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Veröffentlicht am 15.09.2016

Medizingeschichte(n) spannend erzählt

Schnitt!
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Der Autor, der selbst als Chirurg tätig ist, gibt hier eine interessante Einführung in sein Fachgebiet und dessen historische Entwicklung – von den Zeiten, als die blutige Tätigkeit der Chirurgen noch ...

Der Autor, der selbst als Chirurg tätig ist, gibt hier eine interessante Einführung in sein Fachgebiet und dessen historische Entwicklung – von den Zeiten, als die blutige Tätigkeit der Chirurgen noch als „Handwerk“ galt, von dem „seröse“ Ärzte sich eher fernhalten sollten, bis zu den heutigen High-Tech-Verfahren im Operationssaal.

In 28 Kapiteln nimmt er jeweils einen, meist prominenten, Patienten zum Ausgangspunkt seiner Schilderungen und berichtet, wie sich dessen Beschwerden und Symptome entwickelt haben und wie er behandelt wurde. Außerdem erklärt er, was wir heute über die entsprechenden Krankheiten wissen, wie hilfreich oder in manchen Fällen leider auch schädlich die damaligen Behandlungsversuche waren und was die „Kollegen“ hätten besser machen können.
Daneben werden auch immer wieder Informationen über unseren heutigen medizinischen Kenntnisstand, zu Fachbegriffen und deren Herkunft sowie zur Praxis der Arbeit eines Chirurgen eingeflochten.

Obwohl die Beiträge nicht chronologisch angeordnet sind, entsteht so ein anschaulicher und auch für Laien leicht verständlicher Überblick über Geschichte und Gegenwart der Chirurgie.
So kann man die im Laufe der Zeit erzielten Fortschritte, aber auch manch Sackgassen und Irrwege gut nachvollziehen, und, da hier immer die Schicksale konkreter Menschen im Mittelpunkt stehen, auch mit den Patienten und Ärzten mitfiebern.
Dabei ist es immer wieder erstaunlich, welch komplexe Eingriffe schon vor Jahrhunderten, ohne Narkose oder Desinfektionsmittel, durchgeführt und überlebt wurden, während andererseits Dinge, die uns heute ganz selbstverständlich erscheinen, wie beispielsweise eben die Notwendigkeit von Hygienemaßnahmen oder auch die eigentlichen Ursachen vieler Krankheiten, lange nicht erkannt wurden.

Der Schreibstil ist anschaulich und oftmals richtiggehend fesselnd, das Buch liest sich stellenweise fast wie ein Roman.

Für an Medizingeschichte Interessierte ist dieses Werk also absolut empfehlenswert!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Geschäfte und Intrigen

Die Pfeiler der Macht
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Im Mittelpunkt dieses historischen Romans steht die Bankiersfamilie Pilaster, deren Mitglieder als Eigentümer einer der größten Banken Englands zu den (einfluss)reichsten Persönlichkeiten der feinen Gesellschaft ...

Im Mittelpunkt dieses historischen Romans steht die Bankiersfamilie Pilaster, deren Mitglieder als Eigentümer einer der größten Banken Englands zu den (einfluss)reichsten Persönlichkeiten der feinen Gesellschaft zählen, deren Leben aber von Streitigkeiten und Intrigen bestimmt wird.
Die jüngsten Sprösse der Dynastie sind die Vettern Edward und Hugh, deren Persönlichkeiten unterschiedlicher nicht sein könnten. Während Hugh dank seiner Klugheit und seines Fleißes auf dem besten Weg ist, sich einen eigenen Namen in der Geschäftswelt zu machen, verdankt Edward seine Stellung hauptsächlich seiner Mutter Augusta, der jedes Mittel recht ist, ihre Ziele durchzusetzen, sowie seinem besten und einzigen Freund Micky, der skrupellos seine eigenen Pläne verfolgt.
Hughs Situation wird noch komplizierter, als er sich in die verarmte Maisie Robinson verliebt…

Die Geschichte dürfte gut recherchiert sein und ist von Beginn an fesselnd. Da aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, kann man sich gut in die Protagonisten hineinversetzen und auch bei den „Bösen“ nachvollziehen, was sie zu ihren Taten bewegt. Die Charaktere wirken vielschichtig und lebendig, nur Hugh wird etwas übertrieben überlegen und talentiert dargestellt.
Dieses Manko wird aber durch die spannende Handlung, die nebenbei auch viele interessante Themen anspricht, mehr als ausgeglichen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Abschied von alten Ideen

Welche wissenschaftliche Idee ist reif für den Ruhestand?
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Wie die anderen von John Brockman herausgegebenen Bücher zur Edge-Frage enthält auch dieses Werk wieder eine Fülle an spannenden und tiefgehenden Überlegungen.
Fast 200 Wissenschaftler aus den verschiedensten ...

Wie die anderen von John Brockman herausgegebenen Bücher zur Edge-Frage enthält auch dieses Werk wieder eine Fülle an spannenden und tiefgehenden Überlegungen.
Fast 200 Wissenschaftler aus den verschiedensten Disziplinen erklären hier, welche etablierte wissenschaftliche Idee beiseitegeschoben werden sollte, damit die Wissenschaft voranschreiten kann.
Es ist jedenfalls eine interessante Vorgehensweise, statt über neue Erklärungsansätze nachzudenken, erst mal unter den alten „aufzuräumen“.

