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Veröffentlicht am 26.11.2022

Auf Liebesentzug

Meine Mutter sagt
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Damit hat die namenlose Heldin nicht gerechnet. Ihre Liebste setzt sie einfach vor die Tür. Ende der Beziehung. Nun ist sie traurig, verletzt und hat große Sehnsucht nach ihrer Ex. Versunken in ihrem Selbstmitleid ...

Damit hat die namenlose Heldin nicht gerechnet. Ihre Liebste setzt sie einfach vor die Tür. Ende der Beziehung. Nun ist sie traurig, verletzt und hat große Sehnsucht nach ihrer Ex. Versunken in ihrem Selbstmitleid lässt sie sich von ihrem Vater - seines Zeichens Pastor & Pink Floyd-Fan - aufpäppeln, während von der Mutter gut gemeinte Tritte in den Hintern kommen. Im weiteren Verlauf sucht die Namenlose vermehrt ihren Arzt auf und sucht dort nach Hilfe. Wird sie den Verlust ihrer Liebesbeziehung hinter sich lassen können und neu anfangen?
Stine Pilgaard's Romandebüt "Meine Mutter sagt" aus dem Dänischen übersetzt von Hinrich Schmidt-Henkel ist für mein Empfinden insofern etwas eigenwillig, dass ihre Romanhelden keinen Namen trägt. Und trotzdem erzählt sie authentisch und nachempfindbar, was es heißt aus heiterem Himmel von dem Menschen, den/die geliebt wird getrennt zu werden. Sie ist wie auf Liebesentzug, eine Droge, die ihr nun fehlt. Von Euphorie in ein tiefes dunkles Loch gestürzt.
Obwohl mich die "Seepferdchenmonologe" ein wenig genervt haben, fand ich den übrigen Roman sehr unterhaltsam und stellenweise auf absurde Art äußerst lustig.

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Veröffentlicht am 26.11.2022

Sterbliche Menschen & humanoide Geschöpfe

Die Angestellten
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Diese beiden Lebensformen sind "Die Angestellten" um die es sich im gleichnamigen Roman von Olga Ravn dreht (aus dem Dänischen übersetzt v. Alexander Sitzmann).
Lange Zeit arbeiten sie kollegial miteinander ...

Diese beiden Lebensformen sind "Die Angestellten" um die es sich im gleichnamigen Roman von Olga Ravn dreht (aus dem Dänischen übersetzt v. Alexander Sitzmann).
Lange Zeit arbeiten sie kollegial miteinander auf dem 6000er-Schiff. Einige Menschen verlieben sich sogar in humanoide, empfinden Freundschaft für einige solche.
Auch die erschaffenen Kollegen, welche über Updates kontrolliert werden, entwickeln menschliche Empfindungen, Wünsche und Sehnsüchte. Und sie sind auch schon in der Lage eigene Entscheidungen zu treffen.
Die Gegenstände auf dem Raumschiff haben seltsame Eigenschaften und auf beide Spezies verschiedenen Einfluss.
Kern dieses Programmes scheint die Leistungsoptimierung in der Produktion zu sein.
Doch dann kommt es zu einem schockierenden Zwischenfall in der Kantine. Wie soll es mit dem Schiff und seiner Besatzung weiter gehen?

Die Autorin behandelt in ihren eher prosaisch erzählten Roman ein Thema, welches unsere Gesellschaft immer wieder bewegt: humanoide Robotik. In Zeugenaussagen erzählen verschiedene Angestellte über ihr Leben und die Geschehnisse auf dem Raumschiff. Doch die Grenzen zwischen humanoid und menschlichem verschwimmen zunehmend. Und bald kippt die Kontrolle auf dem Schiff. Nur noch ein Ausweg ist möglich. Ich fand die Lektüre, obwohl nur 145 Seiten, sehr intensiv und musste das Gelesene zwischen durch sacken lassen. Auch thematisch ist der Roman sehr gelungen, obwohl ebendieses kein neues ist. Er hat sich für mich sehr philosophisch gelesen. Und ist insbesondere für Personen von Interesse, welche sich gerne mit künstlicher Intelligenz beschäftigen.

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Veröffentlicht am 27.10.2022

Willkommen in der Welt der Dating-Apps

Gespenster
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Nina ist gerade 33 Jahre alt geworden, Food-Bloggerin und Autorin. Sie steht fest mit beiden Füßen in ihrem eigenen Leben. Zu ihre Exfreund Joe hat sie ein freundschaftliches Verhältnis. Nun ist sie schon ...

Nina ist gerade 33 Jahre alt geworden, Food-Bloggerin und Autorin. Sie steht fest mit beiden Füßen in ihrem eigenen Leben. Zu ihre Exfreund Joe hat sie ein freundschaftliches Verhältnis. Nun ist sie schon einige Jahre Solo und wünscht sich wieder einen Partner. Ihre Freundin Lola ist schon länger auf einer Dating-App aktiv, nun möchte auch Nina dort ihr Glück suchen. Schnell kommt dort ein Match zustande. Max und sie verbringen etwa ein halbes Jahr sehr viel Zeit zusammen. Sie ist sehr glücklich und hofft, dass es ihm auch ernst ist mit der Beziehung. Und dann gesteht er ihr sogar seine Liebe, redet vom Heiraten. Alles könnte sooo schön sein. Doch nach seiner Offenbarung herrscht Funkstille, es ist als sei er plötzlich vom Erdboden verschwunden. Reagiert weder auf Anrufe von Nina oder meldet sich zurück. Wird sie ihn wieder sehen und Antworten auf ihre Fragen von ihm bekommen?

