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Veröffentlicht am 08.01.2023

Was ist Gerechtigkeit?

Die Heimkehr
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Die drei Kurzgeschichten in diesem Buch drehen sich um die Frage nach Gerechtigkeit. Dabei kommt beim Lesen erstaunlicherweise oft Sympathie für den Unrechtstäter auf.

Die erste Erzählung berichtet von ...

Die drei Kurzgeschichten in diesem Buch drehen sich um die Frage nach Gerechtigkeit. Dabei kommt beim Lesen erstaunlicherweise oft Sympathie für den Unrechtstäter auf.

Die erste Erzählung berichtet von Mack, einem Anwalt, der eine große Auszahlung seiner Mandanten für sich behält und aus seiner Heimatstadt flieht. Dabei lässt er eine ungeliebte Ehefrau, seine beiden Töchter und seine Mutter zurück. Jahre später bereut er seine Tat. Er fragt sich, ob er heimkehren kann, ohne für seine Straftaten belangt zu werden.

In der zweiten Kurzgeschichte geht es um den jungen Cody. Als 14jähriger war er bei einem Einbruch dabei, der mit einer Schießerei endete. Nun sitzt er in einer Todeszelle und hat nur noch drei Stunden zu leben. Alle Einsprüche gegen die Todesstrafe wurden abgelehnt, keiner kann ihn retten. Dabei hat er selbst niemanden umgebracht. Ein Lichtblick in seinen letzten Lebensstunden ist der Besuch einer alten Dame, die sein Leben verändert hat.

Die dritte Erzählung erzählt von einer Anwaltskanzlei, einem Familienunternehmen, das von zwei verfeindeten Brüdern geführt wird. Ihr Vater hofft bald aus dem Gefängnis zu kommen, doch in der Zwischenzeit haben die beiden einen Plan. Dafür sehen sie sogar über ihre Feindschaft hinweg. Doch sie haben die Rechnung ohne ihre gewiefte Mitarbeiterin gemacht.

Diese drei Geschichten sind recht unterschiedlich. In der ersten Geschichte tauchen bekannte Anwälte auf, allen voran Jake Brigance. Im Mittelpunkt steht Reue und eine zerbrochene Vater-Tochter Beziehung. Die zweite Geschichte vermittelt mit einer resignierten Hoffnungslosigkeit das Unrecht der Todesstrafe. Die dritte Geschichte nimmt den Leser mit in den Gerichtssaal und erinnert am ehesten an andere Werke des Autors. Humorvoll zeigt der Autor, wie Gier zu einem bitteren Ende führen kann.

Wer dieses Buch mit anderen Erzählungen des Autors vergleicht wird vielleicht enttäuscht sein, denn vieles bleibt aufgrund der Kürze oberflächlich. Doch trotzdem sind diese Geschichten sehr lesenswert und regen zum Nachdenken an. Das Ende kommt meistens recht unvermittelt und lässt den Leser mit Fragen zurück. Das ist mit Sicherheit so gewollt, denn gerade das offene Ende regt zum Überlegen an: Was ist eigentlich Gerechtigkeit?

Fazit: Drei kurze Geschichten des bekannten Bestseller-Autors, die von Macht, Intrigen und Unrecht handeln. Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 14.12.2022

Wie lebte man wirklich in Deutschland vor dem zweiten Weltkrieg?

Hitlerwetter
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Aus irgendeinem Grund spricht die ältere Generation nicht gern über die Jahre vor dem zweiten Weltkrieg. Und wenn, dann hört man oft, dass Hitler gar nicht so schlecht gewesen sei, verdanken wir ihm doch ...

Aus irgendeinem Grund spricht die ältere Generation nicht gern über die Jahre vor dem zweiten Weltkrieg. Und wenn, dann hört man oft, dass Hitler gar nicht so schlecht gewesen sei, verdanken wir ihm doch die Autobahn, dazu löste er das Problem der Arbeitslosigkeit. Und dass Juden verfolgt wurden, davon habe man nichts mitbekommen, heißt es.

