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Veröffentlicht am 27.11.2022

Coming of Age Geschichte mit Gruselelementen

Die Legende von Sleepy Hollow - Im Bann des kopflosen Reiters
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Achtung: Ich kann diese Rezension leider nicht schreiben, ohne einen der ersten Plottwist des Romans bezüglich Protagonist Ben zu verraten. Wenn ihr euch also überraschen lassen wollt, lest bitte nur das ...

Achtung: Ich kann diese Rezension leider nicht schreiben, ohne einen der ersten Plottwist des Romans bezüglich Protagonist Ben zu verraten. Wenn ihr euch also überraschen lassen wollt, lest bitte nur das Fazit.



Von Christina Henry habe ich ja nun schon mehrere Bücher gelesen. Daher wanderte auch ihr neustes Werk zugleich auf meine Leseliste

Zurück in Sleepy Hollow
The Legend of Sleepy Hollow von Washington Irving 1820 veröffentlicht, gilt als eine der ersten Kurzgeschichten der amerikanischen Literatur. Ein echter Klassiker also, den Christina Henry hier adaptiert, wobei das vielleicht nicht ganz das richtige Wort ist. Vielmehr stellt Christina Henrys Horseman eine Ergänzung zu Irvings Erzählung dar. So lässt sie alle Ereignisse aus der Originalerzählung nahezu unverändert stehen und knüpft ihre Geschichte 30 Jahre später an. Tatsächlich fühlt sich diese Verbindung relativ nahtlos und passend an, da die Autorin immer wieder ihre Figuren die Geschehnisse aus Irvings Erzählung rekapitulieren lässt, Verbindungen herstellt
Dazu kommt eine gelungene und atmosphärische Beschreibung des verschlafenen, doch auch mythischen Sleepy Hollow, in dem Abseits vom restlichen Amerika des 19. Jahrhunderts die Uhren anders zu laufen scheinen und in dem Aberglaube und das Zusammengehörigkeitsgefühl als Dorfgemeinschaft noch andere Dimensionen hat, als im restlichen Land. Den Roman zu lesen fühlt sich wie ein zurückkommen in das geheimnisvolle Örtchen an und Christian Henry gelingt es hervorragend, diese aus der Zeit gefallene Gemeinschaft zu schildern, ihre Eigenarten und Marotten demdie Leserin näherzubringen und die dunklen Wälder bedrohlich und geheimnisvoll erscheinen zu lassen.
 
Eine Coming of Age Geschichte
Und an diesem verwunschenen Ort aufgewachsen ist Protagonist Ben, mit dem uns Christina Henry gleich im zweiten Kapitel ein Plottwist beschert, denn Ben ist eigentlich Bente und biologisch als Mädchen zur Welt gekommen. Ich gebe gerne zu, dass mich die Tutorin hier echt erwischt hat und dieser Twist mich überrascht hat, so beginnt ein Buch schon mal vielversprechend.
Es zeigt sich auch ziemlich schnell, dass Bens Kampf um Anerkennung als Junge , aber auch seine eigene innere Suche nach Identität einen großen Raum in diesem Buch einnehmen. Es gibt zwar auch, ein paar schaurige Stellen und Magie, die am Werke ist, doch in vielerlei Hinsicht ist Henrys Die Legende von Sleepy Hollow vor allem eine Coming of Age Geschichte. Das kann enttäuschen, wenn man sich auf ein richtig grusliges Horrorbuch eingestellt hat, ist aber objektiv betrachtet nicht schlecht gemacht und liest sich durchaus ebenfalls spannend. So kommt es auch, dass der sagenumwobene Reiter deutlich weniger Präsenz hat, als man annehmen würde, wenngleich er gerade zum Ende trotzdem eine zentrale Rolle erfüllt. Das ist jetzt alles nicht, was ich als besonders gut, oder besonders schlecht werte, ich erzähle es euch einfach, damit ihr wisst, was euch erwartet und nicht allein von falschen Erwartungen her enttäuscht seit. Denn insgesamt hat mir die Handlung doch recht gut gefallen, auch wenn es in eine andere Richtung ging, als gedacht. Die Vorhersehbarkeit, was die Mysterien um die Identitäten von Reiter und Monster im Wald angeht, und ein ziemlich schwacher Antagonist, der seinen eigenen Worten nach einfach böse Dinge tut, weile er eben böse ist, machen das Buch zwar zu keinem Highlight, konnten im Großen und Ganzen aber dennoch unterhalten.
 
