Ich kenne die Vogue nur als teures, aber renomiertes Magazin. Ich wollte hinterfragen, was diese Zeitung ausmacht, ich wollte sie spüren.
Worum geht es?
Die Autorin erzählt die Geschichte der britischen, ...
Ich kenne die Vogue nur als teures, aber renomiertes Magazin. Ich wollte hinterfragen, was diese Zeitung ausmacht, ich wollte sie spüren.
Worum geht es?
Die Autorin erzählt die Geschichte der britischen, französischen und amerikanischen Vogue.
Wie hat mir das Buch gefallen?
Ein großes Problem hatte ich bereits am Anfang. Weil nicht erklärt wird, wie ein Modemagazin entsteht, wie aus einer Idee ein Artikel wird. Welche Berufe daran beteiligt sind. Daher fiel es mir später schwer einzuordnen, wie groß das Chaos war, wie stressig und nervenaufreibend die Arbeit für manche Menschen war.
Außerdem fehlt es dem Buch an Bildern. Es gibt ein frühes Cover und einige wenige Fotos. Aber das reicht nicht, um die optische und gesellschaftliche Entwicklung der Zeitung zu verstehen. Oft wird die Vogue als revolutionär dargestellt oder es wird von Bildern berichtet, die sehr aufwendig waren. Das sieht man leider nicht. Dadurch geht viel verloren.
Obwohl das Buch deutlich alle wichtigen Ausgaben mittels Kapitel unterscheidet, fiel es mir schwer, den Überblick zu behalten, weil viel passiert.
Dennoch war es spannend zu sehen, welche Kräfte auf das Magazin wirkten. Wie die Vogue z.B. in Kriegszeiten veröffentlicht wurde. Oder wie Chefredakteur:innen spezielle Ausgaben konzipierten und die Vogue zu mehr machten als einem Katalog für schöne Kleidung. Den Anspruch etwas zu bewegen erkenne ich auch heute noch darin.
Mir war auch nicht bewusst, dass die Vogue nicht nur von Endverbraucher:innen gelesen wird, sondern auch von Fachleuten.
An kritischen Tönen spart die Erzählerin ebenfalls nicht, oft stellt sie sich schützend vor entlassene Mitarbeiter:innen.
Schwierig finde ich, dass das Buch Modeblogger:innen nicht wertschätzt, sondern als Konkurrenz zum Papier sieht. Ich finde es toll, dass die Erzählerin abwägt, wie man das Magazin ins Digitale überführt und für Leser:innen attraktiv macht. Und dass sie dabei auch Schwächen aufzeigt. Aber die These, dass Modeblogger:innen keine gute Arbeit leisten, wird einfach stehengelassen. Obwohl manche Blogger:innen das Niveau von Journalist:innen erreichen, aber als Ein-Personen-Unternehmen mehr leisten müssen, oft für eine geringere Bezahlung.
Fazit
Der Text hat für mich die Zeitung lebendig werden und wertschätzen lassen. Für mich war die Vogue bisher eine teure Zeitung mit unbezahlbaren Klamotten, aber manch gutem Artikel. Zu sehen, dass so viele Menschen so viel Herzblut in ein Magazin investieren, war schön. Letztlich ist der Kreis um die Zeitung jedoch so geschlossen, dass manche Menschen unnahbar bleiben und ich das Gefühl hatte, dass etwas fehlt. Und an Bildern fehlt es.
Dieses Buch war ein Geschenk mit den Worten "Passt zu dir" und ich wusste lange nicht, warum. Texte aus den 70er Jahren empfinde ich oft als schwermütig, weil ihnen noch die Nachkriegszeit anzumerken ...
Dieses Buch war ein Geschenk mit den Worten "Passt zu dir" und ich wusste lange nicht, warum. Texte aus den 70er Jahren empfinde ich oft als schwermütig, weil ihnen noch die Nachkriegszeit anzumerken ist. Noch dazu mit einem so feierlichen Untertitel. Andererseits reizte mich genau das. Und dass es einer der ersten veröffentlichten Schriften des Kinderbuch-Autors Janosch ist. Und wahrscheinlich starke autobiografische Züge an seine Kindheit trägt.
Rezi enthält Spoiler.
Worum geht es?
