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Veröffentlicht am 08.01.2023

Leider kein absolutes Highlight

In der Stille der Polarnacht
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Mitte des 19. Jahrhunderts wird Virginia Reeve von Lady Jane Franklin damit beauftragt, sich zusammen mit zwölf weiteren Frauen als deren Anführerin auf eine Expedition in die Arktis zu begeben, um deren ...

Mitte des 19. Jahrhunderts wird Virginia Reeve von Lady Jane Franklin damit beauftragt, sich zusammen mit zwölf weiteren Frauen als deren Anführerin auf eine Expedition in die Arktis zu begeben, um deren Mann zu finden bzw. wenigstens dessen Schicksal zu klären, da er von seiner Expedition nie zurückkehrte.

Es ist ein gewagtes Unterfangen, und nicht alle Frauen überleben es. Da Virginia die Verantwortung oblag, ist sie diejenige, die von der Familie einer Teilnehmerin wegen Mordes angeklagt wird. Und es scheint in diesem Prozess keineswegs darum zu gehen herauszufinden, was wirklich geschah, sondern er ist geprägt durch Lügen und Bestechung, mit dem Ziel, dass Virginia zum Tode verurteilt wird ...

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"In der Stille der Polarnacht" weist zwei große Erzählstränge auf, die einander stetig abwechseln: die Expedition sowie den Prozess.

Sprachlich gefiel mir dieses Werk eigentlich gut, sodass ich es schon deshalb gerne gelesen habe. Allerdings mutete das Ganze stellenweise immer wieder zu modern an, sodass die entsprechenden Passagen für mich persönlich nicht mehr wirklich authentisch waren.

Der Prozess ist spannend, da Virginias Verteidiger (deutlich) hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben, sie keine Beweismittel mehr zur Hand hat, alles gegen sie spricht, ihre Verurteilung und damit auch ihr Tod immer wahrscheinlicher werden. Doch insgesamt hätte ich mir von diesem Prozess noch mehr erhofft; der andere Haupterzählstrang konnte mich mehr fesseln.

Doch auch dieser bleibt leider hinter den Erwartungen zurück: Die Expedition entwickelt sich in eine andere Richtung als erwartet. Eine der Frauen macht eine ziemliche Entwicklung durch, doch ob bzw. wie glaubwürdig diese ist, das muss jeder Leser für sich entscheiden. Insgesamt blieb mir persönlich alles zu sehr an der Oberfläche. Wir lernen keine dieser Frauen wirklich kennen; sie bleiben ziemlich blass. Dabei deutete die Autorin zu Beginn in eine ganz andere Richtung: so liebt eine dieser Frauen eine der anderen Frauen und gesteht ihr ihre Liebe. Wir erfahren nur ihre allererste kurze Reaktion darauf, im ersten Moment. Danach kommt nichts mehr, da sich nicht alle Frauen aufs Eis begeben und diese beiden zu den Frauen gehören, die mit dem Schiff zurückkehren. Ganz am Ende sitzen sie lediglich "Hüfte an Hüfte" in der Teestube, was alles und nichts bedeuten kann. -Warum baut die Autorin sowas ein, wenn sie die Sache dann völlig im Sande verlaufen lässt? Das erschließt sich mir nicht. Ich bin absolut offen für Liebesgeschichten zwischen Frauen und hätte gerne mehr darüber gelesen - doch es kam einfach NICHTS mehr. Warum in aller Welt hat die Autorin das überhaupt erwähnt? Ich verstehe es beim besten Willen nicht.

Und das ist nicht die einzige Ungereimtheit. Generell wirkt diese Geschichte öfter etwas überfrachtet, da die Autorin allzu viele Thematiken und Problematiken und auch Erzählstränge unterbringen wollte. Am meisten missfällt es mir, dass sie die meisten davon nur kurz erwähnt und nicht konsequent weiter verfolgt. Das ergibt keinen Sinn. Man hätte diese Stellen und Dinge besser gestrafft bzw. ganz weggelassen. Viele Ideen, viel Potenzial, aber die Umsetzung ist leider oft nicht zufriedenstellend. Weniger wäre in diesen Fällen mehr gewesen.

Auch sind sowohl die Figuren als auch die Schilderungen leider nicht immer ganz glaubwürdig. Und an Klischees wird auch nicht gespart.