Was es heißt ein Mann/Junge zu sein
Leider gab es auch etwas, was mir gar nicht zugesagt hat, und das ist, wie in diesem Buch Rollenbilder idealisiert werden. Denn während die Autorin zwar mit ihrem Transgender Protagonist eine zeitgemäße Auseinandersetzung anstrebt, zementiert sie im restlichen Buch Klischeerollenbilder. Und dabei rede ich nicht von den Reaktionen in Bens Umfeld, diese sind in einem amerikanischen Dorf des 19. Jh. ja kaum anders zu erwarten, vielmehr waren es Bens eigene Gedankengänge, die mir sauer aufstießen. Für Ben heißt ein Junge zu sein, stark, mutig und furchtlos (selbst bei offensichtlicher Gefahr) zu sein, auf keinen Fall je zu weinen und Probleme mit den Fäusten zu lösen. Dieses ermüdendes Rollenbild des starken Mannes wird kommentarlos idealisiert. Das Weibliche hingegen wird mit schwach, emotional, albern, oberflächlich und schwätzerisch etc. verbunden. Bens Gedankengänge drehen sich ständig darum, nur ja nicht feige wie ein Mädchen zu sein, der Großvater, der das Rollenbild des starken, mit den Fäusten denkenden Mannes erfüllt, wird bis zum Gehtnichtmehr idealisiert. Das alles hätte ich mit Zähneknirschen Ben als 14-jährigen noch durchgehen lassen, wenn nach dem Zeitsprung mehr Einsicht gekommen wäre, doch auch als Erwachsener hält Ben an diesen Rollenbildern fest, was ich sehr schade fand. Wenn man sich die Freiheit nimmt, einen Transgender Charakter ins 19. Jh. zu setzten, hätte man es ja wenigstens komplett durchziehen können.

Fazit:


Das Buch ist gerade in der Beschreibung des Dorfes Sleepy Hollow und des Waldes sehr atmosphärisch, liest sich flott durch und kann unterhalten, solange man sich auf eine Coming of Age Geschichte mit Gruselelementen statt eines reinen Horrorbuches einstellen kann. Punktabzug gibt es aber für sehr ermüdende Rollenklischees in Bezug auf idealisierte Männlichkeit.

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Veröffentlicht am 27.11.2022

Chinesisch-malaiische Mythen und Mystik aus dem Jenseits

Schattenbraut
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Vor zwei Jahren las ich Nachttiger von Yangsze Choo. Das Buch hatte mich schwer begeistert und ich war damals mehr als enttäuscht, dass das Debütwerk der Autorin The Ghost Bride nicht auf Deutsch erhältlich ...

Vor zwei Jahren las ich Nachttiger von Yangsze Choo. Das Buch hatte mich schwer begeistert und ich war damals mehr als enttäuscht, dass das Debütwerk der Autorin The Ghost Bride nicht auf Deutsch erhältlich war. Umso erfreuter war ich, als ich im Goldmann Herbstprogramm nun doch endlich die Übersetzung entdeckte und wollte es natürlich sofort lesen.

