Mit "Wildblumensommer" ist der Autorin ein wundervoller Roman gelungen, der mich von der ersten Seite an begeistern konnte. Es gibt ja viele Geschichten, die ähnliche Plots aufweisen und in Klischees baden und trotzdem sehr unterschiedlich sein können. Das liegt einzig und allein daran, was die Autorin aus der Handlung macht. Ich kann dazu nur sagen, dass Kathryn Taylor eine sehr ansprechende und einfühlsame Geschichte ohne Kitsch geschrieben hat.
Es sind zwei Erzählstränge, die die Handlung aufbauen und sich zum Ende hin perfekt ergänzen. Zuerst lernen wir Zoe kennen, die in der Firma ihres Vaters arbeitet und diese einmal gemeinsam mit ihrem verlobten Simon übernehmen soll. Sie lebt einzig nach den Wünschen ihres Vaters und vergräbt sich in der Arbeit. Als sie eines Tages unglücklich stürzt, wird bei der Routineuntersuchung ein Aneurysma im Kopf entdeckt. Die Ärzte raten zur sofortigen OP. Doch bevor sich Zoe dieser riskanten Operation unterzieht, möchte sie noch ein offenes Kapitel in ihrem Leben abschließen: Den ungeklärten Tod ihres Bruders, der vor 14 Jahren in Cornwall von den Klippen gestürzt ist. Zoe möchte nochmal an den Ort reisen, nach Antworten suchen und sich der Vergangenheit stellen. Damals hat ihre Familie den Unglücksort so schnell verlassen, dass Zoe keine Möglichkeit hatte diesen Schicksalsschlag zu verarbeiten. Außerdem hat sie ihre große Liebe Jack zurückgelassen, von dem sie sich nicht einmal verabschiedet hat. Zoe mietet das alte Strandhaus, das sie damals mit ihrer Familie während der Sommerferien immer bewohnt hat, welches nun ihre damalige Freundin, Jacks Schwester Rose, mit ihren drei Kindern bewohnt. Zoe bietet ihr als Austausch ihr Haus in London an und Rose greift nach kurzem Zögern zu. Rose ist eine sehr herzliche und bodenständige Frau, die ihre Kinder und Mode liebt. Sie designt zu Hause Taschen und Kleider und möchte sich in London die neuesten Trends ansehen. Außerdem lebt ihr Exmann in London, der seit einiger Zeit keine Unterhaltszahlungen mehr leistet und den sie zur Rede stellen will...
Als Zoe nach Pednorak kommt, weiß sie allerdings nicht, dass Jack nach seiner Auswanderung nach Kanada wieder nach Cornwall zurückgekehrt ist. Das Wiedersehen der Beiden gestaltet sich nicht wirklich freundlich. Zu tief sitzen bei Jack noch die Enttäuschung und die Wut, als Zoe damals einfach ohne Worte abgereist und den Kontakt zu ihm abgebrochen hat. Aber auch Zoe ist verletzt und vorallem unsicher. Und wird sie nach der langen Zeit noch etwas über den Tod ihres Bruders Chris herausfinden?
Die Kapitel werden abwechselnd aus der Sicht von Rose und von Zoe erzählt. Die beiden Charaktere sind sehr unterschiedlich, authentisch und mitten aus dem Leben gegriffen. So lesen wir nach und nach, wie es den zwei Frauen in der ungewohnten Umgebung ergeht und was sie erleben. Das ist oftmals amüsant, aber man spürt auch die Verzweiflung von Zoe, die nicht weiß, ob und wie sie die Operation überleben wird, wenn nicht schon vorher ein Äderchen im Kopf platzt. Ein beängstigender Gedanke, den die Autorin gefühlvoll rüberbringen konnte. In Rückblenden werden auch die Ereignisse vor 14 Jahren miteingebaut. Das Geheimnis und die Umstände um Chris Tod werden logisch aufgeklärt.
Die Geschichte ist keineswegs so leicht und luftig, wie die Inhaltsangabe und das Cover vermuten lassen. Es geht um ernste Themen und die Handlung überrascht mit einigen dramatischen Sequenzen. Die eingeflochtenen Cliffhanger am Ende jedes Kapitels gaben mir das Gefühl, dass ich unbedingt weiterlesen muss. Der dramtische letzte Abschnitt rührt auch schnell zu Tränen.
Schreibstil:
Kathryn Taylor hat einen wunderbaren Schreibstil, der mich sofort gefangen nahm. Ich habe den Roman in einem Rutsch durchgelesen, denn ich konnte ihn kaum aus der Hand legen. Die Beschreibungen der Landschaft sind bildhaft und absolut gelungen. Das Setting verzaubert und die Charaktere sind sehr authentisch und lebendig beschrieben. Ich spürte den Wind, der um die Klippen weht und konnte die Wildblumen riechen....
Fazit:
Der Plot ist nicht unbedingt neu, aber was die Autorin aus der Geschichte gemacht hat, hat mich überzeugt! Ohne Kitsch und Vorhersehbarkeit ist es ihr gelungen mich an das Buch zu fesseln und die bildhaften Beschreibungen von Cornwall tun das Übrige. Eine gefühlvolle Geschichte mit Tiefgang, überraschenden Wendungen und Spannung. Ein absoluter Wohlfühlroman mit Suchtfaktor!