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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.12.2022

Über Schuld, Verrat und eine große Liebe während des Zweiten Weltkriegs ...

Feldpost
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Es ist doch immer wieder spannend, wenn Romane auf wahren Begebenheiten basieren, und genau deshalb hat mich Mechtild Borrmanns Idee zu diesem Roman auch gleich fasziniert. Sie nimmt mich mit auf eine ...

Es ist doch immer wieder spannend, wenn Romane auf wahren Begebenheiten basieren, und genau deshalb hat mich Mechtild Borrmanns Idee zu diesem Roman auch gleich fasziniert. Sie nimmt mich mit auf eine Reise in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts als die gleichgeschlechtliche Liebe noch mit Gefängnis bestraft wurde und die neue braune Partei Deutschlands es sich auf die Fahne geschrieben hatte, diese an sich unschuldigen Menschen zu verfolgen und ans Messer zu liefern. Nicht besser erging es den Juden, denen ihrerseits nachgestellt wurde und die schon bald in Lebensgefahr schwebten. Wie hängt das nun aber alles zusammen mit den Briefen und den Unterlagen zum Verkauf einer Villa in Kassel?

Anhand von alten Tagebucheinträgen aus dem Tagebuch-Archiv Emmendingen webt die Autorin aus diesen Zutaten eine berührende Geschichte, die fast keine Wünsche offenlässt. Die beiden Geschwister Adele und Albert Kuhn sowie Richard Martens spielen die Hauptrollen im Roman „Feldpost“, bei dem ich eine Weile brauchte, bis sich die Puzzlesteinchen für mich zu einem Ganzen zusammenfügten. Wer liebt wen, wem kann man trauen und warum begeht einer von ihnen Suizid, wo sich doch alles zu fügen schien? Hört sich nach einer runden und faszinierenden Geschichte an und dennoch war dieses Buch, das erste aus der Feder von Mechtild Borrmann, das ein paar kleine Schwächen aufwies. Es hat mich nicht ganz abholen können. Ich ziehe deshalb ein kleines Sternchen ab und spreche trotzdem eine Leseempfehlung aus. Wenn diese Frau eines kann, dann ist es schreiben und recherchieren und ach … ich finde sie einfach großartig – sie ist eine meiner absoluten Lieblingsautorinnen!

Veröffentlicht am 20.11.2022

Ausflug in eine fremde, grausame Welt ...

Lightseekers
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Auf eher ungewöhnliche Weise beginne ich diesmal meine Rezension zu dem Debutroman „Lightseekers“ mit einem Zitat in den Danksagungen des Autors am Ende des Buchs: „Das Schreiben dieses Buch war eine Art ...

