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Veröffentlicht am 05.12.2022

Familiengeheimnisse und mehr

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum
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Traditionell wird auch diesmal mit ihren Freundinnen Nina und Malena aus der Schulzeit aufs neue Jahr angestoßen, auch wenn sie sich nicht mehr viel zu sagen haben. Bei Lollo treffen sie sich mit ihren ...

Traditionell wird auch diesmal mit ihren Freundinnen Nina und Malena aus der Schulzeit aufs neue Jahr angestoßen, auch wenn sie sich nicht mehr viel zu sagen haben. Bei Lollo treffen sie sich mit ihren Partnern, ihre Töchter Jennifer und Smilla feiern mit Freunden ihre eigene Party. Was ganz unbeschwert beginnt, wird zunehmend zum Albtraum.

Das Hörbuch wird im Wechsel gesprochen von Tim Gössler, Ulrike Kapfer und Christiane Marx aus der Sicht von Lollo und Nina und deren Mann Fredrik sowie Max, Lollos Ehemann. Diese drei Erzähl-Stimmen passen sich perfekt der Szenerie an, der Silvesterabend beginnt mit viel Alkohol und so manchem Blackout, am Neujahrstag dann bahnt sich eine Tragödie an. Alles dreht sich um Jennifers Verschwinden, die Fassaden bröckeln zusehends. Die Vergangenheit lebt auf, tief Verborgenes wird hervorgekramt und doch fehlt das letzte Stückchen Wahrheit.

Die Figuren sind mir allesamt unsympathisch, es wird gelogen und geheult, in Selbstmitleid zerflossen, was das Zeug hält. Alles Vertrauen, das irgendwann mal da war, wird verspielt, Anklagen wabern im Raum, es herrscht eine frostige Atmosphäre.

Schon das Cover strahlt dieses eisige Gefühl aus. Auf den ersten Blick überstrahlen die roten Rosenknospen, die jedoch tiefgefroren im Eisblock gefangen sind. Genau so wie die düstere Geschichte zweier Familien, in der nichts so ist, wie es scheint, sie wird durchaus nachvollziehbar, spannend und kurzweilig erzählt.

Jeder hätte hier seine Finger im Spiel haben können und doch hatte sich für mich einer der Charaktere herauskristallisiert, auch wenn zwischendurch Zweifel aufkamen. Mich hat die bedrückende Atmosphäre von Anfang an mitgenommen, die verzweifelte Suche nach Jennifer hat viel Ungesagtes an die Oberfläche gespült – zu viel? Schlussendlich war nichts vorhersehbar, das bittere Ende hat mich dann doch nochmal überrascht. Ein empfehlenswerter, ein hörenswerter Krimi. Spannungsgeladen bis zum Schluss.

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Veröffentlicht am 29.11.2022

Beeindruckendes Zeitzeugnis

Die Wiege der Hoffnung
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Luise lebt mit ihren Eltern, die eine Apotheke betreiben, und ihrem Bruder in Berlin. Nachdem eine gründliche Säuberung von Juden an deutschen Schulen erfolgt ist, wechseln die Geschwister auf eine jüdische ...

Luise lebt mit ihren Eltern, die eine Apotheke betreiben, und ihrem Bruder in Berlin. Nachdem eine gründliche Säuberung von Juden an deutschen Schulen erfolgt ist, wechseln die Geschwister auf eine jüdische Schule. Die sehr an Kunst interessierte Luise verliebt sich bald in Emilio, dessen Eltern in Apulien eine Olivenplantage besitzen. Zur Erntezeit ist die ganze Familie in Nardó, danach kehren sie mit ihren Erzeugnissen wieder zurück nach Berlin, wir sind im Jahr 1935. Das NS-Regime greift immer härter durch, immer mehr Juden verlassen das Land. Auch Luises Onkel geht nach Italien und vertraut ihr seine Kunstgalerie an. Bald schon ist sie gezwungen, mit den Nazis zu kollaborieren, auch um ihre jüdische Familie zu schützen.

Aus Luises Blickwinkel erfahre ich um die Ängste dieser Zeit. Schon viel habe ich darüber gelesen, so einiges weiß ich über die Familien, die stets wachsam sein mussten, die oftmals das Grauen nicht wahrhaben wollten. Auch hier gewährt mir die Autorin einen ganz individuellen Einblick. Das menschenverachtende Regime ließ nichts gelten, was abseits der Norm war. Juden waren zunehmend Freiwild, ihr Besitz war bald Staatseigentum, Andersartigkeit wurde gnadenlos verfolgt und abgestraft. Auch für Luise wird es zunehmend gefährlich, mit Emilio versucht sie schließlich, sich in seine Heimat abzusetzen. Nach Apulien, das für viele Juden Hoffnung bedeutet. Von dort können sie auf dem Seeweg nach Palästina gelangen, dem NS-Regime entfliehen.

