Künstlerleben mit Hindernissen
Judith Holofernes wurde als Sängerin von „Wir sind Helden" mit ihren konsum-/kapitalismiskritischen Texten und ihrer eigensinnigen Weigerung, sich den Regeln des Pops unterzuordnen, bekannt. In diesem ...
Judith Holofernes wurde als Sängerin von „Wir sind Helden" mit ihren konsum-/kapitalismiskritischen Texten und ihrer eigensinnigen Weigerung, sich den Regeln des Pops unterzuordnen, bekannt. In diesem autobiographischen Buch beschreibt sie ganz offen, wie man trotz vieler klugen Gedanken, Meditation und Achtsamkeit an seinen eigenen Ansprüchen scheitern kann und was ihr weiterhalf, als sie keine Heldin mehr sein wollte.
Judith bekam schon als Kind zu hören, dass sie eine zu schwache Konstitution habe, um Rockstar zu sein. Sie ist ständig krank und hat jede Menge Allergien, will Dinge anders machen als alle anderen, möchte auf der Bühne stehen, aber auch Mutter sein, will ihren eigenen Weg gehen, aber auch allen um sie herum alles recht machen. Diese Ansprüche zerreißen sie immer mehr.
Judith berichtet davon, dass man als Künstler oft sehr viel Promotion und sehr wenig Kunst macht und wie hart es ist, künstlerisch seinen eigenen abseitigen Weg zu gehen, wenn man weiß, dass jede Menge Jobs davon abhängen, wie gut sich Musik verkauft. Dabei ist sie durchaus selbstkritisch und entscheidet sich bewusst dafür nicht ihrem Management die Schuld an ihrem Ausbrennen als Künstlerin zu geben. Das hat mir sehr imponiert. Man merkt, dass Judith seid einiger Zeit in Therapie ist und sich selbst viel reflektiert (hat), manchmal will man sie fest in den Arm nehmen und sagen "Denk nicht so viel, das wird schon".
Zwischendurch wird es auch immer wieder sehr düster. Die Familie wird von einigen Schicksalsschlägen getroffen und selbstständige Arbeit schlägt sehr schnell in Selbstausbeutung um. Doch Judith findet auch selbst Lösungen für sich, zieht Kraft aus der Begegnung mit anderen KünsterInnen und der Unterstützung durch ihre Fans. Hier wirft sie auf jeden Fall interessante Fragen darüber aus, was überhaupt Kunst ist und wie sie anerkannt und bezahlt werden sollte.
Mir persönlich hat das Hörbuch sehr gut gefallen, nachdem ich meine anfängliche Irritation darüber überwunden hatte, die Gedanken von Judith Holofernes mit der Stimme von Nora Tschirner präsentiert zu bekommen. 😊 Auch wenn man kein Judith und/oder Helden-Fan ist, kann man viel über die Musikindustrie und das „Künstlerleben“ erfahren und darüber ins Grübeln kommen, ob es wirklich sinnvoll ist den Wert der Musik an Verkaufszahlen zu messen.