Zugegeben, meine Erwartungshaltung war trotz des Hypes um die Geschichte eher im mittleren Bereich angesiedelt. Ich habe mit einer beinah schon gewöhnlichen Romantasy-Story gerechnet und ich kann jetzt rückblickend auch sagen, dass ich mit dieser Einschätzung gar nicht mal so falsch lag. Rose Snow bedient sich an einigen bekannten Elementen, die uns auch in anderen Romanen bereits öfters begegnet sind; wie beispielsweise das Auslandsjahr inklusive neuer Schule und einem mysteriösen Typen – bzw. in diesem Fall sogar zwei mysteriöse Kerle. Oder aber die seltsamen Zwischenfälle, die auch nichts Neues sind. Das alles ist nichts besonderes; was jedoch überraschend für mich war, war die Tatsache, dass ich es trotzdem unendlich interessant und spannend fand. Denn das Autorenduo hat es geschafft, völlig neuartige und innovative Aspekte in das Bekannte einzuweben und so eine völlig erfrischende Storyline zu kreieren, die fesseln und mitreißen kann. So gefiel mir beispielsweise die magischen Elemente sehr gut; die sich wirklich vom Einheitsbrei abhoben und sehr interessant und detailreich dargestellt wurden. Ich persönlich bin einer solchen magischen Gabe jedenfalls noch nie begegnet und war sehr positiv angetan davon. Auch die Kulisse spielte der Handlung absolut in die Karten und brachte ein weiteres interessantes Element mit sich. Und wer hätte denn bitte je gedacht, dass mich sogar eine Dreiecksbeziehung jemals wieder begeistern könnte? In diesem Buch spielt die nämlich eine tragende Rolle und nimmt, neben der eigentlichen Story einiges an Platz ein. June und ihre beiden Cousins Blake und Preston. Während man meist eher auf ein nerviges Hin und Her trifft, war es im ersten Buch der Lügenwahrheit viel mehr ein unterhaltsamer zweiter Handlungsstrang, der mit humorvollen Dialogen, gefühlvollen Momenten und einem realistischen Gefühlschaos von Seiten June’s aufwarten kann. Ich behaupte sogar, dass dieses Buch ohne diese Dreiecks-Sache niemals so funktioniert und niemals diesen Charme entwickelt hätte, den ich so lieben gelernt habe.
Dabei wird aber sowohl die Haupt-Handlung wie auch diese Sache zwischen June, Preston und Blake eher etwas ruhiger erzählt wird und trumpft nur stellenweise mit temporeichen Szenen und actiongeladenen Plots auf. Das hat in meinen Augen aber auch komplett gereicht. Mir hat in dieser Hinsicht nichts gefehlt und trotz der gediegenen Momenten fühlte ich mich stets gefesselt und vor allen Dingen unterhalten – und niemals gelangweilt. Alles in allem also eine Handlung, die mich nicht komplett aus den Socken hauen konnte, aber doch genügend begeisterte, um schnellstmöglich Band 2 lesen oder hören zu wollen. Vor allem nach diesem überraschenden Ende, das mich so gar nicht mehr loslässt und weiterhin permanent beschäftigt.
Das Erzähltempo ist also, wie bereits erwähnt, etwas langsamer und trotzdem nicht minder spannend gehalten. Das Autorenduo Rose Snow schreibt sehr locker, sehr flüssig und das Abtauchen in June’s Welt und in das wunderschöne Cornwall fällt nicht weiter schwer. Ich kam sehr leicht und schnell voran und konnte mir die Charaktere, Szenen und die verschiedenen Settings wunderbar vorstellen und es gibt eigentlich nichts, was mir in der Hinsicht negativ aufgefallen wäre. Jedoch gibt es in gewisser Hinsicht auch nichts, was mir enorm positiv aufgefallen wäre. Der Schreibstil war gut, nicht bahnbrechend, aber doch sehr passend für die Zielgruppe und für die Geschichte an sich.
