Cover-Bild Jahre mit Martha
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12,99
inkl. MwSt
  • Verlag: FISCHER E-Books
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 31.08.2022
  • ISBN: 9783104916217
Martin Kordić

Jahre mit Martha

Roman
Ein zärtlicher und mitreißender Roman über Machtverhältnisse und über die Frage nach dem Gleichgewicht der Welt.
Željko, der von allen »Jimmy« genannt wird, ist fünfzehn, als er sich in Martha verliebt. Sie ist Professorin in Heidelberg, er lebt mit seinen Eltern und Geschwistern zu fünft in einer Zweizimmerwohnung in Ludwigshafen. Martha hat, was Željko sich sehnlichst wünscht: Bücher, Bildung und Souveränität. Mit Martha besucht er zum ersten Mal ein Theater, sie spricht mit ihm, wie sonst niemand mit ihm spricht. Mit Marthas Liebe wächst Željkos Welt. Doch welche Welt ist es, die er da betritt und wen lässt er dafür zurück? Wo verlaufen die Grenzen zwischen Begehren und Ausbeutung? 
»Wie macht er das nur? Dass in dieser Liebesgeschichte all das erzählt wird, was es über das ›Einwanderungsland Deutschland‹ zu sagen gäbe, all die Hierarchien, Schmerzen und Spuren, herrlich beiläufig und furchtlos zielgenau.« Lena Gorelik

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.11.2022

Liebesgeschichte, Zuwanderungsgeschichte...wow!

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Erwartet habe ich hier eine Liebesgeschichte - mit ungleichen Machtverhältnissen. Ältere, erfolgreiche Frau, Professorin und bildungsferner junger Schüler.
Bekommen habe ich so viel mehr.
Das Buch war ...

Erwartet habe ich hier eine Liebesgeschichte - mit ungleichen Machtverhältnissen. Ältere, erfolgreiche Frau, Professorin und bildungsferner junger Schüler.
Bekommen habe ich so viel mehr.
Das Buch war ganz anders als erwartet. Zum einen die Liebesgeschichte an sich, die so anders ablief, als ich es erwartet habe. Keineswegs so klischeehaft wie befürchtet.

Aber noch viel eindrucksvoller war die Geschichte über Željko selbst.
Die Eltern geflohen vor dem Jugoslawien-Krieg, verzweifelt bemüht, nichts falsch zu machen und sich anzupassen und immer am Arbeiten.
Lehrer, die die guten Noten als Zufall und Glück abtun und Željko überhaupt nicht fördern.
Urlaubsheimfahrten während des Kriegs - das alles so nah und eindrücklich beschrieben, dass sich mein Blickwinkel hier erweitert hat und ich des Öfteren schlucken musste.

Viele kluge Sätze (über einen Kindergeburtstag bei Mc Donalds "Der Kapitalismus entzieht den Kindern die Väter und schickt zum Trost einen Clown?") und dennoch ein Schreibstil, der einfach zu lesen ist. Ich habe das Buch am Stück gelesen und habe selten auf so wenigen Seiten (gerade mal 288 und doch wurde alles gesagt, keine Minute Langeweile und Leerlauf) eine so komplexe, spannende, traurige und auch mutmachende Geschichte gelesen.
Hut ab!

Veröffentlicht am 19.10.2022

Familie ist Heimat

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„Martha war eine blonde Professorin aus Heidelberg, meine Baba war eine zahnlose Analphabetin aus der Herzegowina. Sie war selbstsicherer als ich.“

„Jahre mit Martha“ ist ein Roman in welchem die Geschichte ...

„Martha war eine blonde Professorin aus Heidelberg, meine Baba war eine zahnlose Analphabetin aus der Herzegowina. Sie war selbstsicherer als ich.“