In diesem Buch stellt der Autor eine Unmenge von Quellen nebeneinander, um ein wahres Bild vom Alltag der Deutschen von Dezember 1938 bis November 1939 zu zeichnen. Das Ergebnis überrascht.

Jedes der zwölf Kapitel betrachtet eins der zwölf Monate dieses Zeitraums und hat ein Schwerpunktthema, das in diesem Monat beherrschend war. So geht es im April 1939 um den Führer, denn da feiert er mit Prunk und Pomp seinen 50. Geburtstag. Im Kapitel über Mai schreibt der Autor über Mütter und Familien, denn in diesem Monat wurde der Muttertag gefeiert. Beim Julikapitel geht es um die Arbeit, im Sommer mussten viele junge Menschen als Erntehelfer arbeiten. Im September 1939 steht der Anfang des Weltkriegs im Mittelpunkt, und schließlich geht es im November 1939 um das Attentat auf Hitlers Leben.

Jedes Kapitel ist ungefähr vierzig Seiten lang. Der Text enthält Zitate aus Zeitungen und anderen Veröffentlichungen, dazwischen werden diese kommentiert und größere Zusammenhänge aufgezeigt. Eine wertvolle Ergänzung sind die Bilder aus der beschriebenen Zeit

Das Reich prägte alle Bereiche des Lebens, ob Schule, Arbeit, Freizeit, Familie oder Kirche - überall wurden Inhalte durch regimenahe Ideale ersetzt. Es wird deutlich, dass viele Menschen aus Angst oder Bequemlichkeit bereit waren ihre Augen vor dem sehr offensichtlichen Unrecht zu verschließen.

Der Lesefluss ist durch die vielen Zitate stellenweise etwas gewöhnungsbedürftig, es kommt manchmal kein richtiger Lesefluss auf, aber dadurch, dass viele Quellen zitiert werden, ist der Inhalt authentisch.

Fazit: Dieses Buch zeigt, wie das Leben der Deutschen im Jahr vor dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs war, indem es Meinungen, Tätigkeiten und Ereignisse dieser Zeit aufzeigt. Es ist erschreckend, wie leicht sich die Masse hat beeinflussen lassen, und es ist wichtig das zu erkennen, damit nicht wieder dasselbe geschieht! Dieses Buch ist sehr empfehlenswert, um diese Zeit zu verstehen und davon zu lernen.

Veröffentlicht am 11.12.2022

Vom Bordell zum Nagelstudio

Weil Liebe unbezahlbar ist
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Mit drei großen Brüdern und einem liebevollen Papa hat Maria eine Traumkindheit. Doch als kurz hintereinander Mutter und Vater sterben, bricht ihre heile Welt zusammen. Sie ist erst vierzehn und lebt zuerst ...

Mit drei großen Brüdern und einem liebevollen Papa hat Maria eine Traumkindheit. Doch als kurz hintereinander Mutter und Vater sterben, bricht ihre heile Welt zusammen. Sie ist erst vierzehn und lebt zuerst in einem Internat, später bei ihren strengen Großeltern. Da diese ihr vieles verbieten und sie sich nach Liebe sehnt, sucht sie Zuflucht bei ihrem Freund. Doch dieser wird bald gewalttätig und Maria muss fliehen. Auch andere Beziehungen können ihre Sehnsucht nach Liebe nicht stillen, und immer wieder gerät sie an Männer, die es nicht gut mit ihr meinen. Dazu kommen Missbrauchserfahrungen. Als sie dann von ihrem neuen Freund gezwungen wird in Amsterdam anzuschaffen, würde sie am liebsten ihrem Leben ein Ende setzen.

Als Prostituierte zählt das Aussehen, darum lässt sich Maria gern die Nägel machen. In einem Nagelstudio, in dem Acrylnägel angeboten werden, wird die lange Manikürezeit für Gespräche genutzt. Dabei hört Maria von einem Gott, der sie unendlich liebt. Sie ist am Ende, hat keinen Lebenswillen mehr, da spricht sie ein Gebet und lädt Gott in ihr Leben ein. Danach verändert sich alles. Ihr gelingt der Ausstieg aus der Prostitution und der Drogenentzug. Sie möchte nun in ihr Traumland Brasilien reisen und arbeiten, denn dort sind Acrylnägel eine Marktlücke. Außerdem möchte sie weitergeben, was ihrem Leben eine völlig neue Richtung gegeben hat.