Das Buch spielt in einer fiktiven Kleinstadt in den polnischen Westgebieten, die damals zu Deutschland gehörten. Die Handlung umfasst Ende der 20er Jahre bis kurz nach Kriegsende Mitte der 40er. Dabei nimmt die Zeit bis zum Kriegsbeginn den größten Teil des Buches ein, der Krieg selbst wird eher aus der Ferne beschrieben.
"Cholonek" ist ein Pottpurri an Figuren und Handlungen in dieser Kleinstadt. Der rote Faden ist das Leben des kleinen Cholonek und seiner Familie. Obwohl das Kind selbst wenig Raum einnimmt, erfahren wir viel über seine Großmutter, die Matriachin der Familie, und ihre steten Gedanken. Gleiches gilt für Vater Stanik und Mutter Mickel - der eine strebt nach Ruhm, die andere ist gottesfürchtig. Und alle stecken zu sehr in ihrer Blase, um ihr entfliehen zu können.
Das Setting
Etwas, das mich auch monatelang nach dem Ende beeindruckt hat, war die Umgebung. Anfangs kam mir der Ort wie ein Dorf vor, am Ende wie eine Kleinstadt. Es gibt eine Bahn, aber nur eine Gemeinschaftstoilette im Haus. Die unteren Wohnungen sind feuchter und daher weniger begehrt. Das Haus wird mit Farbe gestrichen, die nicht länge hält. Vieles funktioniert über persönliche Beziehungen. Das Kind wird in der Wohnung entbunden. Schließlich waren es die 20er Jahre. Viele Dinge, die für uns heute selbst verständlich sind, gab es damals nicht. Und trotzdem fühle ich damit verbunden.
Von einem zum anderen
Bereits die Geburt des kleinen Cholonek nimmt ca. 100 Seiten ein, in denen es mehr um all die Bewohner der Kleinstadt geht. Vom Vater des Choloneks hin zu dessen Vater hin zu einem Bekannten, der mal gehört hat, dass ... Ständig stirbt jemand durch Gewalt oder unglückliche Zufälle. Einerseits war das sehr interessant, anderseits frustrierend, weil ich nicht vorangekommen bin. Es war leicht den Überblick zu verlieren und die Figuren zu vergessen.
Später wird es nicht besser, aber die Hauptfiguren bekommen mehr Profil und die Historie nimmt mehr Raum ein.
Der Stanik und die Mickel
Die Eltern des Kleinen mögen sich nicht mehr, der Cholonek war ein Zufallsprodukt. Seinem Vater wird oft vermittelt, er könne nichts, und tatsächlich wechselt er häufig die Arbeit. Später kommt er als Handelsvertreter zu Wohlstand und kompensiert seine Minderwertigkeitskomplexe, in dem er (unechte?) Stradivaris anhäuft. Vermeintlich für den Sohn, der jedoch kein musikalisches Talent besitzt.
Im Gegensatz dazu die Mutter, die vor allem will, dass aus ihrem Sohn ein guter Christ wird und die ihren Mann belächelt. Letztlich ist Mickel gefangen zwischen ihrer dominanten Mutter und dem unsicheren Stanik. Und vor allem in einer Gesellschaft, die sie hindert, eigene Entscheidungen zu treffen. Janosch baut ihr sogar einen Ausweg: Nach einem unrühmlichen Erlebnis wird Mickel mit dem Kind auf's Land geschickt und erlebt dort eine Parallelwelt. Alle bewundern sie, weil sie aus der Stadt kommt und die Atmosphäre ist wertschätzend. Ich mochte dieses positive Gefühl sehr und dachte, dass sie dort das findet, was sie sucht. Aber sie nimmt es nicht an.
Der Cholonek
Ich dachte, dass das Kind der zentrale Punkt ist, aber von ihm wird nur in wenigen Episoden erzählt. Auf mich wirkt Cholonek sehr unsicher, weil er die Ideale seiner Eltern nicht erfüllen kann. Er ist ein introvertiertes Kind, das keine richtige Förderung erhält. Bezeichend ist, dass er sich nicht einmal traut, seinen Penis anzufassen, weil der Pfarrer sagt, dass diese Gefilde verboten sind. Er versucht, alles richtig zu machen und scheitert. Cholonek wird gemobbt und letztlich von ehemaligen Mitschülern erschossen und im Wald verscharrt. Interessieren tut das keinen.
