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Veröffentlicht am 28.01.2023

Eine außergewöhnliche Frau

Leopoldine von Habsburg
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Sachbücher lese ich ja eher selten, aber diese Biografie über Leopoldine von Habsburg ist mir aufgefallen und hat sofort mein Interesse geweckt.
Man kennt die in Brasilien sehr verehrte Monarchin in Europa ...

Sachbücher lese ich ja eher selten, aber diese Biografie über Leopoldine von Habsburg ist mir aufgefallen und hat sofort mein Interesse geweckt.
Man kennt die in Brasilien sehr verehrte Monarchin in Europa kaum, was ich sehr schade finde. Leopoldine hatte in Wien eine behütete Kindheit und lernte bereits als Kind viel über die Habsburger Politik. Ihre Liebe galt den Naturwissenschaften. Sie interessierte sich für Mineralien und exotische Pflanzen, forschte und entdeckte diese mit Hingabe. Die Heiratspolitik der Habsburger war ihr wohlbekannt, deshalb stimmte sie auch in die von Fürst Metternich eingefädelte Hochzeit mit dem portugiesischen Kronprinzen Dom Pedro. Mit ihrer älteren Schwester Marie Luise verband sie eine tiefe Freundschaft, die sie durch einen regen Briefwechsel aufrecht hielt. Die Briefe, die die beiden Schwestern tauschten, sind auch im Roman "Der grüne Palast" von Peggy Hohmann Thema, wie auch die Überfahrt von Leopoldine nach Rio de Janeiro.

Leopoldine war ihren angeheiraten Ehemann intellektuell weit voraus und hatte seit ihrer Kindheit auch Einblicke in die Politik der Habsburger, während Pedro völlig unbedarft war. Es war auch Leopoldine, die das Papier zur Souveränität Brasiliens unterschrieb und vieles für die Bevölkerung tat. Doch Pedro erkannte dies nicht und die Ehe der beiden wurde immer schwieriger...

Der Schreibstil ist gut lesbar und bringt uns Leopoldine mit der Zeit immer näher. Die politischen und historischen Hintergründe werden, obwohl sie oftmals komplex sind, leicht verständlich erzählt. Fasziniert hat mich wie viel Leopoldine für die Naturwissenschaft geforscht hat und alles Neue nach Europa hat verschiffen lassen. Manches ist dabei auch etwas fragwürdig, wie die Übersendung eines farbigen Sklavens nach Wien.

Die optische Gestaltung, vorallem das schreiende Grün, finde ich nicht so gelungen. Jedoch passt das Sachbuch in die Reihe über starke Frauen des Molden Verlages. Diese eigenwillige Gestaltung zieht sich durch das ganze Buch. Jedes einzelne Kapitel wird mit einer Bilddoppelseite eingeleitet, was mir gut gefallen hat.

Eine Frau, die so vieles hätte bewirken können und doch in ihren wenigen Jahren als Kaiserin von Brasilien das Land verändert hat. Sie wird in ihrer damaligen neuen Heimat bis heute sehr verehrt. Es ist sehr schade, dass Leopoldine, die eine der klügsten und interessantesten Töchter des habsburgischen Kaiserhauses war, in Österreich kaum bekannt ist.

Fazit:
Eine sehr interessante Biografie über eine außergewöhnliche Frau, die leider viel zu früh starb. Wer gerne mehr über Leopoldine wissen möchte, dem kann ich diese Biografie von Ursula Prutsch sehr empfehlen!

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Veröffentlicht am 17.01.2023

Vielschichtiger Krimi

Verschwiegen
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Polizistin Elma kehrt nach dem Ende ihrer Beziehung von der isländischen Hauptstadt Reykjavik in ihren Heimatort Akranes zurück.
Schon bald hat sie - auch im normaler Weise verschlafenen Akranes - alle ...

Polizistin Elma kehrt nach dem Ende ihrer Beziehung von der isländischen Hauptstadt Reykjavik in ihren Heimatort Akranes zurück.
Schon bald hat sie - auch im normaler Weise verschlafenen Akranes - alle Hände voll zu tun, denn am Fuße des alten Leuchturmes wird eine unbekannte Frauenleiche gefunden. Gemeinsam mit ihren Kollegen Sævar und Hördur, der die Ermittlungen leitet, versuchen sie die Identität der Toten zu klären. Diese wird bald festgestellt, denn die junge Frau wurde in Akranes geboren und verbrachte ihre Kindheit in der Kleinstadt, die sie als Teenager verließ und nie wieder zurückkam. Doch warum ist sie diesmal in dem von ihr ungeliebten Heimatort zurückgekehrt? Und warum hat sie weder ihrem Ehemann, noch ihrer Freundin, von der Reise erzählt?

