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Veröffentlicht am 10.12.2022

Tragödie in Schweden

Kalt und still
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Schon das Wort Polarkreiskrimi prädestiniert „Kalt und still“ um in der vierten Jahreszeit gelesen zu werden. Bei der Beschreibung von Temperaturen um minus 20 Grad und mehr, erscheint einem der deutsche ...

Schon das Wort Polarkreiskrimi prädestiniert „Kalt und still“ um in der vierten Jahreszeit gelesen zu werden. Bei der Beschreibung von Temperaturen um minus 20 Grad und mehr, erscheint einem der deutsche Winter plötzlich ziemlich harmlos.
Der Krimi trägt den Untertitel „Der erste Fall für Hanna Ahlander“, dabei ist Hanna zunächst einmal ein Charakter von vielen. In kurzen Kapiteln springt die Handlung zwischen unterschiedlichen Personen hin und her.
Da sind neben Hanna, die Teenager Amanda und Ebba, Amandas Eltern und der Polizist Daniel. Trotz der Vielzahl der Personen und den unterschiedlichen Problemen ist die Handlung zu keiner Zeit verwirrend und ich konnte mühelos den Überblick behalten.
Hanna trägt einige Päckchen mit sich herum. Vom Freund betrogen und von der Arbeitsstelle herausgemobbt, treibt sie ohne Ziel durch die Gegend. Sie ist ein Mensch, der auf mich sehr liebenswert und gewissenhaft wirkt und man ärgert sich, dass ihr so viel Unrecht widerfährt. Manchmal möchte man sie wegen ihrer kopflosen Alleingänge allerdings auch schütteln.
Generell fiel es mir leicht, die Charaktere zu mögen. Die Stimmung in dem kleinen Polizeirevier ist familiär und freundschaftlich. Man fühlt sich dort wohl, obwohl gerade ein Verbrechen passiert ist. Viveca Sten bietet genau die richtige Mischung aus Einblicken ins Privatleben und Ermittlungsarbeit um die Protagonisten kennenzulernen und Sympathien zu entwickeln.
Der Mord selbst ist unblutig und dennoch von einer schockierenden Brutalität. Alles an diesem Fall ist mysteriös und man muss einfach immer weiter lesen.
Die Autorin lässt in 500 Seiten keinen Moment der Langeweile aufkommen. Zum Schluss geht der Krimi richtig unter die Haut, da die Verkettung von Tragödien sehr betroffen macht. Ich fand „Kalt und still“ sehr gelungen und hoffe, dass weitere Bände in Deutschland erscheinen.

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Veröffentlicht am 03.12.2022

Völlig irre und spannend

Totenfrau
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Kurz bevor die Verfilmung von „Totenfrau“ startet, wollte ich noch den ersten Band lesen. Da ich bereits Aichners Bronski Reihe kenne, hatte ich eine ungefähre Ahnung, was mich hier in Sachen Schreibstil ...

Kurz bevor die Verfilmung von „Totenfrau“ startet, wollte ich noch den ersten Band lesen. Da ich bereits Aichners Bronski Reihe kenne, hatte ich eine ungefähre Ahnung, was mich hier in Sachen Schreibstil erwartet. Kurze Sätze und Dialoge wie Pingpong Bälle, lassen den Leser nur so durch die Seiten fliegen. Es beeindruckt mich, wie man sich einerseits so nüchtern und gleichzeitig so spannend ausdrücken kann.
Leichen pflastern den Weg von Brünhilde Blum. Nicht nur, weil sie Bestatterin ist, denn seit dem Mord an ihrem Mann Mark ist sie als Racheengel unterwegs. Mark war einem schrecklichen Verbrechen auf der Spur und nun tritt Blum in seine Fußstapfen.
Mir gefällt, wie Bernhard Aichner die Geschichte aufbaut. Zunächst ist nur von „unaussprechlichen Taten“ die Rede, so schlimm, dass keiner sie glauben kann. Man ist als Leser fast froh, dass es nicht näher ausgeführt wird. Doch mit dem Fortschreiten der Handlung legt Aichner stückchenweise Details des Verbrechens offen.
Auch spart er nicht damit, die Vorgehensweise eines Bestatters und Blums Rache zu beschreiben.
Stellenweise ist das Buch wirklich ekelhaft und so realistisch, dass man meint, die beschriebenen Gerüche selber wahrnehmen zu können.
Trotzdem kommt man von dem Buch überhaupt nicht mehr los. Dabei ist es völlig egal, wie übertrieben und unrealistisch all das klingt.
Blum ist eine Antiheldin. Ihre Methoden sind skrupellos und man fragt sich mehr als einmal, wie ein Mensch, der so eine liebevolle Ehe geführt hat und so einen herzlichen Umgang mit seiner Familie pflegt, aus dem Stegreif zu solchen Bluttaten fähig ist. Trotzdem sympathisiert man mit ihr und kann ihre Wut nachvollziehen, ihre Opfer haben es im Grunde nicht besser verdient. Auch Karl, Reza und die Kinder sind Menschen, die man ins Herz schließt.
Mich hat „Totenfrau“ sehr gefesselt. Der Abschluss ist rund und es bräuchte nicht unbedingt eine Fortsetzung. Da es zwei weitere Bände gibt, bin ich aber natürlich neugierig, wie es mit Blum weitergeht.