Faszination Malaysia
Wie schon in Nachttiger entführt uns Yangsze Choo erneut ins historische Malaysia, wenngleich dieses Mal nicht in die Zeit des Swing, sondern gut 50 Jahre weiter zurück ins Ende des 19. Jh. Die 17-jährige Li Lan lebt in Malakka, eine Stadt, die zu dem Zeitpunkt zwar ihre Blütezeit als Königin des Gewürzhandels schon hinter sich hat, aber immer noch ein Schmelztiegel zwischen Niederländern, Portugiesen, Chinesen, Briten und Malayen ist. Besonders die ausgewanderten Chinesen haben viel von ihrer Kultur in Malaya, so der historische Name des Landes, in der neuen Heimat etabliert und eine faszinierende Mischkultur zwischen chinesischen Ahnenkult und malayischem Folklore erschaffen und wie auch schon in Nachttiger gelingt es Yangsze Choo wieder hervorragend den/die Leser/in an die Hand zu nehmen und in diese einzigartige Welt eintauchen zu lassen. Das ist nicht nur spannend zu lesen, man lernt auch eine ganze Menge über Malakka und Malaya, zwar wirkt das manchmal etwas zu gewollt eingeschoben und Li Lan muss meist als Erklärbär herhalten, dennoch fand ich diese Einblicke sehr interessant.

Vom Diyu, Geisterhochzeiten und Höllengeld
Wie Titel und Klapptext schon vermuten lassen, spielt der chinesische Glaube des Jenseits eine wichtige Rolle in dem Buch. Allzu genau möchte ich auf die Handlung gar nicht eingehen, da es mehr Spaß macht es mit Li Lan zusammen zu entdecken, nur so viel sei gesagt: Im Vergleich zum Nachttiger wo die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwommen und unklar waren, wird es hier doch konkret mystisch. Wer also so gar nichts mit Übernatürlichem anfangen kann und einen reinen historischen Roman erwartet hat, wird es eventuell schwer mit dem Buch haben. Ich würde jetzt so gern euch von Li Lans Abenteuer im Einzelnen erzählen, aber ich glaube wirklich, dass es in diesem Fall am besten ist, mit null Vor-Erwartungen an das Buch ranzugehen, also verzeiht, dass ich so wage bleibe.
Auf jeden Fall kann ich nur wiederholen, dass man so einiges lernt, speziell über die chinesischen Vorstellungen vom Jenseits, der Ahnenverehrung und den Gebräuchen rund um die Toten. An dieser Stelle möchte ich auch den kleinen Anhang loben, der einige Dinge aus dem Buch in den dazugehörigen historischen/kulturellen Kontext setzt und den ich sehr aufschlussreich fand.

Kommen wir nochmal auf den Inhalt zurück, denn ich mag zur Handlung nicht viel verraten können, aber ich kann euch ein bisschen was über Protagonistin Li Lan erzählen. Tatsächlich brauchten wir beide etwas, um miteinander warm zu werden. Li Lan ist eine kluge und sympathische junge Frau, ist aber bedingt durch ihre zeittypische isolierte Kindheit auch etwas naiv. Dass mein persönlicher Geduldsfaden mit naiven Charakteren recht kurz ist, war der Grund, warum ich etwas brauchte, um Li Lan zu mögen, das fällt für mich aber nicht als Kritikpunkt aus, da es glaubhaft und authentisch ist, warum Li Lan so ist, wie sie ist. Es ist also eher eine Geschmackssache, als ein Kritikpunkt. Letztendlich macht Li Lan aber auch eine Entwicklung im Laufe des Romans durch, das hat mir gut gefallen.

Fazit:


Mit Schattenbraut entführt uns Yangsze Choo erneut in eine faszinierende und beeindruckende Welt voller Mystik und Folklore und lässt das vergangene Malaya lebendig wiederauferstehen, sodass man schnell in den Bann gezogen wird. Lediglich zur Mitte des Buches hin hätte das Tempo etwas zügiger sein können, trotzdem hat mich das Buch sehr gut unterhalten und ich freue mich darauf, mehr von der Autorin zu lesen (ein dritter Roman steht wohl in den Startlöchern, hurra).

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Veröffentlicht am 27.11.2022

Klassische High Fantasy mit tollen Charakteren

Das Reich der Asche - Realm Breaker 1
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Victoria Avayard kennen die meisten als Autorin der bekannten Jugendbuchreihen “Die rote Königin” (Red Queen). Schon diese hatte mir ganz gut gefallen, daher war ich sehr gespannt auf dieses neues Buch ...