Zu Beginn geht es etwas beschaulich los. Eva Björg Ægisdóttir stellt uns Ort und Protagonisten vor. Dabei erhält man einen Einblick in eher Alltägliches, aber auch in die rauhe Landschaft im Westen Islands. Doch nach und nach baut sich die unterschwellige Spannung immer mehr auf und man klebt an den Seiten des Buches.
Die Ermittlungen führen Elma, Sævar und Hördur zurück in die Vergangenheit. Diese Rückblenden in die Kindheit eines kleinen Mädchens waren sehr beklemmend zu lesen. Sie sind in einer anderen Schriftart und mit der Zeichnung eines Leuchturmes von der Geschichte in der Gegenwart abgegrenzt.
Durch den psychologischen Hintergrund, den Elma hat, richtet sie im Gegensatz zu ihren Kollegen, ihr Augenmerk auf die Kindheit der Toten und erfährt dabei Schreckliches. Die Einblicke in die Psyche des Kindes gelingt der Autorin großartig und hat mich erschüttert.
Erst nach und nach werden die Puzzleteile aufgedeckt und die beiden Handlungsstränge führen zusammen.

Die Anzahl der Figuren ist hoch und die für uns ungewöhnlichen isländischen Namen machen es dem Leser nicht immer leicht.
Der Krimi, den ich fast als Psychothriller deklarieren würde, übt außerdem jede Menge Gesellschaftskritik. Die eingeschworene Gemeinschaft, die Mauscheleien zwischen den "angeseheren" Einwohnern im Ort und die Angewohnheit einfach wegzuschauen und den Dingen ihren Lauf zu lassen, macht wütend.

Der Schreibstil der Autorin ist gut zu lesen und bildhaft. Island finde ich als Setting spannend, weil die raue Natur und die Einöde von Elmas Heimat wahnsinnig viel zur Stimmung beitragen.
Elma selbst blieb mir in diesem ersten Teil noch ein bisschen zu blass, doch die Figur hat Potential. Ich hoffe, dass sie im Nachfolgeband, den ich auf jeden Fall lesen werde, etwas greifbarer wird.

Der Krimi ist vielschichtig und anfangs ruhig. Nach dem ersten Drittel wird er aber temporeich und packend. Die Auflösung hat mich überrascht. Viele unentdeckte Geheimnisse kommen nach und nach ans Licht und leider bekommt am Ende nicht jeder, was er eigentlich verdient hätte.


Fazit:
Mir hat dieses Debüt der islandischen Autorin Eva Björg Ægisdóttir sehr gut gefallen. Man braucht zwar eine Weile um alle Figuren kennenzulernen und sich an die für uns ungewöhnlichen Namen zu gewöhnen, aber danach konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Ich empfehle es auf jeden Fall gerne weiter!

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Veröffentlicht am 08.01.2023

Aufrüttelnder Roman über den Krieg in Syrien

All die Farben, die ich dir versprach
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Mit "Alle Farben, die ich dir versprach" habe ich wieder einmal einen Jugendroman zur Hand genommen, der sich dem Thema Krieg widmet. Für gewöhnlich bin ich ja in den beiden Weltkriegen unterwegs, doch ...

Mit "Alle Farben, die ich dir versprach" habe ich wieder einmal einen Jugendroman zur Hand genommen, der sich dem Thema Krieg widmet. Für gewöhnlich bin ich ja in den beiden Weltkriegen unterwegs, doch leider müssen wir nicht so weit zurückgehen, denn nicht nur der Ukrainekrieg beschäftigt uns seit bald einem Jahr, sondern auch der Krieg in Syrien. Und genau dort spielt die Handlung dieser bewegenden Geschichte um die 18-jährige Salama.

Salama lebt in Homs und hat ein Pharmaziestudium begonnen, als der Krieg in Syrien ausbricht. Schon bald wird sie im örtlichen Krankenhaus eingesetzt und arbeitet neben Dr. Ziad zuerst als Krankenschwester. Doch die Zustände werden immer schlimmer und Salama muss mit der Zeit genauso Operationen vornehmen, um den Menschen vor Ort zu helfen. Tägliche Angriffe auf die Zivilisten verstärken den Druck immer mehr Menschen retten zu wollen, bis Salama selbst vor Erschöpfung fast zusammenbricht. Nachdem sie ihre gesamte Familie, außer ihrer besten Freundin und Schwägerin Layla, verloren hat, versucht sie das Versprechen an ihrem Bruder einzulösen und für Layla und ihrem ungeborenen Kind dazusein. Doch ein Leben in Homs ist bald nicht mehr möglich und Salama und Layla denken an Flucht. Doch dann lernt sie Kenan kennen. Er will bleiben und der Welt mit seinen Videos das Leid der Syrer näher bringen und versuchen die Menschen wachzurütteln...