Auf eher ungewöhnliche Weise beginne ich diesmal meine Rezension zu dem Debutroman „Lightseekers“ mit einem Zitat in den Danksagungen des Autors am Ende des Buchs: „Das Schreiben dieses Buch war eine Art Exorzismus. Ich danke meinem Tutor William Ryan dafür, dass er diesen verzweifelten Wunsch erkannt und mich dazu angeleitet hat, die Geschichte zu erzählen, die mir am Herzen lag, und damit meine Liebe zu meinem Heimatland wiederherzustellen.“
Genau dieses Zitat hat mir geholfen selbst das Leben in Nigeria aus Sicht als Leserin ein wenig besser zu verstehen und vielleicht besser einordnen zu können. Als Westeuropäerin, die zwar – wie der Protagonist auch - schon in den USA, jedoch noch nie in Afrika gelebt hat, konnte ich beim Lesen oft nur den Kopf schütteln und tat mich schwer, dem ganzen nigerianischen Lebensstil einen Sinn abzugewinnen. Der Autor verarbeitet in seinem Debütroman ein Thema, das ihm wohl selbst schon lange auf der Seele gebrannt hat, nämlich den sinnlosen Lynchmord an vier Jugendlichen, der im Jahr 2012 nahe Port Harcourt stattgefunden hat. Er versucht dieses grausame Verbrechen in „Lightseekers“ nachzustellen und gleichzeitig stellt er sich den fiktiven Dr. Philip Taiwo zur Seite, der auf den Grund dieser barbarischen Gewalttätigkeit dringen soll. Mit dem vermeintlichen „Chauffeur“ Chika deckt er immer neue Unglaublichkeiten auf und beginnt schließlich selbst an seinem eigenen Land zu verzweifeln …
Ich bin noch ganz begeistert über diesen Ausflug in ein für mich fremdes Land, den ich an der Hand des Autors Femi Kayode unternehmen durfte. Ich denke, er schildert das Leben in Nigeria auf sehr authentische Weise. Er scheint kein einziges heikles Thema unausgesprochen zu lassen … der ewig schwelende Konflikt zwischen Christen und Moslems, die große Schere zwischen arm und reich, die Korruption und Bestechungen, die in dem afrikanischen Land an der Tagesordnung sind. Und dennoch vermittelt er auch seine Liebe zu dem Ort seiner Geburt und lässt immer wieder Hoffnung durchblitzen, dass sich doch einmal etwas ändern könnte.
Mit Freude habe ich gelesen, dass wir uns als Leser noch auf weitere „Abenteuer“ mit Dr. Philip Taiwo freuen dürfen. Ich bin schon sehr gespannt und werde auf jeden Fall wieder mit von der Partie sein. Für diesen Serienauftakt vergebe ich – mit ein klein wenig Luft nach oben – verdiente vier Sterne und spreche eine Leseempfehlung an alle die Leser aus, die mal ein wenig abseits des Mainstreams unterwegs sein möchten.

Veröffentlicht am 17.11.2022

Finding Anna ...

Becks letzter Sommer
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Eigentlich passen Benedict Wells‘ Romane nicht so wirklich in mein Beuteschema. Meist schreibt er über Themen, die mich eigentlich nicht betreffen. Aber diesmal konnte er mich mit Herrn Beck doch ziemlich ...

Eigentlich passen Benedict Wells‘ Romane nicht so wirklich in mein Beuteschema. Meist schreibt er über Themen, die mich eigentlich nicht betreffen. Aber diesmal konnte er mich mit Herrn Beck doch ziemlich fesseln. Herr Beck, der Lehrer geworden ist und dennoch nicht eine Unze Leidenschaft für seinen Beruf aufbringen kann. Der mit Ende dreißig eigentlich schon abgeschlossen hat mit seinem Leben und seiner „Karriere“ und über seine Vergangenheit sinniert. Doch dann scheint ihm das Leben in Form eines Jungen namens Rauli Kantas eine neue Aufgabe gegeben zu haben. Als dann noch die Studentin Lara in sein Leben tritt, scheint auf den ersten Blick alles perfekt. Perfekt, ja, bis sich dann alles wieder aufzulösen droht …
Ich habe mich bei Herrn Becks letztem Sommer ganz bewusst für die Hörbuch Version entschieden, denn hier wird gelesen, geliebt und gelebt von dem Multitalent Christian Ulmen, der mit seiner Art des Vortragens einfach begeistert. Er erweckt die Charaktere des Romans zum Leben und besonders die Figur des Rauli Kantas ist ihm ganz großartig gelungen. Das Buch ist eine Mischung aus bittersüßer Sehnsucht nach Jugend und Abenteuer, nach Liebe, Anerkennung und Erfolg aber zugleich in Teilen auch ein rasanter Roadtrip, der in seiner Komik und Tragik besticht. Ich vergebe vier von fünf Sternen. Ein extra Stern geht ganz klar an den Sprecher und die restlichen guten drei Sterne an den jungen Autor, der sich nach diesem Debütroman mit inzwischen sechs erfolgreichen Romanen einen Platz in der Literaturszene gesichert hat.

Veröffentlicht am 07.11.2022

Düster aber fesselnd ...

