Cover-Bild Dschinns
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser, Carl
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 368
  • Ersterscheinung: 14.02.2022
  • ISBN: 9783446269149
Fatma Aydemir

Dschinns

Roman
Fatma Aydemirs großer Familienroman – Auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2022

Dreißig Jahre hat Hüseyin in Deutschland gearbeitet, nun erfüllt er sich endlich seinen Traum: eine Eigentumswohnung in Istanbul. Nur um am Tag des Einzugs an einem Herzinfarkt zu sterben. Zur Beerdigung reist ihm seine Familie aus Deutschland nach. Fatma Aydemirs großer Gesellschaftsroman erzählt von sechs grundverschiedenen Menschen, die zufällig miteinander verwandt sind. Alle haben sie ihr eigenes Gepäck dabei: Geheimnisse, Wünsche, Wunden. Was sie jedoch vereint: das Gefühl, dass sie in Hüseyins Wohnung jemand beobachtet. Voller Wucht und Schönheit fragt „Dschinns“ nach dem Gebilde Familie, den Blick tief hineingerichtet in die Geschichte der vergangenen Jahrzehnte und weit voraus.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.11.2022

Familiengeschichte

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Der Anfang von Fatma Aydemirs "Dschinns" liest sich wie ein Happy End: der anstehende Ruhestand, eine schöne Wohnung und die Aussicht auf Rückkehr in die Heimat. Der plötzliche Tod des Familienvaters Hüseyin ...

Der Anfang von Fatma Aydemirs "Dschinns" liest sich wie ein Happy End: der anstehende Ruhestand, eine schöne Wohnung und die Aussicht auf Rückkehr in die Heimat. Der plötzliche Tod des Familienvaters Hüseyin läutet das Bröckeln der Fassade ein - nach und nach ergibt sich eine tragische Familiengeschichte. Die Geschichte aus der ersten und zweiten Generation der 'Gastarbeiter' wird nacheinander, aber nicht chronologisch aus der Perspektive aller sechs Familienmitglieder erzählt. In den Leben der Eltern und ihrer vier größtenteils schon erwachsenen Kinder spiegeln sich die Themen Zerrissenheit zwischen den Kulturen, Emanzipation, Traditionen, Queerness, seinen eigenen Weg finden und gehen. Dieser Rundumschlag kratzt manchmal an der Grenze, bis zu der literarische Verdichtung glaubwürdig ist, passt aber insgesamt.
Bei der Sprache fühlte ich mich oft in einen Sog hineingezogen, musste mich bremsen, die Seiten nicht zu überfliegen. Dabei aber sehr gut und flüssig lesbar.
Mich hat das Buch berührt, mir migrantische Themen vor Augen geführt, die in meinem Alltag so nicht vorkommen.

Veröffentlicht am 12.04.2022

Mit Schwächen, aber lesenswert

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Meinung

Fatma Aydemir erzählt in ihrem Roman „Dschinns“ von einer Familie, die schweigt, die sich fremd bleibt, die entwurzelt ist, die nicht stark genug ist, sich den Konflikten der Generationen und ...

Meinung

Fatma Aydemir erzählt in ihrem Roman „Dschinns“ von einer Familie, die schweigt, die sich fremd bleibt, die entwurzelt ist, die nicht stark genug ist, sich den Konflikten der Generationen und Tradition zu stellen und die daran zerbricht.

Mit Feingefühl und fabelhafter Beobachtungsgabe gibt die Autorin tiefe Einblicke in das Leben der Charaktere, denen sie je ein Kapitel widmet. Besonders die Schwestern, Peri und Sevda, stechen hervor, sie sind zwei willensstarke Persönlichkeiten, die mit den Konventionen brechen. Ümit ist als Teenager noch in der Entwicklung, doch auch er zeigt manchmal Stärke. Als Leser:innen werden wir in Geheimnisse eingeweiht, von denen die anderen Familienmitglieder nie erfahren werden.

Leider konnte mich das Kapitel über Hakan nicht überzeugen, denn es lässt kaum ein Klischee, kein Vorurteil aus. Hakan, weiß nicht, was er will und schlüpft in viele Rollen, um die jeweiligen Erwartungen zu erfüllen. Dabei bleibt er immer unverbindlich. Neben den Geschwistern verblasst der Charakter, der im Gegensatz zu den anderen Figuren, uns Leser:innen auch nur an der Oberfläche kratzen lässt. Mich hat der Abschnitt ratlos zurückgelassen.