Victoria Avayard kennen die meisten als Autorin der bekannten Jugendbuchreihen “Die rote Königin” (Red Queen). Schon diese hatte mir ganz gut gefallen, daher war ich sehr gespannt auf dieses neues Buch und ob die Autorin sich tatsächlich vom Jugendbuchstil lösen kann.
 
Allwacht
Wie so oft möchte ich mit dem Worldbuild beginnen, denn dieses hat mir ausgesprochen gut gefallen. Aveyard hat hier, wie es für High Fantasy typisch ist, eine recht große und detailliere Welt entworfen, die sehr unterschiedliche Regionen und Kulturen aufweist und dadurch für mich sehr interessant war. Es gibt Reiche, die ans europäische Mittelalter angelehnt sind, andere beziehen ihre Inspiration offenbar aus dem arabischen Raum, der Mongolei, Indien oder Skandinavien. Diese Vielfalt mochte ich und ich wäre mehr als bereit, Allmacht noch weiter zu bereisen, als es bereit sind diesem ersten Band getan wird.
Zugegeben auf den ersten Seiten brauchte es etwas, um z.B. die eigentümliche Bezeichnung Spindel als eine Art Portal zu anderen Welten zu identifizieren, aber aus dem Kontext heraus erschließen sich solche Begriffe nach einer Weile, daher nur Geduld, es klärt sich schon auf.

6 Helden? die auszogen, die Welt zur retten
Soviel zum Handlungsort. Kommen wir zu den Charakteren. Im Verlauf der Handlung findet sich mehr oder weniger freiwillig eine Truppe von sechs zusammen, um Allwacht vor dem drohenden Untergang zu retten. Dabei stoßen wir auf sehr genretypische Charaktere, wie Assassinin Sorasa, Kopfgeldjägerin Siegel oder Knappe Andry. Diese tun genau das, was man von dieser Art von Charakter erwartet: Sorasa ist geheimnisvoll, tödlich, sarkastisch, Siegel raubeinig und stark und Andry edel, treu und mutig. Ihren Beitrag zur Gruppendynamik erledigen sie so zwar gut und unterhaltsam, besonders einfallsreich sind diese Charaktere aber nicht. Zum Glück besteht unsere Heldentruppe nicht nur aus solchen Fantasyklischees. So mögen Piratentochter Corayne, Prinz Dom und Fälscher Charlie auf den ersten Blick auch typische Fantasy Narrative bedienen, weichen in ihren Charakterzügen aber stärker davon ab, als Soasa und Andry. Mein heimlicher Liebling war jedoch die alte Valtik, die ich als erfrischen anders und sehr, sehr unterhaltsam fand. Würde das Buch je verfilmt werden, würde ich wahrscheinlich die Hälfte der Zeit Valtik beobachten, die sehr wahrscheinlich im Hintergrund rumlaufen und allerhand kurioses anstellen würde.

Nun ist bei solch einer Fantasyquest Geschichte die Gruppendynamik zwischen den Charakteren sehr wichtig. Zum Glück kann man in dieser Hinsicht bei Realm Breaker nicht meckern. Die Charaktere sind individuell genug, um sie klar voneinander zu unterscheiden, funktionieren aber trotzdem gut zusammen. Zum Glück wird auch auf allzu viel Romantik verzichtet. Es zwischen sich zwar zwei Ships ab, doch das nimmt nicht allzu viel Raum ein und tatsächlich feiere ich einen dieser Ships auch ziemlich (der andere ist meh).

