Die Hintergründe der Bibel
Auf die Frage, was die Bibel uns heutzutage noch zu sagen hat, geben mehr und mehr Leute die Antwort „Nichts“, während andere immer noch darauf bestehen, dass es sich dabei um eine getreuliche Schilderung ...
Auf die Frage, was die Bibel uns heutzutage noch zu sagen hat, geben mehr und mehr Leute die Antwort „Nichts“, während andere immer noch darauf bestehen, dass es sich dabei um eine getreuliche Schilderung der Realität handelt.
Der Anthropologe Carel van Schaik und der Historiker Kai Michel verfolgen hier einen ganz anderen Ansatz. Sie fragen nicht nach der theologischen Wahrheit, sondern betrachten sie als Möglichkeit, einen Blick auf die kulturelle Evolution der Menschheit zu werfen.
Sie stellen die These auf, dass die Bibel die Schwierigkeiten wiederspiegle, welche sich aus der neolithischen Revolution ergaben.
Tiefgreifende Wandlungen der sozialen Strukturen, nie dagewesene Krankheitsepidemien oder das Aufkommen von Despoten mit ungeheurer Machtfülle seien einige der Folgen gewesen, weshalb wir heute in einer Welt leben, für die wir nicht geschaffen sind. So soll etwa die Vertreibung aus dem Paradies gerade diesen Übergang zur Sesshaftigkeit symbolisieren, die Definition dessen, was als „unrein“ gilt, die Ausbreitung von Krankheiten eindämmen oder die Geschichten der Patriarchen Probleme bei der Erbfolge aufzeigen.
Vor allem die Niederschrift des alten Testaments zog sich über viele Jahrhunderte hin und zahlreiche ihrer Elemente dürften auf weitaus ältere mündliche Überlieferungen zurückgehen. Die Verfasser der Bibel rangen dabei immer wieder darum, althergebrachte Denkmuster mit neuen Entwicklungen in Einklang zu bringen, was dazu führte, dass viele Glaubensinhalte und insbesondere auch das Bild Gottes einer Reihe von Änderungen unterworfen waren.
Die Autoren folgen der Chronologie der Bibel (wobei der Schwerpunkt auf dem alten Testament liegt), beschreiben deren wichtigste Episoden und stellen ihre Interpretationen vor. Es gelingt ihnen dabei sehr gut, ihre Theorien plausibel zu machen.
Daneben fließen auch viele interessante Informationen beispielswiese zu historischen Entwicklungslinien oder zur psychischen Ausstattung des Homo sapiens ein.
Einige Aussagen werden allerdings ziemlich oft wiederholt, an manchen Stellen hätte man sich kürzer fassen können. Auch wirkte Einiges doch sehr spekulativ und ich hatte den Eindruck, dass das Leben der Jäger und Sammler etwas zu idyllisch geschildert wird.
Nichtsdestotrotz ist dieses Buch absolut lesenswert. Auch wenn sicher nicht alle Experten jedem Detail zustimmen werden, bietet es doch eine Reihe faszinierender Überlegungen. Vieles, was an der Bibel aus heutiger Sicht unlogisch oder widersprüchlich erscheint, wird dadurch besser verständlich.