimmelt. Natürlich ist alles stark übertrieben dargestellt, sodass ich es keinesfalls als beleidigend empfinde - weder in die eine noch in die andere Richtung. Elif hat einen ganz anderen Blick auf teilweise durchaus fragwürdige Traditionen, wie beispielsweise das Aufbügeln des Geschenkpapiers für das nächste Jahr. Auch ich habe meine Familie und mich in einigen Dingen wiedererkannt und musste mehrfach schmunzeln. Jede Familie richtet sich doch nach der individuellen Brötchenbestellung, oder etwa nicht?
Insgesamt halte ich alles für so stark übertrieben, dass es in dieser Form keinesfalls real sein könnte. Man wird einfach mit der Nase auf so manche Eigenarten gestoßen und das ist einfach unterhaltsam. Gleichermaßen stimmt diese Geschichte auf die herannahende Weihnachtszeit ein.

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Veröffentlicht am 23.10.2022

Ein Winter-Wohlfühlroman

Das kleine Bücherdorf: Winterglitzern
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Kurz vor Weihnachten reist die junge Kunsthändlerin Vicky nach Schottland. Ein ganz besonderer Anlass hat sie in "Schottlands Stadt der Bücher" Swinton-on-Sea geführt. Der achtjährige Finlay hatte einen ...

Kurz vor Weihnachten reist die junge Kunsthändlerin Vicky nach Schottland. Ein ganz besonderer Anlass hat sie in "Schottlands Stadt der Bücher" Swinton-on-Sea geführt. Der achtjährige Finlay hatte einen Brief an seine verstorbene Mutter geschrieben und ihn mit einem Ballon fliegen lassen. Das Brisante: Auf einem beigefügten Foto hält er eine seltene Ausgabe von "Alice im Wunderland" in den Händen.
In dem kleinen Dorf angekommen, wo Finlays Vater Graham ein Antiquariat führt, wird Vicky für die neue Aushilfe gehalten. Sie spielt das Spiel mit, denn sie ist nicht nur beeindruckt von dem "Fuchsbau", wie das Antiquariat unter den Dorfbewohnern genannt wird, sondern auch von dem gutaussehenden und charmanten Witwer Graham. Aber kann Vicky den waren Grund ihrer Reise ewig verbergen?
Ein Buch zum Wohlfühlen, so möchte ich diesen Roman kurz und knapp zusammenfassen. Ich habe mich nicht nur in den Titel und das wunderschöne Cover verliebt, auch die Bewohner des kleinen schottischen Dorfes sind mir schnell ans Herz gewachsen. Vicky bezeichnet sie als "Originale" und das trifft es sehr gut. Die eigenwilligen Einwohner sind eine liebenswerte Gemeinschaft, die zusammen Schlittenfahren, einen kleinen Weihnachtsmarkt organisieren oder Eisbaden. Zur Handlung muss ich sagen, dass mir relativ schnell klar war, wie die Sache ausgehen wird. Das tut dem Leseerlebnis aber keinen Abbruch. Lediglich das Ende war mir zu schnell erzählt.
Ich freue mich sehr, dass es ein Wiedersehen mit dem Kleinen Bücherdorf geben wird: Nächstes Jahr erscheint ein zweiter Band.

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Veröffentlicht am 20.10.2022

Jeder schreibt seine eigene Lebensgeschichte

Café Leben
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Die 32-jährige Henrietta Lockwood führt ein sehr zurückgezogenes Leben und bezeichnet sich selbst als "gescheiterte Bibliothekarin". Außer zu ihrem Hund Dave hat sie kaum soziale Kontakte. Bei ihrem neuen ...

Die 32-jährige Henrietta Lockwood führt ein sehr zurückgezogenes Leben und bezeichnet sich selbst als "gescheiterte Bibliothekarin". Außer zu ihrem Hund Dave hat sie kaum soziale Kontakte. Bei ihrem neuen Job im "Café Leben" scheint sich Henriettas Zurückhaltung und Distanz positiv auszuzahlen, denn sie soll die Lebensgeschichte von Menschen aufschreiben, die palliativ behandelt werden und bald sterben. Mitleid ist da fehl am Platz.
Als die todkranke Annie ihre Lebensgeschichte erzählt und von ihrer Schwester berichtet, die als junge Frau ums Leben kam, wird Henrietta deutlich stärker involviert, als sie zunächst für möglich gehalten hat.
Jo Leevers Debüt hat mich begeistert, mich nachdenklich gemacht und mir Tränen entlockt. "Café Leben" ist ein Roman über die Lebensgeschichte zweier Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Henrietta, geordnet und unauffällig - Annie, mit extravagantem Kleidungsstil und einem starken Willen.
Mit viel Einfühlungsvermögen werden die beiden Protagonistinnen und ihr Leben dargestellt, ganz ohne zu kitschig oder zu tragisch zu wirken.
Henrietta möchte unbedingt herausfinden was wirklich mit Annies Schwester geschehen ist. Dazu geht sie mit ihrem Engagement weit über die beruflichen Grenzen hinaus und setzt sich dabei zwangsläufig auch mit ihrer eigenen Vergangenheit und traumatischen Erinnerungen auseinander. Ab einem gewissen Punkt war mir die Handlung etwas zu sehr konstruiert. Hier hätte man durchaus einen anderen Weg einschlagen und damit das volle Potential ausschöpfen können.
In diesem Roman geht es aufgrund von Henriettas Job als Verfasserin von Lebensgeschichten selbstverständlich auch um das Sterben und den Tod, aber vor allem geht es um das echte Leben, echte Entscheidungen und echte Konsequenzen. Es geht darum, sein Leben und sein Glück in die eigenen Hände zu nehmen, kurzum: Seine eigene Lebensgeschichte zu schreiben.
Ein sehr schönes Debüt der Autorin, für das ich gerne eine Leseempfehlung ausspreche!

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