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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.11.2022

Vorhersehbar mit kleinen Überraschungen

Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens
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Der Reihenauftakt von Pierre Martin erzählt, wie es dazu kam, dass der gutherzige Lucien le Comte die tödliche Familientradition weiterführen musste, obwohl er ganz andere Pläne hatte.
Die Adelsfamilie ...

Der Reihenauftakt von Pierre Martin erzählt, wie es dazu kam, dass der gutherzige Lucien le Comte die tödliche Familientradition weiterführen musste, obwohl er ganz andere Pläne hatte.
Die Adelsfamilie Comte de Chacarasse nimmt seit Generationen diskret tödliche Eliminierungen vor. Als Luciens Vater stirbt, muss sein einzig verbliebender Stammhalter ihm versprechen, dass Erbe weiterzuführen. Ausgebildet als Kind, besitzt Lucien alle Fähigkeiten, die ein Auftragskiller benötigt, nur seine Moral steht ihm im Weg: er will nicht töten und auch der Reichtum ist ihm nicht wichtig. Luciens Onkel verwaltet die Aufträge und sorgt mit Nachdruck dafür, dass die tödlichen Geschäfte weiterlaufen. Lucien jedoch ist neugierig und recherchiert verbotenerweise nicht nur die Auftraggeber, sonder will auch den Mörder seines Vater ausfindig machen.

Mich hat vor allem interessiert, wie sich Lucien als Figur entwickelt und wie er unter moralischen Gesichtspunkten seine Aufträge ausführen will. Pierre Martin hat dieses Dilemma amüsant gelöst. Mit der Präzision und Gelassenheit eines ausgebildeten Killers geht Lucien mit detektivischem Gespür vor und entwickelt sich rasch zum sympathischen Helden der Geschichte. Er bekommt es mit Dieben, Terrorristen, Lügnern und hübschen Damen zutun. Löst seine Probleme immer charmant, stilvoll und mit bestem Gewissen. Jedes weitere Wort würde zu viel verraten, denn man errät leider schnell, in welche Richtung die Handlung verlaufen könnte. Trotzdem konnte mich die ein oder andere Wendung noch überraschen.

Ein atmosphärischer Krimi für Zwischendurch mit südfranzösischem Flair und kulinarischer Raffinesse. Für alle, die französische Literatur mögen und gern gedanklich an die Côte d’Azur reisen möchten, ohne auf ein bisschen detektivisches Gespür und angenehm leichte Unterhaltung verzichten zu müssen. Ich empfehle das Hörbuch, weil man es wunderbar nebenbei hören kann.

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Veröffentlicht am 12.10.2022

Konnte mich leider nicht begeistern

Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit
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In diesem geheimnisvollen Roman geht es um Joe, der 1898 mit einem Gedächtnisverlust am Bahnhof Gare du Roi in Londres aufgegriffen wird. Joe wird erst in eine psychiatrische Klinik eingewiesen und untersucht. ...

In diesem geheimnisvollen Roman geht es um Joe, der 1898 mit einem Gedächtnisverlust am Bahnhof Gare du Roi in Londres aufgegriffen wird. Joe wird erst in eine psychiatrische Klinik eingewiesen und untersucht. Einige Jahre später erreicht ihn eine Postkarte, die 90 Jahre unterwegs war und mit einem Leuchtturm und einer Nachricht versehen ist. Joe sucht diesen Leuchtturm, um den Absender zu finden und erlebt ein schicksalhaftes Zeitabenteuer auf hoher See.
Das Gedankenexperiment des Schmetterlingseffekts, das diesem Roman zu Grunde liegt und die Verknüpfung mit Historischem und einer zarten Liebesgeschichte ist interessant. Was dabei leider zu kurz kommt, ist die glaubhafte Darstellung der Innenwelt eines Mannes, der sich zerrissen fühlt, weil er seine gesamte Identität und alle Erinnerungen verloren hat. Beim Lesen bleibt man stets auf der intellektuellen Ebene und folgt konzentriert dem geheimnisvollen und komplexen Erzählkonstrukt. Die Autorin Natasha Pulley schafft eine angespannte Atmosphäre voller unausgesprochenen Andeutungen und gewaltsamer Entbehrungen. Sie beschreibt die körperlichen Strapazen anschaulich und mitreißend, was die Stimmung der Geschichte bestimmt. Die eigentliche Auflösung, was mit Joe passiert ist, erhält man erst auf den letzten Seiten und ist nur noch teilweise überraschend, gleichsam etwas unbefriedigend.

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Veröffentlicht am 12.10.2022

Nette Unterhaltung für Zwischendurch

Was nicht war, kann ja noch werden
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"Was nicht war, kann ja noch werden" erzählt vom Erwachsenwerden und der Zerrissenheit zwischen Verantwortung und der unbeschwerten Jugend.

Als Freya von der Schwangerschaft ihrer besten Freundin erfährt, ...

"Was nicht war, kann ja noch werden" erzählt vom Erwachsenwerden und der Zerrissenheit zwischen Verantwortung und der unbeschwerten Jugend.

