*Zur Heimat erkor ich mir die Liebe*
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Zur Heimat erkor ich mir die Liebe
Mascha Kaléko war mir bisher völlig unbekannt. Da ich von der Autorin bereits einige Geschichten kenne, habe ich mich sehr gerne auf das Abenteuer der ...
Meine Meinung:
Zur Heimat erkor ich mir die Liebe
Mascha Kaléko war mir bisher völlig unbekannt. Da ich von der Autorin bereits einige Geschichten kenne, habe ich mich sehr gerne auf das Abenteuer der Dichterin eingelassen. Es gibt einige Verse in diesem Buch, die mir sehr gut gefallen haben. Sie sind mitten aus dem Leben gegriffen und passen auch aktuell sehr gut. Die jüdische Mascha Kaléko fühlte sich in Berlin daheim. Als sehr junge Frau lernte sie den Hebräischlehrer Saul Kaléko kennen und lieben. Ihren eigenen jüdischen Eltern war sie zu unkonventionell. Musste das Elternhaus verlassen. Sie heiratete Saul. Fühlte sich bei ihm beschützt und geborgen. Als aller größtes Glück empfand sie jedoch, dass der neun Jahre ältere Saul ihre Dichtkunst ernst nahm und ihr so manchen Weg ebnete. So fand sie schon nach kurzer Zeit Zeitungsverlage, die nur allzubereit waren, von dem jungen Ausnahmetalent Gedichte zu veröffentlichen. Sie verfasste auch Werbetexte und trug ihre Verse im Künstler-Kabarett vor.
Ich hatte das Gefühl, mich wirklich in der Berliner Künstlerszene zu bewegen. Das war vor allem dem Romanischen Café geschuldet. Dies war in zwei Räume unterteilt. Das Nichtschwimmer- und Schwimmerbassin. Im Schwimmerbassin saßen Künstler, die es geschafft haben. Dort begegnete man Autoren und Verlagen, die uns alle ein Begriff sind. Rowohlt, Ullstein, Erich Kästner und Brecht, um nur mal einige zu nennen. Beim Rowohlt Verlag wurde auch der erste Gedichtsband von Mascha veröffentlicht.
Das Leben hätte für Mascha so wunderbar sein können, wenn nicht Hitler 1933 zum Reichskanzler ernannt worden wäre. Mehr möchte ich zu diesem Thema auch gar nicht mehr schreiben ✍️. Wir wissen alle was damals passiert ist. Jeder weiß über die Judenverfolgung Bescheid. Nach dem emotionalen Prolog (1956) war mir klar, wie es der Dichterin und ihren jüdischen Freunden ergangen sein musste. Was es heißt, seine Heimat zu verlieren.
Ich habe zwischen den Zeilen die große Leidenschaft gespürt, welche die Autorin in dieses Buch gesteckt hat. Die Personen wurden lebendig. Nach jedem Kapitel erwartet einen ein wunderbarer Vers. Immer zur jeweiligen Situation der Dichterin passend. Sie griff mit ihren Gedichten auch das Leid der Menschen auf und spendete ihnen Trost. Auch ihr privates Leben hatte Schattenseiten. Saul konnte mit ihrem Temperament nicht Schritt halten. Mascha wollte das Leben draußen in Berlin genießen. Saul in den eigenen vier Wänden. Er gewährte ihr alle Freiheiten. Doch das war der jungen Frau nicht genug. Sie sehnte sich nach einer Leidenschaft, die ihr Saul nicht bieten konnte.Dennoch nahm sie sich lange Zeit vor treu zu bleiben.
Für Einen
Die Andern sind das weite Meer,
Du aber bist der Hafen.
So glaube mir: kannst ruhig schlafen,
Ich steure immer wieder her.
Denn alle Stürme, die mich trafen,
Sie ließen meine Segel leer.
Die Andern sind das bunte Meer,
Du aber bist der Hafen.
Du bist der Leuchtturm. Letztes Ziel.
Kannst, Liebster, ruhig schlafen.
Die Andern … das ist Wellenspiel.
Du aber bist der Hafen. (Seite 80)
Saul erkannte längst die Gefahren, denen Juden in Berlin ausgesetzt waren. Wollte unbedingt nach Palästina auswandern, da es für sie keine Zukunft mehr in Deutschland gab. Doch Mascha hatte einen guten Grund, um noch länger in Berlin zu bleiben.
Stellenweise konnte ich Maschas Verhalten nicht mehr nachvollziehen. Ihre Liebe zu Berlin konnte ich verstehen. Das Leben dort meinte es eine Zeit lang wirklich gut mit ihr. Jedoch befand sie sich in größter Gefahr. Berufsverbot und die Gewalt der SS-Männer ließen sich nicht mehr verleugnen.
Fazit:
Nun ist mir Mascha Kaléko nicht mehr unbekannt. Ich habe diesen gut recherierten Roman sehr gerne gelesen. Tiefe Einblicke über das damalige Künstlerleben in Berlin bekommen. Von 1928-1938 nimmt uns die Dichterin auf eine sehr spannende Reise mit. Der Epilolog (1974) und das Nachwort haben mir ein paar Tränchen entlockt. Ich habe ein gutes Buch erwartet und auch wirklich bekommen. Es gab eine Sache, die wollte Mascha immer geheim halten. Ich akzeptiere auch jetzt noch ihre Verschwiegenheit darüber. Um eine Antwort zu bekommen empfehle ich das spannende Buch selbst zu lesen.
Vielen Dank Indra Maria Janos (Felicity Whitemore).
Hier noch einen kleinen Auszug aus dem Gedicht Sogenannte Mesalliance, welches ich grandios finde:
Er glich in keinem Atemzug den andern,
Denn ihn besaß nicht Haus noch Hof und Feld.
Das Ufer jenseits war sein Ziel beim Wandern.
Und nachts das Sternbild über seinem Zelt.
– Wer tauschte nicht des Krösus Scheckbuch ein,
In seiner Nähe bettelarm zu sein … (Seite 251)