„Die Wiege der Hoffnung“ ist ein beeindruckendes Zeugnis dieser Zeit. Immer wieder bin ich entsetzt, wie es Hitlers Schergen gelingen konnte, eine ganze Nation zu mobilisieren, sie gegen ihre jüdischen Nachbarn aufzuhetzen. Tara Haigh ist ein leiser, tief aufwühlender Roman gelungen. Im Vordergrund steht eine junge Frau, die nicht nur ihre Familie beschützen will. Eine junge Frau zwischen Hoffen und Bangen in einer Zeit, als das NS-Regime immer stärker durchgriff.

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Veröffentlicht am 24.11.2022

...und Action!

Blutmond (Ein Harry-Hole-Krimi 13)
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Was war ich froh, Harry Hole wieder zu begegnen. Jo Nesbos EIFERSUCHT-Episoden haben mich beileibe nicht vom Hocker gerissen, auch wenn der erste Streich genial war. Und nun – Harry hat mich wieder, meine ...

Was war ich froh, Harry Hole wieder zu begegnen. Jo Nesbos EIFERSUCHT-Episoden haben mich beileibe nicht vom Hocker gerissen, auch wenn der erste Streich genial war. Und nun – Harry hat mich wieder, meine ganze Aufmerksamkeit gehört ihm. Und ich bin gespannt, wie und wann ich diesen „Blutmond“ in seiner ganzen Schönheit erleben werde.

Das Wiedersehen mit Harry war nicht so prickelnd, ich musste mich ihm wieder annähern. Aufgeben jedoch war keine Option, Harry Hole ist schließlich einer meiner liebsten Ermittler. Unkonventionell, anders, schroff und störrisch, sehr eigenwillig, ja unnahbar, wie es zuweilen den Anschein hat. Und doch mag ich ihn, diesen unnachahmlichen Charakter. Ist er alt geworden? Hat er gar seinen messerscharfen Verstand versoffen? Dranbleiben war die Devise – und es hat sich gelohnt. Nach dem doch etwas langatmigen Einstieg hatte er mich wieder eingefangen. Und wie! So kenne und so schätze ich ihn.

Der mittlerweile 13. Fall ist – wie auch die Vorgängerbände – in sich abgeschlossen, man kann also hiermit direkt einsteigen.

Zwei Mädchen werden ermordet, ein reicher Immobilienmakler wird damit in Verbindung gebracht. Die Osloer Kommissarin Katrine Bratt will Harry Hole in ihr Team holen, ihre Vorgesetzten verwehren es ihr. Harry, mittlerweile in L.A. versumpft, wird jedoch von dem Verdächtigen mit viel Geld geködert. Und so stellt er seine Recherchen bald neben der Polizei an, stellt sich sein spezielles Ermittlerteam zusammen wie etwa einen korrupten Polizisten. Er passt perfekt, bewegt sich immer am Rande der Legalität oder ein Stück drüber. Auch ein dealender Freund aus längst vergangenen Tagen sagt zu und ein sterbenskranker Psychologe, den Harry sehr schätzt, gesellt sich zu ihnen. Sein Krankenzimmer dient sozusagen als ihre Einsatzzentrale.

Es geht ganz gehörig zur Sache und wird zunehmend unappetitlich. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Dramatische Szenen wechseln sich ab mit eher Alltäglichem. Zwischendurch lese ich von einer gestörten Seele, wie es scheint. Und es kommt, wie es kommen muss – ich habe es geahnt. Der Schluss kommt nicht ganz überraschend, auch wenn ich mich in die Irre führen ließ, zunächst anderes favorisiert habe. Es wäre zu offensichtlich gewesen und das gibt es bei Jo Nesbo nicht. Da kam das vertraute Herzklopfen-Feeling auf, das fast-nicht-durchatmen-können und die Erkenntnis vom „Blutmond“, diesem rötlich-kupferfarbene Mond, dem die Mondfinsternis folgt. Ein sehr treffendes Cover. „Harry Hole – unerbittlich wie nie.“

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Veröffentlicht am 15.11.2022

Deutsch-deutsche Geschichte, spannend erzählt

Kinder des Aufbruchs
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Die 1968er Jahre stehen im Focus, von der deutsch-deutschen Vergangenheit erzählt Claire Winter in ihrem so eindrucksvollen Roman „Kinder ihrer Zeit“. Die studentischen Protestbewegungen sind in vollem ...

Die 1968er Jahre stehen im Focus, von der deutsch-deutschen Vergangenheit erzählt Claire Winter in ihrem so eindrucksvollen Roman „Kinder ihrer Zeit“. Die studentischen Protestbewegungen sind in vollem Gang, der Mauerbau liegt mittlerweile sechs Jahre zurück, der Geheimdienst ist auf beiden Seiten aktiv, es gibt die Fluchtwilligen und diejenigen, die ihnen helfend zur Seite stehen.

