Schmerzhafte Realität trifft auf Wohlfühlgeschichte
15 Tage Ferien sehen beim 17-jährigen Felipe wie folgt aus: Netflix, Kuchensamstag, Musical-Mittwoch und Zeit mit seiner Mãe. Das alles zuhause, wo keiner ihn und seine Körpermasse verurteilen kann. Vor ...
15 Tage Ferien sehen beim 17-jährigen Felipe wie folgt aus: Netflix, Kuchensamstag, Musical-Mittwoch und Zeit mit seiner Mãe. Das alles zuhause, wo keiner ihn und seine Körpermasse verurteilen kann. Vor Caio, den Nachbarsjungen, den er seit einer Weile anhimmelt, kann er sich nicht mehr verstecken, denn mit Ferienbeginn soll ausgerechnet er 15 Tage bei ihnen verbringen. So hatte er sich das eigentlich nicht vorgestellt, doch Caio lebt sich schnell bei ihm und seiner herzlichen Mutter ein und Felipe lernt nicht nur aus der Komfortzone herauszukommen.
Die Beschreibung “Own-Voice” bedeutet, dass der Autor dem Text seine eigene Stimme verleiht, also eigene Erfahrungen einbringt, häufig bei sensiblen Themen und Diversität. Das heißt nicht, dass Vitor Martins hier seine Geschichte niedergeschrieben hat, jedoch leiht er seine Stimme jemandem, der vielleicht in einer ähnlichen Situation ist wie Felipe oder Caio. Beim Lesen erkennt man den Unterschied zur einfachen Ich-Perspektive, denn die ist hier tiefer, emotionaler und vor allem authentisch. Felipes Unsicherheit wird bei jedem seiner Gedankenkarussels, seinen ausgetüftelten Horrorszenarien und den direkten Fragen an die Lesenden („Wisst ihr, was ich meine? Ist auch egal.”) mehr als offensichtlich, genau wie seine Verknalltheit in Caio. Obwohl der Plot eben um diese gestrickt ist, macht Felipe eine tolle Entwicklung unabhängig von seinem Beziehungsstatus durch. Was Felipe nur in indirekter Form im “Zauberer von Oz” gefunden hat, schafft der Autor durch diesen Young Adult Roman: Ein Buch mit Botschaft, das denen, die sich sonst nicht repräsentiert fühlen, Mut verleiht, sie selbst zu sein. Wie nebenbei darf man sich außerdem über eine niedliche Verliebtheit, lustige Protagonisten, ganz viel Herz und jede Menge Filmtipps von Felipe höchstpersönlich freuen, auch wenn er in den 15 Tagen deutlich weniger zum Verweilen auf Netflix kam. Ohne schmerzliche Stellen kommt so ein persönlicher Roman nicht aus, weswegen es auf Seite 286 eine Triggerwarnung dazu gibt.