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Veröffentlicht am 18.12.2022

Möge das Blut in Strömen fließen!

Die tausend Verbrechen des Ming Tsu
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Weil er sich in eine weiße Frau verliebt hat wird der asiatischstämmige Amerikaner Ming Tsu vom Vater der Braut misshandelt und in die Zwangsarbeit verkauft. Jahre Später, 1869, entkommt er dem Eisenbahnbau ...

Weil er sich in eine weiße Frau verliebt hat wird der asiatischstämmige Amerikaner Ming Tsu vom Vater der Braut misshandelt und in die Zwangsarbeit verkauft. Jahre Später, 1869, entkommt er dem Eisenbahnbau und beginnt einen grausamen Rachefeldzug gegen seine Peiniger. Fortan zieht er mit seinem Revolver bewaffnet und der Sehnsucht nach seiner Geliebten eine blutige Scheiße vom Großen Salzsee aus bis nach Sacramento. Dabei unterstützt wird er vom Propheten, ein Mann, der die Verkörperung der Weisheit ist, und unterwegs stößt er auch noch auf eine ungewöhnliche Zirkustruppe, mit der er sich den weiten Weg durch die trockenen Wüsten des Amerikanischen Westens teilt.

Dass auf dem Cover des Buches das Wort Thriller steht, habe ich von Anfang an nicht so ganz geglaubt. Dementsprechend habe ich das Buch auch nicht mit der Erwartung, einen Thriller zu lesen, in die Hände genommen. Viel mehr habe ich mir einen spannenden, leichten und unterhaltsamen Trip durch die Weiten Amerikas erwartet. genau das habe ich auch geboten bekommen. So würde ich den Schreibstil des Autors nicht gerade als literarisch oder poetisch bezeichnen, für dieses Buch ist es aber geradewegs perfekt. Denn der flotte und kurangebundene Stil geht Hand in Hand mit dem Spannungsbogen, den der Autor immer wieder neu aufzieht. Man hat mit dem Plan bzw. der Reise und dem Wiedersehen der beiden Liebenden eine ständige unterschwelle Spannung, da, die die Geschichte vorantreibt, vor allem aber jagt eine blutige Episode die nächste. Zwar mag dies nicht nach jedermanns Geschmack sein, für mich persönlich hat Tom Lin hier aber eine ausgewogene Mischung aus Spannung und Blutrünstigkeit geschaffen. Ein weiteres Element, dass mir sehr gut gefallen hat, war, dass Übernatürlichkeit und Magie in einem geringen, wenn auch essentiellen Maße eine Rolle gespielt haben. Sei es der Prophet, der in die Zukunft blicken kann, oder aber auch die Zirkustruppe, in der jeder der Artisten über eine besondere, magische Fähigkeit verfügt. Das ganze lockert die Tragik und Schwere des Mordens wieder auf.

Was mir allerdings gefehlt hat, war die Tiefe einerseits der Geschichte. Es geht wirklich nur rein ums Morden und die Reise durch die Wüste ist der einzige Handlungsstrang. Aber auch was die Charaktere angeht. So hätten diese meiner Meinung nach definitiv mehr vertragen. dadurch, dass diese recht flach konzipiert sind und kaum vielschichtig sind, geht einem beim Lesen deren Schicksal auch nicht besonders ans Herz. Zumindest war das bei mir so. Kurzum, die Geschichte hätte mehr geboten, ging zu schnell vorbei, und hat mich dabei vor allem von den Protagonisten her enttäuscht.

Dennoch ist das Buch wirklich unterhaltsam und vor allem ein Pageturner, der schnelle Unterhaltung gewehrleistet und für mich eine tolle Abwechslung geboten hat.

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Veröffentlicht am 28.11.2022

unterhaltsamer Südstaatenroman

Das Leuchten der Sehnsucht - Töchter der Freiheit
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Im Jahr 1859 tritt die junge Annie eine Stelle als Lehrerin auf der Prachtvollen Plantage Birch Island in South Carolina an. Für das Mädchen, dass ihre Kindheit und Jugend in Nebraska und New York verbracht ...