Es ist ein netter historischer Roman, den Leser, die historische Romane und diese Kulisse mögen, sicher ganz gerne lesen werden. Es ist jedoch leider kein solches Highlight wie erwartet und erhofft. Andere (historische) Romane, die in Schnee und Eis spielen, etwa "Heimwärts über das Eis" von Gunilla Linn Persson, "Eis" von Ulla-Lena Lundberg, "Vardø" von Kiran Millwood Hargrave oder "Die Einsamkeit der Seevögel" von Gøhril Gabrielsen, haben mir noch besser gefallen.

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Veröffentlicht am 01.01.2023

Die Unvollkommenen

Der letzte Tanz der Debütantin
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Bis zum Jahre 1958 gab es in England eine Tradition, wonach Töchter aus gutem Hause förmlich in die Gesellschaft eingeführt wurden, indem sie offiziell bei Hofe vorgestellt wurden. Für eine Saison wurde ...

Bis zum Jahre 1958 gab es in England eine Tradition, wonach Töchter aus gutem Hause förmlich in die Gesellschaft eingeführt wurden, indem sie offiziell bei Hofe vorgestellt wurden. Für eine Saison wurde das Leben von zahlreichen Bällen und ähnlichen Veranstaltungen bestimmt, mit dem Ziel, passende Männer für die jungen Frauen zu finden und sie erfolgreich zu verheiraten. Erst im Jahre 1958 wurde diese lange Tradition beendet, da und nachdem Queen Elizabeth II. sie als nicht mehr zeitgemäß erachtete.

Diese endende Tradition steht im Mittelpunkt dieses Romans: Die achtzehnjährige Lily träumt davon, an der Universität Literatur zu studieren. Doch Lily ist von ihrer Mutter und von ihrer Großmutter abhängig, und so muss sie sich deren Wünschen und Vorschriften beugen und debütieren. Dies gestaltet sich als echte Herausforderung für Lily - nicht nur, weil sie eine Außenseiterin ist, sondern auch, weil es ein dunkles Geheimnis in ihrer Familie gibt, das ihr Leben für immer verändern wird ...

Julia Kelly´s Stil liest sich stets angenehm und ist sehr atmosphärisch. Man muss sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass "Der letzte Tanz der Debütantin" im Jahre 1958 spielt, denn er liest sich größtenteils extrem viktorianisch. Mir persönlich hat das aber gut gefallen.

Leider besticht dieser Roman aber vor allem durch seine Atmosphäre - ansonsten ist er zwar nett zu lesen, bleibt aber etwas hinter den Erwartungen und dem Potenzial zurück. Größtenteils passiert nicht allzu viel und plätschert stattdessen alles so vor sich hin. So eine Ballsaison mit all ihren Aktivitäten hat man, wenn man historische Romane und bestimmte Zeitalter liebt, eben schon gefühlt 1000x gelesen, sodass dies allein zu wenig ist, um einen wirklich begeistern zu können. Julia Kelly hat bzgl. dieses Geheimnisses das Potenzial nicht voll ausgeschöpft; es war insgesamt nicht spannend und dramatisch genug dafür, dass dieses Geheimnis von so zentraler Bedeutung ist.

Überraschende Erkenntnisse und Wendungen waren für meinen Geschmack sehr rar gesät; größtenteils ist diese Geschichte ziemlich vorhersehbar, und zwar nicht nur bzgl. des Geheimnisses, sondern auch bzgl. anderer Dinge (etwa der Frage, welcher Mann Lily´s Herz erobern wird).

Dennoch schenkt "Der letzte Tanz der Debütantin" dem Leser ein paar schöne Lesestunden und wird Liebhabern dieses Genres durchaus gefallen.

Eine Anmerkung der Autorin, in der sich auch weiterführende Literatur aus der Feder einer der letzten Debütantinnen findet, rundet dieses Werk ab.



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Veröffentlicht am 13.12.2022

Die weihnachtliche Fortsetzung von "In den Schuhen einer anderen"

Die anderen Weihnachtswünsche
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Im Amerika der frühen 1950er Jahre leben die Freundinnen Audrey und Eve mit ihren kleinen Söhnen Bobby und Harry. Während Audrey und Eve einfach nur zusammen mit den Kindern Weihnachten feiern wollen, ...

Im Amerika der frühen 1950er Jahre leben die Freundinnen Audrey und Eve mit ihren kleinen Söhnen Bobby und Harry. Während Audrey und Eve einfach nur zusammen mit den Kindern Weihnachten feiern wollen, läuft deren Verhalten völlig aus dem Ruder, nachdem der Weihnachtskatalog eines großen Kaufhauses eintrifft und die Kinder jeweils ausnahmslos alle Spielsachen daraus haben wollen und fest davon ausgehen, dass dies auch so geschehen wird. Und so machen sich Audrey und Eve daran, ihren Kindern zu vermitteln, welchen Sinn Weihnachten wirklich hat, worum es wirklich geht, um was es wirklich geht - mit ganz ungeahnten Folgen auch für sich selbst ...