Auch sonst hat der Roman hier und da seine Schwächen. An manchen Stellen ertappte ich mich bei dem Gedanken, dass es doch alles ein bisschen viel auf einmal ist, was der Familie widerfährt. Manche Handlung wirkte auf mich künstlich hergeleitet. Die hervorragende Erzählweise der Autorin, ihr Schreibtalent gleichen einige dieser Schwächen wieder aus.


Fazit

Auch wenn mich der Roman „Dschinns“ nicht durchweg überzeugen konnte, ist es ein lesenswerter Roman.

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Veröffentlicht am 03.04.2022

Vom Leben dazwischen

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30 Jahre lang hat Hüseyin, der aus einem kleinen türkischen Bergdorf stammt, als Gastarbeiter Schwerstarbeit in einer deutschen Eisenfabrik verrichtet, sich krumm gearbeitet, um sich im Ruhestand eine ...

30 Jahre lang hat Hüseyin, der aus einem kleinen türkischen Bergdorf stammt, als Gastarbeiter Schwerstarbeit in einer deutschen Eisenfabrik verrichtet, sich krumm gearbeitet, um sich im Ruhestand eine kleine Wohnung in Istanbul leisten zu können und dort mt Frau Emine den Lebensabend zu genießen. Auch sie hat unter dem Leben in Deutschland gelitten, wo sie ohne gute Sprachkenntnisse sehr isoliert in der kleinen Wohnung lebte und sich vorwiegend um Haushalt und die vier Kinder Sevda, Hakan, Peri und Ümit kümmerte. Doch noch bevor die Wohnung in Istanbul komplett eingerichtet ist, stirbt Hüseyin dort allein. Völlig geschockt reisen Frau und Kinder dorthin, während sie jeder für sich ihre Erinnerungen aufleben lassen.

Ich hatte von dem Buch die Leseprobe gelesen und weil ich viel mit Kindern mit Migrationshintergrund zusammengearbeitet habe, hat mich das Thema sehr interessiert und auch irgendwas in mir berührt. Die Autorin kannte ich vorher nicht und auch das Cover sagte mir eher wenig.

Der Aufbau der Geschichte ist gewöhnungsbedürftig, vielleicht auch ungewöhnlich, erschließt sich mir aber spätestens gegen Ende des Buches. Jedes Familienmitglied bekommt bei Fatma Aydemir genau eine Chance, seine Erinnerungen, Ängste, Ziele, Wünsche oder Sorgen und seinen Blick auf die Familie zu schildern, angefangen bei Hüseyin. Während die Sicht der Kinder von einem Erzähler in der dritten Person erzählt wird, ist es bei den Eltern anders, denn dort spricht eine Art Geist oder körperloses Wesen mit den beiden, das alles zu wissen scheint.

Der Text lässt sich sehr gut lesen, ist detailliert, aber nicht zu bildhaft. Jedes der Kinder berichtet von Ereignissen in der Vergangenheit, von Entscheidungen, die getroffen wurden, von Geheimnissen, davon wie sie zur Mutter und Hüseyin stehen und standen. Man merkt bald, dass es viel um Konventionen und Traditionen geht, die - obwohl man das in Deutschland nicht müsste - trotzdem aus Gehwohnheit beibehalten wurden.

So ging die älteste Tochter Sevda nie zur Schule, heiratete sehr früh und geriet in ein Leben, das dem ihrer Mutter glich, obwohl sie ganz anderes erreichen wollte. Ümit versucht seine sexuelle Orientierung zu verbergen, Peri studiert zwar, hat aber auch Erfahrungen mit Drogen und Hakan erfüllt nahezu alle Klischees des kleinkriminellen Tachodrehers. Nach und nach zeichnet sich das Bild einer Familie, die sich zwar teilweise integrieren, sich jedoch kaum von den alten Rollenbildern und Traditionen losgelöst hat und in der jedes Mitglied gegen seinen eigenen Dschinn ankämpft.

Zudem kommen Geheimnisse ans Licht, deren Geheimhaltung dafür sorgten, dass es immer wieder zu Ärger und dann zur Entzweiung kam. Vor allem zwischen Emine und Sevda. Das ganze Ausmaß der Tragik erfährt der Leser erst am Ende, welches mich betroffen gemacht, mich auch zu Tränen gerührt hat und das Leben der Familie im wahrsten Sinne des Wortes erschüttert. Gut zeigt die Autorin auch, wie "dazwischen" sich die Familie oft fühlt. In Deutschland Ausländer, im Heimatland ebenso. Das spiegelt auch die Erfahrungen wieder, die mir von KIndern mit Migrationshintergrund berichtet wurden.