Die Mutter
Die Mutter versucht, alles zusammen zu halten und ihre drei Töchter gut unterzubringen. Sie weiß mit Geld und ihrem alkoholkranken Mann umzugehen und findet für jedes erdenkliche Problem eine Lösung. Sie lästert gern und gibt anderen die Schuld an ihrem Unglück. Leider lässt sie sich von einem Ex-Freund ihrer Tochter um den Finger wickeln, was ihr Untergang ist. Dieser vermittelt ihr aufgrund seines schönen Äußeres und seiner höflichen Art soviel Positives, das sie vieles übersieht. Dass er wegen sexueller Nötigung gesellschaftlich verurteilt wird, redet sie klein. Und als er wegen Veruntreung (?) ins Gefängnis muss, arbeitet sie hart, um ihn freizukaufen. Obwohl sie mit diesem Mann keine körperliche Beziehung hat und er ihr außer Nettigkeiten nichts gibt, hält sie daran fest. Letztlich stirbt sie an Überarbeitung.
Der Krieg
Der Zweite Weltkrieg, die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung und Kommunisten und die Übernahme der Gebiete durch die Russen tangieren das Kleinstadtleben nur weng. Stanik profitiert von der Flucht und Plünderung jüdischer Bürger, weil er so neue Stradivaris bekommt. Er ist eher Oppurtunist. Verbrechen der Roten Armee gibt es und auch der titelgebene Gott aus Lehm zerbricht, während sein Besitzer ermordet wird. Die Taten des Krieges werden genauso grausam, nüchtern, ein bisschen sensationsgeil erzählt wie andere Tode im Buch. Die Titelfiguren überleben jedoch.
Fazit
Es ist schwer, all die Puzzelteile zusammenzuhalten und ein Gesamtbild zu sehen. Letztlich ist "Cholonek" eine Mischung aus liebevoller Hommage an die eigene Kindheit und der Kritik an einer Gesellschaft, die nur an das Jetzt denkt und die ihren Mitgliedern den Raum nimmt, sich zu entwickeln. Weil ein Schutzpanzer einen nicht nur vor der Außenwelt schützt, sondern einem auch die Verantwortung für sich selbst nimmt. Aber wahrscheinlich gibt es diese Parallelwelten noch heute und Bücher darüber auch.
Auf dieses Buch hatte ich mich sehr gefreut. Weniger wegen des tollen, bunten Covers als wegen der Thematik. Menschen des nordafrikanischen Kulturraums sind in meiner Umwelt vorhanden, aber ich weiß sehr ...
Auf dieses Buch hatte ich mich sehr gefreut. Weniger wegen des tollen, bunten Covers als wegen der Thematik. Menschen des nordafrikanischen Kulturraums sind in meiner Umwelt vorhanden, aber ich weiß sehr wenig über diesen Aspekt ihres Lebens. Daher wollte ich durch das Schlüsselloch gucken und neues Wissen gewinnen.
Leider schafft das das Buch nur teilweise. Es hat einige Vorurteile aufgebrochen, aber kann sich nicht entscheiden, ob es Sachbuch, Essayband oder Autobiografie sein will.
Worum geht es?
Der Text schildert im ersten Teil die Jugend des Autors und seine ersten Berührungspunkte mit Liebe und Körperlichkeiten. Später wird er allgemeiner, spricht über das Kopftuch und die Kölner Silvesternacht, später über Vorurteile gegenüber Nafris und Doppelmoral. Ohnehin ein Thema, das sich durch das ganze Buch zieht.
Meine Meinung
Das Buch war nicht leicht für mich, weil der Schwerpunkt wechselt. Während anfangs die Kindheit und Jugend des Autors wichtig ist, schweift er später ab. Manchmal kommt er noch auf Erinnerungen zurück, aber es fühlte sich an, als sei der Faden plötzlich abgerissen. Dem jungen "Mohamad" war ich so nah, über den erwachsenen, seine Einstellungen zur Liebe und wie er die kulturellen Kontraste empfindet, erfahre ich wenig. Stattdessen wird das Buch etwas nachdenklicher, fast essayhaft.