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Veröffentlicht am 10.11.2022

Eine Tragödie, die zu Herzen geht

Feldpost
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„Feldpost“ umfasst nur knapp 300 Seiten und Mechthild Borrmann nutzt jede einzelne davon aus. Dieses Buch ist wirklich von der ersten bis zur letzten Zeile fesselnd. Die Geschichte zieht den Leser in den ...

„Feldpost“ umfasst nur knapp 300 Seiten und Mechthild Borrmann nutzt jede einzelne davon aus. Dieses Buch ist wirklich von der ersten bis zur letzten Zeile fesselnd. Die Geschichte zieht den Leser in den Bann und lässt ihn nicht mehr los, noch lange über das letzte Wort hinaus.
Der Klappentext ist relativ wage und ich hatte eigentlich gar nicht so wirklich eine Vorstellung, worum es geht. Vermutet hatte ich eine Geschichte über die unrechtmäßige Aneignung von Besitz im zweiten Weltkrieg. Tatsächlich wird dies zwar auch thematisiert, aber im Zentrum steht eine Liebesgeschichte, die so tragisch ist, dass es einem das Herz zerreißt.
Als die Rechtsanwältin Cara zufällig auf alte Briefe stößt, beginnt sie neugierig zu recherchieren. Der überwiegende Teil der Handlung spielt dann in der Vergangenheit, als die Familie Kuhn versucht, den Krieg zu überleben. Um den Gefängnis zu entgehen, fliehen die Eltern ins Ausland. Eine Odyssee voller Gefahren und Ungewissheiten beginnt.
Sohn Albert wird ebenfalls zu einer Haftstrafe verurteilt und lebt fortan als Flüchtling im Verborgenen. Tochter Adele versucht einfach das Richtige zu tun. Für ihren Bruder, ihre Familie und die Menschen, die ihr etwas bedeuten. Obwohl sie die besten Absichten hat, löst sie eine Tragödie aus.
Dieses Buch hat mich so mitgenommen, weil die Charaktere niemals den Mut verlieren und immer Hoffnung behalten, egal, welche Widrigkeiten sich ihnen in den Weg stellen. Und trotzdem spielt das Schicksal ihnen so übel mit. Mechthild Borrmann scheut sich nicht davor, ihren Protagonisten ein Happy-End zu verwehren. Ich hatte vermutet und gehofft, wie die Geschichte enden könnte, aber am Ende ist alles anders als erwartet. Auf der letzten Seite angekommen, saß ich mit dem Buch in der Hand einen Augenblick schockiert da und musste das Gelesene kurz verarbeiten.
Ich würde „Feldpost“ gerne mit mehr als 5 Sternen bewerten und empfehle es unbedingt weiter.

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Veröffentlicht am 05.11.2022

So macht lesen Spaß

Die Töchter der Ärztin
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Nachdem mir die Reihe um die Polizeiärztin Magda Fuchs so gut gefallen hat, wollte ich Helene Sommerfelds neues Buch unbedingt lesen. Hier handelt es sich um eine Ergänzung zu ihrer erfolgreichen „Die ...

Nachdem mir die Reihe um die Polizeiärztin Magda Fuchs so gut gefallen hat, wollte ich Helene Sommerfelds neues Buch unbedingt lesen. Hier handelt es sich um eine Ergänzung zu ihrer erfolgreichen „Die Ärztin“ Trilogie, welche ich ehrlich gesagt nicht kenne, da ich selten Romane lese, die vor 1900 spielen. Vorkenntnisse sind auch nicht unbedingt erforderlich um „Die Töchter der Ärztin“ verstehen zu können, da zum einen die wesentlichen Punkte zusammengefasst werden und zum anderen die beiden Töchter Henny und Toni im Zentrum sind.
Henny steht mit beiden Beinen fest im Leben und verfolgt ehrgeizig ihre Karriere. Am Anfang der Geschichte wirkte sie sehr zugeknöpft und streng auf mich, auch im Umgang mit ihrer Tochter. Deswegen fand ich es sehr schön, ihre Entwicklung zu beobachten. Henny trifft ihren Exmann wieder. Beide scheinen auf den ersten Blick nicht zueinander zu passen, doch schnell stellt sich heraus, dass sie sich perfekt ergänzen. Je aufgeschlossener Henny wurde, desto sympathischer wurde sie mir.
Mit der jüngeren Schwester Toni ging es mir ganz anders. Sie ist so aufgeweckt und neugierig, dass man sie sehr schnell ins Herz schließt.
Toni hat keine Erinnerung an ihre Kindheit in Afrika und hat dieses Land auf einen Podest gestellt. Als sie dort ankommt, stellt sie schnell fest, dass die Realität nicht viel mit ihren Träumen gemein hat. Die Menschen begegnen ihr mit Misstrauen und das Wohl der Patienten steht nicht an erster Stelle, sondern die finanziellen Mittel.
Obwohl ich grundsätzlich alles an diesem Buch super fand, hat mir der Teil, der in Afrika spielt, besonders gut gefallen. Zur damaligen Zeit war es sehr außergewöhnlich, dass eine Frau alleine so weit reist, insbesondere, da man die Strecke mit dem Schiff zurücklegen musste und sehr lange unterwegs war.
Ich fand Toni ausgesprochen mutig. Ihre Erlebnisse in dem fernen Land waren sehr interessant, spannend und überraschend tragisch.
„Die Töchter der Ärztin – Zeit der Sehnsucht“ war für mich ein Highlight. Genau diese Art von Buch zeigt mir, warum lesen so ein wunderbares Hobby ist. Der Schreibstil war so lebendig und mitreißend, dass es mir sehr leicht fiel, mich auf die Handlung zu konzentrieren und den Alltag hinter mir zu lassen. Ich wollte den Roman gar nicht aus der Hand legen und habe gerne längere Zeit am Stück gelesen. Dieses Buch ist das, was man sich unter einem Schmöker vorstellt.