Vor diesem Hintergrund begleite ich die Zwillingsschwestern Emma und Alice, die ich schon aus dem so fesselnd geschriebenen Buch „Kinder ihrer Zeit“ kennen- und schätzengelernt habe. Das Wiedersehen mit ihnen ist, wie alte Bekannte treffen. All die kurzen Einflechtungen machen es leicht, mich an das Vorgängerbuch zu erinnern. Die Schwestern leben mit Julius und Max, ihren Ehemännern, in Berlins Westen. Emma trifft als erfolgreiche Dolmetscherin die Mächtigen ihrer Zeit, privat läuft nicht alles wie geplant. Und Alice, die sehr engagierte Journalistin – kann sie ihre DDR-Vergangenheit jemals abstreifen? Sie wuchs im Osten auf, bei der Flucht als 11jährige wurde sie von Mutter und Schwester getrennt.

Es waren schon unruhige Zeiten, viel alter Mief wurde über den Haufen geworfen, es herrschte Aufbruchstimmung. Die Europareise des Schahs von Persien war geprägt von Gewalt und Protesten. Die plastische Beschreibung während der Demonstration in West-Berlin macht deutlich, wie rigoros hier vorgegangen wurde. Dies uns vieles mehr ist ins Buch mit eingeflossen, die Autorin hat hervorragend recherchiert, Wahrheit und die fiktive Geschichte um Emma und Alice hat sie aufs Beste vereint. Es liest sich stellenweise wie ein Agenten-Thriller vom Feinsten. Die aufgeheizte Stimmung spüre ich beim Lesen deutlich, ich bin tief drin im Geschehen, mein Geschichtswissen ist dank Claire Winter wieder aufgefrischt worden.

Eine spannende Zeitreise ist zu Ende, die „Kinder des Aufbruchs“ tragen viel zum besseren Verständnis unserer neueren Geschichte bei. Deutschland war geteilt. Es war eine aufregende Zeit vor gut fünfzig Jahren inmitten des Kalten Krieges. Ein Buch, das mir unsere Geschichte auf gut lesbare, unterhaltsame und spannende Weise nahe gebracht hat. Mein Tipp: Unbedingt lesen, es lohnt sich!

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Veröffentlicht am 15.11.2022

Unterhaltsam, spannend, dramatisch

Labyrinth der Freiheit
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Es heißt Abschied nehmen von den drei Freunden. Von Isi, der Anwältin der kleinen Leute, von Carl, dem Kameramann bei der UFA und von Artur, dem König der Halbwelt. Der Abschluss der Wege-der-Zeit-Reihe ...

Es heißt Abschied nehmen von den drei Freunden. Von Isi, der Anwältin der kleinen Leute, von Carl, dem Kameramann bei der UFA und von Artur, dem König der Halbwelt. Der Abschluss der Wege-der-Zeit-Reihe ist ausgelesen, „Labyrinth der Freiheit“ ist der dritte und letzte Band.

Der Einstieg in diesen letzten Teil der Reihe beginnt rasant mit viel Herzklopfen und Sorge um sie alle. Das Telefon läutet, Isi kommt nicht mehr dazu, abzunehmen, Unbekannte dringen ins Haus. Sie rettet sich mit einem mutigen Sprung mit schwerwiegenden Folgen, die Eindringlinge hinterlassen eine Spur der Verwüstung.

Wir sind im Berlin des Jahres 1922. Die Nachwehen des Krieges sind noch deutlich zu spüren, die Goldenen Zwanziger noch in weiter Ferne. Isi, Carl und Artur verlieren sich nie ganz aus dem Augen. Braucht einer Hilfe, sind die anderen für ihn da und so manches Mal sind Arturs Verbindungen zur Unterwelt durchaus hilfreich. Denn nicht nur rechtsnationale Gestalten gilt es abzudrängen.

Der geschichtliche Hintergrund ist das Grundgerüst, darum rankt sich der Alltag der kleinen Leute wie etwa das unbedarfte Dienstmädchen, das in die Fänge skrupelloser Typen gerät. Isi kämpft an allen Fronten, sie will Gerechtigkeit und bleibt dabei selber auf der Strecke. Die mächtigen von Torstayns, ihre angeheiratete Familie aus den besseren Kreisen, wollen sie vernichten. Auf Artur, den man nur mit halbseitiger Gesichtsmaske kennt, und seine Truppe ist Verlass. Carl erzählt von ihnen allen. Mit ihm, dem eher ruhigen, besonnenen Kameramann, wird Kino lebendig. Das Licht-Ton-Verfahren sollte den bis dahin geschätzten Stummfilm ablösen. Es gibt diejenigen, die an den Fortschritt glauben und die anderen, die dies als nicht realisierbar abtun.

Auf unterhaltsame Weise führt Andreas Izquierdo seine Leser durch diese Jahre. Spannend und zunehmend dramatisch bis zur letzten Seite. Drei Freunde, deren Lebensgeschichte vor dem historischen Hintergrund den Zeitgeist von damals reflektiert. Der gelungene, sehr lesenswerte Abschluss der Trilogie, ist auserzählt, bei dem nicht nur die Geschichtsinteressierten voll auf ihre Kosten kommen.

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