Ein kleines Aber
Die Handlung folgt dem typischen Quest Muster: Die Welt steht vor dem Untergang, also werden die nötigen individuellen “Helden” eingesammelt um zu versuchen das Böse aufzuhalten. Das erfindet das Rad sicher nicht neu, wird aber von der Autorin trotzdem unterhaltsam umgesetzt. Und es hat ja einen Grund, warum diese Art von Geschichte seit Ewigkeiten funktioniert und mit ihren Charakteren und den Details im Worldbuilding zeigt Aveyard für mich ausreichend Individualität, sodass ich trotz bekannter Muster nicht das Gefühl hatte, etwas “verbrauchtes” zu lesen. Und mit einem Plottwist in Bezug auf die Gegenspieler, konnte sie mich sogar erwischen.
Ebenfalls angenehm fand ich die Komplexität der Welt und Handlung. Aveyard ist es hier tatsächlich gelungen, sich vom Jugendbuch zu lösen und echte High Fantasy zu schreiben inklusive der Kinderkrankheit, von der dieser oft begleitet wird: ein langsamer Handlungsaufbau. Wer viel Epic und High Fantasy liest, wird daran gewöhnt sein, denn in diesem Genre gibt es da noch ganz andere Kaliber, dennoch komme auch ich nicht ganz umhin zu sagen, dass an der ein oder anderen Stelle das Tempo ruhig hätte angezogen werden können.

Fazit:


Victoria Aveyard löst sich sichtlich von ihrem Jugendbuch Stil und schreibt waschechte High Fantasy inklusive deren Stärken (spannender Quest, mit tollen Charakteren) und Schwächen (langsamer Handlungsaufbau). Insgesamt konnte mich dieser Dilogie Auftakt aber durchaus überzeugen und unterhalten und ich freue mich sehr auf Band zwei.

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Veröffentlicht am 27.11.2022

Leben mit der Hexe im Wohnzimmer

Hex
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Letztes Jahr konnte mich Echo von Thomas Olde Heuvelt überzeugen, daher stand für mich fest, dass ich auch sein Debütwerk Hex lesen wollte, gesagt, getan.

Leben mit einer Hexe
Ein Punkt, der dieses Buch ...

Letztes Jahr konnte mich Echo von Thomas Olde Heuvelt überzeugen, daher stand für mich fest, dass ich auch sein Debütwerk Hex lesen wollte, gesagt, getan.

Leben mit einer Hexe
Ein Punkt, der dieses Buch von anderen abhebt, ist definitiv die Idee. Black Spring in New York könnte ein so idyllischer Ort sein. Inmitten von der Natur des Hudson Valley umgeben wirkt es wie das Paradies für Austeiger und jene, die ihre Familie fernab von Hektik aufzehen wollen. Wäre da nicht Katherine. Katherine, die vor 200 Jahren in Black Sping als Hexe gehängt wurde und seitdem das Dorf heimsucht. Da ihre zerstörerischen Kräfte gebannt sind, wirkt die Hexe gruselig, aber harmlos und die Bewohner von Black Spring arrangieren sich mit ihr. Oberste Priorität: Niemand außerhalb von Black Spring darf von der Hexe erfahren. In Zeiten von Globalisierung, Smartphones und Internet stellt das die Hex Truppe, die für den Schutz der Stadt vor Katherine zuständig ist, vor einige Herausforderungen.
Wie lebt man also, wenn der Albtraum aus den Gruselgeschichten mitten unter einen wandelt? Diesen Aspekt fand ich sehr faszinierend und Heuvelt hat ihn auch sehr detailliert ausgearbeitet. Es ist schon manchmal absurd, was die Dorfbewohner sich so einfallen lassen, damit Touristen (auf die das Dorf wirtschaftlich angewiesen ist) und andere Fremde nichts von der dorfeigenen Hexe mitbekommen. Und am Anfang des Buches wirkt die ganze Situation auch gar nicht so schlimm. Doch dann nimmt die Handlung ihren Lauf. Stück für Stück enthüllt Heuvelt, wie sehr die Dorfbewohner ihr Leben an Katherines Anwesenheit anpassen mussten, wie eingeschränkt sie wirklich sind und was ganz lustig und harmlos begann, wird von Seite zu Seite bedrückender und verstörender.

