Lesenswerte Familiengeschichte
Rote SirenenWorum geht es in dem Buch?
Die Autorin Victoria Belim ist Ukrainerin, lebt aber schon seit einigen Jahren mit ihrem Mann in Belgien. 2014 reist sie in ihre Heimat, um ihre Großmutter Valentina wiederzusehen. ...
Worum geht es in dem Buch?
Die Autorin Victoria Belim ist Ukrainerin, lebt aber schon seit einigen Jahren mit ihrem Mann in Belgien. 2014 reist sie in ihre Heimat, um ihre Großmutter Valentina wiederzusehen. In Bereh, in der Nähe der malerischen Stadt Poltawa, bei den Obstgärten erinnert sich Victoria zurück und versucht zu ergründen, was mit einigen Verwandten, besonders ihrem Urgroßonkel Nikodim, passiert ist. Niemand aus ihrer Familie – auch nicht Valentina – will über ihn reden.
Deshalb begibt sich Victoria zum so genannten „Hahnenhaus“, einem Archiv in der Ukraine, das von Valentina immer noch als KGB (Geheimdienst der Sowjetunion) bezeichnet wird. Es ist nicht einfach, die Informationen zu bekommen, aber schließlich ist Victoria erfolgreich…
Meine Leseerfahrung:
Ich wollte ein Buch über die Ukraine lesen. Keine nüchterne Abhandlung von Geschichtsdaten und Fakten – sondern ein persönliches Buch mit Erfahrungen. Genau das bekomme ich mit dem Buch „Rote Sirenen“. Victoria Belim hat hier versucht, die Geschichte ihrer Familie und ihre Reiseerlebnisse in der Ukraine miteinander zu verknüpfen.
Innerhalb der ukrainischen Familien gibt es manchmal unterschiedliche Ansichten. So trauert Victorias Onkel Wladimir der Sowjetunion nach, auch wenn er seit einigen Jahren in Israel lebt.
Man liest ebenfalls über Leute, die ihre Traditionen bewahren wollen. Beispielsweise Valentina, die sich um ihren Kirschgarten kümmert. Weiterhin Nadja, die gerne stickt und wünscht, dass die „Weißstickerei aus Reschetyliwka“ zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO erhoben wird. Sie alle führen ein einfaches Leben. Über die Vergangenheit – zum Beispiel über die Zeit als Sowjetrepublik – reden viele nicht gerne. So wird auch das Schicksal von Victorias Urgroßonkel Nikodim lieber totgeschwiegen, anstatt dass man darüber spricht.
Victoria muss erkennen, dass es in der Ukraine immer noch viel Bürokratie gibt. Manche Menschen werden ungerecht behandelt. So wird Nikolai, dem Sohn von Nikodim, die Rente gekürzt, weil er irgendeine Bescheinigung nicht beschaffen kann. Leider sind viele Gesetze in der Ukraine noch Überbleibsel aus der Sowjetunion. Ebenso ist Korruption immer noch ein Thema.
Victoria schafft es mit viel Geduld und Nachdenken, die Informationen zu bekommen, die sie haben will – und die ihr helfen zu verstehen, woher sie kommt und wer ihre Familie ist und war. Herausgekommen ist ein informatives, interessantes, lebendiges und lesenswertes Buch über Victorias Familie, das aber auch Einblicke über das Leben in der Ukraine bietet.
Ich vergebe fünf Sterne und empfehle das Buch weiter.