Dieses Buch erzählt nicht nur von Marias Jahre in der Prostitution, es geht um ihre ganze Lebensgeschichte. Sie wird im Laufe ihres Lebens von vielen Menschen in verschiedenster Weise ausgenutzt und missbraucht, doch durch ihren Glauben kann sie vergeben und sich trotz allem an Hilfsbedürftige verschenken. Allerdings kommt manchmal beim Lesen ein ungutes Gefühl auf, denn einige ihrer Entscheidungen sind schwer nachvollziehbar, sodass es manchmal scheint es wäre eine schlimme Situation zu vermeiden gewesen. Viele Fehlentscheidungen haben sicher auch mit den Entbehrungen in ihrer Jugend zu tun. Etwas stört jedoch die heldenhafte Opferhaltung, die vor allem am Ende des Buchs, durchscheint.

Fazit: Diese Lebensgeschichte lässt sich gut lesen und beschreibt nicht nur das Schicksal einer Frau, die in Prostitution gefangen ist, sondern auch den nachfolgenden Weg zu einer erfolgreichen Geschäftsfrau in Brasilien. Empfehlenswert, vor allem für Menschen, die gern Lebensgeschichten lesen!

Veröffentlicht am 10.12.2022

Ein verlorener Sohn erlebt die Gnade eines Vaters, der bedingungslos liebt

Night Driver
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Chad Bird hat ein Ziel vor Augen. Er möchte Dozent am theologischen Seminar werden. Unerwartet schnell erreicht er alle seine Ziele und ist bald das jüngste Mitglied der Fakultät. Er macht Karriere und ...

Chad Bird hat ein Ziel vor Augen. Er möchte Dozent am theologischen Seminar werden. Unerwartet schnell erreicht er alle seine Ziele und ist bald das jüngste Mitglied der Fakultät. Er macht Karriere und fühlt sich in seiner neuen Welt wohl, so wohl, dass ihm sein Stolz zum Verhängnis wird. Mit einer Affäre stürzt er von seinem hohen Ross. Seine Frau verlässt ihn und er wird in Unehre entlassen. Auf einen Schlag verliert er Familie und Arbeitsstelle.

In diesem Buch beschreibt Chad Bird die nachfolgenden Jahre. Dabei sind seine Erlebnisse eher eine Randnotiz; seine langen Nächte als LKW-Fahrer, eine neue Ehe, die schnell scheitert, seine Versuche sich Gott wieder anzunähern. Im Mittelpunkt dieses Buchs stehen seine Gedanken über die unverschämte Gnade eines himmlischen Vaters, der seinen verlorenen Kindern nachgeht und sie auf den Weg nach Hause begleitet.

Die tiefsinnigen Gedanken des Autors über Stolz, Versagen und Gnade sind unerwartet ehrlich. Er reißt die fromme Maske herunter und spricht offen über Wut, versteckte Motive und Sehnsucht nach Sünde. Die grundlegende Botschaft dieses Buchs, ist, dass unsere eigenen Bemühungen uns nicht retten können. Wir sind allein auf Gottes Gnade angewiesen, vom Anfang bis zum Ende. Ob es darum geht umzukehren, anderen und uns selbst zu vergeben, oder auf dem neuen Weg zu bleiben, aus eigener Kraft können wir das nicht. Der verlorene Sohn ist ein gutes Beispiel für unsere Versuche der Rettung etwas hinzuzufügen, denn er will zwar nach Hause, dabei legt er sich selbst jedoch einen Plan zur Rettung zurecht. Aber, meint der Autor, es ist allein Gott, der rettet und unser Leben neu macht.