„Jahre mit Martha“ ist ein Roman in welchem die Geschichte eines Migrantenkindes erzählt wird. Die Handlung setzt in den 1990er Jahren ein, es ist die Zeit vor der Einführung des Euro in Deutschland. Der Ich – Erzähler Željko „Jimmy" Kovačević führt durch das Geschehen. Der Protagonist ist ein Gastarbeiterkind. Die kroatischen Eltern waren auf der Suche nach einem besseren Leben (oder durch das Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jugoslawien im Jahr 1968 motiviert) einst aus der Herzegowina in die BRD migriert. Der Vater hat zwei Jobs, er ist Bauarbeiter und Hausmeister, die Mutter hat drei Putzstellen, zu fünft wohnt die Familie in zwei Zimmern. Mit 15 Jahren lernt der Protagonist die 40jährige Professorin Martha kennen. Während seine Mutter bei Martha putzt, erledigt der Teenager Reparaturarbeiten im Garten. Jimmy ist fasziniert von der bildungsbürgerlichen Selbstverständlichkeit, mit der Martha ihr finanziell sorgloses Leben lebt. Zunächst ist ihre Beziehung eine rein platonische. Als der Protagonist ein Studium im teuren München aufnimmt, ist es Martha, die ihm dieses durch eine Bürgschaft erst ermöglicht. An der Universität lernt Jimmy einen neuen „Gönner" kennen, der ihn jedoch fallen lassen soll wie eine heiße Kartoffel - Martha wird eine Konstante in Jimmys Leben bleiben…
Coming of Age, Gastarbeiterschicksal, Identitätskrisen – diese Themen werden im Roman unter anderem abgedeckt. Problemfelder werden direkt benannt, der Leser muss nichts zwischen den Zeilen erahnen. Stilistisch hatte ich von der Lektüre mehr erwartet, die lineare Erzählstruktur ist simpel, trägt aber auch zur Spannung im Roman bei, die Geschichte ist fesselnd & vielschichtig. Auch Fatma Aydemir hat mit „Dschinns" einen Migrationsroman vorgelegt, den ich stilistisch stärker, aber inhaltlich schwächer als „Jahre mit Martha“ fand. Bei der Lektüre von Kordić‘ Roman hat man nicht das Gefühl, dass (wie bei Aydemir) ein Katalog von identitätspolitischen Thesen abgearbeitet wird. „Jahre mit Martha“ ist auch nicht so gefällig geschrieben wie Stanišićs „Herkunft“ (welches sich liest wie ein Mix aus „Die Rolle meiner Familie in der Weltrevolution“ und „Steffie Speck in the jaws of life“). Es ist schon ironisch, wenn Menschen wie Kordić oder Aydemir (Autoren, die in Deutschland Karriere gemacht haben) Geschichten vom Scheitern & von struggle schreiben, denn es gibt sie wirklich, die Željkos, Željkas und Huseins, denen es trotz (oder gerade wegen) Stipendien und Nebenjobs nicht gelingt, ein Studium abzuschließen, andererseits ist es wichtig, dass diese Menschen zumindest als Romanfiguren eine Stimme erhalten.
Für Gastarbeiterkinder wird „Jahre mit Martha" nicht viel Neues bieten, deutsche Leser könnten von den stellenweisen fast platt vorgetragenen Wahrheiten abgeschreckt sein. Festzuhalten ist, dass es so etwas wie die eine migrantische Community nicht gibt, dies wird vom Autor schön herausgearbeitet. Auch führt eine Migrationsbiographie nicht zu unbedingter Solidarität. Der Dozent Alex Donelli erwähnt seine italienischen Wurzeln nicht ohne Hintergedanken. Er soll Jimmy gnadenlos ausbeuten, anders als die Deutsche Martha. Martha instrumentalisiert Jimmy ebenso wie Jimmy ihr gesellschaftliches und handfestes Kapital ausnutzt. Für Martha besitzt Jimmy einen exotischen working- class - Sexappeal, Jimmy hingegen fühlt sich irgendwie unwohl mit Mädchen seines Alters, außerdem ist er bisexuell und heimlich schwul. Hat er einen Mutter – bzw. Vaterkomplex? Die Eltern, die 24/7 malochen, sieht er selten und er stellt fest – „ich hatte keine Vorbilder“. Für eine Identitätskrise muss man nicht sexuell verwirrt sein, es reicht schon, als diskriminierter Ausländer zwischen den Stühlen zu sitzen und auf seine Herkunft und Klasse reduziert zu werden. Die Kombination „Migrantenarbeiterkind & schwul“ hat Christos Tsiolkas brillant und glaubwürdig in „Barrakuda“ abgedeckt, für mich kommt „Jahre mit Martha“ leider nicht ganz an „Barrakuda“ heran. Ich finde es aber schön, dass im Roman (anders als in „Restaurant Dalmatia“ von Marinić) die erste Gastarbeitergeneration nicht mit Vorwürfen überzogen wird. Željko glaubt, durch Bildung ein vollwertiges Mitglied der deutschen Gesellschaft werden zu können, um nicht ständig seinen „Respekt vor Deutschland“ beweisen zu müssen. Doch auch mit einem Universitätsabschluss und einem gut bezahlten Job gelingt der soziale Aufstieg nicht – es fehlt der richtige ‚Stallgeruch‘ (und eine fette Erbschaft). Depressionen, Krise und schließlich self – fulfilling prophecy? Der Handwerker Željko findet seinen Frieden schließlich, als er in den Schoß der Familie zurückkehrt und sich auf seine Wurzeln besinnt…
„Jahre mit Martha“ weckt beim Leser eine falsche Leseerwartung, denn es ist keine romantische Liebesgeschichte, die präsentiert wird. Für mich war diese Liebe nicht wirklich glaubwürdig, daher hätte ich als Autorin einen anderen „Aufhänger“ gewählt. Im Kern ist der Roman eine messerscharfe Gesellschaftskritik, die mich oft zum Lachen brachte („Wir fluchen nicht.“) und stellenweise erschreckend treffsicher („Werdet unsichtbar!“) ist. Ich fand es aber seltsam, dass im Roman zwar die NSU-Morde erwähnt werden, nicht aber Solingen & Mölln. Kordić liefert Anekdoten, die sich tatsächlich so abspielen könnten, und macht sie durch eine humorvoll – zynische Darstellung erträglich („BAUŠTELE ARBEITEN ŠLAFEN“).
„Martha“ ist auch ein Plädoyer gegen Nationalismus, und ein Hinweis auf migrantische Generationsunterschiede („Sie strotzten vor Selbstbewusstsein und hatten richtig Lust auf Deutschland.“).
Die große Stärke des Romans ist die Kritik am Klassismus. Wenn Kinder schon in der vierten Klasse „aussortiert“ werden und nicht etwa 8 Jahre Zeit haben, um sich zu beweisen, läuft etwas schief.
Am Ende lebt die Kovačević – Sippe als Patchworkfamilie (mit einem dt. Namen am Klingelschild) unter einem Dach. Dieses Plädoyer für ein Miteinander der Generationen ist richtig, aber es ist auch seltsam, dass Željkos Eltern das Rentenalter überhaupt erreicht erreicht haben. Anders als für Željko gibt es für viele soziale Aufsteiger kein Zurück, sie sind der eigenen Schicht fremd geworden und gehören andererseits nicht zum deutschen Establishment. Der Leser kann die Lektüre jedoch mit einem guten Gefühl beenden.

