Reisebuch zum Klimaschutz
Dass die Familie Steingässer sehr reiselustig ist und bereits, mit Kind und Kegel, mehr Länder bereist hat, als es die allermeisten Familien, auch aus finanziellen Gründen, jemals tun werden, war mir aus ...
Dass die Familie Steingässer sehr reiselustig ist und bereits, mit Kind und Kegel, mehr Länder bereist hat, als es die allermeisten Familien, auch aus finanziellen Gründen, jemals tun werden, war mir aus vorherigen Publikationen der Mutter, Jana Steingässer, bekannt. Auch in der Presse liest man mitunter den einen oder anderen Artikel über die Familie, der man ebenso die Möglichkeit gegeben hatte, in einer 25minütigen Doku über ihren mühsamen, aber, wenn das denn alles so stimmt, konsequent umweltschonenden Alltag zu berichten. Löblich das alles, sehr sogar. Doch wird mit keinem Wort darauf eingegangen, weder in der Presse, noch im Fernsehen, noch in dem hier zu besprechenden Reisebuch der besonderen Art, dass für ein solches Leben tatsächlich auch die Voraussetzungen gegeben sein müssen! Um nur ein Beispiel anzuführen – wie soll man auf die Umweltdreckschleuder Auto verzichten, wenn man täglich aufgrund seiner Wohnsituation darauf angewiesen ist, um etwa zur Arbeit zu kommen und dann auch noch rasch die Einkäufe für die Familie zu erledigen? Das ist kaum oder gar nicht zu schaffen, wenn man nicht, wie Steingässers, jung, gut zu Fuß und – freiberuflich ist, sie Autorin, er Photograph, und sich seine Zeit weitgehend nach Belieben einteilen kann. Und hier sind wir auch gleich beim Reisen! Freiberufler können sich die Schulferien freischaufeln, und das vier bis fünf Mal im Jahr. Wenn man dazu auch noch Reisebücher schreibt, ja, dann kann man Vergnügen und Arbeit wunderbar miteinander kombinieren! Und das ist ja auch völlig in Ordnung so und erfreut die Leser, die vom Sessel aus an den, stets ungewöhnlichen, oft sehr anstrengenden und unbequemen, aber immer einzigartigen Reisen voller wunderbarer und gewiss unvergesslicher Erlebnisse teilnehmen können...
Folgte Familie Steingässer, damals noch vollzählig, in dem 2019 erschienenen Buch 'Paulas Reise', das aus der Sicht der ältesten Tochter, Paula also, erzählt ist, noch den Spuren des Klimawandels, die sie buchstäblich um die Welt führten, so greift das aktuelle, schön aufgemachte Reisebuch in ansprechendem Großformat 'Hannahs Reise' einen wichtigen Teilaspekt des großen Themas auf, nämlich die Ressource Wasser und seine Verknappung überall auf der Welt. In den bereisten Ländern Italien, Spanien, Marokko, Israel und Jordanien (das Abschlusskapitel, das von einem Aufenthalt in Frankreich auf einem Katamaran berichtet, ist eher ein zusätzliches Highlight und hat mit dem eigentlichen Thema nicht unbedingt etwas zu tun) erfahren die Kinder hautnah, was Wassermangel bedeutet, was die Ursachen dafür sind, wie Wasser, ein Menschenrecht, zu einer Ware gemacht wird, an der ein paar Wenige verdienen und die überwältigende Mehrheit die Folgen des so produzierten Notstands zu tragen hat, und vieles mehr. Die Steingässer-Kinder, ohnehin schon in Sachen Umweltschutz sensibilisiert, sind betroffen, wie auch der Leser, dem viele der hier thematisierten Auswüchse der Wassernot so genau nicht bekannt sein dürften, und mögliche Lösungsansätze, um Wasser zu sparen, die ihre Mutter ihnen erklärt, sind für sie sehr verständlich und logisch, fallen auf fruchtbaren Boden. Da ist man als Leser schon voller Bewunderung für diese patente Mutter, die so umfassend Bescheid weiß und ihren Kindern entschlossen wertvolle Grundlagen mitgibt für die Gestaltung des späteren Lebens als Erwachsene...
Da es kaum möglich ist, die Ressource Wasser vollkommen eigenständig und losgelöst von allen anderen Facetten, die zum Klimawandel führen, zu betrachten, erleben Hannah und ihre Geschwister Mio und Frieda auf einer Fahrt mit einem Fischkutter vor Barcelona, was da so alles im Meer herumschwimmt, das da nicht hineingehört und vor allem, was dieser Wohlstandsmüll, der zum Großteil Plastik unterschiedlichster Provenienz ist, aber dazu noch alles Erdenkliche und Unerdenkliche, achtlos entsorgt, in dem empfindlichen Ökosystem Meer anrichtet, welchen nicht zu rechtfertigenden und kaum wieder gutzumachenden Schaden er den Fischen zufügt, deren Bestand ohnehin schon durch rücksichtsloses Überfischen gefährdet ist. Das, so ist zu spüren, war ein ziemlicher Schock für die Geschwister! Und an Stellen wie diesen wird die Schilderung besonders eindringlich...
Viele sehr kindgerechte Zusatzinformationen, Faktenwissen, wenn man so will, vervollständigen das durchgehend anschaulich bebilderte Buch, das am Ende noch eine ganze Reihe brauchbarer Tipps gibt, die den jungen Lesern bei ihren eigenen Bemühungen, mit dem knappen und so wertvollen Gut Wasser verantwortungsvoll umzugehen, ganz sicher hilfreich sein werden. Ratschläge nicht mit erhobenem Zeigefinger, der überhaupt – und erfreulicherweise – gänzlich fehlt in Hannahs Reisebuch, sondern immer so, dass man richtig Spaß haben kann mit dem Umweltschutz – ja, und am Ende auch noch das gute Gefühl, seinen eigenen Beitrag, so klein er auch sein mag, geleistet zu haben zur Bewahrung unseres so gefährdeten und längst nicht mehr gesunden blauen Planeten! Jeder kann etwas tun für den Umweltschutz und auch die kleinsten Bemühungen helfen schon, retten vielleicht eine Kröte oder einen Regenwurm, vielleicht auch etwas oder jemanden, von dem wir gar nichts ahnen – das ist für mich die Essenz, die Botschaft dieses sehr kurzweiligen Reiseberichts für Kinder, aber auch für Erwachsene, mit den nicht selten bedrückenden und erschreckenden Realitäten, die sich vor der reiseerfahrenen Familie Steingässer auftun. Von solchen Büchern, so meine ich, wünscht man sich unbedingt mehr – und wer weiß, schließlich wollen möglicherweise auch noch Mio oder die kleine Frieda ihre eigenen Reisegeschichten erzählen....