Die Geschichte wird aus der Sicht von Salama erzählt. Man spürt bereits von der ersten Seite ihre innere Zerissenheit. Sie hadert zwischen der Verpflichtung dem Krankenhaus und ihrer Schwägerin gegenüber. Ihre Traumata lassen sie kaum zur Ruhe kommen und treten in der Form des imaginären Khwaf auf, der ihr immer wieder erscheint. Was es mit ihm auf sich hat, erfahren wir im Laufe der Geschichte.
Erst bei Kenan findet sie etwas Frieden in dieser schlimmen Zeit und doch macht er Salama die Entscheidung noch schwerer, die heißt: gehen oder bleiben?

Der Schreibstil ist bildhaft und der Autorin gelingt es meisterhaft, die für uns fremdartige Kultur näher zu bringen. Man baut Nähe zu den drei Jugendlichen auf, die sich nichts anderes als Frieden und Freiheit wünschen. Ein Grundbedürfnis, dass wir alle ins uns tragen und leider durch machthungrige Politiker immer wieder zerstört wird.
Die äußerst realitätsnahe Erzählung beschönigt nichts. Trotzdem spürt man die Liebe von Salama und Kenan zu ihrer Heimat durch alle Seiten. Ob Salama die Flucht gelingen wird?

Die Autorin erreicht mit "All die Farben, die ich dir versprach" genau das, was sie sich vorgenommen hat und man im Epilog nachlesen kann. Sie personalisiert die Bewohner Syriens, zeigt ihre Liebe zur Heimat und ihren Kampfgeist. Leider ist dieser Krieg heute noch immer nicht vorbei....


Fazit:
Ein aufrüttelnder Roman, der einem die Kultur in Syrien näherbringt. Die Autorin versteht es sehr gut, dem Kriegsgeschehen in ihrem Heimatland das Anonyme zu nehmen und mit Salama, Layla und Kenan dieses zu personalisieren. Eine Leseempfehlung speziell für Jugendliche ab 16 Jahren. 

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Veröffentlicht am 22.12.2022

Spannender Krimi

Schattenleben
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"Schatten Leben" ist mein bereits vierter Krimi von Heike Rommel und der sechste Band der Reihe rund um das Bielefelder KK11.
Kommissar Dominik Domeyer hat es diesmal kurz vor Weihnachten mit dem Mord ...

"Schatten Leben" ist mein bereits vierter Krimi von Heike Rommel und der sechste Band der Reihe rund um das Bielefelder KK11.
Kommissar Dominik Domeyer hat es diesmal kurz vor Weihnachten mit dem Mord am 18jährigen Arztsohn Jakob Heritbreder zu tun. Doch weitere ominöse Vorfälle in der Familie, wie zerkratze Autos und bedrohliche Botschaften an den Wänden, lassen vermuten, dass es jemand nicht nur auf Jakob abgesehen hat. Doch wer hat die Möglichkeit jederzeit ins Hauses zu gelangen? Und wer möchte der Familie schaden?

Als Leser ist man sofort mitten im Geschehen, denn die Story beginnt mit einem rätselhaften Prolog. Der Krimi ist komplex und es gibt einige Handlungsstränge, die am Ende irgendwie miteinander verwoben sind. Das Tempo ist hoch und so klebt man förmlich an den Seiten. Heike Rommel hat viele falsche Fährten gelegt. Kleine Cliffhanger am Kapitelende erhöhen zusätzlich die Spannung. Ich habe fleißig mitgerätselt. Ein Verdacht war dann tatsächlich richtig, bei anderen Vorfällen war ich allerdings ratlos. Das Ende ist logisch und lässt mich zufrieden den Buchdeckel zuklappen.

Neben dem Mordfall dürfen wir wieder ein bisschen über das Privatleben der Ermittler erfahren, allen voran Dominik Domeyer. Nach der Scheidung gibt es Probleme mit seinem jüngsten Sohn Robin, nichtsahnend, dass er im aktuellen Fall noch eine Schlüsselrolle inne haben wird.
Das Zusammenspiel des Ermittlerteams gefällt mir außerordentlich gut. Bent, Frank und Nina unterstützen Dominik in jeder Lage.

