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Veröffentlicht am 03.08.2017

Das geheimnisvolle Amulett

Das Awaren-Amulett
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Im Prolog befinden wir uns im Jahre 796 zur Zeit von Karl dem Großen. Sein Neffe Bertulf, trägt ein Amulett aus dem Schatz der Awaren bei sich, das er seiner Herzensdame, die in einem versteckten Tal an ...

Im Prolog befinden wir uns im Jahre 796 zur Zeit von Karl dem Großen. Sein Neffe Bertulf, trägt ein Amulett aus dem Schatz der Awaren bei sich, das er seiner Herzensdame, die in einem versteckten Tal an der Enisa (der heutigen Enns) lebt, schenken möchte.
Im darauffolgenden ersten Kaipitel, das bereits im Jahre 1626 spielt, halten wir uns in diesem besagten Tal, dem Geseis (heutiges Gesäuse bei Admont in der Steiermark, Österreich) auf und begleiten den Jungen Johannes auf den Rückweg zu seinem Elternhaus, die eine Mühle besitzen. Doch während seiner Abwesenheit haben die Bairischen das Tal überfallen, Häuser in Brand gesetzt und gemordet. Die Eltern von Johannes Eltern sind tot, seine Schwester Elisabeth wurde verschleppt.
In den verbrannten Überresten findet er bei seiner Mutter ein Amulett mit fremden Schriftzeichen, das er als Andeken an sie mitnimmt. Er erhofft sich Hilfe bei Bruder Anselm, seinemn Oheim, der als Eremit in den Bergen wohnt und bei dem er eine Ausbildung genossen hat. Aber der Mönch ist ebenfalls verschwunden und so macht sich Johannes schweren Herzens auf, nach seiner Schwester zu suchen. Ohne Plan tritt er zuerst seine Reise nach Linz an, wo er Johannes Kepler aufsuchen möchte, der ein Freund von Bruder Anselm ist und wo hofft auch seine Tante zu finden. Nur kurze Zeit sind ihm im Hause Kepler vergönnt, denn auch Johannes Kepler verlässt mit seiner Familie das Land. Auch Johannes hat kaum die Möglichkeit länger an einem Ort zu verweilen. Auf der Suche nach Anselm, seiner Schwester und dem gestohlenen Amulett, gerät Johannes immer wieder in Lebensgefahr. Denn während wir ihn auf seinem Weg durch Österreich und Süddeutschland begleiten, erleben wir überall daselbe Bild. Die bayrischen Katholiken lassen den Protestanten nur zwei Wahlmöglichkeiten: Übertritt zum Katholizismus oder das Verlassen des Landes. Alle die bleiben und weiter an ihrem Glauben festhalten, werden ermordet. Es wird gebrandschatzt, ums Leben gewürfelt, Bauernaufstände werden niedergeschlagen und ganze Täler ausgerottet. Diese Zeit ist der Beginn einer der dunklesten Epochen des Mittelalters mit Glaubenskämpfen und Hexenverbrennungen.

In kursiver Schrift werden Erlebnisse aus Johannes Vergangenheit erzählt. Man erfährt mehr über seine Kindheit, seine Ausbildung bei Bruder Anselm und seinen Wissensdurst, sowie seinem Freund Jakob. Dies lockert die Handlung etwas auf, die schonungslos die Glaubenskämpfe beschreibt. Und doch fand ich auch Parallelen zur Gegenwart, denn Glaubenskriege gehören leider nicht nur der Vergangenheit an.
Johannes ist ein sehr ehrlicher und aufrechter junger Mann, der schon früh im Leben auf eigenen Füßen stehen muss. Unbeirrt hält er an seinem Glauben fest, obwohl es ihm einige Male fast das Leben kostet. Auch die Liebe zu seiner Familie und den Wunsch seine Schwester aus den Händen der Bairischen zu retten, sind bei ihm oberste Priorität.

Der Autorin gelingt es mit ihrem fesselnden Schreibstil, die geschichtlichen Ereignisse sehr bildhaft und spannend zu beschreiben. Mir war als Österreicherin gar nicht bekannt, dass wir bis zum 17. Jahrhundert größtenteils protestantisch waren, da die heutige Bevölkerung zu fast 90% katholisch ist.