Im Jahr 1859 tritt die junge Annie eine Stelle als Lehrerin auf der Prachtvollen Plantage Birch Island in South Carolina an. Für das Mädchen, dass ihre Kindheit und Jugend in Nebraska und New York verbracht hatte, ist der luxuriöse Lebensstil des Südens eine komplett neue Erfahrung. Doch für eine Frau aus dem Norden ist es am Vorabend der Sezession nicht gerade leicht, den Drahtseilakt zwischen der Besonderen Institution und der abolitionistischen Einstellung des Nordens zu meistern. Hinzu kommen noch ihre Gefühle für einen der Söhne des Plantagenbesitzers, die sie nicht so ganz einzuschätzen weiß.

Ich griff zu dem Buch, mit dem Wunsch hier leicht und unkomplizierte Unterhaltung im Setting des untergehenden Südens zu erleben. Eigentlich habe ich auch genau das geboten bekommen, was ich mir erwartet hatte. Der Schreibstil des Buches ist flüssig, locker und leicht, eignet sich perfekt für diese bezaubernde Geschichte und trägt einen flott durch die Seiten. Hinzu kommt, dass eigentlich immer etwas los ist in der Geschichte. Annie stolpert von einem Fettnäpfchen ins nächste und ist immer drauf und dran, ihren Ruf zu ruinieren und ihre Anstellung als Hauslehrerin von Birch Island zu verlieren. Das ganze macht sie auf so sympathische Art und Weise, dass man nicht anders kann, als mit der jungen Frau mitzufiebern.

Zusätzlich dazu gibt es dann auch noch einen Handlungsstrang, der sich mit der jüngeren Schwester Annies auseinandersetzt, die in den fruchtbaren Ebenen Kansas' dabei ist, ihr Familienglück und ihre Farm gegen die politischen Unruhen des Landes zu verteidigen. Hierbei könnte man hin und wieder sogar schon fast glauben, in einem Western Roman gelandet zu sein, auch wenn die Ureinwohner des Kontinents mit keinem einzigen Wort erwähnt werden.

Was mir bei der Geschichte allerdings ein wenig aufgestoßen ist, ist, dass sich für unsere Protagonistin alles ein wenig zu einfach fügt. Aus jeder der vorhin erwähnten Bredouillen windet sie sich heraus, ohne von der aufgeheizten Meute der Sklavereibefürworter:innen aus dem Tiefen Süden gemeuchelt zu werden. Insgesamt scheint es auch so, als hätte man mit Annie solch eine Wucht an einnehmender Sympathie vor sich, dass sie sich fast mit jedem im Buch auftretenden Charakter sofort anfreundet. In der Geschichte wendet sich insgesamt zu viel und zu schnell hin zum Guten, was ein bisschen an der Authentizität der Geschichte kratzt.

Auch gelingt nicht ganz der Spagat zwischen "Annie kommt mit allen klar" und der Tatsache, dass die Handlung ein Jahr vor dem Zerfall der Union und zwei Jahre vor dem Beginn des Bürgerkrieges spielt. Immer wieder werden von der Autorin Probleme und politische Kontroversen, sowie tagespolitische Aspekte mit in die Geschichte eingewoben. So lesen wir beispielsweise auch über John Brown und Harpers Ferry und erfahren etwas über Bleeding Kansas, dennoch wird Annie trotz ihrer Herkunft aus dem Norden und ihres engen Kontakts mit den Sklav:innen der Plantage niemals politisch angefeindet. All die anderen Plantagenbesitzer, deren Töchter und viele mehr sehen in Annie die mutige und selbstbewusste Frau, vergessen dabei allerdings, dass besagte nicht so ganz in ihr Weltbild passt.

Insgesamt also ein gutes und vor allem unterhaltsames Buch für zwischendurch, dass mich trotz einiger eher mäßigen Aspekte begeistern und überraschen konnte.

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Veröffentlicht am 18.11.2022

Le Grand Est

Connemara
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Hélène scheint mit 40 Jahren das Leben zu führen, dass sie sich selbst in ihrer Jugend immer gewünscht hat. Sie ist erfolgreich, hat Karriere gemacht und ist der ostfranzösischen Provinz entflohen und ...