In dem langsamen aber stetigen Stimmungswechsel im Buch zeigt sich eine von Heuvelts Stärken: das Heraufbeschwören einer dichten Atmosphäre. So wie Katherine Black Spring in ihren Bann hält, wird auch der/die Leser/in immer mehr in den Bann gezogen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man mit dem zugegeben, etwas eigenwilligen Erzählstil Heuvelts zurechtkommt. Da ich Echo bereits gelesen hatte, wusste ich schon, was mich erwartet, aber ich kann auch verstehen, dass dieser Erzählstil nicht jedem zusagt. Der Autor lässt sich Zeit, der Horror schwebt eher als Damoklesschwert über allem und biss er ausbricht, verwendet Heuvelt viel Zeit darauf das Portrait einer Gemeinschaft zu zeichnen, die nur an der Oberfläche funktioniert. Man muss Geduld bei diesem Buch mitbringen, allerdings kann ich zumindest sagen, dass die bereits erwähnte Atmosphäre mich so einnahm, dass mir nicht langweilig wurde.

Wer ist das Monster?
Ist der erste Teil des Buches noch eher ein Psychodrama, in dem die Gesellschaft Black Springs unter Katherines Einfluss dargestellt wird, geraten die Dinge mit Fortschreiten der Handlung zunehmend außer Kontrolle, bis hin zur völligen Eskalation am Ende. Diese erst langsam beginnende und dann rasant fortschreitende Steigerung gefiel mir gut, wenngleich das Ende, dass sich in seinem Tempo im Vergleich zum restlichen Buch schon beinahe überschlug, an einigen Stellen etwas konfus war. Hier hätten kurze Atempausen gut getan.
Dafür hat mir das Spiel mit der Frage, wer das wahre Monster ist, Mensch oder Hexe, sehr gut gefallen. Ich kann natürlich nicht viel verraten, aber soviel sei gesagt: in dem Buch treffen wir sowohl auf übernatürlichem Horror, als auch die ganz nüchternen Abgründe menschlichen Tuns. Was am Ende der größere Horror ist, ist eine der Fragen, die in einem nach dem Lesen noch eine Weile nachhallen.

Lediglich ein Punkt, hat mir an dem Buch weniger zugesagt und das ist eine seltsame Fixierung auf Frauenbrüste. Nicht nur, dass es in der Hinsicht zu einigen grotesken Situationen und eine mehr als bizzare Wahnvorstellung im Finale kommt, auch sprachlich stellt der Autor an den seltsamsten Stellen Metaphern und Vergleiche mit Brüsten her. Das wirke oft, um es modern zu sagen: einfach nur cringe.

Fazit:


Thomas Olde Heuvelts eigenwilliger Erzählstil polarisiert. Entweder man kommt überhaupt nicht damit klar, oder man wird, so wie ich, von der dichten Atmosphäre und der schrittweisen Steigerung des Horrors in den Bann gezogen. Hex überzeugt mit einer genialen Idee und dem detaillierten Porträt einer Dorfgemeinschaft, wo nicht klar ist, wer hier das eigentliche Monster ist.

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Veröffentlicht am 27.11.2022

Kapitalismuskritik mit Cyberpunk Flair

Cixin Liu: Die Versorgung der Menschheit
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Cixin Liu ist mir natürlich als Sci-Fi Autor ein Begriff und tatsächlich überlege ich schon seit längerem Mal etwas von ihm zu lesen. Bisher hat e sich dennoch noch nicht ergeben. Als ich dann entdeckte, ...

Cixin Liu ist mir natürlich als Sci-Fi Autor ein Begriff und tatsächlich überlege ich schon seit längerem Mal etwas von ihm zu lesen. Bisher hat e sich dennoch noch nicht ergeben. Als ich dann entdeckte, dass es im Splitter Verlag eine Graphic Novel Adaption seiner Kurzgeschichten gab, dachte ich mir, das ist doch der ideale Einstieg und setzte den neusten Band promt auf meine Leseliste.