Die Frauen
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Über eine Leserunde bin auch dieses Buch gestoßen, das seinen Schauplatz in einem kleinen schottischen Ort mit Blick auf die unbewohnte Insel Bass Rock hat, den man auf dem Buchumschlag bewundern kann ...

Über eine Leserunde bin auch dieses Buch gestoßen, das seinen Schauplatz in einem kleinen schottischen Ort mit Blick auf die unbewohnte Insel Bass Rock hat, den man auf dem Buchumschlag bewundern kann und der dem Leser wie einer roter Faden durchs Buch immer wieder vor Augen geführt wird.
Dieser Roman bewegt sich auf zwei Zeitebenen. In den 50er Jahren zieht die junge Ruth Hamilton mit ihrem Mann Christopher in ein großes Haus am Meer mit Blick auf eben jenen Bass Rock. Er bringt aus einer vorangegangenen Beziehung zwei Söhne mit in die Ehe aber alle drei bekommt Ruth selten zu Gesicht, da der Vater in London arbeitet und die Jungs im Internat aufwachsen. So ist sie dann auf sich gestellt, kritisch beäugt von den einheimischen Bewohnern und sehr, sehr einsam. Schließlich beschleicht sie eine unheimliche Ahnung …
Gut fünfzig Jahre später kommt Stiefenkelin Viv in den Genuss des Hauses wie die Jungfrau zu dem Kinde. Es soll verkauft werden doch bis es so weit ist, wird eine Person gebraucht, das Haus zu hüten. Die Wahl fällt auf Viv, die trotz oder gerade wegen eigener Probleme dadurch gerne ein Weilchen der Realität entflieht. Schnell wird auch ihr jedoch das ganze Szenario unheimlich …
Geschickt versteht es die Autorin, die Leben beider Frauen zu verknüpfen und Gemeinsamkeiten herzustellen. Jedoch bringt sie dabei auch so manches erschütterndes Geheimnis ans Tageslicht, von dem man lieber nichts gewusst hätte. Auf beklemmende Art erfährt man als Leser, was die Beiden durchmachen mussten.
Detailreich geschrieben mit wunderbar ausgearbeiteten Charakteren verwandelt Evie Wyld ihre Story in einen außergewöhnlichen Roman, der sicher nicht immer einfach zu Lesen ist, an dem es sich aber lohnt, dranzubleiben. Ich vergebe vier von fünf Sternen verbunden mit einer Leseempfehlung an alle Bücherwürmer, die mal etwas „out of the ordinary“ lesen möchten.

Veröffentlicht am 07.11.2022

Zauberhafte Geschichten ... erinnern ein wenig an Irmgard Keun ...

Himbeeren mit Sahne im Ritz
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In knappen zwei Stunden unterhält uns Zelda Fitzgerald mit fünf kleinen Kurzgeschichten über junge Frauen im Amerika vor hundert Jahren, in den sogenannten Roaring Twenties. Manche sind reich, manche arm, ...

In knappen zwei Stunden unterhält uns Zelda Fitzgerald mit fünf kleinen Kurzgeschichten über junge Frauen im Amerika vor hundert Jahren, in den sogenannten Roaring Twenties. Manche sind reich, manche arm, manche berühmt und manche gänzlich unbekannt. Aber eines haben sie gemeinsam, sie sind alle auf ihre Art verrückt und unabhängig und ich vermute, dass in jeder Geschichte eine wenig Autobiografisches der damals glamourösen Zelda Fitzgerald steckt, die damals gemeinsam mit ihrem Mann F. Scott Fitzgerald die Gesellschaft aufmischte. Sie waren reich, talentiert und furchtbar berühmt, nur mit Geld und Alkohol konnten sie nicht umgehen und so endete ihrer beider Leben auf eher tragische Weise.

Die Geschichten haben mich gut unterhalten, werden aber sicher nicht lange im Gedächtnis bleiben. In ein absolutes Hörvergnügen hat sie die Sprecherin Bibiana Beglau verwandelt und so vergebe ich hier gerne vier von fünf möglichen Sternen.