Marie-Isabel Walke hat eine tolle Stimme, die sich wunderbar für diese Art von Büchern eignet und obwohl sie mir noch lange nicht so vertraut ist wie andere, bin ich mir doch sicher, dass dieses Werk nicht das letzte war, was ich von ihr gehört habe. Mir gefiel vor allem ihre Betonung und ihre verschiedenen Tonlagen – sie konnte mir emotional berührende Szenen genau so gut und glaubhaft verkaufen, wie böse Streitereien zwischen den Figuren. Alles in allem also sehr passend für diesen Trilogie-Auftakt und ich freue mich, mir von Frau Walke auch die anderen beiden Bände vorlesen zu lassen.
June ist die perfekte Besetzung als Protagonistin. Zu Beginn treffen wir auf einen ganz normalen, leicht verunsicherten jungen Teenager, der nach Cornwall reist, um dort beim Onkel, den beinah fremd ist, zu leben. Dieser Schritt ins Ungewisse beschert der 17-Jährigen einige Zweifel; kein Wunder also dass auch Unsicherheit und Zurückhaltung aufkeimen. Erst im Laufe der Geschichte fängt June an langsam aufzutauen – nur um dann durch die aufkeimende magische Gabe wieder verunsichert zu werden. Ein großer Pluspunkt an der Stelle: June war nicht von jetzt auf gleich ein Profi, was ihre Gabe betrifft, sondern sie hat sich langsam und vorsichtig ran getastet, nicht ohne Rückschläge auskommen zu müssen. Selbst die Selbstzweifel, die ständige Frage, ob sie vielleicht verrückt wurde, fand ich enorm passend und sorgte für Lebendigkeit und Realismus. Trotzdem zeigt sie sich nach kurzem Eingewöhnen als schlagfertig, besonders im Umgang mit ihrem beiden Cousins. Auf die witzigen Dialoge und ausufernden Streitigkeiten untereinander wollte ich echt nicht verzichten. Kurz um: June ist hochgradig sympathisch, unendlich liebenswert und einfach authentisch und echt. Ihre Gedankengänge, Handlungen und Schlussfolgerungen waren vollkommen nachvollziehbar und realistisch; gut durchdacht und nicht kopflos. Bei ihr hatte einfach alles Hand und Fuß und gerade durch ihre Normalität eroberte sie mich Leser-Herz im Sturm.
Blake und Preston sind zwar Brüder, aber auf allen Ebenen grundverschieden. Während Blake mehr der Bad Ass Charakter ist, ist Preston dr zuvorkommende, höfliche Part. Beide hatten also ihre Vor,- und Nachteile und ich könnte mich für keinen entscheiden – weil sie beide Abwechslung ins Geschehen brachten und June’s Kopf ganz schön verdrehten – nur eben jeder auf seine eigene Art und Weise. Doch beide durchlebten, ebenso wie die weibliche Hauptfigur, eine Entwicklung, die mir sehr gut gefiel und die ich nicht als überzogen betrachtete.
Nebenfiguren, sofern vorhanden (ja es gibt hier tatsächlich recht wenige, wirklich wichtige Nebencharaktere), fand ich ausreichend dargestellt. Keiner bis auf Grayson und Lilli konnten mich richtig erreichen – aber das war auch gar nicht nötig. Mir reichte das, was geboten wurde total aus und ich freue mich einzig und allein auf die Protagonisten und auf die beiden neuen Freunde von June.
FAZIT:
„Ein Augenblick für immer – Das erste Buch der Lügenwahrheit“ von Rose Snow war unterhaltsam, interessant und durchweg spannend. Trotzdem gestehe ich, dass ich den Hype um diesen Auftakt nicht wirklich nachvollziehen kann. Für mich war das Buch sehr gut, nur eben kein Highlight. Dafür fehlte mir der große Wow-Effekt. Handlung, Charaktere, Schreibstil, Sprecherin, Humor – alles tiptop, aber für die 5 Sterne reicht es nicht. Vielleicht lag’s am Erzähltempo – wer weiß. Ich hab mich dennoch sehr gut unterhalten gefühlt und freue mich sehr auf Band 2 der Reihe. Für alle Romantasy-Fans gibt’s auf alle Fälle ne klare Leseempfehlung.