Hélène scheint mit 40 Jahren das Leben zu führen, dass sie sich selbst in ihrer Jugend immer gewünscht hat. Sie ist erfolgreich, hat Karriere gemacht und ist der ostfranzösischen Provinz entflohen und aus den dortigen Zwängen und Rollenbildern ausgebrochen. Doch trotz ihrer beiden Kinder ist die Frau nicht glücklich. Ihr Leben beginnt nimmt dann eine neue Richtung, als Christophe die Bühne betritt, der die Heimatstadt der beiden in Ostfrankreich nie verlassen hat und dort ein ruhiges Durchschnittsleben führt. Eine Affäre beginnt, die beide in die Vergangenheit zurückwirft und alte Wunden wieder ans Licht bringt.

Nicolas Mathieu erzeugt mit diesem Roman ein eindrückliches Bild des halbprovinziellen Lebens Ostfrankreichs und was es bedeutet, in einem immer währenden Kampf aus dem gewohnten Umfeld auszubrechen und in eine andere soziale Schicht aufzusteigen. Er seziert mittels Rückblenden, wie es für die beiden Charaktere war, aufzuwachsen und schließt dann mit der Handlung des Haupthandlungsstranges an und zeigt auf, womit Hélène und Christophe immer noch zu kämpfen haben. Dabei werden neben gesellschaftlichen Aspekten auch immer wieder ökonomische und vor allem politische Aspekte aufgerollt, sodass sich ein rundes Bild eines Ganzen ergibt.

Sprachlich verpackt der Autor das Ganze in ein vielschichtiges Konstrukt aus intensiven Beschreibungen von Umgebung und Lebensgefühl verpackt. dadurch reduziert sich das Lesetempo zwar, im Generellen ist es aber so, dass das Buch nicht durch ein hohes Tempo auffällt. Vielmehr ist es so, dass man sich auf ein intensives und genaues Studium der beschriebenen Leben einlässt. Dadurch bleibt wiederum Platz für die ausschweifende Sprache Mathieus aber auch für eine komplexe Ausgestaltung der Protagonist:innen. Gerade Hélène und Christophe glänzen durch ihre Authentizität und ihre Vielschichtigen Wesenszüge. und gerade auch, weil die beiden nicht perfekt sind, das ganze Buch über Dinge tun, die an anderen Stellen von der Gesellschaft verurteilt werden würden, wirken sie viel perfekter als manch andere Figur in einem Buch.

Insgesamt also eine intensive und bunte Erfahrung, auf die man sich allerdings einlassen können muss, Zeit und Ruhe dafür aufwenden können muss.

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Veröffentlicht am 03.09.2022

nichts für schwache Nerven

Die Züchtigung
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Marie wuchs in der Zwischenkriegszeit im ländlichen Oberösterreich auf. Ihre Kindheit ist geprägt von Emotionaler Vernachlässigung und einem Vater, der sie mit brutalster Gewalt behandelt. Mittlerweile ...

Marie wuchs in der Zwischenkriegszeit im ländlichen Oberösterreich auf. Ihre Kindheit ist geprägt von Emotionaler Vernachlässigung und einem Vater, der sie mit brutalster Gewalt behandelt. Mittlerweile ist sie aber erwachsen geworden und hat eine eigene Familie gegründet. So soll ihre Tochter Vera ein besseres Leben haben, als sie selbst es gehabt hat. Doch für Maries ist der einzige Weg, den sozialen Aufstieg ihrer Tochter zu gewährleisten, Dankbarkeit und Anstand in diese hinein zu prügeln.

Die Thematik der häuslichen Gewalt ist der Grund, warum ich zu diesem Buch gegriffen habe, denn häusliche Gewalt hat nicht immer die gleiche Form, reicht von Gewalttätigkeit bis hin zu emotionaler Misshandlung. In diesem Buch bekommt man dann aber die volle Dröhnung. Es gibt außer der Lebensgeschichte von Marie und Vera keinen anderen Plot. So wird man beim Lesen nur durch die umfangreiche Charaktergestaltung der beiden Frauen und der ständig wiederkehrenden Beschreibungen der Misshandlung getragen. Diese waren dann aber auch extrem schwer zu ertragen, vor allem im Hinblick darauf, dass ich in dieser Thematik nicht ganz unbelastet bin. Hinzu kommen immer wieder Beschreibungen von Essstörungen und Suizidgedanken seitens Vera, die ein beklemmendes Gefühl auslösen.