Dolly Alderton erzählt in ihren Roman "Gespenster" (übersetzt aus dem Englischen v. Eva Bonné) @atlantikverlag aus der Sicht einer Frau im besten Alter, was es heißen kann Solo zu sein, wenn gefühlt alle um dich Rum glückliche Beziehungen haben, heiraten und Kinder bekommen. Schnell fühlt sich ihre Protagonistin Nina einsam und ausgegrenzt.
Ich konnte mich sehr gut mit Nina identifizieren, denn auch ich habe vor über 7 Jahren eine Dating-App ausprobiert und würde auch geghostet. Des weiteren hat sich das Buch sehr kurzweilig lesen lassen und oft war es sehr unterhaltsam. Das einzige was ich zu kritisieren habe ist, dass es in der Geschichte so dargestellt wird, als würden nur Männer Ghosting betreiben. Aus meinem Freundeskreis weiß ich jedoch, dass auch immer wieder Frauen dieses Verhalten ihren Dates gegenüber zeigen.
Ich denke, der Roman wird vor allem für Menschen interessant sein, welche selbst Erfahrungen mit Dating-Apps gemacht haben. Die werden sich hier auf die eine oder andere Weise wiedererkennen.

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Veröffentlicht am 27.10.2022

Die Geheimnisse des Attilio Profeti

Alle, außer mir
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Damit hat Ilaria nicht gerechnet. Als sie Heim kommt Sitz vor ihrer Tür ein junger Äthiopier und behauptet ihr Neffe zu sein. Schon aufgrund seiner Hautfarbe scheint dies ein Scherz zu sein. Doch er spricht ...

Damit hat Ilaria nicht gerechnet. Als sie Heim kommt Sitz vor ihrer Tür ein junger Äthiopier und behauptet ihr Neffe zu sein. Schon aufgrund seiner Hautfarbe scheint dies ein Scherz zu sein. Doch er spricht ausgezeichnet Italienisch und erzählt eine absolut glaubhafte Geschichte. Als Ilaria ihre Mutter darauf anspricht, sagt diese: "Du musst nur suchen." Und sie Sucht in der Stadtbibliothek den Namen ihres Vaters Attilio Profeti. Der ist inzwischen weit über 90 und mehr oder weniger ein Pflegefall, das Gedächtnis ist auch schon recht lückenhaft. Ilaria's Suche jedoch bringt sie weit zurück in die Vergangenheit, in die 1930er Jahre. Damals hat das faschistische Italien versucht das heutige Äthiopien zu kolonisieren. Doch was hat ihr Vater mit all dem zu tun gehabt? Warum wusste sie davon nichts?

Was hier als zum Teil als absurdkomischer Familienroman beginnt entwickelt sich zunehmend zu eine belletristische Erzählung über Kolonialgeschichte. "Alle, außer mir" von Francesca Melandri (aus dem Italienischen übersetzt von Esther Hansen) ist sehr ausschweifend und dennoch fesselnd geschrieben. Jedoch dominieren recht schnell die alten Kriegsverbrechen Italiens in Afrika die Handlung, Ilaria und ihr Besuch rücken in den Hintergrund. Das Buch ist nichts für zartbeseitete Personen. Thematisiert werden hier neben Faschismus und Rassismus auch der Einsatz von Giftgas, Konzentrationslagern und noch viele weitere Gräueltaten der damaligen italienischen Besatzung in Afrika. Und obwohl es sich hier um einen Roman handelt, habe ich doch etwas an Geschichtswissen dazu gewonnen. Denn über die Kolonisierungsversuche Italiens in Afrika wusste ich bis heute gar nichts, u.a. würde es zu meiner Schulzeit gar nicht behandelt.
Schon aus diesem Grund halte ich Melandri's Roman für äußerst lesenswert.

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Veröffentlicht am 30.08.2022

Über familiäre Verluste und tiefsitzende Ängste

Es gibt keine Wale im Wilmersee
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Die Ich-Erzählerin in "Es gibt keine Wale im Wilmersee" von Laura Dürrschmidt aus dem @eccoverlag nimmt mich sofort mit in ihre Erinnerungen und wortkarge Familie.
Seit dem Verlust der Zwillingsschwester ...

Die Ich-Erzählerin in "Es gibt keine Wale im Wilmersee" von Laura Dürrschmidt aus dem @eccoverlag nimmt mich sofort mit in ihre Erinnerungen und wortkarge Familie.
Seit dem Verlust der Zwillingsschwester Alice im zugefrorenen Wilmersee vor vielen Jahren spricht die Erzählerin nur noch wenig. Auch ihr eigener Name ist damals im See verloren gegangen. Als dann auch nach einander die Eltern die Familie verlassen, sind da nur noch der Bruder August und die Schwester Ingrid. Die Namenlose zieht sich sehr in sich zurück bis die geheimnisvolle Jora in ihr Leben tritt und und Fragen stellt. Kann Jora das Schweigen der Familie brechen und diese von ihrem Trauma erlösen? Werden die Eltern zurück kehren? Und welches Geheimnis verbirgt Jora?

Laura Dürrschmidt's Roman erzählt auf einnehmende Weise von den Folgen des plötzlichen Verlustes eines Familienmitgliedes. Die gesamte Familie ist traumatisiert. Da sind Schuldgefühle und Angst. Eltern, die völlig überfordert sind. Geschwister, welche alle auf ihre ganz individuelle Art damit fertig werden (müssen).Jora scheint eine Türöffnerin zu sein. Bringt die Geschwister zusammen. Versucht die Familie mit einander zu versöhnen. Doch ob es ihr gelingt bleibt bis zuletzt offen. Und das Ende der Geschichte hat mich überrascht.
Ich kann diesen faszinierenden und tiefgreifenden Roman sehr empfehlen 🤗

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