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Mir Lynn Austin´s Roman "In den Schuhen einer anderen", den ich damals gleich nach Erscheinen gelesen habe, gut gefallen, und so wollte ich gerne mehr aus ihrer Feder lesen. Man sollte wissen, dass es sich bei "Die anderen Weihnachtswünsche" quasi um den weihnachtlichen Folgeband von "In den Schuhen einer anderen handelt". Leider findet man im Buch keine Zusammenfassung, Personenübersicht oder dergleichen, die das Zurechtfinden in der Geschichte definitiv ziemlich erleichtert hätte. Um diesen Weihnachtsroman wirklich genießen zu können, sollte man also vor der Lektüre unbedingt "In den Schuhen einer anderen" gelesen haben - entweder erstmals oder zur Auffrischung des Vorwissens, falls die Lektüre schon eine Weile zurückliegt. In meinem Fall war 2 Jahre später das Detailwissen nur noch dunkel vorhanden, und das hat das Leseerlebnis jedenfalls zu Beginn leider etwas geschmälert, da keine Rückblende, Personenübersicht oder dergleichen zu Beginn vorhanden ist.

Lynn Austin schreibt angenehm, ihr Stil liest sich stets flüssig und mühelos.

Für meinen Geschmack hätte es noch mehr Atmosphäre und Weihnachtszauber sein dürfen, denn diese entfalten sich erst nach und nach und das Potenzial wurde diesbezüglich auch nicht voll ausgeschöpft. Möglicherweise ist das aber auch eine individuelle Sache, sodass diese Atmosphäre bei manchen Lesern stärker, bei manchen Lesern schwächer ankommt.

Der christliche Aspekt spielt naturgemäß eine sehr große und tragende Rolle. Der Roman ist jedenfalls im Mittelteil wirklich schön zu lesen, sehr berührend und vermittelt eine sehr wichtige Botschaft. Der Leser findet durchaus Inspiration, um seine Sicht auf das Weihnachtsfest, sein eigenes Denken und Verhalten zu ändern, was ich wichtig und schön finde.

Mir persönlich war die Geschichte für einen Weihnachtsroman fast schon zu berührend, da es auch sehr stark um den Verlust geliebter Menschen, d.h. Tod und Trauer geht, die Lektüre also auch durchaus emotional herausfordernd ist und an die Substanz geht.

Leider macht das letzte Drittel dieses Werkes den Zauber dieser Geschichte und vor allem auch die Botschaft, die sie vermitteln will und im Mittelteil auch so hervorragend vermittelt hat, wieder zunichte, sodass ein fader Nachgeschmack bleibt und der Leser letztlich etwas enttäuscht, unbefriedigt, nicht wirklich überzeugt zurückbleibt.

Insgesamt ist "Die anderen Weihnachtswünsche" ein netter christlicher Weihnachtsroman, der größtenteils schön zu lesen ist, den Leser berührt und eine wichtige Botschaft vermitteln will sowie inspiriert. Leider weist das Werk aber auch die aufgezeigten Schwächen auf und ist damit kein absolutes Highlight.

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Veröffentlicht am 13.12.2022

Nur der Cliffhanger rettet diesen Roman ...

Dark Ivy – Wenn ich falle
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Ich lese gerne Dark Academia, und "Dark Ivy" klang toll und vielversprechend: die dunkle Vergangenheit der Protagonistin, ein Studium an einer traditionsreichen Akademie auf einer atmosphärischen Insel, ...