Schreibstil:
Carmen Mayer hat den Schreibstil der damaligen Zeit angepasst und trotzdem lässt sich der Roman sehr flüssig lesen. Wie bereits erwähnt lebt die Handlung, die die geschichtlichen Hintergründe mit der fiktiven Geschichte rund um Johannes und das geheimnisvolle Amulett verbindet, vorallem von der sehr bildgewaltigen Sprache und dem lebendigen Schreibstil. Man leidet mit Johannes mit und möchte den anfangs noch eher naiven Jungen vor jeglicher Gefahr bewahren. Die geschichtlichen Hintergründe sind hervorragend recherchiert.
Am Ende gibt es noch eine Nachwort der Autorin und ein Glossar zu den historischen Personen zur Zeit Karls des Großen.

Fazit
Ein beeindruckender historischer Roman, der sehr lebendig erzählt wird. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges und die Glaubenskämpfe lassen wieder einmal erkennen, dass der Mensch leider nicht aus seiner Geschichte lernt. Einige Stellen erinnern doch sehr an gegenwärtige Kriegsschauplätze und religiösen Fanatismus. Packend geschrieben und hervorragend recherchiert - ein Genuss für Fans des historischen Romans.

Veröffentlicht am 03.08.2017

Toller Wohlfühlroman

Wildblumensommer
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Mit "Wildblumensommer" ist der Autorin ein wundervoller Roman gelungen, der mich von der ersten Seite an begeistern konnte. Es gibt ja viele Geschichten, die ähnliche Plots aufweisen und in Klischees baden ...

Mit "Wildblumensommer" ist der Autorin ein wundervoller Roman gelungen, der mich von der ersten Seite an begeistern konnte. Es gibt ja viele Geschichten, die ähnliche Plots aufweisen und in Klischees baden und trotzdem sehr unterschiedlich sein können. Das liegt einzig und allein daran, was die Autorin aus der Handlung macht. Ich kann dazu nur sagen, dass Kathryn Taylor eine sehr ansprechende und einfühlsame Geschichte ohne Kitsch geschrieben hat.

Es sind zwei Erzählstränge, die die Handlung aufbauen und sich zum Ende hin perfekt ergänzen. Zuerst lernen wir Zoe kennen, die in der Firma ihres Vaters arbeitet und diese einmal gemeinsam mit ihrem verlobten Simon übernehmen soll. Sie lebt einzig nach den Wünschen ihres Vaters und vergräbt sich in der Arbeit. Als sie eines Tages unglücklich stürzt, wird bei der Routineuntersuchung ein Aneurysma im Kopf entdeckt. Die Ärzte raten zur sofortigen OP. Doch bevor sich Zoe dieser riskanten Operation unterzieht, möchte sie noch ein offenes Kapitel in ihrem Leben abschließen: Den ungeklärten Tod ihres Bruders, der vor 14 Jahren in Cornwall von den Klippen gestürzt ist. Zoe möchte nochmal an den Ort reisen, nach Antworten suchen und sich der Vergangenheit stellen. Damals hat ihre Familie den Unglücksort so schnell verlassen, dass Zoe keine Möglichkeit hatte diesen Schicksalsschlag zu verarbeiten. Außerdem hat sie ihre große Liebe Jack zurückgelassen, von dem sie sich nicht einmal verabschiedet hat. Zoe mietet das alte Strandhaus, das sie damals mit ihrer Familie während der Sommerferien immer bewohnt hat, welches nun ihre damalige Freundin, Jacks Schwester Rose, mit ihren drei Kindern bewohnt. Zoe bietet ihr als Austausch ihr Haus in London an und Rose greift nach kurzem Zögern zu. Rose ist eine sehr herzliche und bodenständige Frau, die ihre Kinder und Mode liebt. Sie designt zu Hause Taschen und Kleider und möchte sich in London die neuesten Trends ansehen. Außerdem lebt ihr Exmann in London, der seit einiger Zeit keine Unterhaltszahlungen mehr leistet und den sie zur Rede stellen will...