Die jeweils ca zwei bis fünf Seiten langen Beiträge widmen sich dann ganz unterschiedlichen Themengebieten wie Physik, Biologie, Psychologie oder Mathematik.
Dabei fällt auf, dass hier immer wieder Denkweisen erwähnt werden, die als allgemein anerkannt gelten oder vielleicht sogar so selbstverständlich scheinen, dass sie den meisten gar nicht richtig bewusst sind.
So wird etwa der derzeit übliche Gebrauch von statistischen Daten oder sogar generell die Art, wie heutzutage Wissenschaft betrieben wird, hinterfragt, überlegt, ob Traurigsein wirklich immer schlecht und Glücklichsein immer gut ist oder deutlich gemacht, dass wir zu sehr dazu neigen, Lebewesen in „eindeutige“ Kategorien einteilen zu wollen – und vieles mehr.

Natürlich kann man manche Beiträge auch kritisch sehen, wenn sich gelegentlich der Verdacht aufdrängt, dass ein Autor eine Idee vor allem deswegen loswerden möchte, weil sie ihn in seiner eigenen Arbeit behindert oder mit seiner Weltanschauung kollidiert.

Aber es ist ja auch gerade der Sinn eines solchen Buches, Denkanstöße zu geben und zu Diskussionen einzuladen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Untergang der Republik

Dictator
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Der dritte Teil der Trilogie befasst sich mit dem letzten Abschnitt von Ciceros Leben sowie den letzten Jahren der römischen Republik. Es ist eine Zeit, welche zu einem entscheidenden Wandel in der antiken ...

Der dritte Teil der Trilogie befasst sich mit dem letzten Abschnitt von Ciceros Leben sowie den letzten Jahren der römischen Republik. Es ist eine Zeit, welche zu einem entscheidenden Wandel in der antiken Welt führen sollte, die hier aus der Perspektive eines ihrer prominentesten Vertreter geschildert wird, der während des Großteils dieser Jahre zwar keine offizielle politische Funktion bekleidete, nichtsdestotrotz aber an einigen Weichenstellungen beteiligt war, Erfolge feierte, doch auch viele bittere Niederlagen erdulden musste.
Cicero tritt als unerschütterlicher Verfechter der Republik auf – eine Haltung, die letztlich zum Scheitern verurteilt ist. Daneben gibt es auch in seinem Privatleben einige Turbulenzen.

Von all dem „spürt“ man beim Lesen allerdings relativ wenig, der Roman ist eher sachlich geschrieben. Für Liebhaber gefühlsbetonter Erzählungen ist dieses Buch also weniger empfehlenswert.

Dafür werden die historischen Hintergründe sowie die Atmosphäre des antiken Rom gut dargestellt und die wahre Dramatik von Situationen, die im Schulunterricht nur kurz (und meist überwiegend aus Sicht des Siegers) angesprochen werden, fassbar gemacht.

Der Autor hat offenbar sehr gründlich recherchiert und es ist ihm gelungen, geschichtliche Fakten zu einer packenden Handlung zu verknüpfen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Entwicklung der Sprache

Du Jane, ich Goethe
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Für die allermeisten von uns ist es ganz selbstverständlich, unsere Muttersprache zu sprechen und zu verstehen. Wie verschiedenartig und auf ganz unterschiedliche Weise komplex all die vielen Sprachen ...

Für die allermeisten von uns ist es ganz selbstverständlich, unsere Muttersprache zu sprechen und zu verstehen. Wie verschiedenartig und auf ganz unterschiedliche Weise komplex all die vielen Sprachen der Welt sind, wird uns meist erst bewusst, wenn wir uns daranmachen, eine Fremdsprache zu lernen – und dabei all den kompliziert aufgebauten Wörtern und Satzkonstruktionen sowie diversen (scheinbar) unlogischen Ausnahmen von der Regel begegnen, sodass bisweilen tatsächlich der Eindruck entsteht, es stecke eine zentrale Planung dahinter, als habe sich irgendwann ein Ältestenrat zusammengesetzt und beispielsweise über die diversen Verbendungen entschieden.
Doch so war es natürlich nicht. Guy Deutscher bezeichnet die Sprache zwar als die wichtigste Erfindung der Menschheitsgeschichte, mehr noch, als das, was uns erst zu Menschen gemacht hat. Einen einzelnen „Erfinder“ gab es jedoch nicht.

Dieses Buch befasst sich mit den Prozessen, durch welche sich im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende aus einfachen Anfängen all die komplizierten Strukturen herausgebildet haben, die wir nun beobachten können.
Der Autor begibt sich auf die Spurensuche nach all den Kräften der Erschaffung wie auch der Zerstörung, welche unsere Sprachen formten und bis heute wirksam sind, und stellt Lösungen für viele Probleme vor, die Linguisten seit langem beschäftigen. So erklärt er beispielsweise die Tatsache, dass seit den ersten schriftlichen Überlieferungen scheinbar nur ein Verfall der Sprache zu beobachten ist, keine Höherentwicklung, oder entwirft ein Szenario, wo die ungewöhnlichen Verbschemata der semitischen Sprachen ihren Anfang genommen haben könnten.

Die Lektüre konnte mich immer wieder dazu animieren, mir weiterführende Gedanken zum Thema zu machen, es ist schon erstaunlich, wie viel hinter manchen Begriffen oder Wendungen steckt, die wir tagtäglich gebrauchen, ohne jemals wirklich darüber nachzudenken.

Die Ausführungen sind sehr anschaulich und auch für Leute ohne Vorkenntnisse in Linguistik nachvollziehbar. Obwohl der Autor bisweilen wirkt, als wäre es sich seiner Sache etwas zu sicher bzw dazu neigt, über Schwierigkeiten in einem kurzen Nebensatz hinwegzugehen, ist dieses Werk als Einstieg in die Materie sicher wunderbar geeignet.

Und ein ganz großes Plus: Obwohl das Original in Englisch erschienen und daher in erster Linie auf die englische Sprache zugeschnitten ist, wurde die Übersetzung um viele Bezüge zum und Beispiele aus dem Deutschen ergänzt!