Außerdem hätte ich mir mehr Fakten gewünscht. Ich hatte gehofft, dass ich am Ende ein Gefühl bekommen habe, wie das Thema in Nordafrika betrachtet wird. Vielleicht wäre es besser gewesen, ein paar allgemeine Fakten zum Kulturraum zu nennen, auch in Bezug auf Sex. Mehr Geschichten zu erzählen. Der Autor beschränkt sich auf einige persönliche Anekdoten. Ich verstehe, dass es schwer ist, Statistiken zum Thema zu bekommen, aber es war nicht so rund. Oft verweist der Autor auch auf andere seiner Bücher. Ich hatte das Gefühl, dass er sich nicht zu sehr wiederholen wollte.
Problematisch fand ich auch, dass einige Begriffe gar nicht oder später erklärt werden. "Nafri" kommt nach 17 % vor, aufgelöst wird es aber erst nach der Hälfte. Was "Salafismus" als Glaubensrichtung ausmacht, habe ich ebenfalls weiter hinten im Buch erfahren, obwohl das Wort anfangs vorkommt. Hier wären Fußnoten oder ein Glossar gut gewesen.
Und obwohl Frauen im Buch eine Rolle spielen und z.B. der Schwester und der Mutter des Autors einige Geschichten gewidmet werden, habe ich am Ende eine weibliche Perspektive vermisst. Ich hatte das Gefühl, dass es oft um Männer geht.
Allerdings gibt es auch einige Erzählungen, die mir positiv im Gedächtnis geblieben sind: Die Atmosphäre in Meknes, in dem der Autor prägende Jahre verbracht hat. Die Betrachung des Kopftuchs, seine Ursprünge und Bedeutung auch als Zeichen des Standes. Die Gedanken zur Polygamie und dass sie nur dann funktioniert, wenn alle Frauen gleich behandelt werden und versorgt sind. Wie unterschiedlich das Thema behandelt wird, z.B. wenn es um Kondome geht.
Fazit
Letztlich war das Buch eine tolle Perlenkette an Geschichten und Gedanken, aber das ergab am Ende kein stimmiges Bild, sondern eine Sammlung, die nicht ganz zusammenpasste.
Am Klappentext fasziniert hat mich, dass sie in einer nigerianischen Familie spielt und ich zu dieser Kultur keinen Bezug hatte. Außerdem fand ich interessant, das Thema Dating vor einem anderen Hintergrund, ...
Am Klappentext fasziniert hat mich, dass sie in einer nigerianischen Familie spielt und ich zu dieser Kultur keinen Bezug hatte. Außerdem fand ich interessant, das Thema Dating vor einem anderen Hintergrund, nämlich dem familiären Druck, zu erleben. Letztlich fehlt es dem Buch an Biss und das Happy End wird zu schnell auf den Weg gebracht. Ich habe schon Figuren erlebt, die sich "besser" zerstört haben.
Rezi enthält Spoiler!
Worum geht es?
Yinka ist Anfang 30 und arbeitet in der Finanzbranche. Seit der Trennung von Freund Femi möchte ihre Mutter jedoch, dass sie endlich Mann und Kinder bekommt. Sie betet sogar öffentlich für sie. Als schließlich ihre Cousine Rachel heiratet, wird das Problem drängender.
Meine Gedanken zum Buch
Yinka bringt interessante Ansatzpunkte mit: Sie arbeitet strukturiert, am liebsten mit Post-Its, mag fritiertes Hähnchen und kann nicht kochen. Leider fühlt sie sich aber auch von allen benachteiligt. Das braucht man als Leser, damit man mitfühlen und mit der Figur wachsen kann. Aber hier war's zuviel.
Trotzdem konnte ich an einigen Stellen mitfühlen. Zu sehen, wie sich Yinka mit jeder Ablehnung tiefer in ihren Frust steigert, das war traurig. Vor allem, weil sie von anderen nicht gehört wird. Bezeichnend ist, dass sie auf dem Probeessen ihrer Wut Luft macht, damit andere verletzt - aber sich keiner um sie kümmert. Ich glaube, für ihre Umwelt ist Yinka besonders, weil sie sensibler ist und ihre Gefühle nach außen trägt. Ihre Freund:innen wissen damit aber nicht umzugehen.
