Beängstigend und ergreifend
MEINE MEINUNG
Es gibt Bücher, durch die fliege ich hindurch, und es gibt Bücher, die lese ich langsamer. Achtsamer, genauer, weil ich befürchte, dass mir ein Detail entgehen könnte, das ich nicht missen ...
MEINE MEINUNG
Es gibt Bücher, durch die fliege ich hindurch, und es gibt Bücher, die lese ich langsamer. Achtsamer, genauer, weil ich befürchte, dass mir ein Detail entgehen könnte, das ich nicht missen möchte. Dieses Buch gehört zu den letzteren.
Es hat mich ab der ersten Seite abgeholt, und bis zum Schluss nicht losgelassen. Die blumige, beschreibende, vergleichende Sprache der Autorin, die Bilder im Kopf schafft, Worte miteinander in Kontext setzt, die nicht zusammen gehören, aber zusammen Sinn ergeben, hat mich absolut fasziniert. Es war mein erstes Buch von Celeste Ng, aber definitiv nicht das letzte.
Sie schafft eine düstere Dystopie, ein Jahrzehnt nach einer Krise mit verheerenden Auswirkungen - eine Gesellschaft in Angst, in der sich Denunziantentum und Rassismus ausgebreitet haben, und man auf der Straße zusammen geschlagen werden kann - einfach nur, weil man asiatisch aussieht. Und an vielen Stellen, an denen es mir eiskalt den Rücken hinunter lief, dachte ich: Das ist von unserer Welt, so, wie wir sie kennen, gar nicht so weit weg. Es ist gar nicht so unrealistisch, dass es dazu kommen könnte. Vielleicht ging mir die Geschichte auch deswegen so unter die Haut.
Protagonist ist der zwölfjährige Bird, der eine Welt ohne die PACT-Gesetze, welche die Gesellschaft geformt haben, nicht kennt. Naiv und unschuldig, neugierig und wissenshungrig fängt er an, die Welt zu entdecken und zu verstehen und nimmt den Leser mit auf diese Reise. Diese Perspektive fand ich toll und überzeugend, die Charaktere stimmig und sorgfältig ausgearbeitet, mit viel Liebe zum Detail.
Die Geschichte ist nicht neu: Ein totalitäres System, das Angst als Mittel zum Machterhalt nutzt und die Bürger unterdrückt. Und Widerstand, der sich im Untergrund bildet und mit lauten Aktionen auf sich aufmerksam macht oder leise und im Geheimen gegen das Regime arbeitet. Begeistert hat mich die Art, wie die Autorin diese Geschichte erzählt, wie realitätsnah sie sie darstellt, wie beängstigend das Szenario, das sie entwirft.
Ich war ein wenig traurig, als ich das Buch beendet habe, weil ich gern noch länger gelesen, mich noch länger mit der Geschichte beschäftigt, gern noch mehr über die Figuren erfahren hätte.
FAZIT
Wer - wie ich - Dystopien wie z.B. Equilibrium oder Hüter der Erinnerung mag, wird an diesem Buch seine wahre Freude haben.