Als Zoe nach Pednorak kommt, weiß sie allerdings nicht, dass Jack nach seiner Auswanderung nach Kanada wieder nach Cornwall zurückgekehrt ist. Das Wiedersehen der Beiden gestaltet sich nicht wirklich freundlich. Zu tief sitzen bei Jack noch die Enttäuschung und die Wut, als Zoe damals einfach ohne Worte abgereist und den Kontakt zu ihm abgebrochen hat. Aber auch Zoe ist verletzt und vorallem unsicher. Und wird sie nach der langen Zeit noch etwas über den Tod ihres Bruders Chris herausfinden?

Die Kapitel werden abwechselnd aus der Sicht von Rose und von Zoe erzählt. Die beiden Charaktere sind sehr unterschiedlich, authentisch und mitten aus dem Leben gegriffen. So lesen wir nach und nach, wie es den zwei Frauen in der ungewohnten Umgebung ergeht und was sie erleben. Das ist oftmals amüsant, aber man spürt auch die Verzweiflung von Zoe, die nicht weiß, ob und wie sie die Operation überleben wird, wenn nicht schon vorher ein Äderchen im Kopf platzt. Ein beängstigender Gedanke, den die Autorin gefühlvoll rüberbringen konnte. In Rückblenden werden auch die Ereignisse vor 14 Jahren miteingebaut. Das Geheimnis und die Umstände um Chris Tod werden logisch aufgeklärt.

Die Geschichte ist keineswegs so leicht und luftig, wie die Inhaltsangabe und das Cover vermuten lassen. Es geht um ernste Themen und die Handlung überrascht mit einigen dramatischen Sequenzen. Die eingeflochtenen Cliffhanger am Ende jedes Kapitels gaben mir das Gefühl, dass ich unbedingt weiterlesen muss. Der dramtische letzte Abschnitt rührt auch schnell zu Tränen.

Schreibstil:
Kathryn Taylor hat einen wunderbaren Schreibstil, der mich sofort gefangen nahm. Ich habe den Roman in einem Rutsch durchgelesen, denn ich konnte ihn kaum aus der Hand legen. Die Beschreibungen der Landschaft sind bildhaft und absolut gelungen. Das Setting verzaubert und die Charaktere sind sehr authentisch und lebendig beschrieben. Ich spürte den Wind, der um die Klippen weht und konnte die Wildblumen riechen....

Fazit:
Der Plot ist nicht unbedingt neu, aber was die Autorin aus der Geschichte gemacht hat, hat mich überzeugt! Ohne Kitsch und Vorhersehbarkeit ist es ihr gelungen mich an das Buch zu fesseln und die bildhaften Beschreibungen von Cornwall tun das Übrige. Eine gefühlvolle Geschichte mit Tiefgang, überraschenden Wendungen und Spannung. Ein absoluter Wohlfühlroman mit Suchtfaktor!

Veröffentlicht am 14.07.2017

Fulminater Auftakt der Sturmzeiten Trilogie

Geschrieben im Wind
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Die Sturmzeiten Tetralogie wurde im Mai 2017 vom Francke Verlag neu verlegt und ich finde die neuen Cover sehen richtig toll aus und passen auch sehr gut zusammen.

Im ersten Teil "Geschrieben im Wind" ...

Die Sturmzeiten Tetralogie wurde im Mai 2017 vom Francke Verlag neu verlegt und ich finde die neuen Cover sehen richtig toll aus und passen auch sehr gut zusammen.

