Eisig
Auf den Spuren einer früheren Expedition versuchen fünf Engländer im Jahre 1935 von Darjeeling aus über die Südwestflanke den Gipfel des Kangchenjunga im Himalayagebirge zu erklimmen. Damals sind einige ...
Auf den Spuren einer früheren Expedition versuchen fünf Engländer im Jahre 1935 von Darjeeling aus über die Südwestflanke den Gipfel des Kangchenjunga im Himalayagebirge zu erklimmen. Damals sind einige Bergsteiger verunglückt und so manch Einheimischer glaubt an einen Fluch, der über diesem Berg liegt. Aber nicht nur das, auch unter den Teilnehmern, insbesondere einem sehr ungleichen Brüderpaar, spitzt sich die Stimmung zu.
Ähnlich einem Tagebuch hat Michelle Paver ihren mystischen Roman über den Kangchenjunga und die Gruppe an Bergsteigern konzipiert: einerseits erzählt der Arzt Stephen Pearce die gesamte Situation aus seinem Blickwinkel, andererseits streut er natürlich seine Gedanken und Ängste direkt ein, sodass man schnell seine Bedenken gegenüber der Route und dem Streben seines Bruders Kits erkennt. Nicht nur medizinische Themen wie Erfrierungen und verschiedene Symptome der Höhenkrankheit, nein, auch Lawinen, Geröll und Geister von Verstorbenen spuken in seinem Kopf umher. Was hat sich damals, 29 Jahre zuvor, hier zugetragen und warum schweigt einer der Überlebenden, während ein anderer sich mit einem Buch ein Denkmal gesetzt hat?
Mit ruhigen Worten, jedoch nicht minder eindrucksvoll, begibt sich Michelle Paver mit der Stimme des Doktor Pearce auf die Spuren der Alpinisten, spürt deren Motivation nach, den Gipfel des dritthöchsten Berges der Welt zu bezwingen. Die Überheblichkeit mancher Sahib (Europäer) über die Sherpas (Lastenträger) wird ebenso geschildert wie die Strapazen des langsamen Aufstiegs, die Notwendigkeit der Akklimatisierung und der Aufnahme von Getränken und Nahrung, selbst wenn man keinerlei Appetit verspürt. Dazu kommt die Unstimmigkeit in der Gruppe, ob die Route über die Südwestflanke tatsächlich die beste ist und Stephens Bauchgefühl, dass irgendetwas nicht stimmt. Unterschwellige Bedrohungen, Bilder, bei denen man nicht weiß, ob sie real sind oder Einbildung – geschuldet dem Sauerstoffmangel – geschickt spielt die Autorin mit den Gefahren in solchen Höhen und lässt den Leser rätseln, welche Geheimnisse diese Geschichte umwehen.
Aufgrund der interessanten Sichtweise des Arztes liest sich dieser einzigartige Bergroman ziemlich rasch – und birgt auch am Schluss noch genug Raum für eigene Phantasien. Gerne empfehle ich dieses Buch weiter.
Titel Schneegrab
Autor Michelle Paver
ISBN 978-3-492-06345-6
Sprache Deutsch
Ausgabe Taschenbuch, 304 Seiten
ebenfalls erhältlich als e-book
Erscheinungsdatum 1. Dezember 2022
Verlag Piper
Originaltitel Thin Air
Übersetzer Karin Dufner