Der Schreibstil ist flüssig und fesselnd. Die Dialoge sind lebendig und auch das Lokalkolorit kommt nicht zu kurz. Durch die jeweiligen Perspektivwechsel kann man in die Gedanken der einzelnen Figuren eintauchen. Die Charaktere sind lebendig gezeichnet, haben alle Ecken und Kanten und werden nach jedem weiteren Band immer mehr zu Freunden des Lesers.

Fazit:
Wieder ein außergewöhnlich spannender Krimi - packend von der ersten bis zur letzten Seite. Die Reihe rund um das Bielefelder KK11 wird langsam zu einer meiner Lieblings-Krimireihen. Für Krimifans eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 12.12.2022

Musik ist die Sprache der Seele

Der Klang von Feuerblau
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Auf diesen Roman wurde ich bei Lovelybooks aufmerksam. Johanna Gerhard hat mit "Der Klang von Feuerblau" den Selfpublisher Preis 2022 gewonnen - zu Recht! Der Roman lässt sich schwer einordnen, doch die ...

Auf diesen Roman wurde ich bei Lovelybooks aufmerksam. Johanna Gerhard hat mit "Der Klang von Feuerblau" den Selfpublisher Preis 2022 gewonnen - zu Recht! Der Roman lässt sich schwer einordnen, doch die Hauptthemen sind Trauer, seelischer Missbrauch, Akzeptanz, Vergebung, Misstrauen....und natürlich die Musik.

Kit Camino ist Synästhethikerin. Sie erlebt jeden Ton und Klang in Farbe. Was einerseits eine wunderbare Begabung ist, kann rasch zu eine riesigen Belastung werden.
Von klein auf wollte Kit, wie ihr berühmter Vater, ihr Leben der Musik widmen. Ihre Liebe galt dem Cembalo, doch einige Vorfälle mit ihrem Vater haben sie einen anderen Weg einschlagen lassen. Seitdem spielt sie nicht mehr und hat den Kontakt zu ihrem Vater abgebrochen.
Als dieser unerwartet stirbt, ist Kit mehr erschüttert, als sie sich zuerst eingestehen will. Sie erbt von ihm "Winters Weiher", das Landhaus, in dem sie ihre Kindheit verbracht hat. Für Kit beginnt eine Reise zu sich selbst. Ihre verletzte Seele braucht lange, bis sie heilt und die Aufarbeitung ist nicht einfach.

Erst nach und nach erfahren wir in Rückblicken, was passiert ist, dass Kit und ihr Vater den Kontakt zueinander abgebrochen haben. Der Schreibstil ist emotional und bildhaft. Die Kapitel sind farblich und musikalisch inspiriert.
Die Autorin beschreibt die Gabe der Synästhesie so bildhaft, dass es auch unmusikalische Menschen verstehen können. Jeder Ton hat eine bestimmte Farbe, die für Kit ein Wohlfühlen oder auch eine Missstimmung erzeugen. Man erlebt beim Lesen diese Gefühle Zeile für Zeile mit.

Kit ist nicht immer ein einfacher Charakter. Sie wirkte für mich sehr verloren und ich konnte ihre Angst und Wut fühlen. Allerdings hatte sie ihre egoistischen Momente und verletzt die wenigen Menschen, die es gut mit ihr meinen. Auf der anderen Seite konnte ich ihre Zerrissenheit fühlen. Sie verhält sich manchmal selbstzerstörerisch und stur. Ihr Weltblick verliert sich schnell in einem Tunnel. Was ihr passiert ist, verarbeitet man nicht einfach so und hat ihr Weltbild zerstört.

Raffael ist ein sehr sympathischer junger Mann, mit dem Kit als Kind in Winters Weiher befreundet war. Er ist auch nach all den Jahren für sie da, ebenso wie ihre beste Freundin Maja. Doch beide werden von Kit verletzt und die Freundschaften stehen auf der Kippe.

Das Ende bleibt ein bisschen offen, was mich, die offene Enden hasst, hier aber nicht wirklich gestört hat. Kit hat am Ende zu sich gefunden. Doch wie sie ihr Leben wieder in den Griff bekommt, müsst ihr selbst lesen.

Schade fand ich, dass es noch so einige Fehler im Buch gibt, die das Lektorat in der Zwischenzeit beheben hätte können.

Fazit:
Der Roman ist eine virtuose Komposition, die sich auf nur 230 Seiten völlig entfaltet. Wer eine Liebesgeschichte erwartet, wird enttäuscht sein. Hier geht es vorallem um Vergebung und Selbstfindung. Ein tiefgründiger Lesegenuss! 

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