Im ersten Teil "Geschrieben im Wind" machen wir die Bekanntschaft der Familie des mächtigen Zeitungsmoguls Keagan Hayes, welcher als irischer Einwanderer in die Staaten kam. Er arbeitete sich zur Nummer Eins in Kalifornien hoch, doch trotz seines Erfolges ist er ein verbitterter und herzloser Mann: ein Tyrann. Sein Wunsch nach einem Sohn wurde ihm nie erfüllt und so hat er seinen drei Töchtern einfach Jungennamen gegeben: Cameron, Blair und Jackie. Das Versagen keinen männlichen Erben vorzeigen zu können, lässt er nicht nur seinen Töchtern, sondern auch seiner eher stillen Ehefrau Cecilia spüren, die sich Stärke im Glauben holt.
Die drei Schwestern könnten unterschiedlicher nicht sein. Cameron, die Älteste, tritt in die Fußstapfen des Vaters und ihre Liebe gehört ebenfalls dem Journalismus. Als ihr Vater ihr immer weniger Anerkennung in der Firma zukommen lässt und ihr Steine in den Weg legt, verlässt sie die väterliche Firma und geht zu Keagans größten Konkurrenten. Dort erhält sie endlich die erhoffte Chance als Auslandskorrespondentin zuerst nach Europa und dann nach Russland zu gehen und direkt von den Kriegsschauplätzen zu berichten. Denn es ist das Jahr 1941 und die Deutschen stehen vor Moskaus Türen....
Blair hingegen möchte Schauspielerin werden und kämpft genauso verbissen für ein bisschen Anerkennung ihres Vaters wie Cameron und Jackie. Dabei gerät sie aber immer tiefer in den Sumpf Hollywoods und die große Schauspielkarriere bleibt aus. Als sie schließlich in einer Bar als Nachtclubsängerin landet und sich ihr Vater ebenfalls von ihr lossagt, verfällt sie immer mehr dem Alkohol...
Jackie ist die Ruhigste der Schwestern und studiert noch. Sie ist sehr gläubig und setzt sich für andere Menschen ein. So hilft sie auch Blair immer wieder aus der Patsche und freundet sich mit ihrem Mitstudenten Sam, einem Amerikaner mit japanischen Wurzeln, an. Wer etwas von der Geschichte Amerikas während des Zweiten Weltkrieges kennt, weiß was diese Freundschaft bedeutet....

Diese Tetralogie hat mich bereits mit dem ersten Band, der in der Zeit von Februar bis Dezember 1941 spielt, "eingefangen". Das Leben der Familie Hayes und diese abgrundtiefe Kälte des Vaters gegenüber seines eigen Fleisch und Blut hat mich zutiefst berührt. "Kotzbrocken" ist noch ein viel zu harmloses Wort für diesen herzlosen Tyrann, der seine Familie nach und nach von sich stößt.
Obwohl die Geschichte von allen Familienmitgliedern erzählt, steht Cameron in diesem Band im Mittelpunkt. Sie ist dem Vater noch am ähnlichsten und leidet doch am allermeisten. Durch die fehlende Anerkennung und Liebe hat auch sie eine Mauer um ihr Herz aufgebaut und geht keine tiefe Beziehung zu Männer ein. Mit ihrem Kollegen Johnny verbindet sie aber eine tiefe Freundschaft. Ihre Liebe zu Russland entstand durch die einzige Zeit, die sie ihrem Vater ein klein bisschen näher gebracht hat, als er selbst in Russland als Journalist tätig war und Cameron ab und zu mitgenommen hat.
Vom Weltkrieg ist zu diesem Zeitpunkt in den Staaten kaum etwas zu bemerken. Das Leben der Amerikaner geht noch den gewohnten Lauf. Nur die Medien rücken die Geschnisse ins Blickfeld, doch der Krieg ist weit weg. Cameron versucht die Lage in Russland ihren Landsmännern zu übermitteln, doch die straffe Zensur macht ihr einen Strich durch die Rechnung....

Blair gibt sich nach außen hin stark und ist doch unheimlich weich. Sie gibt sich für alles die Schuld und als sie endlich glaubt den richtigen Weg eingeschlagen zu haben, stößt auch sie als Buße den einzigen Menschen von sich, den sie liebt.

Jackie spielt im ersten Teil eine noch kleine Rolle und fällt vorallem als Vermittlerin und ruhigste Schwester auf. Sie spielt noch nach den Regeln des Vaters und scheint auch gegen seine Hartherzigkeit mehr immun zu sein, als ihre beiden Schwestern. Doch auch sie kommt eines Tages an dem Punkt, sich von ihm loszusagen..