Das Kollektiv ist vielseitig und ein bisschen divers: Yinkas Schwester ist früh schwanger geworden und somit das Gegenstück zu Yinka. Doch auch sie steht unter dem Druck, Karriere zu machen. Außerdem gibt es eine Cousine, es gibt Rachel und es gibt zwei (leibliche) Tanten. Eine der beiden hat die Karriere der Familie vorgezogen und lebt ohne Partner in einem Haus. Sie steht Yinka oft bei, wenn ihre Mutter sie unter Druck setzt. Interessant ist, dass Yinkas beste Freundin und Mitbewohnerin aromantisch ist, also keine romantischen Beziehungen eingeht. Ich mag, dass sie immer zu Yinka hält. Außerdem gibt's einen schwulen Freund.
Auch bei den Männern weiß uns die Autorin auf eine falsche Fährte zu locken: Es gibt den netten Kerl, den geläuterten Mobber, den viel zu schönen Mann, der sich vom Foto in eine andere verliebt. Und den Ex. Ich fand die Männer nicht immer glaubwürdig, aber ich mochte die Idee, dass sich Menschen ändern können.
Das zentrale Thema des Buches ist der Druck, den Yinka und ihre Schwester vonseiten der Mutter bekommen. Diese möchte für beide Sicherheit in Form von Arbeit und vor allem einem Mann. Dieser Druck scheint auch bei anderen Familien verbreitet zu sein und führt dazu, dass die Schwestern zu Konkurrentinnen werden, anstatt sich zu verbünden. Am Ende gibt es nur einen kleinen Lichtblick. Ich finde es wichtig, das anszusprechen. Man vertraut seiner Familie und fühlt sich als Versager:in, wenn man das Ideal nicht erfüllen kann. Außerdem führt dieser Stress zu Minderwertigkeitskomplexen, die sich über Jahre manifestieren.
Umso irritierter war ich, dass sich am Ende alles schnell löst: Nach 83 % beginnt Yinka auf Druck ihrer Mitbewohnerin und ihres Love-Interest eine Therapie, nach 85 % auch andere Figuren und plötzlich ist der Konflikt mit der Mutter gelöst. Aus meiner Sicht sind die Motive der Mutter verständlich und die Figuren haben das gut herausgearbeitet. Ich denke aber auch, dass man eine Beziehung, die über Jahre kaputt gegangen ist, nicht in ein paar Sitzungen kitten kann.
Das Thema "Therapie" sehe ich zwiespältig: Ich finde es wichtig, dass das Tabu aufgelöst wird, aber hier wird uns die Therapie als Allheilmittel verkauft. Manche Menschen kommen mit dieser Form der Bewältigung klar, andere nicht. Auch der Mensch, mit dem man redet, spielt eine Rolle. Außerdem wird das Thema aus meiner Sicht nicht gut eingebunden - der Prozess der Veränderung wird nicht spürbar, es wirkte nicht immer realistisch. Des Weiteren erleben wir die Therapie nur in Stücken - manche Dinge werden in den Passagen nicht erzählt, dafür aber später aufgegriffen. Ich hatte das Gefühl, dass etwas fehlt.
Die nigerianische Kultur war mäßig eingebaut: Es geht oft um's Essen, Kleidung und das Christentum, aber leider wird's nicht gut erklärt. Besonders Jollofreis wird oft erwähnt, aber erst im letzten Drittel erklärt, wie er genau gemacht wird. Ich habe ein grobes Gefühl für die Kultur bekommen, aber bei den Details gab's Fragezeichen.
Fazit
"Yinka" hat einen interessanten Konflikt und baut die Psychotherapie ein. Dennoch war's am Ende zu sehr Liebesgeschichte und einfach ein bisschen zu schön, um besonders zu sein.
Ich hatte das Buch angefordert, weil mich die Schnitzeljagd interessierte und ich nicht wusste, ob das locker-leichte Buch zum Krimi wird. Letzlich fühlte sich das Buch an wie eine sehr, sehr lange amerikanische ...
Ich hatte das Buch angefordert, weil mich die Schnitzeljagd interessierte und ich nicht wusste, ob das locker-leichte Buch zum Krimi wird. Letzlich fühlte sich das Buch an wie eine sehr, sehr lange amerikanische College-Komödie, die in der man viel entdecken kann, die aber inhaltlich nicht so viel bietet. Trotzdem war's unterhaltsam.