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Veröffentlicht am 23.10.2022

Pure Magie

Die Wintergarten-Frauen. Der Traum beginnt
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Dieses Buch ist pure Magie. „Die Wintergarten Frauen“ ist bildgewaltig, aufregend und voller pulsierender Energie. Der Auftakt von Charlotte Roths neuer historischer Romantrilogie war für mich einfach ...

Dieses Buch ist pure Magie. „Die Wintergarten Frauen“ ist bildgewaltig, aufregend und voller pulsierender Energie. Der Auftakt von Charlotte Roths neuer historischer Romantrilogie war für mich einfach grandios.
Die 20-jährige Nina wächst behütet und geliebt in der Uckermark auf. Von Kindheit an ist sie ein Freigeist, der vom Theater besessen ist. Ihr Bruder Carlos ermöglicht ihr einen Umzug nach Berlin. Allein in der Metropole stellt Nina schnell fest, dass es in der Realität sehr viel schwerer ist, ihren Traum zu leben, als sie es sich in der Geborgenheit ihres Dachbodens ausgemalt hat. Auf ihrem Weg zum Ziel trifft sie auf viele außergewöhnliche Personen.
Was mir an Nina sehr gefallen hat, war ihre unerschütterliche Energie und ihr Glaube an sich selbst. Sie hat keine Ausbildung und im Grunde von nichts eine Ahnung. Sie ist sehr isoliert aufgewachsen und hatte außer ihrer Familie keine sozialen Kontakte. Trotzdem weiß sie, dass sie Talent hat und zu Größerem bestimmt ist.
Ihr offen zur Schau getragenes Selbstbewusstsein verschafft ihrer Sympathie keinen Dämpfer. Sie ist eine gutherzige, junge Frau, die man einfach mögen muss. Sie hat kaum Geld und das Wenige, was sie hat, teilt sie noch mit anderen.
Manchmal wirkt Nina fast wie ein Kind und an anderen Stellen scheint sie so viel weiser, als ihre 20 Jahre. Ich fand sie auf jeden Fall toll und habe ihr von allem das Beste gewünscht.
Die Charaktere in diesem Buch sind ein kunterbuntes Sammelsurium. Da ist zum Beispiel Jenny, die ihren Körper bis zum Rand des Unmöglichen verbiegen kann, Sonja, die in sekundenschnelle beeindruckende Skizzen malen kann, Darius mit seinen zahlreichen Katzen und viele andere. Alle haben eins gemeinsam, obwohl sie bettelarm sind, sind sie immer füreinander da und lassen niemanden im Stich. Die Wohn- und Arbeitssituationen waren in den 20er Jahren katastrophal, Geld entwertete sich schneller, als man schauen kann und doch ist „Die Wintergarten Frauen“ vor allem ein positiver Roman. Perfekt geeignet für eine Flucht, in eine Welt voller Zauber. Ich habe mich perfekt unterhalten gefühlt.
Die Dialoge sind oft in blumiger Sprache und insbesondere Jenny liebt es, eigene Worte zu kreieren, was dem Buch einen ganz besonderen Charme verleiht und mir viel Freude bereitet hat.
Dies ist der Auftakt einer Trilogie und so nimmt sich die Autorin Zeit, das Thema Varieté einzuführen. Der Wintergarten spielt hier eigentlich nur eine Nebenrolle, wird aber vermutlich im nächsten Band mehr Raum einnehmen. Mir gefällt, dass das Ende an sich rund ist und man nicht mit einem extremen Cliffhanger zurückgelassen wird. Im Grunde kann man das Buch sogar als Einzelband lesen. Der Wunsch nach mehr ist trotzdem riesengroß bei mir, denn hier ist noch so viel Potenzial, so viele Geschichten, die erzählt werden wollen und ich kann es kaum erwarten, die Reise der Protagonisten weiter zu verfolgen.

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