Judith Pella zeigt in ihrer Geschichte auch unangenehme Seiten der Amerikaner, wie zum Beispiel den Rassismus auf, der auch heute noch ein Thema ist. Die Kriegsschauplätze werden sehr bildhaft beschrieben und auch die Eigenart der Russen und ihre Liebe zum Vaterland wird sehr authentisch erzählt.
Besonders gut hat mir die Passage gefallen, als Cameron im Krankenhaus Kriegsverletzte aus Russland und Deutschland interviewt, und deutlich wurde, wie wenig sich das eigentlich Fußvolk unterscheidet. Einfache Soldaten, die sich nur nach ihrer Familie sehnen und keinen Sinn im Krieg sehen....egal auf welcher Seite sie stehen. Dieser Teil hat mich sehr berührt.

Schreibstil:
Die Autorin besitzt die Fähigkeit von Beginn an den Leser zu fesseln. Man taucht sehr schnell in diese interessante Familiengeschichte ein, deren über 500 Seiten, die leider sehr klein gedruckt und dicht beschrieben sind, trotzdem schnell gelesen sind. Man mag nämlich das Buch gar nicht mehr zur Seite lesen, sondern möchte einfach wissen, wie es weitergeht. Auch die Beschreibung der Figuren ist Judith Palla großartig gelungen. Vielleicht sind einige auch ein wenig klischeehaft, aber alleine meine Gefühle gegen Keagan Hayes haben mein Blut während des Lesens in Wallung gebracht!


Fazit:
Ein fulminater und interessanter Auftakt einer Tetralogie um Krieg, Hoffnung, Rassismus, Glaube, Familie und Träume, der mich von Beginna an fesseln konnte. Ich bin schon sehr auf die nachfolgenden Bände gespannt und freue mich auf ein Wiedersehen mit Cameron, Blair und Jackie.

Veröffentlicht am 09.07.2017

Der gläserne Sarg

Engelsschlaf: Thriller
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Von Catherine Shepherd habe ich bereits den ersten Band der Zons Krimis gelesen, die auf zwei Zeitebenen spielen und leicht mystisch angehaucht sind. Aber auch den Thriller "Mooresschwärze", der mir sehr ...

Von Catherine Shepherd habe ich bereits den ersten Band der Zons Krimis gelesen, die auf zwei Zeitebenen spielen und leicht mystisch angehaucht sind. Aber auch den Thriller "Mooresschwärze", der mir sehr gut gefallen hat. Mit "Engelsschlaf" hat die Autorin nun den Folgeband zu "Krähenmutter", das ich noch nicht gelesen habe, vorgelegt. Ich hatte allerdings keine Schwierigkeiten neu einzusteigen und hatte den Thriller in einem Rutsch durch.

Statistisch gesehen gibt es 10 Scheintote im Jahr in Deutschland. Lebendig begraben zu werden ist wohl der Albtraum schlechthin. Und doch wäre eine junge Frau, die nachts auf einer Parkbank liebevoll auf einem Kissen gebettet aufgefunden wird, fast für tot erklärt worden. Durch einen Notruf werden Laura Kern, ihr Kollege Max und Freund Taylor, der ebenfalls bei der Kriminalpolizei arbeitet, zum nahegelegenen Park des Domenikus-Krankenhauses in Berlin gerufen. Der Notarzt stellt bereits den Totenschein aus, als Taylor ein Lebenszeichen entdeckt. Die Frau überlebt, kann sich jedoch an nichts erinnern. In ihrer Blutbahn werden Medikamente gefunden, die ihre Lebensfunktionen stark heruntergesetzt haben und sie mehr tot als lebendig wirken lässt. Wenige Tage später geht ein weiterer Notruf ein und es wird neuerlich eine junge Frau, genauso zugedeckt und auf ein Kissen gebettet, gefunden. Laura ahnt, dass es nicht das letzte Entführungsopfer sein wird, doch ihr Chef sieht keine Eile und zieht sogar Max vom Fall ab. Die nächste junge Frau, die gefunden wird, ist allerdings nicht mehr scheintot, sondern wirklich gestorben. ...und die Zeit läuft....