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Veröffentlicht am 09.10.2022

vielseitig und überraschend

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Positiv überrascht und nachdenklich lässt mich dieser Roman zurück. Er ist sehr vielseitig und -schichtig. Weit ab vom Mainstream wird man äußerst gut und manchmal geradezu poetisch unterhalten. Ein Liebesroman ...

Positiv überrascht und nachdenklich lässt mich dieser Roman zurück. Er ist sehr vielseitig und -schichtig. Weit ab vom Mainstream wird man äußerst gut und manchmal geradezu poetisch unterhalten. Ein Liebesroman im Kern, teilweise Hörigkeit, in jedem Fall eine gute Portion Familie, Heimat, Einwanderung und Krankheit, um mal ein paar Schwerpunkte zu nennen.
Keine Seite war langweilig. Der Plott lebt von den Schilderungen und plötzlichen Wendungen. Das Schöne an dem Werk ist für mich, dass der weitere Aufbau und auch das Ende nicht vorhersehbar waren. Und ganz nebenbei erfährt man noch jede Menge Zeitgeschehen. Wie es ist, als Kind einer Gastarbeiterfamilie in Deutschland aufzuwachsen. Am Rande der Gesellschaft mit begrenzten Erfolgsaussichten für das weitere Leben. Martha ist Rettung und Fluch zugleich. Manchmal ist weniger einfach mehr im Leben. Aber auch diese Erkenntnis muss erstmal erlebt werden.

