Beeindruckendes Zeitzeugnis
Die Wiege der HoffnungLuise lebt mit ihren Eltern, die eine Apotheke betreiben, und ihrem Bruder in Berlin. Nachdem eine gründliche Säuberung von Juden an deutschen Schulen erfolgt ist, wechseln die Geschwister auf eine jüdische ...
Luise lebt mit ihren Eltern, die eine Apotheke betreiben, und ihrem Bruder in Berlin. Nachdem eine gründliche Säuberung von Juden an deutschen Schulen erfolgt ist, wechseln die Geschwister auf eine jüdische Schule. Die sehr an Kunst interessierte Luise verliebt sich bald in Emilio, dessen Eltern in Apulien eine Olivenplantage besitzen. Zur Erntezeit ist die ganze Familie in Nardó, danach kehren sie mit ihren Erzeugnissen wieder zurück nach Berlin, wir sind im Jahr 1935. Das NS-Regime greift immer härter durch, immer mehr Juden verlassen das Land. Auch Luises Onkel geht nach Italien und vertraut ihr seine Kunstgalerie an. Bald schon ist sie gezwungen, mit den Nazis zu kollaborieren, auch um ihre jüdische Familie zu schützen.
Aus Luises Blickwinkel erfahre ich um die Ängste dieser Zeit. Schon viel habe ich darüber gelesen, so einiges weiß ich über die Familien, die stets wachsam sein mussten, die oftmals das Grauen nicht wahrhaben wollten. Auch hier gewährt mir die Autorin einen ganz individuellen Einblick. Das menschenverachtende Regime ließ nichts gelten, was abseits der Norm war. Juden waren zunehmend Freiwild, ihr Besitz war bald Staatseigentum, Andersartigkeit wurde gnadenlos verfolgt und abgestraft. Auch für Luise wird es zunehmend gefährlich, mit Emilio versucht sie schließlich, sich in seine Heimat abzusetzen. Nach Apulien, das für viele Juden Hoffnung bedeutet. Von dort können sie auf dem Seeweg nach Palästina gelangen, dem NS-Regime entfliehen.
„Die Wiege der Hoffnung“ ist ein beeindruckendes Zeugnis dieser Zeit. Immer wieder bin ich entsetzt, wie es Hitlers Schergen gelingen konnte, eine ganze Nation zu mobilisieren, sie gegen ihre jüdischen Nachbarn aufzuhetzen. Tara Haigh ist ein leiser, tief aufwühlender Roman gelungen. Im Vordergrund steht eine junge Frau, die nicht nur ihre Familie beschützen will. Eine junge Frau zwischen Hoffen und Bangen in einer Zeit, als das NS-Regime immer stärker durchgriff.