„Unser Vater schreibt die Lebensgeschichte mit der Tinte des Kreuzes neu. Er nimmt unsere stümperhaften Narrative voller Ich und füllt sie mit Jesus. „Mein Sohn“, sagt er, „das ist, wer du jetzt bist. Er ist deine Geschichte, deine Identität, dein Alles.“ Man könnte sagen, dass wir die einzige gute Art von Identitätsdiebstahl erlebt haben. Jesus hat unsere alte Identität gestohlen und uns eine neue gegeben. Er ist geworden, wer wir einst waren. Und wir werden, wer er ist.“

Fazit: Dieses Buch ist weniger eine Lebensgeschichte als vielmehr ein Lesebuch über Gnade. Schonungslos offen, deckt es auf wie Stolz und Eigenständigkeit uns zu Fall bringen können, und wie liebevoll der Vater uns aus der Dunkelheit unseres Scheinlebens herausholen will.

Veröffentlicht am 05.12.2022

Wenn ein Priester gleichzeitig leidenschaftlicher Koch ist

Das große Festmahl
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Dieses 1969 erstmals erschienene Buch ist so bekannt, dass es zur englischen Originalausgabe sogar einen Wikipedia Eintrag gibt. Es einem bestimmten Genre zuzuordnen ist hingegen schwer, doch der Autor ...

Dieses 1969 erstmals erschienene Buch ist so bekannt, dass es zur englischen Originalausgabe sogar einen Wikipedia Eintrag gibt. Es einem bestimmten Genre zuzuordnen ist hingegen schwer, doch der Autor stellt gleich im Vorwort fest, dass das so in Ordnung ist, denn er ist ja schließlich der Autor und darum kann er sein Buch so schreiben, wie es am besten zu ihm passt.

Und so liegt hier ein Buch vor, das weder Kochbuch, Ratgeber noch theologische Abhandlung ist, sondern ein bisschen von allem. Grundgerüst ist das Rezept „Vier Mal Lamm für acht Personen“, und dieses Rezept zieht sich durch das ganze Buch. Doch enthält das Buch trotzdem so viel mehr, was das Kochen angeht. Dabei liegt der Schwerpunkt auf das Selbermachen. Sauce Hollandaise, Blätterteig, Nudelteig oder Fond sind nur einige der Grundrezepte, die dieses Buch enthält. Und der Autor beginnt auch wirklich mit den Grundlagen. So kann allein das bedächtige Schälen einer Zwiebel eine Stunde dauern, denn dabei gibt es allerhand zu bedenken.

Es ist schwer sich in diesem Buch zurechtzufinden, denn es fühlt sich so an als hätte der Autor alle Zeit der Welt und würde gemütlich beim Zubereiten einer herrlichen Mahlzeit über Gott und die Welt plaudern. Dabei hat er ausschweifende Gedankengänge, spricht mal über Erziehung, mal über Diäten oder erklärt, was bei der Vorbereitung einer Dinnerparty zu beachten ist, und welche Heilmittel bei Sodbrennen helfen. Sehr leidenschaftlich wird er, wenn es um das richtige Werkzeug in der Küche, und erst recht, wenn es um Lebensmittel geht. Der Grundtenor seiner Ausführungen ist eine große Liebe für das Leben und das Essen, beides gute Gaben Gottes, die genossen werden sollen. Und es geht tatsächlich in diesem Kochbuch immer wieder um den Glauben. Dabei betont der Autor vor allem Gottes Liebe und das Wunder der Schöpfung.

Zwei Werte, die in unserer Zeit wiederentdeckt werden, liegen ihm am Herzen: Achtsamkeit und Nachhaltigkeit. Beim Zelebrieren der Zubereitung einer Mahlzeit bringt er das zum Ausdruck. Es wird nicht rasch eine Speise zubereitet, stattdessen werden zunächst einmal die Zutaten und Vorgänge beim Kochen in Ruhe betrachtet und erwägt. Und weggeworfen sollte man auch nichts, aus einem Stück Fleisch können schließlich mehrere Mahlzeiten zubereitet werden.

Fazit: Für Liebhaber von gutem Essen und der wunderbaren Schöpfung Gottes. Dieses Buch ist nicht wirklich ein Kochbuch, sondern eher das Vermächtnis eines Priesters und Kochs, und ein sehr persönliches Statement über Lebensmittel, Geistliches, Achtsamkeit und Nachhaltigkeit.