Ich lese gerne Dark Academia, und "Dark Ivy" klang toll und vielversprechend: die dunkle Vergangenheit der Protagonistin, ein Studium an einer traditionsreichen Akademie auf einer atmosphärischen Insel, ein Millionenerbe, das Knistern zwischen beiden ...
Leider erweist sich dieser Auftakt aber als ziemlich enttäuschend. "Dark Ivy - Wenn ich falle" bietet vor allem einen stets flüssig und damit sehr angenehm zu lesenden Stil. Durch viel mehr kann dieses Werk aber leider nicht glänzen.
Das Buch hält nicht das, was es verspricht, denn es ist nicht wirklich Dark Academia. Die entsprechende Atmosphäre kommt nur stellenweise ganz kurz auf - vor allem, wenn die Figuren sich per Fähre oder Ruderboot vom Festland auf die Insel begeben, es dunkel und neblig ist ... das passiert genau zwei Mal. Viel zu wenig, um diese Atmosphäre wirklich aufkommen lassen, geschweige denn halten zu können!
Auch das, was sonst noch Dark Academia ausmacht, sucht man vergeblich ... die Bibliothek spielt kaum eine Rolle, die Vorlesungen könnten nicht seltsamer und ferner von jeglicher Realität sein, auch sonst ist das Wetter super, man kann sogar am Strand feiern, es gibt keinerlei düstere, mysteriöse Grundstimmung, keinerlei düstere, mysteriöse Figuren, keine Geheimbünde, wie man sie bspw. aus "Four Houses of Oxford" kennt, keine Verbrechen, keine Spannung, keine Gefahr ... nichts dergleichen.
Es passiert über knapp 400 Seiten kaum etwas. Es plätschert alles dahin. Es gibt Liebe, Freundschaft, Sex. Das ist "Dark Ivy - Wenn ich falle" in a nutshell.
Es ist nicht wirklich ein Geheimnis, dass und wie ihr bester Freund starb. Man vermutet es schnell, es gibt schnell viele Andeutungen und sogar Hinweise, und nach der Hälfte der Seiten wird schon alles aufgelöst diesbezüglich. An "Dark Ivy - Wenn ich falle" ist somit eigentlich so gar nichts dark.
Bis Seite 404 fand ich dieses Buch dann auch total langweilig und war sicher, dass ich den zweiten Band daher auch nicht lesen will und werde.
Erst auf den allerletzten paar Seiten passiert dann wieder was und es gibt einen wirklichen Cliffhanger, der dazu führt, dass man die Reihe doch weiter verfolgen und erfahren möchte, wie es weitergehen, was mit Eden und William passieren, wie es ihr nach diesem Vorfall ergehen wird.
Aber ich rechne auch bei Band 2 mit keinem Highlight, sondern eher damit, dass er wie sein Vorgänger ziemlich langweilig, durchschnittlich und vorhersehbar sein wird. Sein Klappentext deutet es schon an ...
Fazit: ein paar Stunden nette Unterhaltung zwischendurch, aber leider nicht mehr - das ist "Dark Ivy - Wenn ich falle". Sehr durchschnittlich, auch voraussehbar, nicht wirklich Dark Academia, geschweige denn gute Dark Academia. Es ist so eine Reihe, die man lesen kann - aber definitiv nicht lesen muss.

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Veröffentlicht am 22.09.2022

Intimitäten

Intimitäten
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Eine junge Frau zieht von New York nach Den Haag, beginnt dort ihre Arbeit als Dolmetscherin am Internationalen Gerichtshof. Bald darauf lernt sie einen Mann kennen, verliebt sich in ihn, träumt von einem ...

Eine junge Frau zieht von New York nach Den Haag, beginnt dort ihre Arbeit als Dolmetscherin am Internationalen Gerichtshof. Bald darauf lernt sie einen Mann kennen, verliebt sich in ihn, träumt von einem Leben mit ihm. Er verschwindet jedoch nach Lissabon - angeblich, um die Scheidung in die Wege zu leiten, doch er kehrt lange nicht zurück. Das Leben in Den Haag muss jedoch weitergehen, es läuft ein Prozess gegen einen Kriegsverbrecher - doch die Fragen, die Unsicherheit, die Leere, die mit Adriaans Verschwinden begannen, breiten sich auf ihr gesamtes Leben aus ...

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Ein anspruchsvoller Roman, sowohl bezüglich des Stiles als auch bezüglich des Inhaltes. Doch wer sich auf beides einlässt, der kann beides genießen.

Obwohl die Bezüge zum Internationalen Gerichtshof und dem Prozess gegen den Kriegsverbrecher durch den Ukraine-Krieg wohl aktueller und interessanter denn je sind, fand ich persönlich den Erzählstrang bezüglich der Protagonistin und Adriaan noch spannender und besser. Adriaan ist eine sehr mysteriöse Figur; der Leser weiß bis zuletzt nicht, welche Absichten der nun verfolgt, ob er ehrlich ist oder lügt, ob er die Protagonistin liebt oder seine Ex-Frau, ob er zurückkehren wird oder nicht. Nahezu jede Leserin wird sich mit der Protagonistin identifizieren können. Psychologisch ist dieser Roman äußerst spannend und fast schon ein Thriller. Kein absolutes Highlight, aber durchaus eine Autorin, von der ich mehr lesen würde.

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