Die erste Hälfte des Buches hätte etwas fesselnder sein können, schließlich gelingt dies im weiteren Verlauf der Geschichte zunehmend gut. Daher gebe ich "nur" 4 Sterne für diesen interessanten Blick auf eine Familie, die es verpasst hat, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.

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Veröffentlicht am 26.03.2022

Bewegende Familiengeschichte

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Hüseyin hat sein ganzes Leben hart in Deutschland gearbeitet. Er kam vor 30 Jahren von Istanbul nach Deutschland. Jetzt freut er sich, endlich seinen Traum einer Eigentumswohnung in Istanbul erfüllen zu ...

Hüseyin hat sein ganzes Leben hart in Deutschland gearbeitet. Er kam vor 30 Jahren von Istanbul nach Deutschland. Jetzt freut er sich, endlich seinen Traum einer Eigentumswohnung in Istanbul erfüllen zu können. Leider stirbt er dort. Seine Familie kommt aus Deutschland zur Beerdigung. Sie besteht aus seiner Frau Emine, seinen beiden Töchtern Sevda und Perihan und seinen beiden Söhnen Hakan und Ümit. Sevda verpasst zuerst den Flug. Emine ist sehr in ihrer Trauer gefangen.

Dieser Roman hat mich sehr bewegt und berührt. Der Schreibstil ist sehr einfühlsam. In jedem Kapitel wechselt die Autorin die Erzählperspektive. Die Handlung wird in der Perspektive der einzelnen Familienmitglieder erzählt. Das hat mir sehr gefallen. Denn so lernt man die Familienmitglieder besser kennen und bekommt ihre Sicht geschildert. Es werden Konflikte in der Familie offenbart. Man erfährt, dass jeder seine eigenen Probleme hat und nicht jeder über seine Probleme sprechen kann.

Sehr zu empfehlende berührende und erschütternde deutsch-türkische Familiengeschichte.

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Veröffentlicht am 24.03.2022

(Fast)Alle Teile einer Familie

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Vater, Mutter, vier Kinder: zwei Mädels, zwei Jungs. Allesamt aus der Türkei - zumindest mehr oder weniger.

Bei Ümit, dem jüngsten, erst 15jährigen definitiv weniger: er ist komplett in Deutschland ...

Vater, Mutter, vier Kinder: zwei Mädels, zwei Jungs. Allesamt aus der Türkei - zumindest mehr oder weniger.

Bei Ümit, dem jüngsten, erst 15jährigen definitiv weniger: er ist komplett in Deutschland aufgewachsen, spricht nur wenig Türkisch und kann sich mit seiner Herkunft in keinerlei Hinsicht identifizieren. Er ist ein Verlorener.

Wenn man jedoch genauer hinsieht - auch Ümits Eltern und Geschwister werden explizit vorgestellt - erkennt man schnell, dass es sich um ein Häuflein Verlorener findet, jede*r auf seine Art und Weise.

Eigentlich sollte man nicht sagen, dass es jemanden am schlimmsten getroffen hat im Laufe seines Lebens, doch mein Herz schlägt für Sevda, die ältere der beiden Töchter und insgesamt das älteste Kind, das in der Türkei zurückgelassen wurde, als die Familie nach Deutschland ging. Ohne Schulbildung, die sie auch nicht erhielt, als sie endlich nachziehen durfte.

Statt dessen bekam sie einen Mann. Viel zu früh und ohne es selbst zu wollen.

Ich habe den Eindruck, dass auch das Herz der Autorin für Sevda schlägt. Doch auch ihre Schwester Peri, ihre Brüder Hassan und Ümit und natürlich die Eltern Hüssein und Emine sind Teile des Puzzles, das "Familie" heißt.

Das nicht ganz vollständig ist. Tragische Schicksale, denen jedoch stellenweise jede Menge Kraft innewohnt. Nicht allen und nicht immer dann, wenn es gerade hilfreich wäre, doch strahlt dieser Roman eine Menge Lebensmut aus, den - wie könnte es sein - nicht zuletzt meine Favoritin Sevda transportiert.

Ein Roman, den ich nicht aus der Hand legen konnte, bis ich ihn ausgelesen hatte. Auch wenn ich mir ab und an ein paar mehr Details gewünscht hätte - aber vielleicht war/bin ich auch nur etwas langsam!