Als Freya von der Schwangerschaft ihrer besten Freundin erfährt, wird ihr schmerzlich bewusst, dass sie in ihrem Leben feststeckt. Statt sich damit auseinanderzusetzten, flüchtet sie in das Zuhause ihrer Kindheit und sucht Trost in ihren Abi-Erinnerungen, als das Leben noch aufregend und zwanglos war. Als sie ihre Jugendliebe Chris zufällig begegnet, bahnen sich alte Gefühle ihren Weg und sie will die guten Zeiten wieder aufleben lassen, um sich besser zu fühlen. Abgesehen von ein paar Kapitel, in denen der 19-jährige Vergangenheits-Chris die Ich-Perspektive einnimmt, erzählt Freya die Geschichte mit Rückblenden, die elf Jahre zurückliegen. Freya ist eine durchaus anstrengende Hauptfigur mit viel Entwicklungspotential. Sei es das naiv überdrehte Vergangenheits-Ich oder die gegenwärtige „Meisterin der Ablenkung“, die aus egoistischen Motiven handelt und begreifen muss, das die schöngefärbte Jugendzeit vorbei ist und sie sich nun der Wahrheit stellen muss. Gerade der Anfang war sehr erheiternd geschrieben, das lässt aber leider mit der Zeit nach und es fehlt an lockerem Humor. Es ist eine Liebesgeschichte, die fast nebenbei geschieht. Entscheidend ist die Weiterentwicklung der Hauptfigur und die Konfrontation mit sich selbst, um die Kontrolle über ihr Leben zurückzugewinnen. Nach einer überraschenden Wende war der Schluss zwar absehbar, aber mündet dennoch in einem kitschfreiem Finale mit schöner Botschaft.

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Veröffentlicht am 19.09.2022

Für Fans von historischen Literaturgeschichten

Die Buchhändlerin von Paris
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"Die Buchhändlerin von Paris" ist ein hervorragend recherchierter biografischer Roman, der in vier Teilen über die Amerikanerin Sylvia Beach und ihre literaturgeschichtlich bekannte Buchhandlung „Shakespeare ...

"Die Buchhändlerin von Paris" ist ein hervorragend recherchierter biografischer Roman, der in vier Teilen über die Amerikanerin Sylvia Beach und ihre literaturgeschichtlich bekannte Buchhandlung „Shakespeare and Company“ erzählt. Eine Geschichte voller historisch relevanter Details, ohne in die Weltgeschichte abzudriften, bekannten Persönlichkeiten wie Hemingway oder Gide, und einer Liebesgeschichte zweier starker Frauen in den zwanziger Jahren. Kerri Maher schreibt wunderbar flüssig und zeigt ein historisch authentisches Bild der Figuren, geprägt von politischen Ungerechtigkeiten und Diskriminierung, den Einschränkungen der Pressefreiheit und den Schwierigkeiten bei der Veröffentlichung des umstrittenen Romans Ulysses - ein Thema das im Fokus steht.
Historisches Hintergrundwissen ist vorteilhaft bei der Lektüre, aber keine Bedingung. Im Verlauf der Handlung nimmt die Spannung ab und große emotionale Chancen werden einfach verpasst. Außerdem gibt es keine tiefe Einblicke in die Gefühlswelt von Sylvia oder Adrienne, insgesamt bleibt die Geschichte hier oberflächlich. Die Schilderungen über die Buchhandlung und ihre berühmten Besucher lässt jedoch Leseherzen schneller schlagen. Auch der wunderschöne Schauplatz Paris begeistert mit der Atmosphäre dieser Zeit und macht das Buch in diesem Punkt zu einem Vergnügen.

Fazit: Wunderbar zu lesender Roman, der stimmungsvoll und lebendig mit literarischer Atmosphäre und historischem Hintergrund überzeugt, während gefühlvolle Chancen und Spannung auf der Strecke blieben.

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Veröffentlicht am 19.08.2022

Spannende mediale Inszenierung in kleinem Kreis

Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. (Die Emer-Murphy-Serie 1)
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Poppy ist ein Kinderstar auf Instagram. Ihre Eltern profitieren von der Berühmtheit ihrer Tochter durch Werbedeals und veröffentlichen ihre Kindheit schonungslos im Internet. Dabei gibt es auch Kritik, ...

Poppy ist ein Kinderstar auf Instagram. Ihre Eltern profitieren von der Berühmtheit ihrer Tochter durch Werbedeals und veröffentlichen ihre Kindheit schonungslos im Internet. Dabei gibt es auch Kritik, dass Poppy nicht normal und sicher aufwachsen kann. Erst als ein Stalker in ihr Leben tritt und Poppy entführt wird, tun sich Abgründe auf, die zuvor verborgen waren und ihre Mutter Lotte, muss sich ihre Vergangenheit stellen.

Erzählt wird aus den unterschiedlichen Perspektiven der Ermittlerin Emer Murphy, Poppys Mutter Lotte Wiig und deren Schwiegermutter Marie Wiig. Der Entführungsfall entwickelt sich langsam und bleibt bis zum Schluss unvorhersehbar. Gut platzierte Hinweise und Ermittlungserfolge, ergeben ein stimmiges Bild. Das ganze wird abgerundet mit Kommentaren auf dem Blog und im Pädophilenforum. Private Details der Figuren machen die Story langatmig, besonders wenn es um den Schicksalsschlag und die Medikamenteneinnahme von Emer Murphy geht. Das strapazierte meine Geduld, die aber schlussendlich mit einigen überraschenden Wendungen und einem überzeugendem Ende belohnt wurde.

Fazit: Eine entwicklungsreiche Story, die Geheimnisse und Traumata entblättert, während die Gefahren medialer Präsenz von Kindern, die keine Chance haben, sich dagegen zu entscheiden, aufgezeigt werden. Entwickelt sich langsam, überzeugt aber mit wendungsreichem Finale.

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