Zugutehalten kann man Anna Mitgutsch aber, in welch präziser und akribischer Art und Weise sie ihre Figuren gestaltet hat. Zwar ist Maire grausam, dennoch nicht minder authentisch, vor allem, was die gesellschaftlichen Konventionen der Nachkriegszeit angeht. Auch zeigt sich immer wieder das Problem der unerkennbaren Wahrheit, bedingt durch die Perspektive. Die Geschichte, auch die der Kindheit und Jugend Maries, wird durch Vera beschrieben. Hier kollidieren immer wieder aber die Schilderungen von Marie mit denen anderer Mitglieder der Familie oder von Nachbarn. Dadurch wird besonders anschaulich, dass man einerseits Erzählungen zu emotionalen Themen nur bedingt Glauben schenken darf, aber auch, dass Außenstehende Dinge sehr oft anders, viel weniger problematisch wahrnehmen, als diese eigentlich sind.

Insgesamt hat Anna Mitgutsch ein lesenswertes Panorama über verlorenen Seelen in der Nachkriegszeit geschrieben, das von der Leserschaft Zeit, starke Nerven und einen langen Atem erfordert.

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Veröffentlicht am 14.08.2022

Spaziergang durch ein Wien der Vergangenheit

Isidor
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Shelly Kupferberg, die sich bisher mit dem Verfassen nichtliterarischer Texte befasst hat, arbeitet mit diesem Buch die Vergangenheit ihrer eigenen Familie auf, begibt sich auf Spurensuche danach, was ...

Shelly Kupferberg, die sich bisher mit dem Verfassen nichtliterarischer Texte befasst hat, arbeitet mit diesem Buch die Vergangenheit ihrer eigenen Familie auf, begibt sich auf Spurensuche danach, was war und was vielleicht für immer in Vergessenheit geraten zu sein scheint. Wir erleben aus ihrer Feder ein jüdisches Schicksal, dass einzigartig ist, und dennoch so viel mit Millionen anderen gemeinsam hat.


Ich war wirklich gespannt auf das Buch, da mich einerseits die Ausgrenzung von gesellschaftlichen Minderheiten im Generellen, das Schicksal der jüdischen Bevölkerung in diesem Fall, sehr interessiert. Auch versprach das Buch eine Zeitreise in ein Wien, das der Vergangenheit angehört. Diesen Spaziergang habe ich definitiv präsentiert bekommen. Ich kenne mich mehr oder weniger recht gut in Wien aus und war immer von kindischer Freude erfasst, wenn Straßennamen usw. fielen. Auch war der Lerneffekt durchaus gegeben, da man sehr viel über das Leben von assimilierten Jüd:innen erfährt aber auch Sidefakts, die mir bislang unbekannt waren, wie beispielsweise, dass der 2. Bezirk auch noch in der Zwischenkriegszeit eine bevölkerungsstarke jüdische Minderheit hatte.


Allerdings muss ich sagen, dass ich sprachlich mich ein wenig auf der Strecke gelassen gefühlt habe. Hier hätte das Buch definitiv mehr Tiefgang vertragen. Ich persönlich habe deutlich gemerkt, was die Autorin in einem Interview angegeben hat, nämlich, dass es ihr schwer gefallen ist, sich auf das Schreiben eines literarischen Textes einzustellen. So empfand ich das Buch ingesamt sprachlich recht trocken.


Tiefgang hätten meiner Meinung nach aber auch der Inhalt vertragen. Mir ist klar, dass die Autorin nicht mit Fiktion hantieren konnte. Dennoch empfand ich es so, dass die Handlung teilweise nur n der Oberfläche umherplätscherte.


Insgesamt aber dennoch ein lesenswertes und vor allem aber bedeutungsschweres Buch, auch wenn ich nicht unbedingt so weit gehen würde, es als Literatur zu bezeichnen.

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