Worum geht es?
Chloe Green lebt in einer Kleinstadt in Alabama und besucht eine christliche Highschool. Eines Tages wird sie von Shara geküsst, die kurz danach verschwindet. Chloe begibt sich gemeinsam mit Sharas Freund und einigen anderen Mitschüler:innen auf die Suche und findet mehr heraus, als sie dachte. Über Shara, die anderen und über sich.
Meine Meinung
Chloe als Hauptfigur fand ich anfangs sympatisch, später ziemlich nervig. Was allerdings auch am Schreibstil liegt. Chloe ist naiv und sieht zwischenmenschlich manches nicht, beobachtet ihre Umgebung aber genau. Von Shara scheint sie besessen. Paradox ist, dass sie sich einredet, es ginge dabei nur um Konkurrenz, obwohl der Leser weiß, dass sie in sie verknallt ist. Chloe mag Literatur und provoziert gern den Direktor, weitere Eigenschaften hat sie nicht.
Die anderen Figuren sind klischeehaft, aber vielseitig: Sharas Freund und Sport-Ass Smith, der intelligente Rory (beide hübsch), Chloes beste Freundin Georgia, der kunstbegabte Benji, Schmink-Fan Ash, Ace ... Ich habe irgendwann den Überblick verloren. Hinzu kommt, dass Ash nicht-binär ist und das Pronomen sier (und seine Formen) benutzt. Im Hörbuch dachte ich, dass es sich um eine zusätzliche Figur namens Sia handelt. Erst, als es in der Mitte des Buches erklärt wird, habe ich das besser verstanden. Ohnehin gibt es im Buch eine große Anzahl queerer Figuren.
So spannend, wie der Klappentext verspricht, ist die Handlung leider nicht. Die Jagd ist nett, wird aber nach ca. 60 % aufgeklärt. Danach geht es um die Gründe für Sharas Verschwinden und den Folgen, die keine der Nebenfiguren zu stören scheinen. Und dann kommt noch der Abschlussball. An der Logik hat es gehapert: Wie Shara alles minutiös vorhersehen konnte und warum sie verschwinden musste, war mir nicht klar. Am Ende kamen noch ein paar Probleme auf den Tisch, die ich nicht kommen sah - das war gut.
Ohnehin hat mir die Beziehung zwischen Chloe und Georgia gefallen, weil Chloe sie vernachlässigt, die beiden das aber aufarbeiten können. Den Streit zwischen beiden fand ich berührend.
Der Schreibstil ist sehr attribut-reich und voller nicht enden-wollender Bandwurmsätze, was ich zwiespältig sehe. Anfangs war's cool, denn es klang locker. Ich habe das bisher selten so gehört und es hat Spaß gemacht. Als Hörbuch war's aber sehr anstrengend - ich bin oft abgeglitten, weil sich der Stil in Kleinigkeiten verloren hatte, und habe dann den Anschluss zur Handlung verpasst. Außerdem sind die Anspielungen nicht geistreich, weder politisch noch gesellschaftlich. Ich habe darüber nur selten geschmunzelt.
Ich weiß nicht, wie oft der Name "Shara Wheeler" im Buch vorkommt, aber wahrscheinlich mindestens dreimal pro Seite. Das war ziemlich viel.
Corinna Dorenkamp als Sprecherin macht einen sehr guten Job. Sie erinnerte mich an Ulrike Stürzbecher, obwohl diese etwas tiefer geht. Dorenkamp vollbringt das Künststück, all den Charakteren, egal welchen Geschlechts, eine einzigartige Stimme zu geben. Dass diese bei männlichen Figuren wenig glaubhaft klingt, tut der Freude keinen Abbruch. Ich mochte ihre Rhythmik, den Klang ihrer Stimme, die Mischung aus frechem Unterton, Wärme und Klarheit. Als das Buch am Ende ernste Töne anschlägt, vermag Dorenkamp auch hier wahrhaftig zu klingen. Wirklich gut geworden.
Fazit
Die Stimmung im Buch ist mir im Gedächtnis geblieben, das Gemeinschaftsgefühl. Trotzdem war inhaltlich nicht viel drin. Zuviele Figuren, zuwenig Logik und ein bisschen zuviel Drama zeichnen das Buch aus.