Ein Profikiller mit Prinzipien
Zu der Handlung dieser Graphic Novel möchte ich eigentlich gar nicht viel mehr sagen, als im Inhaltstext steht, denn die Geschichte hält ein paar Plottwists bereit, die ich euch natürlich nicht verraten will. Überhaupt hat für mich ein großer Reiz beim Lesen dieses Comics ausgemacht, Stück für Stück die Hintergründe zu erfahren. Warum soll Auftragskiller Glattrohr bettelarme Menschen ermorden? Was hat es mit den ominösen Aliens auf sich, deren Schiff über der Erde schwebt? Fragen über Fragen und die Antworten darauf entfalten sich in einem erzählerisch sehr gut gemachten und actiongeladenem Abenteuer.

Begleiten tun wir Leserinnen dabei den Auftragskiller Glattrohr. Trotz seines zweifelhaften Berufs ist er bis zu einem gewissen Grad ein Mann mit Prinzipien und in mehreren Rückblenden erfahren wir auch, wie er zu dem Profikiller, geworden ist. Das heißt zwar nicht, dass man all seine Taten und Handlungen gut finden muss oder alles gerechtfertigt ist, trotzdem ist Glattrohr nicht völlig unsympathisch, zumindest ging es mir so. Durch die Rückblenden kann man gut nachvollziehen, was ihn bewegt hat, dies und jenes zu tun. Das machte ihn, trotz des beschränkten Rahmens einer 128 Seiten langen Graphic Novel zu einem authentischen und gut ausgearbeiteten Charakter.

Was ist Wohlstand?
Zurück zur Handlung. Darüber jetzt zu schreiben ist gar nicht so einfach, ohne zu spoilern, entschuldigt daher bitte, wenn dieser Part etwas kurz ausfällt. Erzählt wird die Geschichte auf mehreren Ebenen. Zum einen aus der Sicht Glattrohr auf der Erde und zum anderen aus der Sicht von Bewohnern eines weit entfernten Planeten. Was zunächst wie thematisch zwar zusammenhängend, aber sonst zwei sehr unabhängige Handlungsstränge wirkt, läuft am Ende gekonnt zusammen, wie genau ist eins der Dinge, die ich nicht sagen kann.
Das große Thema, dass beide Handlungsstränge bestimmt, ist der Kapitalismus und seine Folgen. Nun ist Kapitalismuskritik bez. Sozialkritik im Allgemeinen in der Sci-Fi nicht ungewöhnlich, nichtsdestotrotz sticht Cixin Lius in der Intensität, mit der diese Kritik in die Handlung eingewoben wird hervor. Lediglich das Ende hätte für meinen Geschmack noch etwas pointierter sein können. Da fehlte mir ein letzter “Knall” der noch lange nachhallt.

Cyperpunk Optik in satten Farben*
Zu guter Letzt möchte ich noch auf die Zeichnungen eingehen. Diese haben mir ausgesprochen gut gefallen. Besonders die Farben sind super gelungen. Das urbane Setting sticht in satten pink, lila, blau Tönen hervor, und vermitteln Cyperpunk Vibes, während im Kontrast dazu die Szenen auf dem fremden, ausgebeuteten Planeten in gedeckten Tönen gehalten sind. Aber auch darüber hinaus wird sich quasi de r gesamten Farbpalette bedient. Je nach Szene wechselt das Farbschema mitunter abrupt, passt aber immer erstaunlich gut zur Atmosphäre. Auf dem vom Splitter Verlag gewohntem hochwertigem Papier kommen all die satten Farben wunderbar zu Geltung und der Comic ist optisch wirklich ein Hochgenuss.

Fazit:


Meine erste Begegnung mit Cixin Lu in Form dieser Graphic Novel hat mir außerordentlich gut gefallen. Erzählerisch gekonnt präsentiert und optisch mit satten Farben super in Szene gesetzt, entfaltet sich eine Geschichte, die sowohl mit Action unterhalten kann, als auch mit ihrer Kritik am Kapitalismus zum Nachdenken anregt.

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