Die Spannung ist bereits auf den ersten Seiten greifbar. Die Identität des Täters bleibt lange im Unklaren, jedoch steht schon früh fest, dass wir diesen in Rückblenden bereits zu Beginn näher kennenlernen. Die Kapitel aus der Vergangenheit beginnen vor fünfundzwanzig Jahren und reichen bis in die Gegenwart und erzählen von einem kleinen Jungen und seiner Schwester, die einige schwere Schicksalschläge hinnehmen müssen. Sein Name ist unbekannt, aber in seiner Gedankenwelt erlebt der Leser, was ihn antreibt. Wir erhalten Einblicke in sein Leben, in die der Opfer und natürlich in die der Ermittler. Dabei kommt auch das Privatleben nicht zu kurz, nimmt aber nicht zu viel an Raum ein. So bleibt die Handlung ausgewogen.
Die Autorin versteht es den Leser auf viele falsche Fährten zu schicken. Ich rätselte die ganze Zeit, wer der Täter sein könnte und welches Motiv er hat. Die Spannung wird immer weiter aufgebaut und ich hatte den Thriller in zwei Tagen ausgelesen.

Einzig und allein muss ich hier genau daselbe bemängeln, wie schon in "Mooresschwärze". Ich liebe es mitzurätseln und man blickt den Täter die ganze Zeit über die Schulter, aber am Ende erkennt man leider, dass man keine Chance hat ihn zu überführen, weil er namentlich nie genannt wird. Dies ist ein Punkt, den ich schon bei "Mooresschwärez" kritisiert habe und zu einem Stern Abzug führte. Diesmal ziehe ich nur einen halben Stern ab, denn das Buch hat mich wirklich von der ersten bis zur letzten Seite gepackt....

Schreibstil:
Catherine Shepherds Schreibstil ist fesselnd und anschaulich. Die Spannung ist die ganzen 352 Seiten über greifbar. Die kurzen Kapitel lassen sich schnell weglesen und die Charaktere sind wunderbar gezeichnet. Überraschende Wendungen und einige falsche Fährten werden gekonnt eingestreut.

Fazit:
Auch in Catherine Shephers neuem Thriller "Engelsschlaf" wird wieder Spannung und Thrill vom Feinsten geboten. Einzig beim Ende habe ich dieselbe Kritik anzubringen, wie schon bei "Mooresschwärze" und ziehe deshalb einen halben Stern ab. Trotzdem eine Leseempfehlung für Thrillerfreunde!

Veröffentlicht am 04.07.2017

Träume dein Leben

Erzähl mir was von Liebe ...
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Das Debüt der österreichischen Autorin Carina Posch hat mich sehr berührt. Ich weine sehr selten bei Büchern - eher bei Filmen - aber hier hatte ich auf den letzten Seiten doch etwas mehr Tränenflüssigkeit ...

Das Debüt der österreichischen Autorin Carina Posch hat mich sehr berührt. Ich weine sehr selten bei Büchern - eher bei Filmen - aber hier hatte ich auf den letzten Seiten doch etwas mehr Tränenflüssigkeit in meinen Augen....
Obwohl man schon bei der Beschreibung des Romans erahnen kann, dass dieses Buch eventuell nicht gut ausgeht, habe ich in eine gänzlich andere Richtung gedacht, als es schlussendlich kam.

Wir begegnen Rachel im Sommer 1988. Es ist ihr letzter Tag in einem typischen irischen Pub, wo sie als Kellnerin arbeitet, um ihren großen Traum finanzieren zu können. Sie möchte Schriftstellerin werden und hinaus in die weite Welt - endlich das kleine Kaff in Irland, in dem sie wohnt, verlassen. Ihr Eltern sind Schafzüchter und ihre beste Freundin ist ein bester Freund: Liam. Sie verbindet seit Kindheit ein ganz besonderes Band. Als die Beiden kurz bevor Rachel Irland in Richtung Amerika verlässt feststellen, dass sie doch mehr als Freundschaft füreinander empfinden, sind sie zu verunsichert um sich dieser neuen Stufe ihrer Beziehung zu stellen. In New York werden Rachels Manuskripte abgelehnt und die junge Frau bleibt etwas desillusioniert zurück. Kurze Zeit später lernt sie jedoch Eric Cunningham kennen, einen netten und vorallem reichen Mann, der sich augenblicklich in sie verliebt. Er legt ihr die Welt zu Füßen und finanziert ihr ein Wirtschaftstudium, doch Rachels Herz ist in Irland geblieben. Als sie ein Kind erwartet und Eric ihr einen Heiratsantrag macht, willigt sie ein. Doch die Ehe steht von Anfang an unter keinem guten Stern.....