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Veröffentlicht am 06.10.2022

Eine bittersüße Geschichte

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Željko, der von allen »Jimmy« genannt wird, ist fünfzehn, als sich in die deutlich ältere Martha verliebt. Sie ist Professorin in Heidelberg, er lebt mit seinen Eltern und Geschwistern zu fünft in einer ...

Željko, der von allen »Jimmy« genannt wird, ist fünfzehn, als sich in die deutlich ältere Martha verliebt. Sie ist Professorin in Heidelberg, er lebt mit seinen Eltern und Geschwistern zu fünft in einer Zweizimmerwohnung in Ludwigshafen. Mit Martha besucht er zum ersten Mal ein Theater, mit Marthas Liebe verändert sich Jimmys Welt. Doch in wie weit meint es Martha gut mit Jimmy und wie sehr nützt sie ihn auch aus?!

Der Schreibstil war sehr flüssig zu lesen und äußerst bildhaft, ich hatte jeden Theaterbesuch und Segeltörn der beiden direkt vor meinen Augen und die Seiten sind nur so dehin geflogen.

Ich kann nicht direkt sagen, dass mir die Charaktere sympathisch waren, denn sie hatten auch etwas geheimnisvolles und unergründliches an sich, gerade die Protagonistin Martha. Dennoch hat es der Autor geschafft die Personen realistisch und authentisch darzustellen und ich konnte mir die Anziehung der beiden zueinander gut vorstellen.

Die Liebesgeschichte der beiden ist absolut bittersüß, es gibt ganz zauberhafte Begegnungen zwischen den beiden aber manchmal schwingt auch etwas toxischen dabei mit. Es war auf jeden Fall sehr interessant zu lesen und das Ende hat mich sehr überraschen können!

Das Buch ist aber nicht nur eine Liebesgeschichte, es geht auch viel um die Herkunft von "Jimmy" und wie es als junger Mann ist, einen ausländischen Namen zu haben und wie dieser das Leben auch teilweise mitbestimmt, ebenso wie Begegnungen mit anderen, egoistischen Menschen.

Fazit: Ein sehr geheimnisvoller und bittersüßer Roman, der nicht nur die ungewöhnliche Liebesgeschichte beeinhaltet, sondern der auch etwas über Jimmys Herkunft und sein ganz persönliches erwachsen werden erzählt.

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Veröffentlicht am 06.10.2022

Eine Liebes- und Lebensgeschichte

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Željko wächst mit seiner Familie in Ludwigshafen auf und lebt das typische Leben eines Einwandererkindes in Deutschland – mit einem Unterschied: Als er 15 Jahre alt ist, tritt Martha, Professorin an der ...

Željko wächst mit seiner Familie in Ludwigshafen auf und lebt das typische Leben eines Einwandererkindes in Deutschland – mit einem Unterschied: Als er 15 Jahre alt ist, tritt Martha, Professorin an der Universität in Heidelberg, in sein Leben und öffnet damit Türen, die ihm sonst verschlossen geblieben wären.
Die Geschichte um Željko – oder „Jimmy“, wie er sich der Einfachheit halber rufen lässt – ist eigentlich eine eher leise und seine Lebenssituation entspricht vermutlich der vieler Einwandererkinder zu dieser Zeit. Trotzdem liest sie sich unglaublich spannend und ich fand die Perspektive des Protagonisten sehr ergreifend. Der sprachliche Aspekt, ein schlichter, aber sehr schöner Schreibstil, hat das für mich noch verstärkt.
Die Beziehung zu Martha ist eine sehr besondere und wird mit sehr viel Gefühl, aber auch Feingefühl beschrieben. Es kommt definitiv kein Schema F zur Anwendung, so dass man als Leser keinerlei Möglichkeit hat, vorherzusehen, wie Jimmys Leben und seine Beziehung zu Martha sich weiterentwickeln werden – das hat mir wirklich sehr gefallen, und zwar bis zum Schluss.
Ein Wohlfühlroman ist es nicht, und auch keine reine Liebesgeschichte, aber wenn man sich darauf einlässt, taucht man ein in eine teils fremde, teils bekannte Welt, die einen trotz allem optimistisch gestimmt zurücklässt. Mir wird dieses Buch auf jeden Fall noch lange im Gedächtnis bleiben und ich empfehle es unbedingt weiter.