Ich habe das Buch gestern Abend in einem Rutsch durchgelesen und das Ende hat mich sehr berührt. Die Autorin erzählt eine einfühlsame Geschichte, die direkt aus dem Leben gegriffen ist und in ähnlicher Form und Weise sicherlich schon öfters passiert ist.
Wir begleiten Rachel über 20 Jahre ihres Lebens und nehmen Teil an ihrer verzweifelten Suche nach Liebe und Bestätigung. Man erlebt hautnah mit, wie sie die falschen Entscheidungen trifft, die sie auf einen Weg führen, den sie gar nicht einschlagen wollte und den sie nicht mehr rückgängig machen kann. Die anfangs lebenslustige und sympathische junge Frau, die voller Träume steckt, verliert sich selbst und ihre große Liebe. Nichts hat sich so entwickelt, wie sie es sich vorgestellt hatte. Rachel wird zum Workaholic, eine richtige Karrierefrau, die zu sich selbst hart ist und keine Gefühle offenbart. Mann und Kind treten an zweiter Stelle, nur zu Liam hält sie auch in dieser Zeit noch Kontakt. Wir lernen eine Rachel kennen, die mir völlig fremd wurde, obwohl man weiterhin Anteil an ihren Gedanken und Gefühlen hat. Erst zum Ende hin ändert sich das wieder und ich konnte ihre letzte Entscheidung absolut nachvollziehen.

Auch hier finde ich wieder John Lennons Zitat "Leben ist das was passiert, während du eifrig dabei bist Pläne zu machen" sehr passend, denn Rachel hat seit ihrer Kindheit Pläne, wie ihr Leben verlaufen soll. Und doch hat das Schicksal etwas anderes vorgesehen und Rachel erkennt erst zu spät, dass man seine Wünsche und Träume leben und nicht auf die lange Bank schieben soll. Nichts ist im Leben und in der Liebe planbar, nicht ist berechenbar....

Die letzten sechs Kapitel aus der Sicht von Kayla konnten mich nicht ganz überzeugen. Kayla blieb mir den ganzen Roman über fremd. Einige Passagen des Buches wurden mir zu oberflächlich abgehandelt: Die Zeitspanne in Amerika wurde wie in einem Zeitraffer abgehandelt. Hier wäre es eindeutig besser gewesen mehr Seiten zu füllen und genauer auf einige Handlungsstränge einzugehen. Dies hätte dem Roman noch mehr Potential gegeben.
Trotz dieser Kritik fand ich dieses Debüt wirklich gelungen. Leider hat aber auch noch das Lektorat keine gute Arbeit geleistet, denn es sind doch einige gravierende Fehler im Buch zu finden.

Charaktere und Schreibstil:
Die Entwicklung der Protagonistin Rachel hat Carina Posch hervorragend skizziert. Ich konnte mit ihr mitfühlen und obwohl ich viele Entscheidungen nicht ganz nachvollziehen konnte, verstand ich auf irgendeine Weise, warum sie sich so entschieden hat.
Alle anderen Charaktere sind authentisch, jedoch mehr oder weniger
Der Schreibstil ist lebendig und dialoglastig. Kurze und klare Sätze, schnörkellos und kitschfrei erzählt Carina Posch eine emotionale Geschichte, die zum Großteil in der Ich-Form aus der Sicht von Rachel erzählt wird.

Fazit:
Ein emotionales und berührendes Debüt, kitschfrei und aus dem Leben gegriffen. Der Roman regt zum Nachdenken an und zeigt uns, dass das Leben einfach passiert. Ein wundervolles Debüt!